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Unser Forum Hebel Unter diesem Thema führte unsere Seminargruppe am 8. Juni 1964 eine Gruppenversammlung durch. Wir möchten hiermit unseren Vorschlag zur Diskussion stellen, um zü erreichen, daß noch vor dem neuen Studienjahr eine genereile Regelung getroffen wird. Zu Beginn muß erst einmal das Prorektorat für Studienangelegenheiten und die Stipendienkommission scharf kritisiert werden. Sie hielten es bis jetzt immer noch nicht für notwendig, genaue Richtlinien über die Vergabe von Leistungsstipendien für das Studienjahr 1963/64 zu geben, obwohl sie es selbst als richtig erachten, diese lange vor den Prüfungen herauszu geben. Mit diesem Verhalten wird die zielstrebige Arbeit der Studenten nicht unlerstützt. Ebenso müssen die Bestrebungen des Prorektorats für Studienangelegenheiten, die Grenzen für Leistungsstipendium auf 1,5 bzw. 2,2 heraufzuschrauben, kritisiert werden, da diese Grenzen in keiner Weise dem Schwierigkeitsgrad unserer Prüfungen entsprechen. Unsere Hochschule muß auch den Mut haben, gegen eine Direktive zu handeln, die ökonomischen Hebeln entgegenwirkt. Wir meinen damit, daß die 10 Prozent bzw, 30 möglichen Leistungsstipendiaten nicht auf die Fach- richtungen bezogen werden sollen, sondern auf die jeweiligen Semester, da man die Prüfungsergebnisse der Unter- und Oberstufe nicht miteinander vergleichen kann. Im Verlauf der Versammlung unterhielten wir uns auch über die Be wertung von ungenügenden Leistungen und über die Einführung von kol lektiven Leistungsprämien, Daraus entstanden »folgende Vorschläge: • 1. Leistungsstipendium Unserer Meinung nach sind die günstigsten Grenzen in der Unterstufe 1,9 bzw. 2,5, Oberstufe 1,8 bzw. 2,3. Der durchschnittliche Student kann bei entsprechend großer Energie diese Grenze erreichen, und er sieht sie selbst auch als erreichbar an. Der bisher gute Student sieht sein Ziel darin, eine „1“ zu erringen und in allen anderen Fächern eine „2" zu erhalten. Das ist ein sehr anspornendes Ziel und für die Hochschule selbst ein gutes Ergebnis, wenn man den Schwie- rigkeitsgrad unserer Prüfungen berücksichtigt. Für Studenten mit meh- reren „Einsen“ steht bei entsprechender gesellschaftlicher Arbeit das Wil- ~ helm-Pieck-Stipendium und das Karl-Marx-Stipendium in Aussicht. | 2. Bewertung von ungenügenden Leistungen I Wir waren uns darüber einig, daß ungenügende Leistungen, um bekämpft werden zu können, irgendwie bestraft werden müssen. Es ist jedoch zu spät, wenn das erst durch die Exmatrikulation geschieht. Deshalb soll fol gender Vorschlag zur Diskussion stehen: Erhält ein Student in einer für das Leistungsstipendium zählenden Prü fung die Note „Ungenügend“, so werden ihm drei Monate lang 10 DM vom Stipendium abgezogen. Studenten, die kein Stipendium erhalten, bekom men eine Mißbilligung vom Fachinstitut ausgesprochen bzw. werden, wenn sie im Internat wohnen, drei Monate dazu verpflichtet, 10 DM mehr Miete au zahlen. Wenn die Seminargruppe glaubt, daß die Bestrafung ungerechtfertigt ist, muß sie den Antrag stellen, daß keine Bestrafung erfolgt (zum Beispiel bei längerer Krankheit, einmaligem Versagen bei guter Studienmoral usw.). 3. Kollektive Leistungsprämien Erreicht eine Seminargruppe in der Unterstufe einen Durchschnitt von besser als 2,7, dann erhält sie 1000 DM, und bei 2,7 bis 2,75 erhält 'sie 500 DM. Erreicht sie in der Oberstufe einen Durchschnitt von besser als 2,2, dann erhält sie 1000 DM, bei 2,2 bis 2,25 erhält sie 500 DM. Dabei kommt die Zahl der Studenten einer Seminargruppe zur Verrech nung, die. bis zur Verteilung des Leistungsstipendiums noch an der TH sind. Hatte eine zur Prämie kommende Seminargruppe im Studienjahr Abgänger, dann sind pro Abgänger 100 DM abzuziehen. Wir sind überzeugt, wenn diese drei Vorschläge (mit eventuell noch mög- lichen Verbesserungen) richtig angewandt werden, so wird sich das Be mühen nach besseren Leistungen in der Zukunft erhöhen. । Seminargruppe 6/17 Anmerkung der Redaktion: Die Vorschläge der Seminargruppe 6/17 sind als eigene Initiative der Studenten nur zu begrüßen. Natürlich ist einiges diskutabel, jedoch scheint uns. daß sie von der richtigen Seite an die Frage herangehen.- inwieweit ^ökonomische Mittel zur Verbesserung der Studien- leistungen angewendet werden können. Eine breite Diskussion darüber wäre nützlich. Was halten die Studenten unserer TH voii diesem Vorschlag? Was sagt das Prorektorat für Studienangelegenheiten dazu? Stipendium als ökonomischer D er umfassende Aufbau des Sozialismus in unserer Repu blik erfordert neben der Lö sung einer Vielzahl von Auf gaben auf allen Gebieten unseres gesellschaftlichen Le bens vor allem die Erziehung unse rer Jugend, der Hausherren von mor gen — wie es im Entwurf zum neuen Jugendgesetz heißt —, zu allseitig gebildeten, zu sozialistischen Persön- lichkeiten. Die Lösung all der Pro bleme, die sowohl auf dem VI. Par teitag der SED als auch im Entwurf zum neuen Jugendgesetz und in den „Grundsätzen für die Gestaltung des einheitlichen sozialistischen Bildungs- systems" im Mittelpunkt standen und stehen, darf nicht dem Selbstlauf überlassen werden, sondern sie kann nur durch wissenschaftlich fundierte, moderne sozialistische Leitungs- und Erziehungsmethoden erfolgen, be tonte Walter Ulbricht in seinem Refe rat zum Entwurf des neuen Jugend gesetzes vor der Volkskammer am 4. Mai 1964 Um dieser Spontanitätstheorie, von der Walter Ulbricht spricht, bei der Erziehung der sozialistischen Jugend entgegenzuwirken, ist es notwendig, auch an den Hochschulen eine inten sive Erziehungsarbeit zu leisten, wo bei den Besonderheiten bei der Er ziehung von Erwachsenen Rechnung getragen werden muß. Das entspricht auch der Forderung Walter Ulbrichts nach einer inhaltlichen Abstimmung des Bildungs- und Erziehungsprozes ses von einer Bildungsstufe und -ein- richtung zur anderen. Das erfordert das koordinierende Wirken aller an diesem Beteiligten und gleichzeitig aber auch eine klare Abgrenzung der Verantwortung, entsprechenden Prin zipien einer sozialistischen Leitungs tätigkeit. In der Entschließung der 1. Dele giertenkonferenz der Parteiorganisa tion der Technischen Hochschule Karl - Marx - Stadt heißt es in Punkt 1.2: „Die in Angriff ge nommenen Veränderungen des In halts und der Methode von Lehre und Erziehung sind zielstrebig weiterzuführen, um Diplominge nieure auszubilden, die sich als be fähigte Organisatoren des wissen schaftlich-technischen Fortschritts in unserer Volkswirtschaft auszeichnen.“ Hier wäre noch zu ergänzen: um Dipl.-Ing. auszubilden, die in der Lage sind, Menschen zu führen, die den Arbeitern in fachlicher, politi scher und moralischer Hinsicht Vor bild sind. Es gilt sozialistische Di plomingenieure auszubilden. Diesen für den weiteren Aufbau des Sozialismus in unserer Republik so wichtigen Forderungen stehen fol gende Tatsachen gegenüber: Unsere Hochschulen, speziell die technischen Hochschulen, spielen zur Zeit noch nicht die Rolle, die sie als Ausbil dungsstätten wissenschaftlich - tech nischer Kader bei der technischen Revolution unserer Industrie, bei der weiteren Entwicklung der Produktiv kraft Wissenschaft spielen müßten, weil a) durch die relativ hohen Exma- tivitualitionsquoten, besonders an technischen Hochschulen (an der Technischen Hochschule Karl-Marx- Stadt wurden zum Beispiel vom Immatrikalutionsjahrgang 1959 etwa 36 Prozent! der Studenten vor zeitig exmatrikuliert), unserer Indu strie eine große Anzahl qualifizierter Führungskräfte verlorengeht. b) die gezeigten Leistungen, / c) die Studiendisziplin, d) die Arbeit im Kollektiv, e) die ideologische Klarheit und ge sellschaftliche Aktivität, f) die Arbeit der Studenten in der Praxis und überhaupt in bezug auf die Lösung praxisverbundener-Auf-, gaben (z. B.’ im Rahmen des Studen- tenwettbewerbes) bei weitem nicht den Anforderungen entspricht, die die sozialistische Praxis, hinsichtlich der genannten Punkte an sie stellt. Die Ursachen für diese negativen und unseren Aufbau hemmenden Tat- sac b en sind in der Hauptsache fol gende; a) Eine Unterschätzung und» Ver nachlässigung der Erziehungsarbei an der Hochschule, die u. a. in de Meinung zum Ausdruck kommt, da die Erziehung mit der 12. Klasse de erweiterten Oberschule aufhört un ihre Fortsetzung an unseren Studen ten. die „ja alt genug sind und selbs wissen müßten, was sie zu tun un» zu lassen haben, Gängelei und Schul meisterei“ sei und darin, daß ma bei Diskussionen über Fehlleistunge IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIWIIIÜIIIIIIIIIIIII In der Von Karl der Studenten mehr als notwendi die Schuld außerhalb der Hochschule in der allgemeinbildenden Schule, ii Elternhaus usw: sieht. b) Die von F. Dahlem oft erwähnt politische Neutralität, vor allem de wissenschaftlichen Nachwuchses, di auf einer mangelhaften Ueberzeu gungskraft und Argumentationstätis keit gegenüber den Studenten beruh und c) Mängel in der Leitungstätigkei der zentralen Hochschulorgane, di sich vor allem in einer ausgeprägte Zweigleisigkeit zwischen der Leitun des Erziehungsprozesses einerseit und in der Ausbildung der Studer ten andererseits und weiterhin dari offenbaren, daß Erfahrungen für di Erziehungsarbeit (z. B. der Seminar sruppenbetreuung) nicht im erforder lichen Maße nutzbar sgemach werden. ■ : Gewisse entwicklungspsschisch Besonderheiten der Studenten dies« Alters (Streben nach Selbständigke auf der einen und das Suchen nac Betreuung auf der anderen Seite Uebergangsschwierigkeiten von de allgemeinbildenden Schule; zur Hoel schule (Begriff der sog. „Student sehen Freiheit“, erhöhte Anforderur gen an Selbständigkeit und Selbstti tigkeit und den Willen der Studer tigkeit und den Willen der Studentei sowie negative politische Einflüss und die Tatsache des Vorhandenseir vieler bürgerlicher Relikte im B< wußtsein einer Anzahl Erwachsene