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Auf das Hier und Heute kommt es an Von Prof. Dr. h. c. Leo Stern, Direktor des Instituts für De utsche Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg Ich möchte zu einigen Ausführun gen, die der von mir hochverehrte Kollege Mothes hier vorgetragen hat, unter dem Aspekt des Historikers Stellung nehmen. Zu einem erheb lichen Teil bin ich mit seinen Aus führungen einverstanden. In der ihm eigenen Form der rückhaltlosen Offenheit hat Professor Mothes viele Wahrheiten gesagt. Ich glaube, die Mitglieder des Lehrkörpers der älte ren und der jüngeren Generation werden gut tun, sich diese Wahrhei ten zu eigen zu machen und sie in ihrer Erziehungsarbeit zu berücksich tigen. Ich unterstütze alles, was gesagt wurde zum Problem der musischen Erziehung, der Sprache, des Denkens und vor allem zum Problem des per sönlichen Beispiels und Vorlebens als einen entscheidenden Bestandteil in der Erziehungslegitimation des Pro fessors gegenüber den Studenten. Natürlich sprach Herr Mothes von der Position eines geisteswissenschaft lich sehr interessierten Naturwissen schaftlers. Da ergeben sich Fiktionen, viele Wahrheiten, die an sich, wenn man sie zeitlos abstrakt nimmt, durchaus gültig Sind und Gültigkeit beanspruchen können, sozusagen über Zeit und Raum hinweg. Sie werden jedoch problematisch und zu Halb wahrheiten, wenn man die Historie, die Zeit und den Raum nicht berück sichtigt. Es kommt, dazu möchte ich einige konkrete Ausführungen machen, auch hier auf das sogenannte Hier und Jetzt an. Es kommt auf den Standort an, auf den historischen, den politischen und den geistigen. Vieles, was an die Adresse unserer Universitäten hier und jetzt in der DDR gesagt worden ist als soziali stisch geformte und geprägte oder geprägt sein sollende Universitäten wird problematisch, wenn man eines nicht berücksichtigt: daß beispiels weise das Bürgertum in seinem Theaterzettel - ■ 7 e - ' ! . ' ■ ■ . e • • Opernhaus 1. April: „Unternehmen Oelzweig" 2. April: 8. Sinfoniekonzert 3. April: 8. Sinfoniekonzert 4. April: „Die schöne Lurette" 5. April: „Ein Maskenball“ 6. April: „II Campiello" 7. April: „Don Giovanni“ 8. April: „Ein Maskenball“ 9. April: „Nabucco“ 10. April: „Der Freischütz“ 11. April: „Wind im Haar“ (Erstauf führung) 12. April: „Die Abenteuer der Peri chole“ 13. April: „Peter und der Wolf“ und „Die Kluge“ .•April: „Die Abenteuer der Peri chole" 15. April: „Wind im Haar“ Schauspielhaus 1. April: „Liebe, List und Gaunerei“ 2. April: „Komödie der Irrungen“ 3. April: „Rose Bernd“ 4. April: „Man spielt nicht mit der Liebe“ (Erstaufführung) 5. April: „Komödie der Irrungen“ 7. April: „Mein blauer Himmel“ 8. April: „Mein blauer Himmel“ 9. April: „Millionenschmidt" 10. April: „Rose Bernd“ 11. April: „Komödie der Irrungen“ 12. April: „Hamlet“ 13. April: „Man spielt nicht mit der Liebe“ 14. April: „Talente und Verehrer“ 15. April: „Rose Bernd“ — Aenderungen vorbehalten — „Hochsch ul-Spiegel" Seite 6 | Unser heutiger Artikel von Professor Leo Stern ist ein Beitrag zu | der Diskussionsrede von Prof. Mothes, die unter der Ueberschrift „Der i erzieherische Wert der Wissenschaft“ in der Universitätszcitung der | Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg veröffentlicht wurde und 1 die wir in den letzten drei Ausgaben des „Hochschul-Spiegel“ nach- | druckten, ----------------------------------- Kampf gegen den Feudalismus prak tisch Jahrhunderte brauchte, man kann sagen vom 15. und 16. Jahr hundert an bis in die Zeit des 20. Jahrhunderts, in dem das Bürger tum, die Großbourgeoisie herrscht, um ökonomisch, politisch, geistig und kulturell zu herrschen, sozusagen das bürgerliche Weltbild zu formen. Tat sache ist, wenn Sie den welt geschichtlichen Einschnitt von 1917 nehmen, daß er seit 1917 tatsächlich weltgeschichtlich war. Die Menschen, die die Revolution machten, wußten schon damals, daß dieser Ruf „An alle“ wirklich Weltgeschichte war. Wie hat sich die Welt seither ver ändert? Noch hat die Oktoberrevolu tion das 50. Lebensjahr nicht erreicht. Erst im Jahre 1967 ist es soweit, daß sie ihren 50. Jahrestag feiern wird. Etwas darf man nicht vergessen, und damit will ich das Thema im wesentlichen beendet haben, um keine Kurzschlüsse zu beginnen. Na türlich, zieht man die Sowjetunion als Beispiel heran, waren seinerzeit in der Sowjetunion 80 Prozent Anal phabeten. Es war eines der rückstän digsten Länder. Das wird nicht ge leugnet. Und heute? Es ist das an erkannt zweitstärkste Industrieland der Welt und in vielen wissenschaft lichen Positionen führend in der Welt. Das darf man nicht vergessen. Und noch etwas darf man nicht vergessen. Das Bürgertum hat keinen radikalen Bruch vollzogen. Das Bürgertum hat hier und da, in England und in Frankreich, in England im 17. und in Frankreich im 18. Jahrhundert, bestenfalls einige Könige aufs Scha fott geschickt. Das napoleonische Zwischenspiel wurde 1815 mit dem Wiener Kongreß beendet. Der Sozia lismus, auf der Position des Marxis mus-Leninismus aufgebaut, bedeutet einen radikalen Bruch. Die Eigentumsfrage hat die fran ¬ zösische Revolution, die radikalste vom Standpunkt des Bürgertums aus, nicht gelöst. Im Gegenteil. Die Heilig keit des Eigentums blieb unangeta stet. Auf der Basis der Heiligkeit des Eigentums konnte man sich arran gieren, und man hat sich arrangiert. Die französische Revolution wird zwar noch als ein Schock empfunden von gewissen konservativen reaktio när denkenden Kreisen, aber im gro ßen und ganzen ist dieses französische Bürgertum, das heute noch die Marseillaise am 14. Juli singt, ein sehr reaktionäres Bürgertum gewor den, das sich mit dem Bürgertum der ganzen Welt zu einem Chor zusam mengesungen hat. Der Bruch, den der Marxismus- Leninismus in Theorie und Praxis bedeutet, ist ein radikaler. Das be deutet Bruch in den Bereichen des Staates, des Rechts, der Ideen bis hinauf in die Religion. Wenn man natürlich so einen radikalen Bruch vollzieht, so bedeutet das, grundsätz lich neu zu beginnen. Wenn wir das so sehen, ich will nicht für ein milde res Urteil plädieren, sondern nur eine historische Tatsache feststellen, ist die Spanne, die wir haben, eine lächer liche Spanne. Wir können bei weitem nicht alles übernehmen, rezipieren. Wir können nur das Progressive der vergangenen Geschichte rezipieren. Vieles andere müssen wir ad acta legen. Ich glaube, dieses Symposium war ein wirklich über den zunächst ge dachten Rahmen hinausgehender guter Anfang. Wenn Herr Mothes den Wunsch äußerte und sagte, daß sich eine fruchtbare Diskussion anbahnt, so würden er und viele andere von uns einige Nachmittage oder Abende widmen, um die Dinge wirklich zu klären. Tatsächlich ist vieles Ge meinsame vorhanden. In der Diskus sion werden wir uns auseinanderset zen über Fragen der Erziehung der uns hier und jetzt anvertrauten jungen Generation; indem wir uns auseinandersetzen, werden wir zu sammenfinden. Ich bin überzeugt, daß wir noch viele interessante und fruchtbare Gespräche führen werden. Als interessierter Laie, der Johan nes R. Becher sehr gut gekannt hat und in einer bestimmten Phase seines Lebens buchstäblich Seite an Seite mit ihm im antifaschistischen Kampf in den Reihen der Sowjetarmee gegen den Hitlerfaschismus gekämpft hat, möchte ich doch einiges zu dem sagen, was Professor Schott hier anführte. Wenn Johannes R. Becher von dem Schöpfertum der Menschen sprach, ich kann das Gedicht in der hier vor getragenen Form nicht wiedergeben, ich habe es nicht parat, meinte er jedenfalls, und das ist eine dichte rische Freiheit, eine poetische Meta pher, daß es der Stolz des Menschen ist, eine Gesellschaft neu zu schaffen. Es ist der prometheische Gedanke. Mit Schöpfung im theologischen Sinne hat das gar nichts zu tun. Ich möchte nicht, weder dem lebenden noch dem toten Johannes R. Becher, irgend etwas in dieser Richtung imputieren. Wenn hier behauptet wurde, daß er das überhöht gesagt hat, ja, als Dich ter hat er ein gutes Recht dazu. Auch Goethe und viele andere nehmen solche und ähnliche Zusammenhänge, um dieses prometheische Selbst gefühl, ein Hochgefühl der Leistung des Menschen, der bewußt die Erde, die Gesellschaft, seine Verhältnisse ordnet und formt, auszudrücken. Auch die Frage der Schuld möchte ich nicht im theologischen Sinn be trachtet sehen. Johannes R. Becher meint ganz konkret die politische Schuld, die namentlich mit einem be stimmten Teil der deutschen Ge schichte verbunden ist. Wenn er meinte, daß wir sehr schwer an der Schuld tragen, so hat er absolut recht. Nur indem wir uns mitschuldig füh len, mitschuldig in einem ganz ande ren Sinne, können wir diese Vergan genheit, und zwar die fluchwürdige Vergangenheit, bewältigen. Nur so. Mit dem Schuldbegriff im Sinne etwa der Erbsünde hat das gar nichts zu tun. Spare mit jedem Gramm „Spare mit jedem Gramm, jeder Minute, jedem Pfennig“. Dieser öko nomisch so wichtige Grundsatz kommt an unserer Technischen Hoch schule kaum zur Geltung. Zum Bei spiel: Auf unserem Hof Straße der Nationen befindet sich ein sogenann ter Schrottlagerplatz. Hier liegt vom Blechschrott angefangen, Stahl-, Guß-, Aluschrott bis zum Buntmetall alles in einem tollen Gemisch. wurde leider auch schon Folge ge leistet. Ich lehne es aber ab. Daß die DHZ Schrott nicht abholen kommt, ist mir verständlich. Die Schrott arbeiter arbeiten in Leistungslohn, und so ein wüster Haufen ist ein unrentables Geschäft. Ist es denn für uns ein Problem, die 3 bis 4 Zentner Buntmetallabfälle im Jahr, in hand lichen Transportbehältern von etwa 40 kg Fassung der DHZ zuzuführen? Würden wir selbst etwas organisie ren, etwas tun, könnte an unserer TH schon manches Problem gelöst sein! Wie kann ich mich als Genosse für eine bessere, sozialistische Wirt schaftsweise einsetzen, wenn ich mich an solchem Schlendrian beteilige? Carl Höfig, Maschinenlabor Hilfe für die Küthe Antwort des Kollegen Theilig auf eine Anfrage der Redaktion des „Hochschul-Spiegels“ Keine Dienststelle scheint sich für diese wertvolle Sammlung zu inter essieren. Diese Feststellung machte ich schon vor einem Jahr, als ich eine Telefonrunde an unserer Hochschule machen mußte, um meine Bunt metalldrehspäne loszuwerden. Schon damals wurde mir mitgeteilt, ich sollte sie auf den Schrotthaufen schütten, was ich unzweideutig ab lehnte mit dem Hinweis, daß diese Späne anderweitig dringend benö tigt würden und ich deshalb meine gesammelten Späne nicht in den Dreck schütten möchte. Daraufhin werden sie vom Hofmeister abge holt. Heute sagt man mir: „DHZ Schrott kommt nicht abholen. Wirf sie auf den Schrotthaufen“. Diesem Hinweis Unter dem Sammelbegriff „Sonder anfertigungen“ fallen die Geräte, die unseren Frauen in der Küche die Ar beit erleichtern sollen. Wie sieht es aber mit der Fertigung derselben aus? Verpflichtungen dazu abgeben kann doch nur die Abteilung, die in ihrem Werkstättenbetrieb noch etwas freie Kapazität zur Verfügung hat, oder wenn der Verwaltungsleiter eine Metallfacharbeiterkraft zur Verfü gung stellt und bezahlt. So war im Frühjahr 1963 das Versprechen auch verwirklicht worden. Plötzlich wurde die Arbeitskraft abgezogen, und da mit war vorerst die Fertigung der Küchengeräte abgebrochen. Der Anlauf des Jahres 1964 hat nun eine Veränderung in der Institutferti gung gebracht, wonach im II. Quar tal die Möglichkeit besteht, die Fer tigung der Küchengeräte wieder vor anzutreiben. Das benötigte Material wird laufend noch zurechtgelegt, und alle Werkstattangehörigen haben sich bereit erklärt, an der Fertigung mit zuhelfen.