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Max Reger An die Hoffnung O Hoffnung! holde! gütig geschäftige! die du das Haus der Trauernden nicht verschmähst, o Hoffnung! und gerne dienend, Edle, zwischen Sterblichen waltest und Himmelsmächten! Wo bist du, o Hoffnung! wenig lebt ich, doch atmet kalt mein Abend schon, und stille, den Schatten gleich, bin ich schon hier, und schon gesanglos schlummert das schauernde Herz im Busen. Im grünen Tale, dort, wo der frische Quell vom Berge täglich rauscht, und die liebliche Zeit lose mir am Herbstlicht aufblüht, dort in der Stille, du Holde, will ich dich suchen, oder wenn in der Mitternacht das unsichtbare Leben im Haine wallt, und über mir die immer frommen Blumen, die sicheren Sterne glänzen, o du Holde, dich, ja dich will ich finden. O du, des Aethers Tochter, er scheine dann aus deines Vaters Gärten, und darfst du nicht mir sterblich Glück verheißen, schreck, o schrecke mit anderem nur das Herz, das Herz mir, o Hoffnung, holde Hoffnung! Brahms Aus den „Vier Ernsten Gesängen“ Jesus Sirach, Kapitel 41 O Tod, wie bitter bist du, wenn an dich ge denket ein Mensch, der gute Tage und genug hat, und ohne Sorge lebt, und dem es wohl geht in allen Dingen und noch wohl essen mag! Erster Brief an die Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich weissagen könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, also, daß ich Berge versetzte und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze. O Tod, wie wohl tust du dem Dürftigen, der da schwach und alt ist, der in allen Sorgen steckt und nichts Besseres zu hoffen, noch zu erwarten hat. Korinther, Kapitel 13 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Worte, dann aber von Angesicht zu An gesichte. Jetzt erkenne ich’s stückweise, dann aber werd’ ich’s erkennen, gleich wie ich erkennet bin. Nun aber bleibet Glaube, Hoflnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größeste unter ihnen. Richard Strauß Tod und Verklärung Die letzten Kämpfe und Visionen eines Sterbenden und seine Erlösung und Verklärung durch den Tod bilden den Vorwurf des Tondichters. Zwanglos verbinden sich die gemeinten dichterischen Vor stellungen mit dem reinmusikalischen Entwicklungsgang, so daß sich eine bei Programm-Musik nicht immer erzielte besondere Geschlossenheit der Wirkung ergibt. In der langsamen Einleitung (Largo, c-moll 4 4) pocht in stockenden leisen Triolen die Totenuhr, schmerzhaft verkrampfen sich Harmonien, liebliche Violin- und Holzbläsersoli wirken wie mattes Lächeln wehmütiger Erinnerung. Plötzlich rast mit zerschmetternder Wucht der schnelle Hauptsatz los: feierliches weitgeschwungenes Akkordthema als Symbol des Ideals und der Erlösung. Visionär zieht darauf vor dem Auge des Sterbenden das Bild seines Lebens vorüber; „der Kindheit Morgenrot“ in rührenden Holzbläsermelodien, dann kräftiger sich regend „des Jünglings keckes Spiel“, endlich in kühn geschwungenem vollsaftigem Orchesterklang das Abbild gereifter Männlichkeit, dem mit drohenden, gleichsam Halt gebietenden Posaunenrufen freilich auch die Erinnerung an furchtbare Widerstände nicht fehlt. Stolzer als zuvor schwingt sich schließlich das feierliche Erlösungsthema auf, doch plötzlich bricht der wilde Todeskampf wieder los und führt nach kurzer Qual zur Auflösung: das Tamtam klingt wie eine Totenglocke. Der morsche Leib ist ge brochen. Aber die Harmonien lichten sich zu abgeklärten C-Dur und in breiter Feierlichkeit strömt nun mit wachsendem Glanze das Erlösungsthema hin, dem keine feindliche Macht mehr in den Weg treten kann und das nach gewaltiger Steigerung sich schließlich in leiser Verklärung entschwebend verliert.