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Einheit und Freiheit Aus dem Vortrag des Genossen Professor Kurt Hager an der Humboldt-Universität: „Die gegenwärtige geistige Situation in Deutschland" Die Ideologen des westdeutschen Imperialismus sind eifrig bemüht, den wahren Klasseninhalt der natio nalen Frage in Deutschland zu ver wischen. Um ihre antinationale, re vanchistische Politik und ihre Ab lehnung der friedlichen Koexistenz zu tarnen, reden sie viel von Einheit und Freiheit. Der einzig reale und vernünftige Weg zur Wiedervereini gung führt aber nur über die Poli tik der friedlichen Koexistenz. Aus diesem Grunde erklärte das Zentral komitee der SED in seiner Stellung nahme vom 15. April: „Allein diese Politik dient den In teressen unserer Nation. Deshalb er greifen unsere Partei, die Regierung und die Nationale Front immer wie der die Initiative, um die Beziehun- iten zwischen den beiden deutschen 3taaten und zwischen der DDR und Westberlin zu normalisieren und eine Politik der Vernunft und des guten Willens durchzusetzen. Die historische Mission der Deutschen Demokratischen Republik, der Bei trag der Arbeiterklasse und aller Werktätigen unseres Staates bestehen darin, durch den umfassenden Auf- bau des Sozialismus die Vorausset zungen zu schaffen, daß in ganz Deutschland die Kräfte des Friedens und des Fortschritts den Sieg da vontragen.“ („ND" 15. April 1954) Die Politik der friedlichen Koexi stenz bedeutet keineswegs, daß die beiden gesellschaftlichen Systeme, die heute in Deutschland bestehen, miteinander verschmolzen werden sollen. Sie bedeutet auch nicht, daß sie eine Einheit bilden und daß Ka pitalismus und Sozialismus vonein ander nicht nur historisch abhängig sind, sondern ihre Entwicklung, ihre weitere Umwandlung ein einheit licher Gesamtprozeß der mensch lichen Geschichte ist. In unserer Epoche geht es um den Kampf zwischen Sozialismus und Kapitalismus im Weltmaßstab und auch in Deutschland. Dies ist der Hauptinhalt unserer Epoche, das We sen des Klassenkampfes in unserer Zeit. Wir machen kein Hehl daraus, daß unser Ziel der Sieg des Sozialis mus in ganz Deutschland ist. Der Sieg des Sozialismus wird im Weltmaß stab durch die gemeinsamen Anstren gungen der sozialistischen Länder, der Arbeiterklasse und der natio nalen Befreiungsbewegungen errun gen werden. Er ist auch in Deutsch land zu erreichen, wenn wir in der Deutschen Demokratischen Republik jene Aufgaben lösen, die das Pro gramm der SED für den umfassen den Aufbau des Sozialismus stellt und wenn in Westdeutschland die Ar beiterklasse und alle demokratischen Kräfte ihre historische Aufgabe ver wirklichen und die antinationale Herrschaft des Imperialismus und Militarismus überwinden. Doch kann und muß dieses Ziel auf friedlichem Wege erreicht werden, eben unter Bedingungen der friedlichen Koexi stenz, die den Wettstreit auf ökono mischem und kulturellem Gebiet er möglichen. Der Marxismus hat — im Gegen satz zu der Aufassung der -chinesi schen Führer — nie den Standpunkt vertreten, daß der gesellschaftliche Von 1870 bis 1945 war Deutsch land ein einheitlicher Staat. Aber in diesem Staat übten in der Kaiser zeit, der Weimarer Republik und im Drittel Reich die Kräfte der Re- aktion, des Militarismus und der Un freiheit die Macht aus. Wirtschaft, Politik und Ideologie des Deutschen Reiches wurden vom Monopolkapi tal, den Großbanken und dem Groß grundbesitz beherrscht Die Regie rungen waren Beauftragte der Mo nopolbourgeoisie, der Junker und der Großgrundbesitzer. Der Hitler- faschismus war die schlimmste Dik tatur dieser reaktionären Klassen. Selbst Jaspers gibt das in seinem Buth „Freiheit und Wiedervereini gung“ zu, wo er schreibt, daß in der deutschen Geschichte die Einheit durch Gewalt, Blut und Eisen er richtet worden ist. Wörtlich heißt es dort: „Die politische Freiheit wurde nicht erreicht, sondern erst im Kollaps 1916 errichtet als formale Institu tion, die in der Ohnmacht helfen sollte. Sie entsprang nicht dem kraft vollen opferbereiten Willen zur poli tischen Freiheit, deren Wesen auch damals nur von wenigen Deutschen begriffen wurde.“ (K. Jaspers, Frei heit und Wiedervereinigung, Mün- durchzusetzen. Erst nach der Be- freiung vom Hitlerfaschismus wurde im Arbeiter-und-Bauern-Staat die politische und geistige Freiheit des Volkes verwirklicht. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Podiumgespräch hinwei sen, das am 15. März im Rahmen des CDU-Parteitages von Hannover zwischen Herrn Gerstenmaier und einigen Intellektuellen, darunter dem Schriftsteller Martin Walser sowie den Professoren Walter Jens und Arnold Gehlen, stattfand. Es ging um das Thema „Geist, Stiefkind der Nation?“ Walser sagte zu Gersten-, maier: „Wenn sie gesetzt hätten für .Na tion 1 ,CDU‘, dann wäre das Frage zeichen mehr als berechtigt... Wenn ich mir überlege, wo beschädme sich die CDU oder wo beschälet sich dieser Staat oder Institutionen dieses Staates mit Geist, dann fällt mir nicht viel ein." Er erklärte weiter: „In der Bundesrepublik ist die Politik wirtschaftsabhängig wie in keinem anderen Staate, den ich kenne. Die Wirklichkeit ist die, daß, wenn die Politik gemacht wird in der Fortschritt unter allen Umständen mit Krieg verbunden ist. Engels ant wortete bereits 1847 auf die Frage, ob die Aufhebung des kapitalisti schen Privateigentums auf fried lichem Wege möglich sei: „Es wäre zu wünschen, daß dies geschehen könnte, und die Kommu nisten wären gewiß die letzten, die sich dagegen auflehnen würden. Die Kommunisten wissen zu gut, daß alle Verschwörungen nicht nur nutz los, sondern sogar schädlich sind.“ (Marx/Engels, Werke Band 4, Berlin 1959, S. 372.) Die ungeheure Dynamik unserer Epoche kommt darin zum Ausdruck, daß gewaltige Kräfte den Ueber- gang vom Kapitalismus zum Sozia lismus sowie die soziale und natio nale Befreiung vollziehen und die Welt des Sozialismus und Kommu nismus gestalten. Die historische Aufgabe der deutschen Nation be steht darin, unter Führung der deut schen Arbeiterklasse die antinatio nale Herrschaft des Imperialismus und Militarismus in Westdeutschland zu überwinden. Damit wird auch das entscheidende Hindernis für die Wie dervereinigung Deutschlands aus dem Wege geräumt. Wenn man nicht in abstrakten Vorstellungen und in Illusionen befangen bleiben will, muß man sich eingestehen, daß es nur einen Weg zur Einheit Deutsch lands auf friedlicher demokratischer Grundlage gibt: die Ueberwindung des Imperialismus und Militarismus, der Todfeinde unseres Volkes. chen 1956, S. Iß.) Hier irrt Jaspers. Denn es gab vor und nach 1918 die revolutionären Ar beiter und andere fortschrittliche Bundesrepublik, sie eine wirtschafte- abhängige Politik ist und daß alle anderen Ausdrucksformen des Staa tes mir abhängig von Wirtschaft- Kräfte, die sehr wohl das Wesen liehen Entscheidungen zu sein schei- wahrer politischer Freiheit begriffen nen... und dafür das Leben einsetzten. Aber sie vermochten nicht, sich (Fortsetzung auf Seite 7) ///////