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146 Baiern Aus München schreibt man: In den jüngsten Tagen soll eine Depesche des baiertschen Ministers des Auswärtigen, des Freiherr» v. d. Pfordten in Wien eingetroffen sein, worin das baie- rische Cabinct sich in sehr bestimmter Weise über die Erwägungen äußert, welche unter den gegebenen Verhältnissen jede einzelne Bun desregierung auffordern müßten, je nach dem Maße ihrer Kräfte ungesäumt für die volle Befriedigung des natiol^ien Gedankens am geeigneten Orte cinzutrctem Das baierische Cabinet schein hienach für seinen beabsichtigten Antrag ani Bunde auf sofortige Einsetzung des Prinzen Friedrich von Augustenburg die Unterstützung des Wiener Cabinet gewinnen zu wollen. Schleswig - Holstein. Schleswig, 3. Febr. Zur Feier der auf dem Schlosse Got- torf stattstiidenden Eröffnung der schleswig-holsteinschen Landesregierung prangte vorgestern unsre Stadt im vollsten Flaggenschmuck. Um die Mittagszeit begaben sich die Mitglieder der Landesregierung in den für die Sitzungen derselben bestimmten Saal, und als darauf auch die Büreauchcfs mit den ihnen untergebenen Beamten eingetreten waren, richtete der präsidircnde Regierungsrath, Herr Lesser l., eine Ansprache an die Versammelten, worin es u. A. heißt: „Unser Vaterland, geistig nie getrennt, ist auch als Gemein wesen jetzt wieder eins geworden, und der alte vaterländische Aus spruch: „Up ewig ungedeell" hat seiue Wahrheit und innere Kraft bewährt. . . Es ist unsre Aufgabe, bei treuer Wahrung und Be obachtung der Rechte und Gesetze ünsers Landes, unbeirrt durch äußere Einflüsse, fläch' eigner Ueberzeugung die Interessen desselben nach allen Richtungen hin gewissenhaft wahrzunehmen, das Wohl unsrer Mitbürger auf den Gebieten des geistigen wie des materiellen Lebens sorgsam zu fördern." Somit war die schleswig holsteinsche Landesregierung eröffnet. Dieselbe hat nach erfolgter Einrichtung ihrer Bürcaux ihre Thätigkeit jetzt bereits begonnen. Aus Kiel wird geschrieben, daß seit dem 4. Febr. die Schil derhäuser der Militärposten mit den — preußischen Landes farben versehen worden sind. Das wäre also bereits ein kleines Schrittchen zur — Annectirnng. Man probirt eben. Seiner Zeit wirds aber schon heißen: Halt! Bis hierher und nicht weiter! Kiel, 7. Febr. Am 5. d. M. hat der schleswig-holstciusche Ver- uin zu St. Margarethe» unter Vorsitz des Hofbesitzers I. Wiggers beschlossen, Folgendes zu erkläre»; „Wir halten fest an Demjenigen, was nach den Statuten der schlcöwig-holsteinschen Vereine auch der Zweck unscrs Ver eines ist: die Durchführung des Rechts unseres Landes auf die Regierung des Herzogs Friedrich Vlll. und das Staatsgrund gesetz. Wir verwerfen daher die Einverleibung in Preußen, die Per sonalunion mit Preußen, die rückhaltslose Unterordnung unter Preu ßen. Wir räumen ein, daß ein Anschluß an Preußen in einigen Beziehungen wünschenswerth ist. Dieser bedarf indessen nach unsrer Ansicht der freien Zustimmung unseres Landesherrn und der gesetz mäßigen Landesvertretung. So lange aber Preußen das Recht un scrs Landes auf die Negierung des Herzogs Friedrich VIII. und das Staatsgrundgesctz nicht im Principe anerkennt und in bestimmter Weise nicht sich darüber ausgesprochen hat, was cs von uns fordert, können wir cs nicht für richtig halten, diesen Punkt einer eingehen de» Erörterung zu unterziehen." Frankreich. Das Journal des Debats erkennt die Richtigkeit der von dem Dresdner Journal über die Stellung der mittler» und kleinern Bundesstaaten augcstcllten Betrachtungen sehr bereitwillig an. Dieselbe» scic» eine ganz verständige Umschreibung des bekannten Satzes: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!" - Dasselbe Blatt er kennt einen allgemein und kräftig sich kuudgcbcnden Zug der Zeit in den verschiedenen Bestrebungen, sich der kirchlichen Güter im Interesse der weltlichen Wohlfahrt zu bemächtigen. Selbst die Türkei fange an, sich mit diesem Gedanken vertraut zu machen. Das Journal des Debats sagt: „Es ist gut, den Klerus aller Länder daran zu erinnern, daß seine Gier nach den Gütern dieser Welt ihn, oft, selbst auf dem rein geistlichen Gebiet, großen Schaden gebracht hat. Wir führen hier nur kurz an, daß die katholischen Geschicht schreiber sämmtlich anerkennen, eine der Ursachen, welche die Ein führung der lutherischen Lehre in Deutschland begünstigten, sei gerade das Gelüste des Adels nach dem Kirchcngut gewesen." Paris, Donnerstag, 9. Febr. Der heutige „Moniteur" bringt ein kaiserliches Decret wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt gegen den Bischof von Molins und den Erzbischof von Besancon, sowie den von Herrn Langlais hierüber an den Staatsrath erstatteten Bericht. Ferner theilt das officielle Blatt in einer Note mit, daß der Mini" ster des Auswärtigen auf Befehl des Kaisers den französischen Bot - Ichafter in Rom, Hrn v. Sartiges, aufgefordert hat, sich über die von den Journaleu veröffentlichten Beglückwünschungsschreibe» des päpstlichen Ru»ti»S an die Bischöfe v on Orleans und Poitiers (zn ihrer Bekämpfung des Verbotes der Encyklika) zu beschweren, da dieselben die Bestimmungen des internationalen Rechts in Frankreich verletzen. Italien. Turin, S. Febr. (O. P.) Gestern hat das Municipium der Nationalgarde seinen öffentliche» Dank für die „der Stadt und ihren JnWutionen geleisteten Dienste" ausgesprochen. In dieser Kund- gebuDA liegt aber wieder eine Demonstration. Kein Wort vom Monarchen, kein Wort des Bedauerns über die demselben angethane Beleidigung! In den Regierungskreisen herrscht die größte Ent rüstung über diesen neue» Affront. Glauben Sie mir, der Riß zwischen dem Hofe und Turin, d. h. ganz Piemont, ist ein tiefer, unheilbarer! Um die Eindrücke des letzten Montags etwa« zu ver wischen, gab der Prinz von Carignan ein glänzendes Galadener, zu dem die Minister der Finanzen, der Justiz und einige Spitzen der Behörden geladen waren. Dies erzeugt aber im Volke nur noch mehr Erbitterung. — Unter den vielen Verhafteten vom 30. Januar befinden sich auch Leute aus den bessern Ständen, so z. B. der Sohn des Senators Cardenas. Die vorletzte Nummer des „Di- ritto" wurde wegen eines beleidigenden Artikels gegen die Person des Königs sequestrirt: Die Gemüther der Demokraten sind schon so erhitzt und ungeduldig, daß sie jede Vorsicht außer Acht lassen. AuS Turin wird gemeldet: König Victor Emanuel ist am 3. Febr. von Turin abgereist und bereits in Florenz eingetroffen. Wir können diesen Entschluß Victor Emanuel s nur als die gerechte und legitime Folge der traurigen Ereignisse ansehen, die am Montag Abend in Turin vorgefallen sind. Die königliche Würde war durch ein Verhalten, für welches uns die Worte fehlen, seitens eines Theils der Bevölkerung von Turin tief beleidigt worden, und zwar des jenigen Theils, welcher, da er sich dem Herrscher mehr genähert be fand, große Pflichten gegen ihn hatte. Wäre es schicklich, wäre es möglich gewesen, wenn falls ein ähnlicher Umstand sich erneuert hätte, die Würde der Krone aufs neue ähnlichen Scenen ausgesetzt worden wäre. Die Opinione meldet, daß der König auf seiner Reise in Pia cenza, Parma, Reggio, Modena, Bologna und Florenz mit Be geisterung und unter den Rufen „Es lebe Victor Emanuel! Es lebe der König von Italien! Es lebe der König Galantuomo!" begrüßt worden ist. Die Nazione gibt einen sehr detaillirten Bericht über die Ankunft des Königs in Florenz, welche abends um 10^ Uhr er folgte. Ani Bahnhofe wurde der König von den Behörden und den Notabeln der Stadt in Empfang genommen. Er stieg iin Civilan- zuge aus dem königlichen Wagen. Der Weg vom Bahnhofe nach dem Palast Pitti wurde durch zahlreiche Fackeln erleuchtet sowie durch die Illumination der Straßen, durch die er mit seinem Ge folge fuhr. Trotz der vorgerückten Stunde füllte eine dichtgedrängte jubelnde Menge die Straßen. Auf Verlange» des Volks zeigte sich der König auf dem Balkon und begrüßte von dort dasselbe. Turin, 4. Febr. Die Regierung ist entschlossen, zukünftigen Demonstrationen nicht mehr wie bisher zuzusehen, sondern mit den Waffen dagegen einschreiten zu lassen, nun, da der König seine frü here Hauptstadt verlassen. Trotzdem fand gestern Abend wieder ein Crawall von circa 560 Cigarrenarbeiterinnen statt, die furchtbar lär mend vor das Finanzministerium zogen und Lohnerhöhung verlang ten. Dies war indeß nur der Vorwand, da sich Stimmen hinein mischten, welche „Nieder mit den, Parlament, wir wollen Gerechtig keit!" riefen. — Was auch die officiöse» Blätter sagen mögen, glau ben Sie mir, daß die Erbitterung der Bevölkerung hier ii» Wach sen begriffen ist. Aus der Romagna haben wir auch böse Nachrich ten — ebenso aus Sicilien. Der Nepublicanismus tritt überall mit der größten Offenheit nnd Verwegenheit auf. Die nächste Zu kunft dürfte ernste Ereignisse in ihrem Schoße tragen — die auck> die Nachbarländer in Mitleidenschaft ziehen würde». Wachsamkeil ist sehr rathsam. — Der „Diritto" erzählt, daß der König, als er am 3. d. in früher Morgenstunde, nur von den diensthabenden Ad jutanten begleitet, die alte Residenz seiner Dynastie verließ, einem Priester begegnete, der das heilige Sacrameut trug. Knieend habe der König von Italien den Segen eines Repräsentanten des Pap stes empfangen. „Es ist dies", ruft das Blatt aus, „der letzte Act, dessen sich Turin vom König Victor Emanuel erinnern wird. Fortan werden die Regierungacte ans Florenz datirt sein. Dnrch Ueber- rumpelung, improvistrt und fast furchtsam ist die Verlegung der Hauptstadt vollführt worden... Die improvisirte Abreise ist ein inhaltschweres Ereigniß. Der 3. Februar 1365 wird eine hochbe deutende Stelle in der Geschichte Italiens, mehr noch in der Ge schichte des Hanfes Savoyen einnehmen."