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Dresdner Journal : 24.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-24
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 24.11.1890
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^S272. Montag, den 24. November, abends. i»'Lr Vr«»äv» vi«^t«lMtirIick 2 KV ?s., d«i <teu ü»i»erl. Ueut-»vi»«o ko»t»o»t»ltea viertsl- ANrllod 8 kl.; «Iss äantseksu kvieks» tritt kost- uu«I LtempsvLUsotll»« Kiuru. Liorvlu« kiuwwsro: 10 k5. LQllviralxoaxsxsbüdrsllt kür «lvQ kttuiu «iuer «vspültsosn Teils kleiner 8ckrist 2V kf. Unter „kln^vsLoät" äi« Teile bv kk. ttei r»delleo- uuä TÄsrnsntt sntspr. Aukreklu^. Lrsekelnenr Nalick outXu»l»t«km« «Isr 8onn- o. keiertnsse svenä,. kerniprvod-Xnsolrluss: Ur. lLVK. DreMerAonrnal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: ^ofrat Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. ^»o»kin« ron XnllknälxnnNen »vs^Lrtir L«tx»tU: F°r Lr«n-/«tetter, 8owlniss»onür «le» VresNoer ^ournnl«; Lnwdure L«rU» Vi«n l-iixrix L»»«I Lr»»I»n ^nuiktnrr ». U.: «aasenstri» -l VvAlrr, N«rvn-Visa-NLmdirrA- H. »äuck«»: ^/o«ie,- ?»n« Lonäon LorUn kronkkurt ». N. StnNxnrl: Daud« «t (/'o , LorUv: /ntattttrnciant, Lr«»I»n: Lm,t Xadatk,' Lnnnovr: (7. Lcdü»«lrr, L»U» ». Larck «S (.0. llernusxederr Lönixl. Lrpeäittoo 6e» vresäoer ^ournnl». Drestleo, Tvinzerstr. 2V. ksrnsprecd->o»et«Iu»»: k!r. lLSL. A»küudignuge« für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Aourna^^ die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß de» Weihnachtsfestes Handel- «ad Tewerb- treibende» bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Bergänpignnge» gewährt werden. Löuigl. Expedition des Dresdner Journals. (Awingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. — - Amtlicher Teil. Dresden, 24. November. Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich August ist gestern früh von Sibyllenort hier wieder eingetroffen. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Frankfurt a. M., 24. November. (Tel. d DreSdn. Journ) Das Hauptgebäude für die im nächsten Jahre hier stattfindende elektrotechnische Ausstellung ist heute früh infolge des herrschenden TturmeS vollständig zusammengestürzt. Elberfeld, 24. November. (Tel. d Tresdn. Journ) Infolge starker Regengüsse ist die Wupper auSgeireten. Ein großer Teil der Stadt ist über schwemmt. Die meisten Schulen sind geschloffen, der Zugang zu vielen großen Fabriken ist gesperrt. Der Negen dauert noch fort. Paris, 24. Novimber. (Tel. d. Tresdn. Journ.) Unter dem Ramen „Afrikanisch-französisches Ko mitee" hat sied hier ein Komitee gebildet, das jeder Parteipolitik fernstehend, die weitere Ent- Wickelung des französischen HandelS in Afrika an- streben will. Bereits sind zahlreiche hervorragende Persönlichkeiten auS der Armee, dem Parlamente und dem HandrlSstande demselben brigetreten. Lyon, 24. November. (Tel. d. Tresdn. Journ.) Eine gestern hier abgehaltene, von etwa tausend Teilnehmern besuchte landwirtschaftliche Versamm lung, welcher auch Hr. Flourens beiwohnte, be- schloß, an die Negierung die Bitte zu richten, keinen neuen Handelsvertrag abschließen, sondern ihre Aufmerksamkeit auf das Zustandekommen eines allen Nationen gemeinsamen allgemeinen Tarifs richten zu wollen. Rom, 24. November. (Tel. d. Tresdn. Journ.) Bon den gestrigen Deputirrtcnwahlen sind bisher 229 Ergebnisse bekannt: 181 ministerielle, 12 linke Opposition, 5 reckte Opposition, 25 Radikale, 3 Sozialisten, 3 Ungewisse. Ministerpräsident CriSpi wurde dreimal gewählt. In Ravigo ver lorcn die Radikalen sämtliche vier Sitze. Unter den bisher Gewählten sind Biancheri, Nirotera, Mordini, Grimaldi, Bovio, Eavallotti, Jmbriavi, Branca, FortiS. Loo, 24. November. (Tel. d. Tresdn. Journ.) Der Minister der Kolonien und der Justizministrr stellten den Tod des Königs fest und nahmen da- rüber die standesamtliche Erklärung auf. An der Leiche kalten zwei Hammerberren Wache. Die Kunst und Wissenschaft. Besiegter Ehrgeiz. Erzählung von Woldemar Urban. 1« (Fsrlsetzung.) „Nun, so war es vielleicht doch nicht so schlimm, als Sic und ich dachten," sagte sie endlich mit eigen tümlicher Betonung. Überrascht sah Gräfin Hertha auf. „Was meinst Du, Tit?" „Ich meine, was man so rasch aufgeben kann, das hat wohl nicht fest gesessen!" „Du thust immer so, al- könnte ich Wunder was auSrichten, als brauchte ich nur zu wollen, um meine Wünsche in Erfüllung gehen zu sehen. Was kann ich denn thun? Was kann überhaupt eine Frau, ein Mädchen in solchem Falle thun? Gewisse Sachen lassen sich nicht erzwingen, noch erkämpfen." „Was that denn die Frau v. Treßnitz?" „Wie kann ich daS wissen? Vielleicht nichts!'- „Ja wohl, nichts! Ein Mann wie Gras Florin wird nicht von nichts verrückt!" „Tit, welche Sprache!" „Gräfin Hertha", sagte Tit wieder mit innigem, fast weinerlichem Ton, „wollen Sie sich nicht ver stehen, oder verstehen Sie sich wirklich nicht? Aus einem jungen, hoffnungsfreudigen, glücklichen Blut sind Sie in vierundzwanzig Stunden ein rat- und thatloseS, traumoersunkenes Geschöpf geworden. Wollen Sie nicht verstehen, Gräfin Hertha, daß eS sich um Ihr schönste- Glück, um Ihre LebenSblüte handelt, Einbalsamierung erfolgt am DienStag. Heute wird eine Proklamation der Königin erwartet, Allerhöchstwelche alSbald den Eid als Regentin leisten wird. London, 24. November. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wie die „TimeS" erfahren, werden die Umstände der kürzlichen Goldbeschaffung wahrscheinlich zur Einsetzung einer königlichen Kommission zur Durch sicht der Bankakte von 1844 führen. Sachverstän dige drängen auf Rückzahlung der Regierung»- schuld an die Bank. Hatte dir Bank ihr volle» Kapital zur Verfügung, so würde auch eine größere Beherrschung deS Diskontomarkte», der Goldeia- fuhr und -Ausfuhr folgen. Dresden, 24. November. König Wilhelm von Holland ß. Aus Amsterdam brachte der Telegraph gestern die Nachricht von dem Ableben König Wilhelms von Holland. Die Trauerkunde kam nicht ganz unerwartet. Schon seit langem war der König infolae seine- schweren Leidens unfähig, die Regierungsgeschäfte zu erledigen und die Möglichkeit, daß er je wieder in den Vollbesitz seiner Gesundheit gelangen könnte, erschien nach Meinung der ihn behandelnden Ärzte so gut wie ausgeschlossen. Länger als 2 Jahre hat sich sein Lei den dahingezogen, und schon im vergangenen Jahre hatte dasselbe einen so bedenklichen Charakter ange nommen, daß im April vorigen Jahres im Haag eine Regentschaft eingesetzt, in Luxemburg der Herzog Adolf von Nassau als Regent proklamiert wurde Uner- warteterwcise aber siegte noch einmal die kräftige Natur des Königs über die Krankheit und gestattete ihm, im Mai des gleichen Jahres die Regierungsge schäfte wieder zu übernehmen. Tie eingetretene Besse rung war indes nicht von Dauer, schon nach kurzer Zeit stellte sich das alte Übel mit erneuter Heftigkeit wieder eiu und der gestern endlich eingetretene Tod muß wie eine Erlösung des königlichen Dulde: s an gesehen werden. Bei uns in Deutschland kann die Trauernachricht nur Gefühle der aufrichtigsten und herzlichsten Teil nahme erwecken. Erlischt mit dem Könige Wilhelm doch der Mannesstamm eines Herrschergeschlechtes, welches mit zahlreichen deutschen Fürstenhäusern ver wandt nnd befreundet ist und das für die geistige und wirtschaftliche Entwickelung des niederländischen Volkes unendlich viel gethan hat. Unanslöslich ist der Name des Herrscherhauses NassamOranien mit der Geschichte Hollands verknüpft. Der Einsicht und Thatkraft der Fürsten aus diesen: berühmten Geschlechte verdankt Holland in erster Linie seinen großartigen wirtschaftlichen Aufschwung und die hervorragende politische Stellung, welche es während des ganzen vorigen Jahrhunderts cinnahm. Am hellsten leuchtet unter den Fürsten des Hauses die Gestalt Wilhelms von Oramen hervor, jenes großen „Schweigers", der in Gocihes großer Dichtung mit Recht als die Vereinigung glühendster Vaterlandsliebe und vorsichtig abwägender, aber wirksam handelnder Klugheit gepriesen wird. Nachdem er die niederländische Republik gegründet, übernahm der „erste Oranier" die Würde eines Gencralstatthalters der Vereinigten Nieder lande, in welcher sein Haus von 1574 bis 17:5 den Niederlanden gedient hat. Wilhelms Söhne vollende ten das von ihm begonnene Werk der Befreiung des Landes von der spanischen Herrschaft; einer seiner Nachkommen war der große Oranier, der den Riesen kampf mit Ludwig XI V. bestand und Europa vor einer Unterjochung durch Frankreich rettete, der England vor einem neuen Bürgerkriege bewahrte und der später daß Sie einstehen müssen für Ihr Herz, Ihr Gefühl, Ihr Glück?" „WaS soll ich thun?" „Reden Sie mit ihm." „Wie? Ich mit ihm?" „Oder er mit Ihnen, das kommt auf eins heraus." „O nein, das ist ein gewaltiger Unterschied —" „Den Frau v. Treßnitz nicht herausgefunden hat. Sie hat den ganzen Abend mit ihm gesprochen!" „Ich habe in solchem Kampf keine Waffen!" „Aber Sie sollen glücklich sein und zwar mit ihm. Bedenken Sie doch, daß es sich um sein Glück han delt. Wollen Sie sein Glück den: Zufall, vielleicht der Jntrigue überlassen?" Gräfin Hertha sah sie einen Augenblick sinnend an, dann küßte sie sie auf die Stirn und sagte: „Gute Til, ich will alle- thun für ihn! Geh, richte alles her, wir gehen heute abend zu de VrieS!" Froh hüpfte Tit davon, um d:e willkommene Wei sung ihrer Herrin zu erfüllen. Gräfin Hertha blieb allein Mit nervöser Hast stöberte sie in den Zei- tungsblättcrn herum, als wenn es für sie ein Trost, ein Glück gewesen wäre, eine Stelle, eine Notiz zn finden, die vom Grafen Florin Kunde gab. Sonst stand sein Name fast auf jeder Seite, heute wollte es der Zufall, daß sie lange suchen mußte, um seinen Namen zu treffen. Auch war es heute nicht das frohe, glückliche Bewußtsein, mit dem sie die Nach weise seines öffentlichen Lebens aufsuchte, sondern eS lag wie eine bange Befürchtung, wie ein schwerer Druck auf ihr. „Es ist mit großem Interesse bemerkt worden, daß der als Vertrauensmann des Volkes überall bekannte als Wilhelm III. einer der größten Könige Groß britanniens wurde. Eine solch glänzende Rolle wie der große Schweiger und Wilhelm III. hat der gestern dahingeschiedene letzte Herrscher aus dem Mannesstamme der Oranier in der Geschichte Hollands freilich nicht gespielt. .Der Lauf der Ereignisse während seiner Regierungszeit war nicht dazu angethan, um ihm Gelegenheit zu persönlichem Hervortreten zu geben. Das Land hatte nicht unter Erschütterungen wie im 16. und 17. Jahrhundert zu leiden; ruhig und friedlich, ohne kriegerische Zusammen stöße nach außen, ohne ernstliche Zwiste :m Innern gestaltete sich die mehr als vierzigjährige Regierungszeit König Wilhelms. Hätte das Schicksal von ihm ge fordert, die Errungenschaften seiner Vorfahren mit dem Schwerte in der Hand zu verteidigen, er würde viel leicht seinen Namen mit nicht minder glänzenden Lettern in die Jahrbücher der Geschichte seines Landes eingetragen haben als seine ruhmvollen Ahnen. Hier zu aber ward ihm — und man kann nur sagen, zum Glück für sein Volk — kein Anlaß geboten. Holland erfreute sich unter seiner Regierung einer ununter brochenen Friedensperiode, die dem Könige zwar keine Gelegenheit zu außergewöhnlicher Bethätigung gab, die aber von ihm benutzt wurde, um eine Reihe wich tiger Reformen auf dem Gebiete des öffentlichen Le bens mit Erfolg durchzuführen. Das niederländische Volk wird darum das Andenken des letzten Oraniers nicht minder in Ehren halten als das feiner großen Vorfahren und auch im gesamten Auslande wird man mit Teilnahme das Ableben eines Mornarchen ver nehmen, der seine Kräfte bis an sein Lebensende im Dienste seines Landes verwendete. Im übrigen wird der Tod König Wilhelms keine besonderen Erschütterungen Hervorrufen. Tie einzige Tochter des Königs, die am 31. August 1880 geborene Prinzessin Wilhelmine, hat ein unantastbares Erbrecht und wird als Königin der Niederlande unter der Regentschaft ihrer Mutter, der Königin Emma, in Holland zur Regierung gelangen. Das Großherzog tum Luxemburg dagegen, in welchem bekanntlich die weibliche Linie nicht erbfolgebercchtigt ist, fällt an den Herzog Adolf von Nassau, der infolge der neuerlichen schweren Erkrankung König Wilhelms die Regentschaft dort bereits übernommen hat. Tagksyeschichte. Dresden, 24. November. Auf Befehl Sr. Majestät des Königs folgte heute mittag beim Begräbnis des Generallieutenants Hammer vom Trauerhause nach dem Trinitatiskirchhofe im Kondukte ein königlicher Koudolenzwagen. * Berlin, 23. November. Se. Majestät der Kaiser wohnte heute mit Ihrer Majestät der Kaiserin dem Gottesdienst in der Friedcnskirche in Potsdam bei. — Der Prinz und die Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe kamen gestern vormittag nach Berlin, statteten Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich einen Besuch ab und reisten darauf um l l Uhr 57 Minuten vormittags vom Bahnhof Friedrichstraße aus zunächst nach Hannover ab. Am heutigen Tage erfolgte die Weiterreise nach Bückeburg. — Die Sonnabendsitzung des preußischen Ab geordnetenhauses wurde allein durch eine instän dige Rede des freisinnigen Abgeordneten Richter, sowie durch eine ausführliche Erwiderung des Finanzministers I)r. Miguel ausgefüllt. Der freisinnige Führer übte, wie vorauszusehen mar, eine eingehende, stellenweise äußerst scharfe Kritik an der Steuervorlage der Re- Graf Max Florin in jüngster Zeit auch mit gewissen Hofkreisen Fühlung genommen hat und man will wissen, daß dies in Verbindung steht mit Gerüchten, die bez. eines Ministerwechsels in unserer politischen Gesellschaft umgehen. Wir können feststellen, daß diese Nachricht in großen Kreisen unserer Bevölkerung mit Befriedigung entgegengenommen worden ist, weil man allseitig hofft, in dem durch viele edle Charaktereigen schaften ausgezeichneten Florin eine segenbringende Mittelsperson zwischen den Wünschen des Volkes und den Bedürfnissen der Regierung gefunden zu haben. ES verschlägt dieser Hoffnung nichts, daß die Verbin dung des Grafen Florin mit unserem Hose durch pri vate, angeblich sehr zarte Beziehungen angeknüpft wor den ist." Heftig zitternd erhob sich Gräfin Hertha. Die Buchstaben tanzten ihr vor den Augen, sie schien den Sinn dieser Notiz nicht recht begriffen zu haben und begann nochmals die Zeilen zu überlesen. Dann stieß sie einen lauten Schrei aus und fiel wie leblos neben ihrem Sessel zu Boden. — Ein Diener, der vorsichtig den Kopf durch die Thür steckte, sah sie liegen und in wenigen Sekunden war das ganze Haus in Alarm. Erschrocken und kopflos rannte alles durcheinander, rief nach dem und jenem bis auch Graf Kronau her beieilte und mit lautem Rnfen bei seinem Kinde nie- dcrknictc. „Hertha, Hertha, mein Kind!" rief der alte weiß haarige Mann, der keine Ahnung hatte, was seiner Tochter zugestoßen sein konnte Aber Hertha lag marmorbleich und atmete schw.r und konvulsivisch. Auch Tit kam entsetzt wieder herbei; sie sah die Zel- gierung. Die Antwort des Fiuanzministers wurde von der Rechten und den Nationalliberalen mit leb haftestem Beifall ausgenommen. — Der „Reichsameiger" mellet die Verleihung des GroßkreuzeS des Roten Adlerordens an den geh. Medizinalrat Prof, vr Koch. Se Majestät hat vor einigen Tagen den berühmten Forscher in längerer Audienz empfangen, sich ausführlichen Vortrag über seine neue Entdeckung halten lassen und ihn: persön lich die gedachte hohe LrdensauSzcichnung überreicht. — Tie deutsche und die französische Regie rung haben sich soeben durch ein vertragsmäßiges Ab kommen dahin geeinigt, daß Deutschland das fran zösische Protektorat über Madagaskar, Frankreich dagegen die deutsche Oberhoheit über den vom Sul tan von Sansibar an Deutschland abgetretenen Gebietsteil des Sultanats anerkennt. Die bezüglichen Verhandlungen sind durch die französische Botschaft in Berlin geführt worden. — Ter Fehlschlag der Chicagoer Jubi läums-Weltausstellung wird, den „Berl. Pol. Nachr." zufolge, auch in England als unvermeidlich betrachtet. Londoner Blätter sprechen sich'in diesem Sinne sehr unumwunden aus, indem sie ebenfalls als Haupthindernis eines Erfolges jenes Unternehmens die Unmöglichkeit der Beteiligung der europäischen Industriellen infolge der Sperrwirknngen des Mac Kinley Zolltarifs anführen. Augenblicklich gelangen auf der ganzen Linie der englischen Industrie je länger desto mehr dieselben Erwägungen zum Durch bruch, welche auch unseren Industriellen ihren Stand punkt zu dem amerikanischen JnbiläumsauSstellungs- projekt vorzeichnen. Prag, 23. November. Die Generaldebatte über die zweite Ausgleichsvorlagc über den Gesetzentwurf, betreffend die Teilung des Landeskulturrats für Böhmen in zwei nationale Sektionen, wurde in der gestrigen Landtagssitzung, nachdem dieselbe schon zwei «»stündige Sitzungen in Anspruch genommen und nach dem noch gestern der Berichterstatter der Ausschuß- mehrhcit, Ferdinand Prinz Lobkowitz, gesprochen, zum Abschluß gebracht. Letzterer schloß sein Plaidoyer für die Vorlage, indem er der Hoffnung Ausdruck gab, der neuorganisicrte Laudeskulturrat werde, wenn alle Mitglieder desselben von dem Geiste der Einheit be herrscht und geleitet seien, das werden, was alle wünsch ten: „der begeisterte Wächter der Landeskulturinteressen unseres einheitlichen Königreiches!" Hierauf wurde über den jungtschechischen Antrag, der Landtag möge über diese Vorlage zur Tagesordnung übergehen, durch Namensaufruf abgestimmt und hierbei kam eS zu einem häßlichen Zwischenfall, der das ganze Haus in die höchste Aufregung und Entrüstung versetzte. Als näm lich Hr. l)r. Rieger fein Votum gegen den jung tschechischen Antrag abgab, schleuderte ihm der jung- tschechische Abg Or. Vasaty den Ruf: „Abiän^ Bruche!" (Elender Verräter!) entgegen. Der Sturm, den dieser Ruf entfesselte, hielt mehrere Minuten an. Zahlreiche Abgeordnete riefen: „Pfui!" „DaS ist ein Skandal!" „Das ist eine Roheit I" „Schämt Euch!" „Tas will eine nationale Partei sein!"' Ein alttschcchischer Abgeordneter rief, auf Or. Vasaty weisend: „Hina:^ mit ihm!" I)r. Rieger stand hocherregt während dieser Scene unter seinen Gesinnungsgenossen. Nach langer Mühe verschaffte sich endlich der Oberstlandmarschall Fürst Lobkowitz Gehör und rief den Abg 0r. Vasaty zur Ordnung. Tie jungtschechischen Abgeordneten, denen der Exzeß I)r. Vasatys offenbar sehr unzeit gemäß kam, verhielten sich im ganzen ruhig. Da» Abstimmungsergebnis war die Ablehnung des jung- tschechischen Antrags mit 158 gegen 53 Stimmen. Der Abstimmung hatten sich 15 alttschechische Ab geordnete enthalten, außerdem war eine Zahl von Ab geordneten abwesend, darunter auch der Erzbischof und 7— " """ -l' tungen hcrumliegcn und ahnte zuerst den Zusammen hang. „O diese elenden Papiere, 0 diese Zeitungen! O Gräfin Hertha, meine süße Hertha!" Alle hatten den Kopf verloren. Endlich brachte ein alter Diener eine Zitrone herbei, deren Saft er der Ohnmächtigen ins Gesicht spritzte. Hertha schlug die Augen verwundert und erstaunt auf und richtete sich, von rhrem alten Vater gestützt, langsam in die Höhe „Wie ist Dir, mein Kind?" „Wohl, Papa." Dann fiel ihr Blick auf die Zeitung, und mit dem rückkehrenden Gedächtnis fing sie wieder an zu zittern. Rasch nahm Tit die Blätter zusammen und wollte sie forttrageu. „Tit, laß das hier!" fügte Hertha mit befehlendem Tone hinzu. Tit ließ widerwillig die Blätter fallen und Graf Kronau hob sie auf. „Papa, ich habe mit Dir zu sprechen, — lass' alle hinausgehen, ich bedarf ihrer nicht mehr." Auf einen Wink des Grafen entfernte sich di Dienerschaft stumm: auch Tit wollte gehen, aber Gräfin H-rtha rief sie zu sich. So setzte sie sich denn auf einen Schemel zu Füßen ihrer Herrin nieder. „Liebes Kind", sagte Gras Kronau endlich nach einer ernsten und feierlichen Pause, „Tu hast einen großen Kummer und hast ihn mir verschwiegen! Ta» ist nicht Recht von Dir, Hertha. Wir sind die ein zigen Kronaus, die von einer langen glänzenden Reihe von Geschlechtern übrig sind — wenn wir in der Welt nicht zusammenhalten, zusammenstehen wollen — wir, Vater und Kind - , was soll es dann?"
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