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Dresdner Journal : 26.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-26
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 26.11.1890
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O274 Mittwoch, den 26. November, abends. 189V vvLuxspret«: ssSr vr«iä«a «iortvlMbrUed S U KV kk., doi äe» äeutsokso viertel- Mrllod S II.; »ll»»8rtu»IK cis« llsubseb?» Reieb« tritt ?08t- uocl 8tsmp«lr»»<:bl»« bimi». Lmrvlns t> umwerb: 10 kk. ^»llNuckl8u»N»N»dNI»r»i»« kür Uv» liL»w sivsr 2«ilo tleursr Lobritt SV kk. Vutor „Lu»xs»Lvät" clis 2«ilo SO kk. V« I^bsUeo- aoä 2iForvxli.br ovttpr. ^vkscblLß. Lr»ebvl»«»z IK^Uob mit La,u»bmv äer 8om»- o. kviert»^« »dsvä». korviprvob-Xiuobllm»: Ur 1LVS. DrtMerIMrnal. ^ür di« Gesamtleitong vtrandvsrtlichr Dostal Dtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. von LvtNnaixnnrea »u»v,Lr1»r n Ärcinck-trtter, Kowmi»»iovür ä«, I)re«äo«r ävurn»I«; Lnwdnr^ NsiUo Vt«v I-siprtx V»««I Lr«»I»u krimULr« ». ».: Äa«,«n»trin <t ^vAker,' LerU»-Vl,a-L»wd«r^- kr»x l^tprix-»r-vlrkorl ». N.HüLkd»»: ^tuki ä/o««,' kort» I-ovtlov L«rUv kr^vkSvrl ». il - Stottert: Dand« l)o , L-rUv: /nr attijrnclanl, Lr«»I«u: Lmii Labatb, 8»noov»r: 0. §c/iit«tier, ALU« ». >.! Larct <« 60. UerLusxederr Nüoi^I. Lipectitiov äe» Vrooäver ^ourvnl». Vrv^eo, ^«inxerotr. SO. konuprocb-^vseblu»! Ur. 1285, Ankindignngen für die Weihnachtszeit finden nn „Dresdner Journa?^ die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß auS Anlaß des Weihnacht-festes Haudel- »ud Gewerd- trribeudr» bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Bergünpignnge» gewährt werden. Lönizl. Expedition -es Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe de- neuen PostgebäudeS.) Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Amtlicher Teil. Dre-de«, 26. November. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, und die Prinzessin Mathilde find heute von Sibyllenort wieder hierher zurückgekehrt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Concertmeister Röntgen bei dem Leipziger Stadt- und Gewandhaus Orchester das Ritterkreuz 2. Classe vom Albrechtsorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem pensionirten Anstalts Aufseher Pestel in Zwickau das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen Nichtamtlicher Teil. Tecegrctphische WacHvicHten. - Kiel, 26. November. (Tel. d. DreSdn. Journ) Der Waffcrstand an der ganzen schleSwig-hol- steinschen OKküste bewegt sich zwischen 7 und 9 Kuß über Null. Von starken Schäden melden Neustadt, Eckernförde, Kappeln, Schleswig, KlenS burg, Sonderburg, Apenrade und HadrrSleben. Bei Stein und an der Kieler Köhrde erfolgte ein Dammdruch, wobei ein Menschenleben »erkoren ging. Mehrere Schiffe sind gesunken. Seit gestern ist daS Wasser zwar gefallen, doch bei dem herrschen den Ostwinde erscheint ein erneutes Steigen nicht ausgeschlossen. Eisenach, 26. November (Tel. d Dresdn. Journ.) Der Eisenbahnverkehr nach Osten ist unterbrochen, die Berliner und Leipziger Post find ausgeblieben. AbendS dürfte der Verkehr ein- geleifig wieder eröffnet werden. München, 26. November. (Tel. d DreSdn. Journ.) Zwischen Petershausen und Reicherts hausen wurde gestern morgen der Zusammenstoß eines Schnellzuges mit einem Personcnzuge ver hütet. Die beiden Züge waren nur noch 6 Meter von einander entfernt. London, 25. November. (W. T. B.) Glad stone richtete an John Morley ein Schreiben, welches heute nachmittag Parnell mitgeteilt wurde. In demselben spricht Gladstone sein Be- dauern darüber aus, daß Parnell nicht als Partei führer zurückgetreten ist, und erklärt, wenn Par- vell Parteileiter bleibe, so wäre dies für die Sache Irlands verderblich, bringe die Freunde Irlands in Verlegenheit und mache sogar die Leitung der liberalen Partei durch Gladstone wertlos. Gladstone machte dem irischen Depu tierten Macarthy hiervon Mitteilung, indem er ihn bat, auch die andcren parnellitischen Depu tierten in einer heute mittag im Unterhause ab- zuhaltenden Versammlung davon in Kenntnis »u setzen. In dieser Versammlung wurde Parnell als Führer der Partei wieder- arwählt. Morley und Gladstone batten am Nachmittag eine Unterredung mit Parnell, in welcher sie diesen drängten, zurückzutrcten. Da aber Parnell entschlossen schien, diesem Rate nicht ru folgen, so teilte Gladstone der Presse obiges Schreiben mit In den Wandelgängen deS Unter hauses herrschte heute große Aufregung, unter den Liberalen starke Bestürzung. London, 26. November. (Tel.d Dresdn.Journ.) Die Iren hielten gestern abend ohne Parnell eine nochmalige FraktionSsibung ab, faßten aber keinen Beschluß. Gladstone ist entschlossen, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen, falls Darnell nicht einstweilen zurücktritt. Die Liberalen villigrn allgemein Gladstones Vorgehen. Die Iren aber scheinen Parnell nicht aufgeben zu woll n. Dresden, 26. November. Die italienischen Wahlen. DaS Ergebnis der italienischen Parlamentswahlen, welche am 23. d. Mts. stattfanden, liegt heute fast vollständig vor. Nach dem letzten Telegramm auS Rom sind bis jetzt 455 Wahlergebnisse bekannt ge worden, davon entfallen 357 auf Mitglieder der Re gierungspartei, 25 auf Mitglieder der oppositionellen Linken, 10 auf solche der oppositionellen Rechten, 41 auf Radikale, 7 auf Sozialisten und 10 auf Personen von ungewisser Parteistellung. Außerdem sind 7 Stichwahlen erforderlich. Tie Radikalen hatten eS zwar an Anstrengungen nicht fehlen lassen, um die Volksleidenschaften wider Crispi aufzuregen und die Wählerschaft auf ihre Seite zu ziehen. ES war kein Mittel von ihnen verschmäht worden, um dem Ministerpräsidenten den Boden ab zugraben. Hundertmal war von ihnen dem Volke zugerufen worden, daß Crispi ein elender Verräter sei, der Italien durch seine Politik erniedrigt habe, der das Land täglich vor dem AuSlandc demütige und dasselbe durch die unausgesetzten Rüstungen gleichzeitig wirt schaftlich zu Grunde richte. Alle ihre rednerischen Kraftleistungen aber mußten bei ihrer Uneinigkeit und bei dem Widersinn ihrer miteinander unverträglichen Forderungen wirkungslos bleiben. Denn wenn sich der italienische Durchschnittswähler im großen und ganzen anch wenig oder gar nicht um politische An- gelegcnheiteu kümmert, so ist er doch zu einsichtig, um sich ohne weiteres von berufsmäßigen Volksaufwieglcrn bcthören zu lassen und sein Ohr der zwingender» Ge walt der Thatsachen zu verschließen. Die italienische Kammer besteht aus 508 Abgeord neten, welche von den Wahlkollegien in Gemäßheit des Gesetzes vom 22. Januar 1882 auf die Dauer von 5 Jahren direkt gewählt werden. Von diesen 508 Abgeordneten gehörten bisher 350 der ministeri ellen Partei an. Es steht also ganz außer Zweifel, daß das Ministerium Crispi einen entscheidenden Er folg davongetragen hat, denn selbst wenn die noch sehlenden 53 Ergebnisse sämtlich der Regie! ung un günstig sein sollten, wird die Zahl ihrer Anhänger in der neuen Kammer noch größer sein als in der alten. Wer den Verlauf der italienischen Wahlbewegung aufmerksam verfolgt hat, wird von diesem Ausgang kaum überrascht worden sein. Es ließ sich beinahe mit Sicherheit annehmen, daß es den Gegnern des Ministerium- nicht gelingen werde, die Stellung des« selben ernstlich zu erschüttern. In den Kreisen der Radikalen war eine Spaltung eingerissen, die sich immer mehr erweiterte, ein Emigungsversuch zwischen den Gruppen der oppositionellen Rechten und Linken war kläglich gescheitert, den Irredentisten hatte der Ministerpräsident unerbittlichen Kampf angekündigt, was der Regierung eine große Anhängerschaft auch unter den sonst lauen Wählern sicherte, die Rechte hatte sich bedingungslos für die Regierung erklärt und im Volke selbst war die Erkenntnis, daß der mittel europäische Dreibund aufrecht erhalten werden müsse, mehr und mehr zum Durchbruch gekommen. Es war also kaum zu besorgen, daß eS den Schlagworten der Radikalen und Irredentisten gelingen könnte, einen Widerhall in der italienischen Volksseele hervorzurufen. Der Sieg Hrn. Crispis war also als sicher anzu sehen, wenn auch nicht angenommen werden konnte, daß er so glänzend sich gestalten würde, wie eS that- sächlich der Fall ist Nicht gekräftigt, sondern ge schwächt sind die erbittertsten Gegner des Minister präsidenten, die Radikalen, aus deu Wahlen hervor gegangen, viele ihrer besten Kämpen sind gar nicht wiedergewählt worden und die politische Bedeutung der Partei hat damit erheblich abgenommen. Und mit den Radikalen sind auch die Irredentisten ge schlagen worden, der Führer derselben, der Abgeordnete Jmbriani, ist mit geringer Mehrheit an einem ein zigen Orte gewählt worden und hat ein halbes Dutzend Niederlagen erlebt, während Crispi viermal mit großer Mehrheit gewählt wurde und mit Genug- thuung darauf Hinweisen kann, daß ihm dies dort widerfuhr, wo seine früheren Freunde ihm entgegen- traten, in seiner Heimat Sizilien. DaS italienische Volk hat durch diese Abstimmung gezeigt, daß cs von dem Treiben der Irredentisten nichts wissen will, daß eS die Politik des Kabinetts Crispi billigt und daß es in seiner überwiegenden Mehrheit mit dem Festhalten am Dreibunde einver standen ist. Namentlich um die Entscheidung dieser letzten Frage handelte eS sich bei den Kammerwahlen. Die meisten der gehaltenen Wahlreden drehten sich um diesen entscheidenden Punkt. Wollt Ihr Crispi und die Freundschaft mit Deutschland und Oesterreich- Ungarn oder wollt Ihr eine andere Regierung und die Freundschaft mit Frankreich — vor diese Frage waren di< italienischen Wähler am 23. d Mts. gestellt und sie ' Hasen dieselbe so deutlich beantwortet, wie dies überhaupt geschehen kann. Die italienischen Wähler haben die Lockungen der Franzosenfreunde abgewiesen, sie haben? durch ihre Abstimmung bekundet, auf welcher Seit* sie bleibeu wollen und sie haben dein bisherigen Leite der auswärtigen Politik Italiens in unzweideutigste Weise ihr Vertrauen ausgesprochen. Hierin liegt die Bedeutung der italienischen Wahlen. Dieselben bieten eine neue Bürgschaft dafür, daß in der gegenwärtigen Gruppierung der Mächte Europas eine Verschiebung nicht eintreten wird und daß damit die Aufrecht erhaltung des Friedens, dessen sich unser Weltteil, Dank dem mitteleuropäischen Völkerbünde, in den letzten beiden Jahrzehnten zu erfreuen hatte, auf absehbare Zeit gesichert ist. Tagesgeschichte. * Berlin, 25. November. Se Majestät der Kaiser empfing heute früh H9 Uhr den geh Kom merzienrat Krupp aus Essen zn einer längeren Be sprechung und trat dann seine Reise zu den Jagden nach Schlesien an. Um 6 Uhr nachmittags erfolgte die Ankunft Er. Majestät in Groß-Strehlitz auf der Besitzung des Grafen Tschirschky Renard. — Da» preußische Abgeordnetenhaus verwies gestern nach längerer Debatte, an welcher sich abermals Luust und Wissenschaft. Besiegter Ehrgeiz. Erzählung von Woldemar Urban. IS (Fortsetzung.) „Und könnten Sie sich nicht mit der Idee befreun den, daß ich wirklich der steinerne Gast wäre?" „Nein, absolut nicht. Ich wünsche mir Menschen von Fleisch und Blut." Sie vermied es sichtlich, in seinen ernsten, schwer fälligen Ton einzufallen und war vielmehr bemüht, ihn heiterer, freundlicher, gemütlicher zu stimmen. Da sie wirklich eine bestrickende Erscheinung war, so gelang ihr das auch allmählich, wenigstens setzte er sich auf ihre wiederholte Einladung ihr gegenüber in einen Sessel. „Und was haben Sie mir zu sagen, Fanny?" „Sie sind gewiß zu mir gekommen, Marbod, um mir Vorwürfe über irgend etwas zu machen." „Zum Teil" „Nun sehen Sie, ich will Ihnen beweisen, daß ich reinen Herzens bin und Ihre Vorwürfe verstummen machen kann, ohne daß ich weiß, worüber Sie mir solche machen wollen Es ist schon einige Tage her, da war bei Hofe von Ihnen die Rede — nun, Ny will mich nicht vor Ihnen rühmen und Ihnen über lassen, zu ergründen, auf wessen Veranlassung von Ihnen die Rede war — aber ich kann nicht umgehen, zu bemerken, daß ich die Gelegenheit wahrnahm, darauf anzuspielen, daß Sie vielleicht eines Tages die Absicht haben könnten, einer bei Hofe höher ge stellten Dame Ihr Herz anzubieten. Sie werden verstehen, weshalb ich diesen baUou 6'es8ai steigen ließ. Ich wollte hören, was man dazu sage. Und was glauben Sie, wie man meine Mitteilung auf nahm?" „Nun?" „Man fragte zunächst, in welcher Eigenschaft Sie denn wünschten, sich der Welt vorzuführen. ES schien nicht, als ob es genehm wäre, daß Sie sich für einen Maler oder Bildhauer, für einen Dichter oder Ge lehrten auSgeben, sondern man wünschte, Sie in einer besonderen Fassung, in einem Amt zu sehen." „Und wenn ich mich weigere, irgend welches Amt zu übernehmen?" „Marbod, dar werden Sie nicht! Das werden Sie mir zu liebe nicht thun! Ich habe schon sogar Schritte in dieser Richtung für Sie gethan, indem ich für Sie einen Legationsposten nach Madrid ausge wirkt habe." „Ich weiß. Die Ernennung ist bereits in meinem Besitz, und wenn ich annehme, muß ich morgen nach Madrid abreisen. Da« ist's ja wohl, was Sie wün schen, Fanny?" Er sagte ihr auf den Kopf zu, was er fürchtete, um an ihrem Gesichtsausdruck zu sehen, ob er sich täusche oder nicht. Aber Frau v. Trebnitz hatte ihn scharf beobachtet und io etwas vielleicht kommen sehen. Sie blieb ziemlich ruhig und parierte den Stoß sehr geschickt, indem sie sagte: „Natürlich wünsche ich das, Marbod, und ich hoffe, Sie wünschen da- im Interesse unserer Verbindung auch." „Ich habe mein Lebtag noch nicht gehört, Fanny, daß man dreihundert Meilen von einander fortläuft, wenn man seine Verbindung fördern will." „Aber Marbod, Sie sind doch kein Kind! Ein Winter in Madrid — was ist denn dabei? Mittler weile wird Florin Minister und ich besorge hier Ihre Earrii-re. Leuchtet Ihnen das nicht ein? Die Sache ist doch so einfach. Sie kommen ins Ministerium und dann — nun, Marbod — dann —" Sic sah ihn lächelnd an, dann schlug sie die Augen verschämt nieder und spielte mit ihren Armbändern — wohl nur, um ihren tadellosen vollen Arn» zur richtigen Geltung zu verhelfen. Sie spielte die Naive mit einer vollendeten Technik. Marbod war ein Menschenkenner durch und durch. Die kleinste Nachlässigkeit, die kleinste Uebertreibung brachte ihn auf die richtige Spur, wenn er einmal einen Argwohn hatte Er war zu Frau v Trebnitz gegangen in der festen Absicht, sich nichts vorlügen zu lasten. Aber sei es eine Folge seiner Aufregung oder seiner Leidenschaft für Frau v. Trebnitz — jetzt war er doch versucht, ihr zu glauben, er wollte ihr glauben und er glaubte ihr. Er hielt sich selbst für geistig fo sehr überlegen — und war es auch —, daß er glaubte, eine Lüge mehr oder weniger ihrerseits könnte ihm nicht viel schaden. Er küßte ihr galant deu Arm uud sagte leise: „Ich reise morgen ab, Fanny." Sie drückte ihin freudig erregt die Hand „Und waS Sie mir sagen wellten, Marbod, ist er ledigt, nicht wahr?" „Zum Teil." in erster Linie der Abg Richter und der Finanz- Minister Miquel beteiligten, den Entwurf des Erv- schaftSsteuergesetzeS an die bereits zur Beratung deS Einkommensteuergcsetzentwurfs gewählte Kommission. — Durch ein Zirkular des Schatzamts in Washing ton sind, dem „Reichs-Anzeiger" zufolge, die nord- amerikanischen Zollbeamten auf Abschnitt 7 der Mac Kinley-Tarifbill aufmerksam gemacht worden, wo nach nach dem 1. März 1891 nach den Vereinigten Staaten keine Waren eingeführt werden dürfen, welche mit dem Namen oder der Handelsmarke einer dortigen Firma oder mit Nachahmungen von solchen bezeichnet sivd. Behufs Durchführung dieser Bestimmung wird vom Schatzamt die Anlegung eines Registers veranlaßt werden, »n welches nach erfolgter Anmeldung die be treffenden nordamerikanischeu Firmenbezeichnungen und Schutzmarken eiugetragrn werden sollen. Die Zoll beamten in den Einfuhrhäfen erhallen Nachbildungen der eingetragenen Bezeichnungen. — Demokraten und Deutschsreisinnige sind, wie dies bekanntlich wiederholt in den beiderseitigen Organen betont worden ist und wie sich das auch bei den letzten Reichstags- und den darauf folgenden Er satzwahlen unwiderleglich gezeigt hat, in ihren Zielen im wesentlichen identische Parteien. Wenn daher die demokratische „Frankfurter Zeitung" jetzt offen die Religionsfeindschaft proklamiert, so werden die deutschfreisinnigen Organe, wenigstens soweit sie „Wasserstiefler", d. h. ehrliche Demokraten sind, den Ausführungen deS genannten Blattes zu widersprechen nicht im stände sein Das Frankfurter Organ enthält nämlich folgende Auslassung, die man nur mit der größten Entrüstung lesen wird: „Unsere Liltrralur sür die Jugend ist — mit sehr seltenen Ausnahmen — noch immer (!) mit religiösen Anschauungen, Lehren und Redensarten im Stile alter Predigtbücher und Postillen durchsetzt Eltern, die bei der Erziehung ihrer Kinder die Religion, gleichviel, welchen besonderen Namen sie trage, entbehren <I) können, vermögen ihren Grundsätzen entsprechende Jugendschrüten kaum auszufinden: etwa» (!) Religion müssen sie beinahe immer in Kaus nehmen. Mit der Religiosität geht eine gewisse politisch soziale Anschauung und Gesinnung Hand in Hand In unserer Zeit tritt daS Bestreben meist recht aus dringlich hervor, schon den Kindern die Glaubenssätze der Kartellparteien beizubringen. In diesem Sinne ist ein großer Teil unserer Jugendschristen so religiös und „patriotisch" gesärbt, dab wir genötigt sind, diese Eigenschaft bisonderS her vorzuheben; damit hoffen wir allen Eltern einen Tienst zu er weisen ..." Gegenwärtig bemühen sich nun die Deutschfrei sinnigen im Reichstagswahlkreise Schlochau - Flatow für ihren Kandidaten Stimmung zu macheu und die frommgläubigen Polen und die deutschen Zentrums mitglieder zu sich hinüberzuziehen. Es wird von In teresse sein, sestgestellt zu sehen, ob thatsächlich die ge nannten Parteimitglieder das „Antikartell^ über die Religion stellen und durch die Wahl des deutsch-frei sinnigen Kandidaten die Reihen der Anstürmer gegen Christentum und Religion verstärken werden. — Zu der viertägigen Steuerdebatte des preuß ischen Abgeordnetenhauses bemerkt die „Cons. Corr." u. a. folgendes: Der Verlaus der Debatten sand alle Faktoren aus der Höhe der Situation und da» Ergebnis kann daher als ein bedeut sames und erfreulicher bezeichnet werden. Die Parteien de» Hauses haben das redliche Strebe» bekundet, lhatkrästig mit- zuorbeiten, um die Steuerreform unter Dach zu biingen — der Freisinn allerdings nur mit einer erheblichen Einschränkung. Die Regierung ihrerseits stellte ein Enigtgenkommen im einzel nen in Aussicht, welche» kaum jenials bei srühcrcn Vorlagen gezeigt worden ist Die Debatten nahmen dabei einen allmählich immer mehr wachsenden dramatischen Charakter an. Der Don nerstag verlies mit der einleitenden Rede des Finanzministers und den sachlichen Darlegungen der Abgeordneten Reichensperger und v. Rauchhaup« verhältnismäßig ruhig. Am Freitag belebte sich die Scene schon mehr, besonders durch die größere Zahl der zum Worte gelangenden Redner. Sehr dramatisch gestaltete sich die Sonnabcndssitzung, in welcher endlich der Abg Richter daS Wort ergriff und in etwa zweistündiger Rede seinen im wesentlichen ablehncnden Standpunkt zur Vorlage entwickelt«. Die Auslassungen Richter» liesen, ab esehen von dec einiebigen „Nur zum Teil? Nun, so sagen Sie frisch heraus, was Sic noch auf dem Herzen haben." „Kommen Sie zu de Vries, es ist die höchste Zeit" „Und Sie haben mir also dort nichts mehr zu sagen?" „Sie werden es noch heute hören — wenn Sie klug sind," setzte er leise hinzu, so daß sie eS nicht vernahm. Dann stiegen sie in den Wagen und fuhren davon. Es war schon sehr spät, als sie bei de Vries an kamen. Die Säle waren voller Gäste, die Korridore voller Bedienten, das ganze HauS in festlicher, glän zender Beleuchtung Herr Marbod O'Fennor, der etwas früher ein trat, als Frau v. Treßnitz, ging auf eine Gesellschafts gruppe zu, in der er Herrn Graf Kronau mit seiner Tochter bemerkte. Graf Kronau — momentan sein Vorgesetzter im Amt — empfing ihn sehr freundlich und sagte nach den üblichen Begrüßungen: „Allen Respekt vor Ihren geheimen Wissenschaf ten, Herr O'F^nnor, aber daß Sie morgen nach Madrid reisen würden, das haben Sie doch wohl nicht vorhcrgesehen?" „Allerdings nicht, Excrllenz, waS aber nicht heißen will, daß ich es nicht hätte vorhersehen können." „Gehen Sie doch," sagte Graf Kronau lächelnd, „machen Sie jungen leichtgläubigen Damen Ihre Kunststückchen vor, bei mir stoßen Sie auf einen hart näckigen Thomas." „Es wäre mir ein Leichtes, Sic zu überzeugen, Excellenz."
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