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Dresdner Journal : 14.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-14
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 14.11.1890
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^265. Freitag. den 14. November, abends. MW. Uvmxuprvi»: für Dr « »«1 eu vivrboZübrliolz 2 A 50 ft-, d«i äe» ütünsrl. äoutsekon kootuoitulton viovbol- kllcliob 3 Slz »u«i,«rtmld ä«» ckoutoodoa kO-icb«« tritt ko»t- uaä 8t«mp«1ru»vlli»^ Nüuiu. Liorsluo Hummsru: 10 Dk. Lnllüucklxuoxuxvbllkir«»« für ü«o ttuum siusr eospulten«» Zeile kleiner Kebrikt 20 kL Vater „kiugvnioät" Nie Zeile 50 kk. Lei DudoDeo- unä Ziüvrusatt eottpr. ^ak»el»Is^. Lruvkeinonr LLtxliei, mit ^»»nubme äer 8onn - u. »iertaxe »doaä». f«rvSpreek -Xnseblus«: l>r. 128L. DresdnerImtrnal. Für di« Gesanüleitung v«rantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der titteratur. und Kunstgeschichte. Lnnnlim» von Lotcvncklxno^on »u»nllrt»r l.«ipr!g: n. /irankistetter, ^owmissionLr äes Dreockner Journals; Sumdurg L«rU» Vl«n l.«ixitg L»,«l vr«il»u rrnnbkur« ». ».: //aa«en»ke«n <0 Vo^ltr,- Lorlin-Vwv-llumdurg- krsx L-Ip^g - rr»vLtort ». «.- Hüucd«a: ck. .Vo«e , r»rt» LovLoo LirUi» kr»nlltiu-t ». H -Stvt1x»rt: Kau-« ck <7o , L«rU»: Inoakickcncta,>z, Lr«,I»n: Hii L'a-at-,' Unnnovor: 6. §c-ü«/er, L»n« ». ».: Larct tk Oo. Ner«a«xederr Lüoixl. OrpeckiUon Ne» Dresdner llouimnl». Dresden, Zvinxerstr. 20. kornsproek-^nscliluis: Ur. 12VL. > - Nichtamtlicher Teil GetegvapHiscHe Wachrichierr. Tages gefchichte. Dresden, I4. November. Kunst und Wissenschaft. veranlagter Charakter, um seinen Gefühlen solch' einen Untergrund zu geben." Frau v. Treßnitz war von dieser Äußerung etwas enttäuscht. Sie hätte von einem solchen besiegten Nebenbuhler nicht so viel Gerechtigkeitsgefühl für seinen Gegner erwartet. „Aber Excellcnz, habe ich denn gesagt, daß ich so etwas fürchte? oder habe ich gesagt, daß Sie so etwas befürchten sollen? Indessen die Gedanken über Liebe und Liebesglück und Lebensglück sind ja in der Welt so verschiedenartig und ich möchte fast behaupten, daß Ihre Gedanken in dieser Beziehung nicht in jeder Hin sicht sich mit denen des Grafen Florin decken. Es liegt denn doch zu viel Verführerisches in einer reichen Erbschaft, um so mehr, wenn derjenige, dem sie in Aussicht gestellt wird, arm ist, arm und von altem Adel ist. Excellcnz, glauben Sie nicht, daß ich etwas Nachteiliges über irgend jemanden sagen will, aber das werden Sie doch zugeben, daß in der Schwärmerei Ihrer jungen achtzehnjährigen Hertha und derjenigen des Grasen Florm ein Unterschied liegt, der mich fast wünschen lassen möchte, daß diese Schwärmerei eben nur Schwärmerei wäre und zu besonderen — Weite rungen keinen Anlaß böte." „Nun, in diesem Wunsche sind wir, wie ich glaube, wieder aus gemeinsamem Boden. Ich achte persönlich den Grafen Florin fehr hoch und habe auch vor seinen Fähigkeiten große Achtung; er hat bewiesen, daß er etwas kann! Aber als Schwiegersohn wünsche ich ihn mir nicht, aus dem einfachen Grunde, weil viele unserer Überzeugungen sich diametral gegenüber stehen." „Sehen Sie wohl, Excellenz? Und was daraus alles im Laufe der Jahre entstehen kann, haben wir in nur zu vielen Fällen erlebt. Sie sollten wirklich meinen Wink nicht so ohne weiteres in den Wind schlagen Ein kleines Feuer, Excellcnz, dämpft man noch leicht, wohingegen ein großes den, der cs dämpfen will, leicht verbrennt." ,Nun, jedenfalls danke ich Ihnen für Ihren Wink, Frau Oberhofmeisterin. Ich hoffe, nicht in den letz teren Fall zu kommen." Frau v Treßnitz verabschiedete sich, indem sie ihre dienstlichen Pflichten vorschütztc, während Gras Kronau noch lange Zeit nachdenklich ini Zimmer seiner Tochter auf und ab ging HI. Tank den Bemühungen der Frau v. Treßnitz war Graf Kronau in den letzten Tagen plötzlich von einem heftigen Nervenübel befallen worden. Kein Mensch war überrascht, als die Demission des Grafen gewährt worden war. Graf Kronau führte die Geschäfte nur noch bis sein Nachfolger ernannt sein würde. Eine solche Krisis ist für die Beteiligten immer mit merk würdigen, manchmal überraschenden Lebenserfahrungen verknüpft. Das liebe Menschentum zeigt sich bei sol chen Anlässen nicht gerade von seinen schönsten Seiten nnd es nahm auch jetzt niemanden Wunder, wenn sich die Angen von dem fallenden Stern ab- und dem ncnansgehcnden Gestirn zuwandten. Graf Max Florin, der junge begeisterte Parlamentssührer, der Volks- beglücker neuesten Stils erschien auf der Bildfläche der öffentlichen Diskussion, des alb cmeinen Interesses. Alle Zeitungen sprachen von ihm, die ganze Stadt ehrte seinen Ruhm, seine Tilgenden und seine Tadel losigkeit Besiegter Ehrgeiz. Erzählung von Woldemar Urban. v (Fortsetzung.) „Ganz zu Ihrer Verfügung, meine Gnädigste." „Wenn Sie schon Herrn Grafen Florin Ihr Mi nisterportefeuille gönnen, so glaube ich, haben Sie doch in anderer Hinsicht Ursache, auf ihn acht zu geben —" „Ich verstehe Sie nicht ganz." „Sic werden mich gleich verstehen, Excellenz Sie haben eben von Fräulein Hertha vernommen, daß Graf Max nicht nur den Ministern mit seiner Be geisterung gefährlich ist, sondern ruch den jungen Damen. Sie haben vernommen, Excellenz, daß Fräu lein Hertha für ihn — mehr oder weniger schwärmt." „Nun, das Unglück wäre ja nicht so groß." „O, bewahre, von einem Unglück ist dabei über haupt noch nicht die Rede! Nun bedenken Sie aber, Excellenz, daß Graf Florin — arm ist, und an gesichts einer reichen Erbin wie Fräulein Hertha es ist, verfallen auch noch größere Charaktere, als Herr Graf Florin cS ist, leicht in eine Liebhaberei, in eine Schwärmerei, die sich dann nach Jahr und Tag, frü her oder später, als eine bloße Spekulation ent puppt." „O, o, Frau Oberhofmeisterin! Ich fürchte gerade bei Florin das nicht. Florin ist ein viel zu ideal Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Lederfabrikanten Friedrich August Bier ling in Dresden das Ritterkreuz 2. Elaste vom AlbrechtSorden zu verleihen. Haag, 13. November. (W T. B) Die Ab- teilungen der vereinigten Kammern haben den Ge setzentwurf, nach welchem die Königin Emma zur Negentiu ernannt wird, in der Erwägung ange- nommen, daß diese Maßregel vollständig den Wün schen und Interessen deS Landes entspreche. Madrid, 14. November. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Bisher find 21 Leichen vom Kreuzer „Serpent" bei CamarinaS an daS Land geschwemmt worden. Washington, 14. November. (Tel. d. Dresdn- Journ.) Nach Mitteilungen, welche dem hiesigen Gesandten Guatemalas zugingen, reorganisierte der Präsident von Honduras, Bogran, seine Streit kräfte und belagert nun den Jnsurgentenführer Sanchrz in Tegucigalpha. Wie verlautet, werde Guatemala neutral bleiben. mögen über diesen neuen, ihnen unerwarteten Schach zug Balfours die Zähne knirschen; es dürfte ihnen schwer werden, den günstigen Eindruck, welchen die Persönlichkeit und das ganze Auftreten des Ministers überall in Irland gemacht haben, wieder zu verwischen. Balfour aber wird ferner auf seiner irischen Rundreise jedenfalls manches neue Material zur Bekämpfung der iri schen Agitationen gewonnen haben Hat er sich doch nicht nur über den Zustand der Kartoffelernte, sondern auch über den demnächst dem Parlamente wieder vorru- legenden irischen Landankaufsplan und andere mit der großen irischen Frage mehr oder weniger im Zu sammenhänge stehende Punkte vielfach mit der Be völkerung unterhalten und so die Gelegenheit gehabt, an Ort und Stelle persönlich fehr wichtige Aufschlüsse zu erlangen. Mit solchem Material ausgerüstet, wird er für die parlamentarischen Gegner, denen er früher nicht den Gefallen gethan, während der sich wesentlich nm seine irische Politik drehenden Parlamentsverhand lungen den Umkreis von Westminster zu verlassen, vermutlich ein noch gefürchteterer Gegner werden. Wer es wohl mit England und auch mit Irland meint, der kann dem irischen Minister in seinem mühseligen Kampf mit einer vor seiner persönlichen Verun glimpfung und Verleumdung nicht zurückschreckenden Gegnerschaft nur den besten Erfolg wünschen. * Berlin, 13. November. Se. Majestät der Kaiser hat sich heute nachmittag behufs Abhaltung von Hof jagden nach Letzlingen begeben. — In der heutigen Sitznng des preußischen Herrenhauses gelangten nur geschäftliche Mitteilun gen, sowie die Liste der in das Haus neu berufenen uud der aus demselben durch Tod ausgeschiedenen Mitglieder zur Verlesung. Von Hrn. v. Rochow- Plessow ist die telegraphische Mitteilung eingegangen, daß er die ans ihn gefallene Wahl zum ersten Vize präsidenten annehme. Es folgten Mitteilungen über die eingegangenen Vorlagen, sowie über die gebildeten Sektionen. — Im Abgeordneten Hause, welchem inzwischen die umfänglichen Gesetzentwürfe eines Ein kommensteuergesetzes, eines Erbschaftssteuer- gesetzes, einer Landgemeindeordnung für die 7 östlichen Provinzen der Monarchie und betreffend die öffentliche Volksschule zugegange.« waren, wurde auf Antrag des Abg. Stengel die Wahl des bisherigen Präsidiums (der Abgg. v. Köller, Frhr. v. Heere- man und v. Benda) durch Acclamation vollzogen. In gleicher Weise erfolgte die Wahl der Schriftführer. — Darauf nahm der Ministerpräsident Reichskanzler v. Caprivi das Wort und hielt ungefähr folgende Ansprache: Ich habe die Ehre dem hohen Haufe folgende Entwürfe vorzulegen: 1) Entwurf über die Steuerreform, 2) über die Erbschaftssteuer, 8) daS Volksfchulgefctz, 4) die Abänberung deS Gesetzes von, 14 Mai 1885, b) die Landgemcindcortmung Das Ministerium ist sich der hohen Anforderungen, die es an den hingcbenden Fleiss des Landtages mit diesen Vorlagen stellt, wohl bewußt. ES konnte jedoch ein späterer Termin sür die Einbringung dieser Entwürfe nicht gewählt werden. Der Aus bau der Reichsgcsetzgebung hat dahin geführt, daß in Preußen mauchcrlei gcsetzgcberifche Aufgaben verschoben werde» mußten. Eine längere Hinausschiebung der Erledigung dieser Arbeiten erschien dem Staatsministerium nicht thunlich, auch die Ver- schiebung einzelner Ausgaben erschien nicht möglich, da alle Arbeiten sich so ziemlich auf dein gleichen Boden bewegen. Deshalb hat das Ministerium einen so frühen Beginn der Landtagsarbeiten gewählt Es hoffe umsomehr, daß das ge samte Material in dieser Session werde erledigt werden lönnen, als die Arbeiten des Reich tagcs diesmal weniger Zeit in An spruch nehmen werden. Die vorliegenden Arbeiten zum Teil erst dem Herrenhausc vorzulegen, erschien aus praktischen Gründen nicht ratsam. Gegenüber laut gewordenen Meinungen wove er bei dieser Gelegenheit betonen, daß die Regelung nicht geneigt zu einem ganz unklaren Dinge geworden, unter dem sich die Meisten gar nichts mehr dächten und selbst Gladstone wisse wohl selbst kaum noch, welche Experi mente er mit dem britischen Reiche und der britischen Verfassung anstellen wolle. Im weiteren Verlauf seiner Rede trat der unionistische Führer sodann der prahlerischen Behauptung Gladstones entgegen, daß der Sieg seines Home-Rule nur noch eine Frage der Zeit sei und daß er im Geiste schon den Tag heran kommen sehe, wo die unionistische Partei sich den „Home-Rulern" ergeben müsse. Erst müsse, so meinte Lord Hartington, die Mehrheit der Wählerschaft des vereinigten Königreichs sich für einen bestimmten Home-Rule-Plan aussprechen, dann sei es noch Zeit genug, an die Möglichkeit einer Ergebung zu denken. Diese Worle, so bemerken zu der Auslassung des Unionistenführers die „Hamb Nachr", sind gewiß zutreffend. Die derzeitige Unbestimmtheit der Pläne Gladstones dient andrerseits freilich fehr wesent lich dazu, große Wählermassen ihm günstig zu stimmen. Über die wichtigeren wie unwichtigeren Einzelheiten eines Gesetzentwurfs vermag der poli tisch ungeschulte Mann nicht zu urteilen; der Geoanke aber, daß Irland früher schlecht behandelt sei, und daß man ihm durch die Erfüllung seines angeb lich heißesten Wunsches endlich Genugthuung verschaffen müsse, ist ihm verständlich und verfehlt bei einiger maßen geschickter Verwertung seine Wirkung nicht Der hieraus Vorteil ziehenden gladstoncanischen Agitation, so fährt das genannte Blatt dann fort, läßt sich schwer entgegenarbeiten. Die unverständige Menge hat eben für rein sachliche Erwägungen selten ein Ohr. Dessenungeachtet wird der Versuch, die Wähler in dieser Beziehung besser als bisher auf zuklären mit Recht auf «monistischer Seite immer wieder von neuem gemacht, und man darf gewiß die Hoffnung nicht aufgeben, daß später im entscheidenden Momente, ebenso wie 1886, der gesunde politische Sinn der Mehrheit der Bevölkerung sich doch für eine Ver werfung aller mehr oder weniger versteckten oder ver klausulierten Trennungspläne entscheidet. Zur besseren Aufklärung der Bevölkerung über den eigentlichen Kernpunkt der irischen Frage mag aber ferner vielleicht auch die jüngste Rundreise Bal fours durch das westliche Irland beitragen. Diese Reise war eine vortreffliche Antwort auf den Vor wurf John Morleys, der derzeitige Lbersekretär für Irland habe sich bisher nur ganz kurze Zeit in Ir land aufgehalten. Seit dem vor einigen Jahren ver storbenen Forster hat kein englischer Minister, auch Gladstone nicht, soviel Zeit und Mühe darauf ver wandt, sich persönlich über die Lage der notleidenden Bezirke in dem vorzugsweise keltischen Westen von Irland zu unterrichten. Mit einer der einfachen zwei rädrigen Wagen, auf denen mar« wenig bequem und mit dem Rücken gegeneinander gekehrt zu sitzen ge nötigt ist, ist der Leiter der irischen Politik Wochen hindurch von Ort zu Ort gefahren. Überall hat er direkt mit den Einwohnern gesprochen, sie über ihre derzeitige Lage und die Aussichten für ihr wei teres Fortkommen eingehend befragt und die Äußerung ihrer verschiedenen Wünsche bereitwillig und freundlich entgegengcnommen. Unleugbar hat das einen großen Eindruck in allen vom Minister be suchten Bezirken gemacht. Die schlichten Landleute, denen gewissenlose Volksauswiegler bisher den irischen Obersekretär, den Vertreter der „Zwangspvlitik", als einen finsteren Wüterich und als einen Teufel in Menschengestalt geschildert hatten, konnten sich nicht genug wundern, als sich dieser vermeintliche Beelzebub als ein bescheiden und unscheinbar das Land durch reisender, allen freundlich und liebenswürdig entgegen kommender Gentleman entpuppte. Die irischen Agita toren und ihre gladstoneanischen Bundesgenossen Aus England. In dem Parteileben Englands spielt die irische Frage noch immer eine der hervorragendsten Rollen. Auf fast allen Partciversammlungen bildet dieselbe den Hauptgegenstand der Erörterungen und keiner der be kannteren Parteiführer pflegt es bei einer solchen Ge legenheit zu unterlassen, seine Stellung zu der Frage zu kennzeichnen. Besonders eifrig in dieser Hinsicht ist der Führer der Whigs, der greise Gladstone, wel cher keine Mühe scheut, weun es gilt, der englischen Wählerschaft seine irischen Reformpläne darznlegen und neue Änhänger für dieselben zu werben. Dabei passiert es dem „großen Greise" zuweilen freilich, daß er sich in seinem Eifer, die Gegner zu überzeugen, zu weit fortreißen läßt nnd bald diesen, bald jenen wesentlichen Punkt seines im Jahre 1886 dem Parla mente vorgelegten irischen Reformplanes fallen läßt. So ging er beispielsweise in Edinburg jüngst soweit, von der „Unantastbarkeit der die drei Königreiche ver bindenden Unionsaktc" zu sprechen und seinen stau nenden Zuhörern kund und zu wissen zu thun, daß es ihm bei seinen Reformplänen nur auf eine freund nachbarliche Auseinandersetzung mit dem von Alters- Her so schlecht behandelten Irland ankomme. Nach einem solchen Aussprüche aus dem Munde des greisen Staatsmannes ist es nicht ganz leicht, zu sagen, was von seinen ursprünglichen irischen Reformplänen denn nun eigentlich übrig bleibt und was der zum Kampf- und Schlagwort der Gladstoneaner gewordene Aus druck Homerule noch bedeutet. Von dem Führer der liberalen Unionisten, Lord Hartington, wurde dies in einer Rede, die er im Stadthause von Greenock, wenige Tage nach der Rundreise des „großen Greises" hielt, sehr nachdrucksvoll hervorgchvbcn. Der ehemalige Partei- genösse Gladüviies meinte, Home Rule sei nachgerade sei, einzelne Gesetze au« dem Rahmen herauSnehmen zu laßen. Wir kö inen aus keine der Borlagen verzichten. Ihnen dies« zahlreichen Entwürfe vorzulegen, war nur möglich durch An spannung aller Kräste der einzelnen Restarts — ich muß bei dieser Geleg nhe.t den Beamten meinen Daut auSsprechen und konstatieren, daß unser BcamUnstaud noch immer seinen alten Ruf bewährt (Beifall recht») Da» System der Stenerresorm wird Sie aus lange hinan» noch beschäftigen; in den nächsten Lagen wird Ihnen auch dir Vorlage über die Überweisung der Grund- und Gebäudesteuer zugrhen. Die Einkommensteuerrrsorm bezweck« die Entlastung der weniger Bemittelten (Beisall), sie will die individuellen Verhältnisse m» Auge saßen. (Lebhafter Beisall.) Buch bei brr Erbschaftssteuer sollen die weniger Bemittelten srei bleiben; Erbschaften unter tausend Mark werden nicht besteuert werden. Das Voltsschulgesetz ist schon seit langem vorbereitet. E» soll vor allem die Befreiung vom Schulgelde völlig durchgesührt und die Lehrergehätter er höht werden In Bezug auf die Schulaussicht soll den Religionsgemeiuden »ach Möglichkeit entgegen gclommeu und ermöglicht weiden, daß kein Schultind ohne Religionrunter weisung bleibe. Durch Hinzuziehung der Ergebnisse au» der le» llmno sollen 10 Millionen sür Schulzwtcke besonders ver wandt weiden. Der Ihnen vorgelegte Ent-vurs für die Land- gemeindcordnung hält prinzipiell an der Selbständigkeit der be stehenden Landgemeinden fest, be langt jedoch, wo es not »Hut, Zusammenlegung der Gemeinden und Gemeindeoerbände. Der Entwurf fixiert die Zahl der Nichteingesessenen auf ein Drittel in der Gemeindevertretung und gewährt hervorragenden Be sitzern größeren Einfluß. Wir mußten un» die Frage vorlegen, werden diese Gesetze in dem Kampfe, der von den staats- zersetzenden Elementen insceniert ist, dcu Staat schütz.» S DaS wird der Fall sein. Zunächst wird die Volksschule au Kraft und Wirksamkeit gewinnen und daS wird der Regierung uud der Zukunft zu gute kommen. Die Regierung ist der Ansicht, daß die bestehenden Gesetze vollständig ansreichen, ihre Schuldigkeit zu thun (Beisall links); wir sind gewillt, unsere Macht rück sichtslos au»zuüben, wenn eS not t!ut (Beisall), aber wir sind nicht der Meinung, daß wir im voraus un» neue Kampf mittel schaffen. (Lcbhastcr Beisall.) Der Staat kann Nieder schlagen, damit ist e» ober nicht gemacht. Wir müssen dajür sorgen, daß die L'ebe und Frcndigleit zum Staate wächst. (Beisall.) Tie eingebrachteu Voilagin wobe i die Ärmeren cut lasten — das ist ein». Eie sollen jerner die Liebe zur Ge meinde und damit zum Staate kräftigen. (Beifall) Wir legen Ihnen heute ein arbeitsvolles Pensum vor — die Regierung hofft, daß die Wichtigkeit dicfer Ausgabe» ihr auch die nötige Arbeitskraft geben wird. Die Regierung meint, daß eS jetzt vor allem auf das Zusamincnfassen aller staatserhaltendcn Ele mente ankommt. Was wollen die kleinen Differenzen über Steueidekla aticn re. bedeuten gegenüber der bedrohenden So zialdemokratie! Wie in den Kriegen alle Elemente de» Staate» einig waren im Kampfe gegen den Feind, so bitte ich Sie auch jetzt, alle kleinen B-deuken fallen zu lassen und sich alle zu ver- cinigeii zur Erhaltung des StaatS. (Lebhafter Beifall) Ter Präsident schlägt vor, die nächsten Tage zur Prüfung der Vorlagen zu verwenden und erst auf Donnerstag, den 20. November, 11 Uhr, in die erste Lesung der Vorlage über die Einkommensteuer ein- zntreten. Das Haus stimmte diesem Vorschläge bei. — Über die zollpolitischen Verhandlungen zwischen Deutschland und Österreich schreibt die „Cvnserv. Corresp": Schon seit Jahren sind Erörterungen über zollpolitische Ab machungen mit dem uns politisch verbündeten, benachbarten österreichisch-ungarischen Kaiferstaate an der Tagesordnung. Als ganz besonders wünschenswert wurde es namentlich von öster reichischer Seite bezeichnet, daß zwischen den beiden genannten Staaten ein sörmlicher Zollverband zustande käme. Man konnte sich indessen nicht verheklcn, daß eine so w itgehcnde Vereinigung aus mannigfache, vorerst kaum zu überwindende Schwierigkeiten stoßen müßte, deren hauptsächlichste in dem österreichischen Ba- lutavcrhältnis zu suchen ist. Zwar wird nunmehr ernsthaft eine Regelung der Balutafrage angebahnt, zwar wird sogar, insbesondere von Ungarn aus, eine völlige Münzeinheit mit Deutschland angestrcbt; aber bis es in dieser Hinsicht zu greif baren Resultaten kommen wird, dürste noch geraume Zeit vergehen. Inzwischen sind, alsbald nach der Rückkehr Sr. Ma jestät des Kaisers ans Wien, Vorverhandlungen gepflogen wor den, um ein weniger radikales Zollabkommen mit Oesterreich zu treffen, ein Abkommen, das beiden kontrahierenden Staaten zwar wesentliche Erleichterungen bringen soll, das aber auch naturgemäß beiderseits Opfer fordert. Die Opfer, welche unser Land betreffen, werden in der Hauptsache in Konzessionen aus wirtschaftlichem Gebiete bestehen, während Österreich solche auf industriellem Gebiete zu machen haben wird. Die Vorverhand lungen halben wie verlautet im wesentlichen ihren Abschluß erreicht, das Ergebnis derselben wird natürlicherweise vorläufig geheim gehalten Soweit die Stimmen der deutschen Landimrtschaft, welche ja bei diesem Abkommen hauptsächlich interessiert ist, > ch Wenn das nun schon die Unbeteiligten thaten, um wieviel mehr mußte das eine heiratslüsterne, unab hängige und etwas eitle Fran, wie Fanny v. Treßnitz, thun, die sich bei der Angelegenheit in erster Linie be teiligt glaubte. Unruhig und nachdenklich schritt sic in ihrem Salon auf und ab, als ihre Zofe eintrat. „Herr Marbod O'Fennor bittet um die Ehre —" „Ich kann ihn jetzt nicht empfangen! Sagen Sie ihni, ich — ich sei bei der Toilette." Das Mädchen ging und Frau v Treßnitz setzte ihre nachdenkliche Wanderung fort. (Fortsetzung folgt.) Kunstvcrrin. (Schluß zu Nr. 204) Tas Bild von Rettich in München: „Gestran det" zeigt die dem Künstler zu eigen gewordene breit ausgearbeitete Technik in der Pinselführung und die Kühnheit, mit wenigen Farbcntönen durchzukommen. Das gilt auch sür die kräftige Behandlung der Lust. Nicht immer läßt sich jedoch mit solchem Können ein unsere Empfindung tiefer berührendes Bild fchaffen. Es ist dazu eine ansprechende, sinnvolle Komposition erforderlich, deren Inhalt und malerischer Vortrag dem Gegenstände gerecht wird. DaS wurde bei diesem ge strandeten Schiff nicht angestrebt, und doch war dieser Gegenstand nicht bloß wie ein Naturereignis, sondern wie ein unser Gemüt ergreifender unglückbringender Vorgang zu behandeln. Ein gestrandetes Schiff als Thema einer Landschaft kann nicht zugleich wie eine
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