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Dresdner Journal : 06.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-06
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 06.11.1890
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M258 Donnerstag, den 6. November, abends. 1890. kür Orsslloa vurrtohLürUvst 2 5l. 50 kk., b«i «le» LrüosrI. äsut»ok«Q kostaostLltvo vierb«l- jkstrtlod S ; Lu^ssrkLld ä«s äsutsckev Rvieks« tritt ?o»t- uaä Lt-MpslrusevlL« diaru. Linrolos Luvarusrnr 10 vk. L»!lNoalxu»xsxvdlldrvur kür üe» tbauill «inor 2eils kleiner kedritt SO kk. llntsr ,,^»n^e»Ln<it" üis Asi le SO kk. Lei L»vollen- uuü ^iFsrnsntt enttpr. ^nt»e>il»is. Lrsekvlaeo r ^S^llev nüt XninLvMS äer Lonn- u. ksiert»^« »Vena». ksraopreeir-Ausosttaoo: Ur. 1285. » Für die Gesamt leitung verantrr örtlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der Lttteratur- und Kunstgeschichte. Innnkm» rou ^ntNoaixuoxeu Lusrrürlsr r-eixlix: H. Lran<i«tektrr, Lownussionllr cio, Oreeäuer ^ournnl»; Lnwdnrss >«rli» Vt«n L«ip»ix L»»el Lr«,I»n kr»nktart ». A.: //aarenÄrtn.0 l'a^ler; L«rlj»-Vj«a-S»mdnr^- kr»^ I.«tp-jx-rr»nkt,rt ». ».Unncden: Luck. A/o«e,- r»ri» Lonckon L-rltn krnnkturt ». H. Slntt^»rt: Laub« 60., L«rUn: cknrattcke,»cka»i^, »r«,I»n: Lmii L'abatb,- L»nnor«r: <7. Lebuser, L»u« «.5.: ck. Larct ck 6a. lleraaexeder: Lüoixl. Lrpeäition äe« vresäoer ilournntt. Dresden, ^vioxeretr. 20. kernsprsov-^uscvlu»«: Ur. 1285. Amtlicher Teil. Dresden, 1. November. Mit Allerhöchster Geneh migung hat das Ministerium des Cultus und öffent lichen Unterrichts den mit der Abhaltung von Vor lesungen über Telegraphie und Signalwesen bei der Technischen Hochschule hier beauftragten Betriebstele graphen-Oberinspektor der Sächsischen Staatsbahnen vr pbil. Friedrich Richard Ulbricht zum Honorar professor bei der genannten Hochschule ernannt. Dresden. 1. November. Se. Majestät der König haben dem Superintendenten und Pfarrer vr. pbil. Carl Ludwig Blochmann in Pirna das Ritterkreuz 1. Klasse vom Verdienstorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Sc. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Director der Sächsischen Bank, Heuschkel 'zu Dresden den Titel Commerzienrath zu verleihen. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Paris, 6. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Genrralrat deö Seinedepartements nahm eine Resolution an zu Gunsten allgemeiner Amnestie für alle Streik-, Preß- und VersammlungSver- aehen, ausgenommen diejenigen, welcke gegen die Republik gerichtet waren. Brüssel, 5. November. (W. T. B) Die mit der Ausarbeitung eines Tarifs für die Ein gangszölle deS KongostaatcS beauftragte Kom- missten trat heute zu ihrer ersten Sitzung zusam men. In Abwesenheit deS Ministers des Aus wärtigen hieß der Finanzminister die Mitglieder der Kommission willkommen. Zum Vorsitzenden wurde Baron Lambermont ernannt. Die Kom mission wird ihre Arbeiten morgen beginnen. Nom, 5. November. (W. T. B) Der Mar quis Rugini hat anläßlich der bevorstrhendrn Neu wahlen zur Kammer ein Schreiben an dir „Opi- nionr" gerichtet, in welchem er ausführt, daß er und seine Freunde mit der gegenwärtigen Rich tung der auswärtigen und der inneren Politik voll stündig einverstanden seien. Für Italien sei so wohl im Innern als auch nach außen hin eine lange Periode des Friedens durchaus notwendig, und diese Friedenspcriode werde durch den Drei bund und durch die kräftige Verteidigung der be stehenden Institutionen gegen die Angriffe der Umsturzparteicn gesichert. Ohne Frieden sei Italien nickt im siande, seine wirtschaftlichen Ver hältnisse zu vrrbessern. Sofia, 5. November. (W. T. B). Zn der Adresse, mit welcher die Sobranje die Thronrede deS Prinzen Ferdinand beantwortet und welche mittelst Acclamation angenommen wurde, heißt eS, die Vertreter deS bulgarischen Volkes seien überzeugt, daß der Sultan alles aufbietcn werde, um am Balkan die Ruhe aufrecht zu erhalten; dieselben gäben sich der Hoffnung hin, daß der er habene Suzerän bei den Mächten die zur end- giltigen Lösung der bulgarischen Frage notwendi gen Schritte veranlassen werde. New-Asork, 6. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Demokraten gewannen Kongreßsitze in Wisconsin, Michigan, Pennsylvanien, Kansas, Nebraska und Minnesota, und wählten die Gou verneure von Wisconsin, Pennsylvanien, sowie an- Äunst und Wissenschaft. * Ihre Majestät die Königin geruhte heute mittag der akademischen Werkstatt und den Schüler- werstätten des Hofrats Professor Pauwels Aller- höchstihren Besuch abzustatten und daselbst einige Bil der von Schülern anzukaufen. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 5. November' „Ein Volksfeind". Schauspiel in 5 Aufzügen von Henri! Ibsen. (Zum ersten Male) Es ist zunächst hervorzuheben, das; sich dieses Stück ungefähr in demselben Maße bühnenwirksam und fesselnd sür die Zuschauer erwiesen hat, wie „Die Stützen der Gesellschaft", obgleich es viel einseitiger und farbloser ist, als diese Arbeit und daher bei die ser Armut an Ouellpunkten des rein menschlichen Interesses wohl ein kürzeres Bühnenlcbcn in Aussicht stellt. Dennoch kann der Gesamterfolg ein sehr be friedigender genannt werden und die Aufführung hat dazu wesentlich beigetragen. Die Einarbeitung durch den Hrn. Spielleiter Marcks war vortrefflich, die Bc setzung der Hauptrollen eine glückliche, von passenden Kräften in ihrer Wirkung begünstigt. Man kann diese letztere Bezeichnung, abgesehen von den verschiedenen Schwierigkeiten der Aufgaben, auf alle die hierher ge hörigen Personen gleichmäßig anwcnden. auf Hrn. Wienc, die Fräuleins Guinand und Politz, sowie die Herren Swoboda, Schubert, Bauer und Zink, welche den Vr. Stockmann, dessen Frau und Tochter, den Bürgermeister, den Gerbermeister, den Redakteur und aeblich auch von Michigan, Nebraska und Minne sota. Die Republikaner wählten den Gouverneur von Kalifornien, den Bizegouveineur von Pennsyl- vanien, je ein Kongreßmitglied für Nord- und Südkarolina, zwei für Tennessee. Gegenüber einem Interviewer erklärte Cleveland, das erfreu- liche Wahlergebnis lege die Pflicht der Demokra ten dar, an der notwendigen Revision deS Tarifs festzuhalten, auf ein konsequentes Zurückgehen der Nahrungsmittel-reise hinzuwirken und die Auf- stellung eines weisen Tarifs, welcher den vernünf tigen Anforderungen der Regierung entsprecht, zu erreichen. New-Aork, 6. November. (Tel. d. Dresdn- Journ) Die „Evening Post" schätzt die Mehr heit der Demokraten in der neuen Kammer auf 80 Sitze. DaS Ergebnis der Wahl Mac Kin- leyö ist noch ungewiß; eS verlautet aber bestimmt, daß er mit kleiner Mehrheit geschlagen sei. New Port, 6. November. (Tel. d Dresdn. Journ.) Bis jetzt haben die Demokraten eine Mehrheit von über 100 Sitzen. Die New-A)orker „Times" schätzt die demokratische Mehrheit auf 151, der „Sun" sogar auf 160 Sitze. Dresden, 6. November. Die Wahlen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika haben vorgestern eine Reihe von Wahlen stattgefun den, welche für die weitere Entwickelung der politischen Verhältnisse des Landes von der allergrößten Wich tigkeit sind. In erster Linie handelte es sich dabei um die alle zwei Jahre stattfindende Erneuerung des Repräsentantenhauses, in zweiter nm sogenannte Staatswahlen, d. h. um die Wahlen von Deputierten und Beamten seitens der wahlberechtigten Bevölkerung der Einzelstaaten. Tie Staatswahlen haben zunächst freilich nur örtliches Interesse, sie sind jedoch insofern nicht ohne Einfluß auf die zukünftige Gestaltung der Dinge, als die Zusammensetzung der Behörden und gesetzgebenden Körper der einzelnen Staaten sowohl bei der Zusammensetzung des Senats, als auch bei der Präsidentenwahl schwer ins Gewicht fällt. Es herrscht darum schon von altersher in der nordamerika- nischeu Republik die Gepflogenheit, daß sich auch bei diesen Wahlen die beiden großen Parteien der Union, die Demokraten und die Republikaner, mit allen Mit teln den Sieg streitig zu machen suchen. Je nach dem Übergewichte der einen oder der anderen Partei spricht man von republikanischen und demokratischen Staaten und mit Triumph oder — mit Niedergeschlagenheit nimmt man es auf, wenn es gelingt, der bisher in einem Einzelstaate herrschenden Partei das Heft wieder aus den Händen zu nehmen. Weit wichtiger als diese Wahlen sind natürlich die Wahlen zum Repräsentantenhause, welche ein ziemlich zuverlässiges Bild der Stimmung im Lande geben und deshalb von der gesamten Bevölkerung stets mit der größten Spannung verfolgt werden. Bei den vorgestrigen Wahlen war dies in besonders hohem Maße der Fall, weil es sich um die Entscheidung von wirtschaftlichen Fragen handelte, die von der weit tragendsten wirtschaftlichen Bedeutung sind und das Interesse aller Kreise und Klassen der Bevölke rung berühren. Der vorgestrige Wahltag sollte zeigen, ob die Menge der Wählerschaft mit der Schutzzollpolitik der Negierung und namentlich mit der berüchtigten Mac Kinley-Bill einverstanden ist oder nicht. „Für oder wider die Mac Kinley-Bill" so lautete das Losungswort, unter dem sich der Wahl- den Buchdrucker in angespannter Hingebung mit jener Lebcnsnatürlichkeit ausstattetcn, die Ibsen in diesem Werke auf den höchsten Grad seines realistischen Stre bens zugespitzt hat. Hr. Wiene hatte dann außerdem Gelegenheit und ergriff sie mit überraschender Gestal tungskraft, seinen Helden der Titelrolle mit einer sehr reichen Individualisierung und seinen koloritvollen Licht- und Schattengebung anszustatten. Es wurde das dem Künstler diesmal besonders erschwert, weil der gute Dr. Stockmann unter der großen Schicksals peitsche des Verfassers fast während des Verlaufes von fünf Auszügen unablässig dahinkeuchen muß und dabei als ein Temperaments- und Gemütsmensch von kurzem Besinne» und immer neuen Entschlüssen eine wahrhaft aufreibende Anstrengung der Sprach-Lungen organe auf sich zu nehmen hat. Da heißt es rasch sein und mit den Sekunden geizen, wenn es darauf ankommt, in Rede und Spiel Nüan- cierungcn anzubringen. Und dennoch waren diese in Fülle vorhanden. Solche nicht jedem Darsteller erreichbare Hilfsmittel leisten die besten Dienste, wenn es das Publikum in ausdauernder Teil nahme mit ansehen soll, wie der Held eines Stückes stundenlang mit erhobenen Händen und erregten Worten, oft dabei von seiner Frau unterstützt, umher- stürmt, um sich die Bosheit und den Unverstand sei ner Mitmenschen abzuwchren und in der grausamen Mausefalle seiner Verhältnisse das kleine Loch zu suchen, welches zwischen Elend und Schande ins Freie hinausführt. Ter gebildetere Teil der Theaterfreunde hat sich bei Ibsen schon daran gewöhnt, daß derselbe im Trama kein abgeschlossenes harmonisch gestaltetes kamps vollzog. Nach den heute und gestern einge gangenen Nachrichten ist das Ergebnis so ausgefallen, daß die Urheber der Bill wenig Ursache zur Freude Haven werden. Die Gegner des ungeheuerlichen Zoll- tarifentwurfs und der Sperrzollpolitik überhaupt, die Demokraten, haben einen entscheidenden Sieg davon getragen, einen Sieg, der die weitgehendsten Erwar tungen womöglich noch hinter sich läßt. Das genaue ziffernmäßige Ergebnis der Wahlen liegt zwar noch nicht vor, eS steht jedoch außer Zweifel, daß das neue Repräsentantenhaus eine überwiegende demokratische Mehrheit ausweisen wird. Nach der Schätzung eines amerikanischen Blattes, der New-?)orker „Evening Post", werden die Demokraten in der neuen Kammer, welche 332 Mitglieder zählen wird, über eine Mehrheit von etwa 80 Sitzen verfügen. Die Republikaner, welche bis jetzt eine Mehrheit von 24 Sitzen hatten, haben also einen großen Teil ihrer Sitze verloren und eine Niederlage erlitten, die über die Stimmung der Wählerschaft keinerlei Zweifel aufkommen läßt; denn anch bei den Staatswahlen ist cs den demokratischen Bewerbern mehrfach gelungen, ihre Gegner aus dem Felde zu schlagen, so in Süd-Carolina, wo der Demo krat Tillmann zum Gouverneur gewählt wurde, in MasfachussetS, Rhode Island, Virginia und noch ver schiedenen anderen Staaten des Südens. In all diesen Ergebnissen liegt eine entschiedene Verurteilung der republikanischen Zollpolitik im all gemeinen und der Mac Kinley-Bill im besonderen, eine Verurteilung, die nm so bedeutsamer erscheinen muß, als die Rückkehr der Republikaner zur leitenden Stellung erst zwei Jahre hinter uns liegt und die Mac Kinley-Bill erst wenige Wochen Zeit gehabt hat, ihre Wirkungen zu zeigen. Eine unmittelbare Folge wird das Votum der Wählerschaft freilich zunächst noch nicht haben. Tic Lcgislaturperiode des nächsten Kongresses beginnt erst im März des kommenden Jahres. Bis dahin werden also die Republikaner das Heft noch fest in der Hand haben und sich keinenfalls zu einer Änderung ihrer bisherigen Politik entschließen. Aber auch nach dieser Frist ist nicht darauf zu rechnen, daß es den Demo kraten gelingen könnte, eine Wendung in der inneren Politik der Union durchzusetzen. Ihr Einfluß wird alsdann im besten Falle höchstens hinrcichen, republi kanische Ausschreitungen in der Gesetzgebung hintan zuhalten, nicht aber eine gegenteilige Politik herbei- zufuhrcn. Hierzu wäre es nötig, daß auch im Senate die Demokraten die Mehrheit hätten, denn nur, wenn Senat und Repräsentantenhaus einem Gesetze zustim men, kann dasselbe nach der nordamcrikanischen Ver fassung Giltigkeit erlangen. Gegenwärtig aber ver fügen die Republikaner im Senate noch über eine Mehrheit von 47 Stimmen und bei dem für den Se nat geltenden Wahlmodus ist die Möglichkeit ausge- scklosfen, daß sie vor dem Jahre 1893 aus der Stellung als führende Partei verdrängt werden könnten. Außer dem ist der Präsident der Union, dessen Amtsperiode erst in zwei Jahren abläuft, ausgesprochener Schutz zöllner, welcher Umstand der Möglichkeit gleichfalls hindernd im Wege steht, daß das republikanische Regiment sofort durch ein demokratisches ersetzt werden könnte. Man wird sich also zunächst da mit zufrieden geben müssen, das; eine Änderung der nordamerikanischen Sperrzollpolitik wenigstens in die Nähe gerückt ist. Für die nächsten Jahre aber ist jedenfalls noch nicht darauf zu rechnen. Tagesgeschichte. * Berlin, 3. November. Se. Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelcher sich gestern vormittag nach dem Entenfang begeben hatte, traf nach Beendigung der Kunstwerk und keine poetische Erhöhung und Ver klärung der Wirklichkeit erblickt, sondern nur die Ge legenheit, eine beliebige Anzahl von Vorgängen als ein Spiegelbild der Wirklichkeit scenisch vorzuführen, treu, wahr, immer von einer bestimmten Tendenz er füllt, aber allerdings auch mit allem Ballast von Zu fälligkeiten, Breiten und Geschmacklosigkeiten beschwert, welche die öde Flachheit des Alltäglichen giebt. Solche Scenen schließen jeweilen nicht mit einem Punktum, sondern mit einem Semikolon, wie z. B. die, welche dieses Stück ausmachen. Den Dichter be rührt das nicht weiter, denn es kommt ihm nicht auf einen psychologischen Ausklang der Handlung und der vorgeführtcn Menschcnschicksale, sondern auf die dra matische Aussprache eines Gedankenganges, vielleicht nur eines Problems an. Ties giebt eine Arbeits- frciheit, die ganz unermeßlich ist und den Kunstver- stand der meisten Zuschauer noch durch den Reiz einer dreisten Neuheit hypnotisiert. Im vorstehenden Drama ist der darin erwiesene Grundgedanke zwar ein alter, aber von großem Wert und verdient der „kompakten Masse" immer wieder in anderer Gestalt vorgesührt zu werden. Ibsen hat dieser „Masse" ihre Dummheit und ihren Dünkel bei empfindlichstenk Mangel an Seelcnadel so geistreich als überzeugend auseinandergesetzt Er bedient sich dabei in seiner beliebten und hier sehr wirksamen Weise eines nur schwache« Ge fäßes Der I)r Stockmann, der sich als Stilist möglichst viele Ausrufnngszeichen bei seinem Korrektor bestellt und nach Schluß des Stückes schwerlich im stände sein wird, durch wissenschaftliche Aufsätze scine Familie vor dem Verhungern zu schützen, übernimmt Jagd wieder im Neuen Palais ein. Dort begrüßte Se. Majestät das griechische Kronprinzenpaar, Höchst- welches kurz zuvor zum Besuche der Majestäten nach Potsdam gekommen war. Später konferierte der Monarch mit dem Staatssekretär des Reichsmarine amtes und den Chefs des Marinekabmetts und deS Mililärkabinetts. - Heute vormittag erledigte der Kaiser Regierungsangelegenheitcn und erteilteAudienzen. Die Arbeiterschutzkommission des Reichs tags nahm heute die am Anfang Juli unterbrochenen Sitzungen wieder auf und begann ihre Beratungen mit der ersten Lesung des Artikels 5 der Gewerbe ordnungsnovelle, welcher den 8 154 umgestaltet. Der letztere will in seiner neuen Fassung die Bestimmungen über dse Arbeitsordnungen, über die Kinderarbeit, die Arbeit der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen, sowie über die Fabrikaussicht außer wie bisher auf Hüttenwerke und Wersten auch aus Zimmerplätze und andere Bauhöse, sowie aus solche Ziegeleien, über Tage betriebene Brüche und Gruben, welche nicht bloß vorübergehend oder in geringerem Umsange betrieben werden, ausgedehnt wissen. DeS weiteren sollen die genannten Vorschriften mit Ausnahme derjenigen über die Arbeitsordnungen auch auf Werkstätten erstreckt werden, in welchen durch kleinen tare Arast bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend zur Anwendung gelangen, jedoch soll der BundcSrat sür gewisse Arten von Betrieben Ausnahmen von den Vorschriften über die tägliche BeschäsligungSzeit der Kinder und jugendlich« Ar beiter, über die Regelung der Beschästigungszeit der letzteren, sowie über die Maximalarbeitszeit LerArbeiterinnen zulassen können. Aus andere Werkgätlen sollen die Arbeiterschutzvorschristen im Wege der Kaiserl. Verordnung ganz oder teilweise ausgedehnt werden können Nach einer längeren Erörterung wurde der Artikel ü der No velle ohne prinzipielle Änderung angenommen. Aus den Antrag des Äbg. Frhrn. v. Stumm wurde nur die dem Bundesrate gewährte Ausnahmebesugnis sür gewisse Arten von elementare Krast brauchenden Werkstätten aus die Borschrist über die Mittagspause sür Arbeiterinnen über l6 Jahre, welche ein Hauswesen zu besorgen haben, ausgedehnt und aus den Antrag des Abg. Möller (Brackwede) desgleichen aus die Borschristen über die schriftliche Anzeige der Arbeitgeber an d e Ortspolizei- behörde bezüglich der Beschäftigung von Arbeiterinnen oder jugendlichen Arbeitern Ferner wurde ein Antrag des Abg. Hitze angenommen, nach welchem die Verordnungen, die aus Grund des 8 IL4 erlassen werden, dem Reichstage zur Kennt nisnahme mitgeteilt werden sollen Weitere Änderungen wurden am 8 Iü4 nicht vorgenommen. Es war zwar eine große Zahl von Anträgen auch seitens anderer Abgeordneter gestellt. So wollte der Abg. Hirsch eine Enquete veranstaltet sehen über die Frage der Ausdehnung der Arbeiterschutzbestimmungen aus das Handwerk und die Hausindustrie und nach Beendigung derselben ein hieraus bezügliches Spezialgesetz vorgelegt haben. Der Abg Wöllmer wünschte, daß dem Reichstage das Recht zur Korrektur der aus Grund der Ausnahmebesugnis vom Bundesrate getrossenen Anordnungen gewährt würde Die Sozialdemokraten wünschten, daß alle Ausnahme befugnisse deS Bundesrats gestrichen und kaiserlicher Berord nung im allgemeinen die Ausdehnung einzelner Bestimmungen der Gewerbeordnung aus das Handwerk Vorbehalten würde Der Abg. v. Kleist-Retzow wollte den Innungen bestimmte Rechte gewährt wissen. Alle diese Anträge wurden jedoch ab gelchnt Schließlich vereinigten sich bei der Annahme des durch die oben erwähnten Änderungen umgestalteten 8 154 bis auf die Sozialdemokraten und Freisinnigen sämtliche Parteien. München, 5. November. Ter Reichskanzler General v. Caprivi ist heute vormittag hier einge troffen und auf dem Bahnhofe von dem Minister präsidenten Frhrn. v Crailsheim iin Auftrage Sr König!. Hoheit des Prinzregenten, sowie von dem preußischen Gesandten Grafen zu Rantzau, den Mit gliedern der Gesandtschaft, dem bayerischen Gesandten in Berlin Graf Lerchenfeld-Köfering und dem General direktor der Staatsbahnen Schnorr v. Carolsfeld empfangen worden. Se. Königl. Hoheit der Prinz regent erteilte nachmittags um 1 Uhr im Beisein des Oberstkämmerers Frhrn. Pergler v. Perglas und des kleineren Hofdienstes dem Reichskanzler General v Caprivi Audienz und geruhte, demselben den Hubertus orden zu überreichen. Eine halbe Stunde später machte der Prinzregent dem Reichskanzler im Palais der preußischen Gesandtschaft einen Gegenbesuch. Nach demselben begab sich der Reichskanzler zu Ihren Königl. Hoheiten den Prinzen Ludwig, Rupprecht und Arnulf im Wittelsbacher Palais und demnächst zum es, einer Volksversammlung ihre tiefe Verkommenheit klar zu machen. Was er dabei über die Schwachheit der Behörden einslicßen läßt, wird seine Verehrer wieder bei der Gegenpartei finden, und so haben denn Alle Ursache, recht vergniigt nach Hause zu gehen. O. B. Besiegter Ehrgeiz. Erzählung von Woldemor Urban. 2 (Fortsetzung) Hr. Marbod O'Fennor ließ die funkelnden Blicke einen Augenblick auf der hübschen, blonden Claire Malter ruhen, die ihre Augen sofort tief errötend senkte Wie gern hätte sie die armen kleinen zwei Silben wieder zurück, die sie unwillkürlich, fast unbewußt ausgestoßen hatte. Frau v. Trebnitz beobachtete dieses Intermezzo mit gerunzelter Stirn und eifersüchtigen Blicken. „Aber Herr O'F«-nnor!" sagte sie mit liebenswürdi gem Vorwurf, „wir hofften auf eine Aufklärung oder Erklärung der schon bestehenden Differenzen, statt dessen geben sie nur Anlaß zu neuen." „Ich werde ihnen sofort erklären, Frau Lberhof- meisterin, was zu erklären ist," sagte Herr O'F«?nnor, indem sich seine Lippen zu einem überlegenen Lächeln kräuselten. „Es ist eine der größten Kalamitäten, in die der Mensch geraten kann, wenn er klüger oder dümmer zur Welt kommt, als die große Mehrzahl seiner Mitmenschen und je weiter sich jemand von der goldene» Mittelstraße, vo» der Turchschnittsintelligenz, von der Mittelmäßigkeit entfernt, nm so größer ist das Unverständnis, womit ihm seine Zeitgenossen ent-
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