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Was ist Praxis? : , - .i.c. • I Von Dipl.-Ing. Klaus Schon die materialistische Er kenntnistheorie vor Marx entwickelte die Auffassung, daß die mensch liche Erkenntnis eine Widerspiege lung der • objektiven Welt im Be wußtsein der Menschen ist, aber sie sah die Erkenntnis als das Produkt eines einfachen passiven Aufneh mens an. Die menschliche Erkennt nis geht jedoch in einem Prozeß der Wechselwirkung zwischen Theorie und Praxis vor sich, der von dem ersten Wissen um äußere Dinge zu den tieferen Gesetzmäßigkeiten vor- dringt. Die Philosophen vor Marx erkannten nicht, daß die Erkenntnis durch die aktive Tätigkeit in der Praxis hervorgebracht wird, daß weiter die Bedürfnisse der gesell schaftlichen Praxis ihr die Aufgaben stellen und ihre Entwicklungsrich tung bestimmen, und daß zugleich die Praxis das Kriterium für die Wahr heit der Erkenntnis darstellt. Eben sowenig verstanden sie, daß die Er kenntnis nicht um ihrer selbst willen gewonnen wird, sondern als Mittel zur Veränderung der Umwelt. Die Praxis ist. aller Ausgangspunkt der Erkenntnis. Der praktisch tätige, mit Bewußtsein begabte Mensch steht der objektiven Realität gegenüber. Aus dem praktischen Prozeß er wachst die Notwendigkeit der Er kenntnis; denn zur zielstrebigen Veränderung der Praxis gehören Kenntnisse über Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten. Es führte beispielsweise die Ent wicklung der Dampfturbine zur Auf stellung des ix-Diagrammes durch Mollier und erleichterte dessen Be rechnung, was wiederum zu ihrer rascheren Weiterentwicklung beitrug. So vollzieht sich die Entwicklung der Wissenschaft im Wechselverhält nis mit der sich entwickelnden Pro duktion. Im Sozialismus gewinnt die Wis- senschaft einen überragenden Ein fluß auf das Leben der Gesellschaft, der nicht umfassend aufgebaut wer den kann, ohne daß die Wissen schaft auf allen entscheidenden Ge bieten weiterentwickelt wird und ihre Erkenntnisse in die Praxis überführt werden. Die Wissenschaft erfaßt alle Bereiche des gesellschaft lichen Lebens und verwandelt sich immer mehr zu einer unmittelbaren Produktivkraft. Im Wechselverhält nis von Theorie und Praxis vollzieht sich eine beiderseitige Vertiefung. Sie ist gekennzeichnet durch ein immer tieferes Eindringen der Wis senschaft in die Praxis als Wissen schaft von den technologischen Pro zessen der Produktion, aber auch — da Praxis stets gesellschaftliche Praxis ist — als Wissenschaft von der Leitung der 'Produktion, und er fordert andererseits eine enge Praxis verbundenheit der Forschung, und Lehre. Träger dieser neuen Qualität der Einheit von Wissenschaft und Praxis müssen unsere an der Hochschule ausgebildeten zukünftigen Diplom ingenieure sein, die nicht einfach einmal Theorie, einmal Praxis stu dieren sollen, sondern die Einheit, die gegenseitige Durchdringung von Wissenschaft und Praxis meistern müssen. Diesen neuen Anforderungen an die Ausbildung tragen wir mit der Einführung des großen Ingenieur praktikums Rechnung, das wir gleich zeitig als Bestandteil einer grund sätzlichen Umgestaltung der Hoch- schulausbildung ansehen. In der Ausbildungsphase des gro ßen Ingenieurpraktikums wird der Student ingenieurmäßige Aufgaben des Betriebes bearbeiten und dabei die Komplexität der Aufgabe, wie sie sich nur in der Praxis zeigen kann, kennenlernen. Die konstruk tive und technologische Seite der Lösung, die nicht voneinander zu trennen sind, werden darüber hin aus die ökonomische Betrachtung verschiedener Lösungsmöglichkeiten einbeziehen. Zur Praxis gehört aber auch die sozialistische Gemein schaftsarbeit, das Leiten von Kollek tiven. Der Student kommt also wäh rend des großen Ingenieurpraktikums mit der ganzen Palette der Aufgaben in der Praxis in Berührung, die sehr breit ist und auch unbedingt die ge- sellschaftswissenschaftliche Seite um faßt und eine den Anforderungen an eine moderne Hochschulausbildung gerecht werdende Einheit von Wis senschaft und Praxis darstell Ein überaus wichtiges psychologi sches Anliegen des großen Ingenieur praktikums wird es sein, ein Erfolgs erlebnis zu vermitteln, dag das Selbstbewußtsein und den Charak ter des Studenten hemmt und ihn befähigen wird, sich mit Schwierig keiten bei der Durchsetzung des wissenschaftlich - technischen Fort schritts auseinanderzusetzen und sich voll und ganz einzusetzen für die Lösung einer Aufgabe bis zum Er folg. Haben die Studenten das In genieurpraktikum absolviert, werden sie mit einer gu’en Studieneinstel lung zur Hochschule zurückkehren und eine Atmosphäre des bewußten Lernens auch unter der gesamten Studentenschaft verbreiten helfen. Die Auswirkungen des engen Kon taktes zwischen Betrieb- und Hoch- schule werden recht vielseitig sein, sie werden insbesondere Einfluß auf Lehre und Forschung nehmen. Eine wichtige Aufgabe der Insti tute bei der Betreuung der Studenten im großen Ingenieurpraktikum wird die Anleitung zum selbständigen Literaturstudium sein. Dies ist des wegen von großer Bedeutung, weil die Tätigkeit des Diplom-Ingenieurs in Zukunft dadurch gekennzeichnet ist, daß auch nach Beendigung der Fachschulausbildung ein ständiges Hinzulernen erforderlich wird, weil wir uns in einer Zeit rascher Ver änderungen befinden. I. D. Bernal führte auf dem Moskauer internatio nalen Symposium über Hochschul bildung 1962 aus: „Die Ausbildung ist heute keine Funktion einer be stimmten Anzahl von Schuljahren, sondern etwas, was sich auf das ganze Leben erstreckt. Es ist klar, daß wir Menschen ausbilden müs sen, die einer sich schnell verändern den Umwelt entsprechen und in je der Lebensperiode anpassungsfähig sind.“ Weiter bemerkte er: „Die Aus bildung sollte nicht länger aus ge trennten Stufen bestehen, sondern sollte allmählich auf die Praxis hin führen und von der formalen Aus bildung wegführen.“ Diese Worte Bernals verdeutlichen noch einmal den Sinn der Einfüh- — Fortsetzung auf Seite 7 — Mit der Dr.-Theodor- Neubauer- Medaille ausgezeichnet Magnifizenz Prof. Dr. Jäk- kel erhielt am 11. Juni die Dr.-Theodor-Neubauer- Medaille in Gold verliehen. Die Auszeichnung erfolgte in Würdigung seiner Verdienste bei der Unterstützung der Ar beit der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“. — Unser Bild: Der 1. Sekretär der Hochschulparteiorganisation, Genosse Weinrich, beglück wünscht Genossen Prof. Dr. Jäckel zu der ihm zuteil ge wordenen Ehrung. Hochschul- nachrichten Herzlichen Glückwunsch Am 17. Juni 1964 beging Genosse Dozent Dr. Reinhold Hübler, seit 1960 Prorektor für . Gesellschafts wissenschaften an unserer Hoch schule, seinen 65. Geburtstag. In Würdigung seiner Verdienste um die sozialistische Entwicklung un seres Arbeiter-und-Bauern-Staates wurde er aus diesem Anlaß mit der Verdienstmedaille, .der Deut schen. Demokratischen Republik ausgezeichnet. Wir , 'gratulieren dem Genossen Dr. Hübler und wünschen ihm noch viele Jahre Schaffenskralt;’ Gesundheit und persönliches Wohlergehen. Komplexlorschung „Haibieitertechnik“ In Auswertung des 5. Plenums des ZK der SED schlug der Direk tor des Instituts für Technische Physik, Prof. Dr. Christian Weiß mantel, vor, die Forschungskapazi tät der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt durch Aufnahme von Arbeiten auf dem Gebiet der Halbleitertechnik zu erweitern. In seinem Vorschlag, der bereits an der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften beraten wor den ist und Zustimmung fand, weist er darauf hin, daß die Not wendigkeit, diese Forschung auf zunehmen, sich aus dem in der DDR noch unbefriedigenden Stand auf diesem Gebiet ergibt. Die geplanten Aufgaben werden als Komplexforschung durchge führt. Prof. Dr. Weißmantel stellt dazu fest, daß einerseits dafür günstige Voraussetzungen an un serer TH vorhanden sind, and- rerseits die Lösung der wissen schaftlichen Probleme die Beteili gung mehrere Institute erforderlich macht. Er ist der Auflassung, daß die Forschung auf dem Gebiet der Halbleitertechnik an unserer TH sich zu einem Schwerpunkt der Forschungsarbeit entwickeln kann, da die Dringlichkeit der Themen in Zukunft noch ansteigen werde, Gleichzeitig wird sie die Kollek tivität der wissenschaftlichen Ar beit wesentlich fördern helfen. Um die Komplexforschung „Halb leitertechnik“ optimal den Bedürf nissen der Praxis anzupassen, wur- .den bereits Abstimmungen mit entsprechenden Stellen außerhalb der Hochschule vorgenommen. Wie sich zeigt, besteht besonders bei der Halbleiterindustrie ein großes Interesse für das geplante For schungsvorhaben. Ernennung Der Stellvertreter des Staats sekretärs für das Hoch- und Fach schulwesen hat Herrn Dr.-Ing. habil. Harry Trumpold, bisher mit der Wahrnehmung einer Professur beauftragt, mit Wirkung vom 1. Juni 1964 zum Professor mit Lehrstuhl für das Fachgebiet Meß technik und Austauschbau an der Fakultät für Technologie der Tech nischen Hochschule Karl -Marx - Stadt ernannt.