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Aus den Diskussionsbeiträgen der Delegiertenkonferenz Genosse Dr. phil. H. Mehner: Probleme ideologisch klären! Es kam im Rechenschaftsbericht und in der Diskussion zum Ausdrude, daß eine ganze Reihe.von Problemen, die es hier an der Hochschule gibt, von unseren Genossen wirklich als ideologische Probleme aufgefaßt werden, auch dann, wenn sie ökono mischer Art oder — gerade in der Ausbildung — anderer Art sind. Das ist auch richtig, weil ja trotz der Tatsache, daß der Kampf zwi schen dem Imperialismus und dem Sozialismus heute in der Hauptsache auf ökonomischem Gebiet entschie- den wird, doch die Bedeutung und die Rolle der Ideologie in unge heurem Maße zugenommen hat. Ich möchte dazu zwei Hauptpro bleme anführen, von denen man aus gehen muß, um das überhaupt in allen Fragen verstehen zu können. Das erste ist, daß der Weltimperia lismus eine vollkommen neue Kon zeption seiner Politik zur Zurück- drängung und Vernichtung des so zialistischen Lagers schon seit eini gen Jahren, aber jetzt verstärkt, in die Wege geleitet hat, nachdem seine Politik der Stärke mit der Atom bombe und zuletzt auch seine Poli tik des ökonomischen Druckes ge scheitert sind, besonders in Deutsch land gescheitert sind, deutlich sicht bar seit dem 13. August 1961. Diese Konzeption ist die Konzep tion Kennedys, die er einmal die „Konzeption der Friedensstrategie“ genannt hat. Sie wird in Deutsch land vor allem von Brandt vertre ten, und zwar unter der These „Wandel durch Annäherung“. Er hat vor zwei Jahren eine Schrift über einen Vortrag ver öffentlicht, den er an einer Universi tät in den USA gehalten hat, und diese Schrift lautet: „Koexistenz — Mut zum Wagnis“. Damit will er sagen, daß man „wagen“ muß, um die sozialistischen Länder aufzu weichen, gegeneinander - auszuspie len. Und das vor allen Dingen auf dem Gebiet der Ideologie. Es gibt deshalb heute eine ganze Reihe von Versuchen, vor allen von westdeut scher Seite aus, das zu tun. Natür lich klagen diese Leute um jede Position, die sie dabei verlieren '.ls zum Beispiel Havemann bei uns als Universitätsprofessor abgelöst wurde, erschienen in westdeutschen Zeitun gen Artikel, in denen gesagt wurde, daß das, was Havemann getan hat schließlich und endlich dumm ge wesen sei und kein Hahn würde jetzt mehr nach ihm krähen, aber der Westen habe dort eine ideolo gische Position verloren. Man muß also diese Frage von einem ganz kon kreten politischen Standpunkt aus betrachten und muß deshalb der Ideologie eine solche-Eeeutung bei messen. Die zweite Frage ist, daß der um fassende Aufbau des Sozialismus, der ja im wesentlichen auch der Lö sung der Grundaufgaben in Deutsch land dient eine ganze Reihe neuer Probleme aufwirft oder alte Pro bleme in neuer Form stellt, die, ohne daß sie auf dem Gebiet der Ideolo gie geklärt werden, so schnell wie notwendig nicht gelöst werden kön nen. Da trifft nicht nur allgemein auf die Industrie zu, sondern das trifft auch für uns hier an der Hoch schule zu. Solche neue Probleme, die da auf tauchen, beginnen bei den reinen Fachproblemen. Ich will eines aus der Naturwissenschaft anführen, z. B. das Problem, daß manche Phy siker glauben, einen scheinbaren Widerspruch überwinden zu müssen zwischen der von ihnen aus be stimmter Notwendigkeit heraus auf gestellten These, daß der Raum end lich sei — das hängt mit ler Modell- theorie usw. zusammen — und der philosophischen These von der Un endlichkeit des Alls. Solche Probleme müssen einfach im Interesse des wei teren technischen Fortschritts, an dem ja die Naturwissenschaftler 1 eil haben müssen, gelöst werden. Absolventen — mir persönlich geht es ebenso — Angst haben: nicht vor der Lösung praktischer Probleme, son dern vielmehr vor der Aufgabe der Menschenführumng, vor dem Umgang mit den Menschen im Betrieb! Ich möchte die Gelegenheit benut zen, um noch einige andere Probleme zu behandeln. Es ist meiner Ansicht nach unbedingt erforderlich, die Praktika von der Unterstufe bis zur Oberstufe genau zu organisieren und dabei konkrete Aufgaben zu stellen. An einigen Instituten wurden die Stu denten etwa mit der Maßgabe in das Praktikum geschickt: „Seht nur mal zu, was ihr dort machen könnt.“ Was tut in diesem Falle ein schlechter Student? Er schlägt die Zeit tot oder sieht zu, den Betrieb möglichst bald wieder zu verlassen. Einer, der Initiative entfaltet, findet natürlich eine Arbeit. Aber das sind doch nicht alle Studenten. Deshalb ist es notwendig, jedem Studenten eine exakte Aufgabe zu formulieren, was z. B. am Institut für Technologie sehr gut durchgeführt worden ist. Wir dürfen den Studenten meiner Ansicht nach keine Gelegenheit geben, überhaupt erst den Gedanken an Bummelei aufkommen zu lassen. Gen. Dybowsky, Student: Wir haben zu viel Prüfungen Genosse Prof. A. Schläfer: Genügt eine Stunde Technologie ? Es wurde schon des langen und breiten darüber diskutiert, ob unsere Studenten mit einem solchen Rüst zeug an die Hochschulen und Uni versitäten kommen, daß sie den An forderungen gerecht werden können. Was heißt aber nun, den Anforderun gen gerecht werden? Was muß man darunter verstehen? Wir müssen uns doch dazu bekennen, daß eine Vor lesung auf die andere aufbauen muß, daß die einzelnen Wissensgebiete sich so gegenseitig ergänzen, daß zum Schluß ein Ingenieur eines ganz be stimmten Typs, mit einem ganz be stimmten Ausbildungsgang, von einem ganz bestimmten Format der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei müssen wir uns sicherlich auch vor einer zu engen Spezialisierung hüten, und ich glaube schon, daß es richtig ist, wie es an unserer Hochschule im allgemeinen praktiziert wurde und wie es auch in den neuesten Empfehlungen des Staatssekretariats wieder heißt, daß die Kluft zwischen Technologen und Konstrukteuren nicht zu groß wird, daß auch das Wissen von der Unter stufe bis zur Oberstufe fortlaufend und in richtigem Zusammenhang ge lehrt wird. Wie ist das nun an unserer Hoch schule? Kann man damit zufrieden sein, oder was kann man dazu noch sagen? Ich möchte sagen, daß es zwi schen den beiden Fachrichtungen Werkzeugmaschinenkonstruktion und Technologie des Maschinenbaus sehr, sehr vieles Gemeinsame gibt. Man kann behaupten, daß der in Richtung Werkzeugmaschinen ausgebildete In genieur sich in relativ kurzer Zeit als Technologe des Maschinenbaus ein arbeiten wird, und ich bin auch über zeugt, daß ein in Richtung Technolo gie des Maschinenbaus Ausgebildeter in verhältnismäßig kurzer Zeit bald „Hochschul-Spiegel" Seite 2 als Konstrukteur von Werkzeug maschinen und Arbeitsmitteln spe zialisiert wird. So müßte es eigentlich sein. Aber ist es denn überall so? Nein, so ist es nicht. Wir haben einige Fachrichtungen, an unserer Hoch schule, z. B. die Textilmaschinenkon struktion, die nicht eine Stunde Tech nologie hörten. Ich glaube, es wurde im letzten Jahr eine Korrektur von einer Stunde Vorlesung vorgenom men. • Das ist eigentlich nicht ganz richtig, denn wir wissen aus den Erfahrungen der Stellenvermittlung und des Ab solventeneinsatzes, der Absolventen treffen, daß doch eine ganz bestimmte Zahl der in der Konstruktion von Genosse J. Schladitz, Student: Auf Initiative von Genossen Prof. Dr. Janowitz arbeitete in der letzten Praktikumszeit eine Studentengruppe des 9. Semesters im Fritz-Heckert- Werk. Sie beteiligte sich dort an einem Projekt, das gemeinsam von Vertretern des Fritz-Heckert-Werkes und des ZIF bearbeitet wird, d. h. an einem Teilgebiet der Einführung der Mehrmaschinenbedienung. Wir haben die Arbeit mehr oder weniger mit Erfolg abgeschlossen. Es ist aber dazu zu sagen, daß wir zwar im Betrieb waren, aber eine richtige Verbindung von theoretischer und praktischer Tätigkeit konnte das nicht sein. Die Arbeit dieses wissenschaftlichen Studentenzirkels ist deshalb m. E. ein Beispiel dafür, daß es notwendig ist, Textilmaschinen Ausgebildeten nach her als Technologen in Maschinen baubetrieben arbeiten. Es ist gar nicht so, wie das von einigen Vertretern der Textilmaschi nenkonstruktion gesagt wird, daß sie genauso arbeiten wie die in der Tech nologie Ausgebildeten. Man muß sich einmal mit den Betrieben unterhal ten, mit den Werkleitern, den Tech nologen, wo sie eingesetzt sind, und man muß selbst einmal mit den in der Konstruktion Ausgebildeten spre chen, die dann nach ein bis zwei Jah ren sagen: Ja, heute bin ich soweit, aber hätte ich mich doch gleich für die Technologie entschieden, oder: Hätte ich im Verlauf meiner kon struktiven Ausbildung mehr Techno logie gehört, dann würde ich mich schneller eingearbeitet haben. die zukünftigen- Diplomingenieure längere Zeit im Betrieb tätig sein zu lassen, also in Form des ingenieur- praktischen Jahres. Das bedeutet nämlich, daß diese Ausarbeitungen, die angefertigt werden, dann von den Studenten tatsächlich auch selbst in die Praxis eingeführt werden können, wobei noch wesentlich schwierigere Probleme von diesen Studenten gelöst werden müssen. Dabei übt sich der Student nicht nur oder sieht nicht nur, daß er seine theoretischen Kenntnisse, die er an der Schule zweifellos in umfangrei cher Menge erworben hat, auch an wenden kann, sondern hier ist die beste Uebung dafür, daß er leiten und mit Menschen arbeiten lernt. Gerade das ist es aber, wovor die meisten Das ingenieurpraktische Jahr würde uns besser helfen Ich möchte mich hier mit den Prü fungen beschäftigen, denn meiner Meinung nach sind sie ein Grund für die hohen Exmatrikulations zahlen an unserer Hochschule. Wir haben durchschnittlich in jeder Prü fungsperiode zwischen Frühjahrs- und Herbstsemester vier bis sechs Prüfungen, und zwar innerhalb drei Wochen. Meiner Meinung nach ist das für diese kurze Zeit zuviel. Ein anderer Grund ist aber auch, daß die Stu denten sich selbst zuviel Zeit lassen und erst 14 Tage vor den Prüfungen beginnen, sich darauf vorzuberei ten. Aber weshalb ist das so? Weshalb wird die „Stoßarbeit“ an unserer Hochschule so stark betrieben? Ich denke, die Ursache ist darin zu su chen, daß vorher zuwenig vom Stu denten gefordert wird, zuwenig Klausuren geschrieben werden, oder Klausuren geschrieben werden, bei denen der Student von Anfang an weiß, daß die Klausurnoten über haupt keinen Einfluß auf die Prü fungen haben. Besonders kraß ist es in diesem Jahr gewesen. Im 6. Semester waren ohne Prüfungsvorbereitungszeit sieben bis acht Prüfungen in drei Wochen an gesetzt worden. Auf Drängen der Studenten und der FDJ ist seitens der staatlichen Leitung eine Abände rung getroffen worden. Die sieben bis acht Prüfungen sind auf vier bzw. drei Prüfungen reduziert wor den. Diese Anzahl der Prüfungen ist zu bewältigen. Die anderen Fächer, wie z. B. Getriebeanalyse, technische Wärmelehre und Physik, werden dann im Laufe der Studienzeit mit Hilfe von Klausuren abgeschlossen. Ich finde das sehr gut. Der Student wird gezwungen, sich für jede Klau sur ordentlich vorzubereiten, und er weiß, daß die Noten dieser Klausur in die Endnote eingehen. Ich denke, daß dadurch ein besserer Studien ablauf gewährleistet wird. Man sollte vielleicht auch in Zukunft so herangehen und nicht so, wie es auf einem Aushang zu lesen ist, daß es in diesem Jahr nur eine besondere Regelung sein soll. Weitere Diskussionsbeiträge auf Seite 7