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Dresdner Journal : 12.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901112
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-12
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 12.11.1890
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1766 seinen Dank für die dein Landesökonomiekollkgium eigenstes Herzblut (Aortj solgt.) Freude gewesen, den Beratungen des Kollegium- beigcwohnt zu haben. Um 0 Uhr 10 Minuten schloß die Sitzung und die Versammlung begab sich darauf in die Räume des Ministers zum Diner, in dessen Verlauf Minister v. Lucius Gelegenheit nahm, Sr. Majestät dem Kaiser wird, der sich nicht cinmal verrechnet hätte, sie be achten nicht, eine wie schwächliche, unzuverlässige Hilse, ein wie schales Surrogat sie an Stelle des echten, reinen Gefühls gesetzt haben, der Gott der Politik und leider auch der Politiker ist das Interesse, der Eigennutz. Achten Sie wohl darauf, wenn Ihnen ein Politiker von Gefühl spricht, ekär« cowtesse; sein Gefühl ist das Interesse, unser Gefühl ist das Leben, sein Gefühl ist ein blindes abgegriffenes, überall herumgelaufenes Geldstück, unser Gefühl ist unser Konzert. — Am 1l. November: Konzert der Fr Lillian Sanderson; im Gewerbehaussaale. Die Konzertgeberiu, deren öffentliches Auftreten in Deutschland mit überlautem Eifer und allen Mitteln einer ebenso geschickten als anhaltenden Reklame vor bereitet wurde, hat in ihren gestrigen Leistungen weniger durch ihre Stimme als durch musikalische Be gabung und Vortragskunst einen freundlichen Eindruck gewinnen könne». Ihr Organ von schwer bestimmbarem Charakter, in seiner klanglosen Tiefe kein Alt und in der schwachen Höhe km, Mezzosopran, ist von geringer Tragkraft und ohne sinnlich n Reiz, entbehrt aber in der Mittellage nicht das angenehmen Timbres und besitzt hier an sich schon den Ton warmer Empfindung; ihre Gcsangsweise ist mit Ausnahme der kurzen At mung von tadelloser Korrektheit, die Tongebung ruhig und edel, die Aussprache musterhaft, und ihr Vortrag bezeugt selbständige und poetisck-c Auf fassung, giebt sich wahr und einfach im Ausdruck verschiedenartiger Stimmungen und wirkt überall künstlerisch durch den feinen Geschmack und die des Ganzen bei. Hr. Säuret ist unserem Publikum längst als ein Geiger von ungewöhnlichen virtuosen Eigenschaften bekannt, der mit ausnahmslos sicherer und reiner Intonation in jeder Lage des Griffbretts eine Schnelligkeit und Sauberkeit in den schwierigsten Applikaturpassagen, eine Unfehlbarkeit im Flageolet und im polyphonen Spiel, in allen Künsten des Staccato, des Trillers und der Arpeggien verbindet, die immer neue Bewunderung erwecken muß; dazu ist sein Ton aufs feinste in zarten Färbungen ausge bildet und in der Mittellage von eigenartigem Klang reiz, und in seinem Vortrag einen sich warme Em pfindung mit eleganter und graziöser Behandlung des Ausdrucks. Die abenteuerlichen Hexereien und bis weilen nicht gerade wohlklingenden Kunststückchen über und unter dem Steg in Ernsts „äirs führte br mit vollster Leichtigkeit aus und spielte zu vor ein mäßig interessantes Adagio von Dvorak in belebtem Vortrag. Für die Wiedergabe der 6-moII- Sonate Beethovens, deren Allegrosätze von edelsten! Pathos erfüllt sind und großen Stil des Vortrags und großen Ton erfordern, erwiesen sich weder seine individuelle Vortragsweise noch sein kleines Tonvolumcn günstig; am besten gelang ihm noch das zierliche Scherzo, während seine Partnerin, Frl. Kleeberg, dem ernsten Stil der bedeutenden Tonschöpfung erheblich gerechter werden konnte. Hr. Blauwacrt, eine in unserem öffentlichen Musikleben auch schon bekannte Erscheinung, entfaltete im Vortrag mehrer recht unvorteilhaft ge wählter Lieder doch die erquickende Klangfülle seines prächtigen, vortrefflich ausgebildeten Baßbaritons und erfreute uns von neuem durch temperamentvollen, an individuell charakteristischen, feinen Ausdrucksnuancen der Ausführungsverordnung den Arbeitgebern die Ver wendung der Beitragsmarken abgenommen und die Einziehung der Beiträge den Krankenkassen und Ge meindebehörden übertragen worden ist. Deshalb hat auch z. B. die Ausstellung der Quittungskarte in Sachsen in der Regel nicht erst auf Antrag des betreffenden Arbeitgebers oder Arbeiters, son dern von der zuständigen Krankenkasse oder Gemeinde behörde von Amtswegen zu erfolgen. Berlin, 11. November Se. Majestät der Kaiser erledigte heute die laufenden Regierungsgeschäfte, er teilte zahlreiche Audienzen nnd nahm militärische Mel dungen entgegen. Am Nachmittag kam der Kaiser nach Berlin, um einer Sitzung des Landesökonomiekolle- ginms beizuwohnen und später einer Dinereinladung des Staatsministers l)r. Frhrn. v Lucius Folge zu geben. — Se. Majestät der Kaiser wohnte heute nach mittag den Beratungen des Landesökonomiekolle giums im landwirtschaftlichen Ministerium bei und nahm dabei Gelegenheit, sich des Längeren über die landwirtschaftlichen Arbeiter und Arbeitgeber und das Verhalten derselben hinsichtlich der Schütz in aßr ege In an den landwirtschaftlichen Maschinen auszulassen. Die„Nat-Ztg" berichtet über diesen Be such folgendes: Punkt 5 Uhr tras der Kaiser, welcher die Uniform des Königs Ulanen Regiments Nr. 13 (Hannover) trug, im land wirtschaftlichen Ministerium ein; den ihm angebotenen Präsi- dentensitz lehnte Se. Majestät ab und ließ sich zur Seite des PräsidialliicheS nieder Der Vorsitzende und der Unterstaatssekretär des landwirt- schafiliche» Ministeriums, vr. v Marcard dankten dem Kaiser für die hohe Ehre; seit dem sünizigjährigen Bestehen des Landes ökonomiekollegiums sei es das erste Mal, daß der Herrscher an den Beratungen teilnähme, vr v Marcard forderte daraus die Versammlung aul, ein Hoch aus den Kaiser auszubringen; nach dem die Versammlung dieser Aufforderung mit Begeisterung nachgekommen war, wurde in die Verhandlungen eingetreten. Der Kaiser hatte bestimmt, daß aus der reichen Tagesord nung des Kollegiums die Vorlage betreffend Schutzmaßregeln an den landwirtschaftlichen Maschinen zur Verhandlung kommen sollte. Der betreffende Antrag war schon im vorigen Jahr von dem landwirtschaftlichen Centralverein für den Re gierungsbezirk Königsberg bei dem Landcsökonomiekollegium eingebracht worden und damals einer Kommission überwiesen worden. Es lag nun der Bericht dieser Kommission zur Ver handlung vor. Geh. Oberregierungsrat Thiel erstattete namens der Kom mission einen kurzen Bericht über deren Verhandlungen unter Betonung der Dichtigkeit geeigneter Schutzmaßregeln bei der immer mehr sich ausbreitenden Anwendung von landwirtschaft lichen Maschinen. Hieraus beleuchtete der Präsident des Oberlandeskultur- gerichts Or. Glatzel die juristische Seite dieser Angelegenheit und das Recht der Verantwortjichkeit, welches je nach Fassung der betreffenden Polizeiverordnungen die Betriebsunternehmer bei Unglücksfällen durch landwirtschaftliche Maschinen treffe. Nach ihm führte Frhr v. Hammerstein auS seinen Er fahrungen als Vorstand der landwirtschaftlichen Unsallver- sichkrungsglnofsenscha't in Hannover interessante Details über die Zahl und die Ursachen und landwirtschaftlichen Unfälle und die Entschädigung sür dieselben vor. Der Vertreter des antragstellenden Verein-, Rittergutsbesitzer Justizrat Reich, äußerte sich zustimmend zu dem von der Kom mission ausgearbeiteten Normalentwurs einer Polizeiverord nung, betreffend die Schutzmaßregeln an landwirtschaftlichen Maschinen und betonte neben der Verpflichtung der Arbeit geber auch die Verpflichtung der Arbeiter zur Beobachtung der betreffenden Borschristen und Vermeidung jeder leichtfertigen Gefährdung. Prof. Schmöller teilte sodann näheres aus der Unfall statistik der Provinz Westfalen mit, hob hervor, daß die über wiegende Anzahl der landwirtschaftlichen Unfälle nicht durch die Maschinen, sondern durch andere Ursachen hervorgeruseu würden und bejürworlcte, die betreffenden Vorschriften nach dem Beispiel der süddeutschen Verordnungen auf die anderen Ur sachen auszudehnen; außerdem legte er den Gedanken nahe, die Kontrolle der Befolgung dieser Maßregeln nicht in die Hände der Polizei, sondern in die der Organe der Unsallversicherungs- genossenschast zu legen. Hierauf ergriff Se. Majestät der Kaiser das Wort, um aus verschiedene in der Debatte vorgekommrne Punkte näher einzugehen AuS den ihm regelmäßig vorgelegt cn Rapporten habe er zu seinem Besremden ersehen, daß eine größere Anzahl zumal weiblicher Bediensteter im landwirtschaftlichen Betriebe verunglücke, und cS sei deshalb notwendig, auf die Vermeidung solcher Unglückssälle eine verschärfte Achtsamkeit zu verwenden. Wie er schon im vorigen Jahre im landwirtschaftlichen Verein habe mitteilen lassen, sei er nicht geneigt, bei der Bestrafung der sür solche Unglückssälle haftbaren Unternehmer irgendwie Gnade eintretcn zu lassen, wo eine strafbare Fahrlässigkeit vor- liege. Von dcni meist ungebildeten landwirtschaftlichen Arbeiter könne man nicht verlangen, daß er seine eigenen Interessen und die Sicherung seiner Existenz ohne Rücksicht auf seine eigene Be quemlichkeit bei der Ausführung seiner Arbeiten wahrnehme Dein Leichtsinn und d r Unachtsamkeit dieser Arbeiter müsse durch eine strenge Aussicht der verantwortlichen Arbeitgeber ge- steucit werden; in dieser Beziehung erwarte er von den Beschlüssen des Kollegiums die besten Folgen; im übrigen sei cs ihm eine Die Gebirgsbildung im Lichte einer neueren Throne. Über diesen wissenschaftlichen und sür alle Freunde unseres ErdlebenS interessanten Gegenstand bringt S. Günther in München in den „M. N. N." einen Aus satz dar, welcher der Theorie von der Zusammen schrumpfung unseres Planeten und den daraus hervor gegangenen Bergen und Thälern zum Beweise dienen und seinem Hause zu teil gewordene Ehre auszu sprechen. An dem Diner nahmen außer den Mitgliedern des Landesökonomiekollegiums die Familie des Mi nisters, die beiden Direktoren im landwirtschaftlichen Ministerium, Oberlandstallmeister Graf Lehndorff, die Generäle v. Hahnke und Wittich, der Chef des Zivil kabinetts v. Lucanus und Hofmarschall Graf Eulen burg teil. — Wenn man die mehr und mehr bekannt wer denden Daten aus dem nächstjährigen Reichshaus haltsetat zum Gegenstände der Betrachtung macht, darf man, wie die „Bcrl. Pol. Nachr." ausführen, nicht übersehen, daß es sich dabei meist vorerst nur um die dem Bundesrat vorliegenden Etatsentwürse handelt. Schon in dieser hohen Körperschaft haben bekanntlich die Voranschläge der Rcichsfinanzverwal- tung mehrfach Änderungen erfahren. Abgesehen von der auf Grund der Oktoberpreise des öfteren vorgenom- menen Berichtigung der Ansätze für die Naturalver pflegung des Heeres ist u. a. im Vorjahre eine erheb liche Erhöhung der Etats der Zölle und Verbrauchs steuern, insbesondere des Ertrags der Branntwein steuer, im Bundesrat herbeigesührt worden. Mit den sich hieraus ergebenden Vorbehalten liefern die vor liegenden Zahlen folgendes Bild: Der ordentliche Etat schließt in Einnahmen und Ausgaben — dauern den und einmaligen — mit 1033430940 M. ab. Hierzu treten noch die einmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats, deren Deckung durch außer ordentliche Einnahmen, vornehmlich durch An leihen erfolgt, während die Ausgaben des or dentlichen Eiats durch die eigenen ordentlichen Ein nahmen des Reichs, und soweit diese nicht ausreichen, durch Matrikularumlagen zu bestreiten sind Die eige nen Einnahmen des Reichsfigurieren mit 700 232014M., sodaß an Matrikularumlagen vorzusehen waren 324 207 935 M. Ausgaben und Einnahmen werden aber über den wirklichen Betrag dadurch angeschwellt, daß in ihnen jene 3313530l)0 M , welche aus Zöllen und Reichssteuern an die Bundesstaaten abzuführen sind, in Einnahme und Ausgabe durchlaufen. Der wirkliche Bedarf des Reiches im ordentlichen Etat stellt sich sonach auf rund 702087 000 M., die zur Reichskasse fließenden ordentlichen Reichseinnahmen auf rund 377 879 000 M. Tie Matrikularumlagen übersteigen die für das laufende Jahr einschließlich des in die Nachtragsetats eingestellten Betrages um 22035 508 M., den in den Hauptetat ausgebrachten, der Etatsaufstellung Preußens zu Grunde liegenden Betrag um etwas über 59 Millionen M. Die Er höhung der Matrikularumlagen bleibt um „rund 8 Millionen M. hinter der Vermehrung der Überwei sungen zurück. Letzterer Mehrbetrag reicht aber ent fernt nicht hin, um dasjenige finanzielle Verhältnis zum Reiche wiederherzustellen, welches die Voraussetzung für die Balancierung des diesjährigen preußischen Etats bildete. Denn nach dem Hauptetat überstiegen die Überweisungen die Matrikularumlagen um ruud 33,3 Millionen M — Für Preußen stellt sich die Sache so: Der diesjährige preußische Etat balanciert unter der Voraussetzung, daß Preußen vom Reiche an Überweisungen (rund 180 Millionen M s über den Betrag der Matrikularumlagen hinaus (153 Millionen M.) eine Summe von 27 Millionen M. erhält. Für 1891/92 steht für Preußen an Überweisungen ein Be trag von 200267 610 M. und Matrikularumlagen im Betrage von 189 569000 M., mithin nur ein Mehr von 10,8 Millionen M. in Aussicht, so daß ihm zur Deckung der eigenen Ausgaben von Reichs mitteln über 16 Millionen M. weniger zur Verfügung stehen, als bei Aufstellung des laufenden Etats, und daher die Ausgaben Preußens, wenn der nächstjährige Etat balancieren soll, um diesen Betrag gegenüber der sonst möglichen Höhe eingeschränkt werden müssen. Einschränkung, nicht Fülle, wie die .Freisinnige Zei tung" neulich meinte, ist daher das Zeichen, unter wel chem die Ausstellung des nächstjährigen preußischen Etats sich vollzieht. — Der Staatssekretär des Reichsamts des Innern, Staatsminister v. Bötticher, empfing heute vormittag eine Deputation, bestehend aus Vertretern der Ostsee hasenstädte Danzig, Königsberg, Stettin und Lübeck, freut, kaum ausgesprochen werden. Die Zuversicht, der Friede werde unserem Weltteil erhalten bleiben, bezieht sich zwar zunächst nur auf ciu Jahr. Aber diese vorsichtige Ausdrucksweise ist offenbar nicht ge wählt, um die Hoffnung, auch in der weiteren Zu kunft werde Europa vor Krieg bewahrt bleiben, abzu schwächen. Sie entspringt lediglich der Abneigung, ans gar zu lange Zeit hinaus eine Voraussagung über die politische Lage zu mache«, welche Abneigung um so gerechtfer tigter erscheinen muß, als der Minister im nächsten Jahre wieder Gelegenheit haben wird, sich über den gleichen Gegenstand auszusprechen Zu d n Vorgängen, die man als günstige Vorzeichen für die Aufrechterhaltung des Friedens ansehen müsse, rechnete Lord Salisbury den bevorstehenden Besuch des russischen Thronfolgers in Indien. „Nachdem man", so meinte er, „soviel von der Unversöhnlichkeit der englischen und russischen Interessen in Asien gesprochen, sei es jedenfalls hoch erfreulich, daß der Sohn des Zaren demnächst als Gast der Königin auf indischen Boden weilen werde. Eine solche Zusammenstellung der Ideen Rußlands und Indiens könne für die beiden Länder Gutes bergen und Sicherheit für die Aufrechterhaltung des Friedens zwischen ihnen bieten." Diese Äußerung ist keineswegs nur eine leere Höflichkeitswendung; der Besuch des russischen Thronfolgers in Indien kann in Wahrheit nicht anders als ein glückliches Ereignis für die asiatischen Beziehungen Englands zu Rußland aufgefaßt werden. Lord Salisbury ging daun zu den afrikanischen Angelegenheiten über; er sprach von dem Widerstande Hollands gegen die Beschlüsse der Brüsseler Konferenz bezüglich der Kongozölle nnd erklärte, England werde die Mittel finden, daß wenigstens die zur Bekämpfung der Sklaverei gefaßten Beschlüsse nicht vereitelt werden würden. Nachdem er sodann noch die afrikanischen Abkommen mit Deutschland und Frankreich, sowie den Stand der Verhandlungen mit Italien und Portugal berührt hatte, kam der leitende englische Staatsmann auf den Wahlsieg der Demokraten in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika zu spreche« Er bezeich nete diesen Sieg als einen Sieg des Freihandels we nigstens als einen scheinbaren Sieg des Freihandels; jedenfalls aber sei er ein Protest gegen eine allzu weitgehende Schutzpolitik „Es gehe", so fuhr er fort, „gegenwärtig der Taiiskrieg durch die ganze Welt, überall suche man den Verkehr unter den Nationen zu beschränken. England müsse diesen Krieg nun eben ausfechten, Repressalien könne es nicht üben, auch seine Tarife, die schon auf dem niedersten Fuße stünden, nicht noch weiter herabsetzen. Mit großem Nachdruck erklärte sich der Minister zum Schluß sodann noch gegen eine gesetzliche Be schränkung der Arbeitszeit. „Er sei für die Erhaltung der Freiheit der Arbeit, ohne die Freiheit würde sonst England von den anderen Ländern bald an Kapital, Handel und Wohlstand überflügelt werden, und da runter müßten gerade die Arbeiter zuerst und vor allem leiden." Die übrigen innerpolitischen Fragen ließ er, soweit England in Frage kommt, unberührt. Diese haben überhaupt auf dem Lord-Mayors-Bankett von jeher nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Aber auch der auf die allgemeine politische Lage be zügliche Teil der Auslassungen Lord Salisbmys bot, wie eingangs schon gesagt, diesmal weniger bemerkens wertes als sonst. Immerhin aber muß die Rede als eine neue friedliche Kundgebung mit Genugthuung be grüßt werden. maßvolle Haltung der Sängerin, an welche man die Foidcruug nach beseelter Wiedergabe voll Tiefe und Leidenschaft des Gefühls schon mit Rücksicht auf ihre die Intention einschränkenden Stimmmittel freilich nicht erheben darf. Ihr Bestes gab Fr. Sanderson mit der Ausführung von Schumans ergreifendem Ge sang „Die rote Hanne" und dem .Kleinen Liede" von Aug. Bungert, dessen warme lyrische Stimmung sich zu einer anmntenden Melodie von schlichter Herz lichkeit verdichtet. (Dieses schöne Lied stammt gleich dem anderen „Ter Schuhmacher" auS den „Volks und Haudwerkerliedern" op> 79.) Unter den mitwirkenden künstlerischen Kräften, die insgesamt Frau Sanderson sehr wirksam unterstützten, sei zuvörderst Frl. Kleeberg genannt. Diese vorzüg liche Pianistin, deren fein durchgebildetc virtuose Tech nik und spirituellen, warm empfundenen Vortrag wir schon an vielen ihrer Leistungen rühmen durften, spielte Händels Chaconne und Variationen so köstlich, stilge recht, mit natürlich fesselndem Ausdruck uud höchster Klarheit, daß sich die Zuhörer durch einhelligen Bei fall zwei Zugaben erbaten, welche die Künstlerin ihnen mit dem Perpetuum mobile von Mendelssohn und Hillers reizendem Stück „Bei der Guitarre" gewährte. Ihr Vortrag dieser beide» kleinen Kompositionen war ganz vollendet in der technischen Wiedergabe, in fein modulierenden Tonfärbungen, in dem außerordentlich ebenmäßigen Passagenspicl und in dem musikalifch ge sunden, allen pikanten Nüance» abholden Grundzuge der Ausführung. Die weiterhin an dem Konzert beteiligten Künstler, die Herren Säuret und Blauwaert, trugen beide in gleich vorteilhafter Art zu einem genußvollen Eindruck Tagesgerichte. Dresden, 12. November. Die „Sächsische Arbeiter zeitung" hat in ihren Nummern 148 und 149 den Abdruck einer Anweisung, betreffend das Ver fahren bei der Ausstellung und dem Um tausch, sowie bei der Erneuerung (Ersetzung) von Ouittungskarten vom 17. Oktober 1890 begonnen. Da dies jedoch anscheinend diejenige An weisung ist, welche die zuständigen Königl. preußi schen Ministerien für das Königreich Preußen erlassen haben, so ist die Veröffentlichung geeignet, bei uns Mißverständnisse und Verwirrung hervorzurufcn. Die entsprechende sächsische Anweisung, welche von dem Königl. Ministerium des Innern unterm 20. Ok tober 1890 erlassen worden ist und gegenwärtig nach erfolgter Drucklegung zur Versendung an die betei ligten Behörden und Krankenkassen gelangt, weicht von der veröffentlichten preußischen Anweisung in mehr facher Beziehung nicht unwesentlich ob, und zwar na mentlich um deswillen, weil in Sachsen durch 8 10 reichen Vortrag, namentlich im originellen „Ständchen des Mephisto" von Berlioz, das der orchestrale» Be gleitung allerdings fühlbar entbehrte. Die Klavierbegleitung des Hrn. E. Wolff, au wel chen in diesem sehr ausgedehnten und durch das Über wiegen der Lieder im Progamm etwas einförmigen Konzert mannigfach wechselnde Ansprüche gestellt wur den, war mit einige» Ausnahme» sehr befriedigend, -v- Kvnigl. Polytechnikum Der Rektor unserer Technischen Hochschule, geh. Regierungsrat Professor vr. Hartig, ist zum Mitglied der Kaiser!. Leopol- dinisch - Carolinischen deutscheu Akademie der Natur forscher ernannt worden. — vr. Hennig, bisher Assistent am physikalischen Laboratorium des geh. Hof rats Professor Vr. Doepler, hat einen Ruf als Do zent an das Polytechnikum Riga erhalten und ange nommen. — DaS Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts hat im Einverständnis mit dem Königl. Finanzministerium beschlossen, den Finanz rat Frhrn. v. Oür mit der Abhaltung einer wöchent lich zweistündigen Vorlesung über Tunnelbau wäh rend des SommersemcsterS an der hiesigen Technischen Hochschule zu betrauen welche dem Minister ihre Wünsche bezüglich der Gestaltung der Getreidezölle bei dem geplanten handelspolitischen Abkommen mit Österreich Ungarn vortrug. — Bis Ende Oktober 1890 sind an Reichs münzen unter Abzug der wieder eingezogenen Stücke folgende Beträge ausgeprägt worden: Än Do.pelkronen 1961674 060 M., an Kronen 488 820050 M, an halben Kronen 27 960125 M, an silbernen Fünf- Markstücken 74096 645 M., an Zweimarkstücken 104 956 564 M, an Einmarkstücken 178 982 738 M., an Fünfzigpfennigstücken 71 483 519 M, an Zwanzig- psennigstücken 22 714 775 M; an Nickelmünzen 40052273 M. in Zwanzigpfennigstücken, 28051213,90 M. in Zehnpfennigstücken, 13 645 590,55 M. in Fünf Pfennigstücken; an Kupfermünzen 6 213 178,52 M. in Zweipfennigstücken, 5098 382,26 M. inEinpfennigstücken. Die Subtommission, welche seitens der mit der Vorberatung der Novelle zum Krankenkassen- - gesetzt betrauten Ausschüsse des Bundesrats behufs Feststellung der in Vorschlag gebrachten Abänderungen des Entwurfs eingesetzt war, ist mit ihren Al beiten fertig, so daß die zweite Lesung der Vorlage in diesen Tagen wird stattfinden können. — Zur Erleichterung und Beschleunigung des in letzter Zeit erheblich gestiegenen telegraphischen Verkehrs zwischen Deutschland und Italien ist in diesen Tagen zwischen Berlin und Rom, neben den bisherigen beiden Verbindungen auf dem Wege durch die Schweiz, eine neue Telegraphenleitung auf dem kürzesten Wege über Bayern und Tirol her gestellt und in Betrieb genommen worden -Die Ge samtlänge der Leitung beträgt 1935 km Als Lei- tungsdraht ist Bronzedraht von 3 mm Stärke ver wendet worden, welcher wegen seiner besseren Leitungs fähigkeit gestattet, daß der direkte Verkehr zwischen den Hauptstädten beider Reiche ohne jegliche Uebertragung mit der denkbar größten Schnelligkeit abgewickelt wer den kann. Die Übermittelung der Telegramme erfolgt durch Apparate des Typendrucksystems bester Konstruk tion Der vorliegende Fall ist der erste, in welchem für eine von Deutschland ausgehende internationale Telegraphenverbindung der leistungsfähigere Bronze draht zur Anwendung gekommen ist. Nur für den Brennerübergang ist auf einer kurzen Strecke wegen der Schnee- und Eisbelastungen im Hochgebirge aus Sicherheitsrücksichten vom Eisendraht in einer Stärke von 5 mm Gebrauch gemacht worden. Der zur Her stellung der neuen Leitung auf deutschem und italieni schem Gebiete erforderlich gewesene Bronzedraht ist ausschließlich Erzeugnis deutscher Industrie. Die Tele- grapheuverwaltungen von Deutschland, Österreich und Italien haben die Vollendung dieser wichtigen Anlage allerseits thunlichst gefördert — Gegenüber beunruhigenden Gerüchten über das Befinden der vor etwa Jahresfrist nach Chile be rufenen deutschen Schulmänner — sie wurden von der dortigen Regierung behufs pädagogischen Wirkens an den Lyceen und Mittelschulen berufen — konstatiert die „N. A Z", daß dieselben weder in un gesunden Gegenden untergebracht sind, noch daß sie sonst über Schwierigkeiten klagen. Die chilenische Re gierung sei ihren Verpflichtungen voll nachgekommen. — Die Arbeitcrschutzkommission des Reichs tages trat heute in die Beratung des Abschnittes der Gewerbeordnungsnovelle ein, welcher von den Verhält nissen der Fabrikarbeiter handelt. 8 134, welcher die sür die Gesellen und Lehrlinge getroffe nen Bestimmungen aus die Fabrikarbeiter ausdehnt, wurde un verändert angenommen Sovann wurde in die Erörterung der solgenden neuen Paragraphen eingetretcn, welche die Arbeits ordnungen betreffen 8 I3ia, welcher den Erlaß von Arbeits ordnungen sür jede Fabrik bestimmt, wurde mit einer vom Abg Frhrn. v Stumm beantragten Änderung genehmigt, nach wel cher sür einzelne Abteilungen des Betriebes besondere Arbeits ordnungen erlassen werden können Die Diskussion über den tz 134b war eine sehr eingehende. ES wurden die ersten beiden Absätze desselben erledigt Absatz 1 schreibt die B stimmungen vor, welche in der Arbeitsordnung enthalten sein müssen. Unter anderem wird verlangt, daß die Arbeitsordnung, sosern es nicht bei den gesetzlichen Bestimmungen bewenden soll, die Frist der sür jeden Teil zulässigen Aufkündigung regeln soll. Auf Antrag des Abg. Hirsch wurde dieser Passus dahin ergänzt, daß die in der Arbeitsordnung festgesetzte Auskündigungssrist sür Arbeitgeber wie süe Arbeiter gleich sein muß. Abg Hitze beantragte, dem Absatz! solgenden neuen Absatz hinzuzusagen: „Die Lohnzahlung muß sür alle Arbeiter, deren Tagesverdienst duichschnittlich ü M. nicht übersteigt, mindestens zweimal im Monat erfolgen und jedenfalls alle 8 Tage eine Abschlagszahlung. Bei Accord- arbeiten, welche vor Fertigstellung eine Berechnung deS ver dienten Lohnes nicht zulassen, muß wenigstens alle 14 Tage eine solche Abschlagszahlung vorgesehen werden Die Aus zahlung der Löhne darf nicht in L chankstätten, Verkaufsstellen oder anliegenden Lokalitäten geschehen. Arbeiter, welche in der Gemeinde deS Betriebes wohnen dürsen nicht am Sonnabend
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