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e-Jahr 1964 rung durch Hans-Dieter Made leisten adt mit der Tragödie. „Hamiet" von zur internationalen Shakespeare- r geführten Gesprächen dankten die rgreifende Erlebnis der großen En- g hat der Spielplan des Schauspiel- punkt erhalten. Unser Bild zeigt den telrolle und Karin Lasch als Ophelia. Foto: Weickert sUtaites rn Karl-Marx-Stadt teilnimmt und zu dem jeder Be sucher herzlich eingeladen ist, be steht in dem Austausch von Ein drücken, die die Aufführung hinter lassen hat. Das erste dieser Foyer-Gespräche fand am 2. März nach einer Vorstel lung von Gerhart Hauptmanns „Rose Bernd“ statt, das nächste soll nach einer Aufführung von Ermanno Wolf-Ferraris musikalischer Komö die „II Campiello" im 1. Rang des Opernhauses durchgeführt werden. Eine Uraufführung findet im 5. Sonderkonzert des I. Städtischen Orchesters Karl-Marx-Stadt am 19. März im Opernhaus statt: Willy Krug, der Solotrompeter des Berli ner Rundfunksinfonie-Ordiesters, spielt mit dem I. Städtischen Or chester unter Leitung von General musikdirektor Gert Bahner das Trompetenkonzert von Günter Hauk, dem Komponisten der Lieder, die Jens Gerlach für die Aufführung von Evan MacColls Komödie ..Unter nehmen Oelzweig" schrieb. Das in teressante Programm dieses Sonder konzertes enthält außerdem die Sin fonie Nr. 7 von Sergej Prokofjew und die - Sinfonie Nr. 104, D-Dur von Joseph Haydn. Der erzieherische Wert der Wissenschaft Schluß des Artil Heute morgen ist das Stichwort „Einsatzfreude“ gebraucht worden. Wie kann ich die Einsatzfreude der jungen Menschen heben? Wenn Sie Verbindung mit der Industrie haben, mit der chemischen oder physikali schen Industrie, wo sehr viel akade misch ausgebildete Kräfte tätig sind, werden Sie erschüttert sein über das Ergebnis der Einsatzfreude unseres Nachwuchses. Das gilt auch für einen großen Teil der Agronomen, die in der Landwirtschaft tätig sind. Ich will das nicht im einzelnen unter suchen. Wir wissen, daß es zum Teil daran liegt, daß Grundfehler ge macht worden sind bei der Auswahl der Leute, bei der Verordnung, be stimmte Fächer studieren zu müssen und nicht unbedingt die, die sie selbst studieren wollten. Aber das wird wohl besser werden, wenn nun der Zugang zur Universität einem gewissen Regulativ unterliegt. Aber wie können wir selbst, wir Pro fessoren, dazu beitragen? Ich glaube, da die reine Belehrung, die ja) von früh bis abends getrieben wird, so daß die Trommelfelle schon kaum mehr Ruhe haben auszuschwingen und keiner mehr recht was hört, es nur ein Mittel gibt. Es ist die De monstration der Freude, die wir selbst an der Arbeit haben. Natür lich ist unsere Arbeit leichter als eine Arbeit, die ein Chemiker in einem Fabrikbetrieb in der laufen den Produktion zu erfüllen hat. Er hat ein viel größeres Opfer zu brin gen. Wir Wissenschaftler und Hoch schullehrer können immer noch in hohem Maße einem Arbeitsziel, einem Berufsziel nachhängen, das uns innerlich ganz erfüllt. Die Freude, die wir selbst in unserer Arbeit zeigen, die uneingeschränkte Freude und Verantwortung für die Arbeit, kombiniert mit einer hohen Dienst- auffassung, ist vielleicht das wesent lichste. Ich glaube, daß auf diesem Gebiet ungeheuer viel zu tun ist. Ich möchte niemandem einen Vorwurf machen, aber ich weiß, daß die Depression bei vielen Kollegen ganz außer- ordentlich ist und daß die Freude an der Arbeit eben nicht mehr die ist, daß von ihr etwas ausstrahlen könnte auf andere Menschen. Auch die hohe Dienstauffassung hat un geheuer gelitten. Ich bin überzeugt, daß nicht nur die gegenwärtigen Schwierigkeiten, die wir noch zu überwinden haben, sondern auch i der Zukunft der Sozialismus von den Menschen eine hohe Dienstauf fassung verlangen muß. Ob wir neun oder sechs Stunden arbeiten ist gleichgültig. Wieviel es einmal sein wird, kann ich nicht beurteilen, daß mit einer hohen Dienstauffas sung gearbeitet werden muß, das ist unerläßlich. Wir werden niemals mit anderen Ländern konkurrieren können, wenn die Arbeitsauffassung nicht eine ganz wesentlich bessere wird. - Vielleicht hat man vielen unseren Studenten das Studium zu leicht ge macht. Ich weiß, daß ich etwas sage, was sehr wenig geliebt wird. Aber ich meine, daß man von den Stu denten einige Opfer für ihr Studium verlangen muß. Von diesen und. jenen seltenen Ausnahmen abge sehen. Ich glaube, wenn sich jeder sein Studium schwer erkaufen muß, wird er es auch lieben. Er wird von der Universität fernbleiben, wenn ihm das Studium dieses Opfer nicht wert ist. Wir Nachkriegsstudenten des ersten Weltkrieges haben uns wohl zu über 90 Prozent das Stu dium erarbeiten müssen. Und keiner Kels von Prof. Dr. Dr. h. c. Dr. hat geklagt. Allen ging es praktisc gleich. Aber wir haben dieses Stu dium wirklich geliebt. Es war eine ganz große wunderbare Zeit für uns, obwohl sie hart war. Wir denken daran gern zurück. Ich glaube, diu Studenten müssen durch einige Opfer ihr Stu dium liebgewinnen, und man muß ihnen auch wieder die Möglichkeit geben, das Studium zu lieben durch gewisse Bereicherungen an geistigem Besitz, wie den Kauf von Büchern usw. Es ist eine Tragödie für die jungen Leute heute. Wir haben un seren letzten Groschen zum Anti quar getragen, um dieses oder jenes Buch für uns zu ergattern. Heute gibt es nur wenige Studenten, die eine bescheidene Bibliothek besitzen. Im Zusammenhang mit der Ein satzfreude ist die Erziehung zur Selbständigkeit bemerkt worden, insbesondere auch die Fähigkeit, or ganisatorische Aufgaben zu meistern. Da können wir in unserem Unter richt sehr viel tun. Es ist anzu streben, daß in jedem Fach das Stu dium mit einer kleinen selbständi gen wissenschaftlichen Arbeit be endet wird. Also so, wie es in den Diplomarbeiten der Chemiker und Physiker seit langem üblich ist. Vor her sollten auch in den Naturwissen schaften die Studenten durch Refe rate gezwungen werden, ebenfalls etwas Selbständiges zu leisten. Sie müssen ganz allmählich an selbstän- . dige Aufgaben herangeführt werden. Ein Institut, das den heranreifenden Studenten sehr viel zumutet, macht vielleicht den Eindruck eines harten Institutes. Aber später wird es von denen, die dort durchgegangen sind, mehr geliebt werden als das Institut, das den Studenten einen einfachen Weg bereitete. Ein ganz besonders schwieriges Wort, das heute morgen gefallen ist, ist das des „professionellen Kretinis mus“. Herr Bergner hat dieses Wort wiederholt gebraucht, und ich möchte ihm im Prinzip zustimmen. Aber das eine möchte ich doch, wiederum auf einen gewissen Widerspruch von Idee und Wirklichkeit hinwei send, sagen: In keiner Zeit, soweit wir zurücksehen können, ist gerade .dieses geistig beschränkte Spezia listentum durch unsere Verschulung der Universität und durch die Ent wicklung eines vorgeschriebenen Lebens heräusgebildet worden. . Wir haben nicht den gebildeten Men- schen. Wir haben, wenn ich das etwas übersteigert sagen darf, in hohem Maß einen eingebildeten Menschen. Meine Damen und .Herren, gehen Sie nach Leuna oder nach. Buna und sprechen Sie dort die leitenden Che miker. Sie werden erleben, daß her vorragende Männer nicht bereit sind, eine leitende Tätigkeit in einem solchen großen Werk zu überneh men, auch wenn sie im Monat 1000 oder 2000 DM mehr Geld bekommen, weil ihnen von Menschen, die keine Ahnung haben, ununterbrochen hin eingeredet wird. Das sind aber nicht irgendwelche Leute, solche, die frü her Arbeiter waren und zufälliger- weise in eine führende Stellung ge kommen sind, sondern Leute/ die durch die Universität gegangen sind. Das ist eine ganz schreckliche Ge- schichte. Die Anmaßung, die einzelne Sparten für sich beanspruchen, über das, was richtig ist, zu entscheiden, hängt aufs engste mit einem aus gebildeten Doktrinalismus und Dog matismus zusammen, der der Wis senschaft Feind ist. Ich glaube, wir dürfen unbeschadet das Schlagwort „professioneller Kretinismus“ nicht übersehen, daß nur durch höchstes h. c. Kurt Mothes Spezialistentum überhaupt künftig etwas zu schaffen ist, sowohl auf dem Gebiet der Naturforschung selbst als auch draußen in der Praxis. Wir werden versuchen müssen* einen Ausgleich zu schaffen und die Nachteile des Spezialistentums auf verschiedensten Wegen zu überwin den. Ich denke dabei in allererster Linie an die musische Erziehung. Es ist bekannt, daß große Lehrer der Jugend, also Wissenschaftler, die eine große erzieherische Wirkung ausgeübt haben, im allgemeinen mu sische Menschen gewesen sind. Das Musische in unseren Studenten zu entfalten, damit sie den Kontakt zur Kunst in verschiedenen Richtungen behalten, das ist von allergrößter Be deutung. Daß wir es trotz der star ken zeitlichen Beanspruchung noch ein wenig pflegen, ist entscheidend für das, was wir der Jugend sind. Dabei stehen wir natürlich vor gro ßen Schwierigkeiten. Ich möchte hier nicht über Probleme der Kunst spre chen. Zu Hause habe ich keine Bil der abstrakter Kunst hängen. Ich will nicht etwa, daß sie verboten wird, aber ich schätze sie in meiner Wohnung nicht. Aber ich bin der Ueberzeugung, daß sich auch das Musische im Menschen nur entfalten kann, wenn die Möglichkeit einer freien Diskussion darüber besteht. Es muß also auch die Möglichkeit gegeben werden zu wissen, was eigentlich Feininger gemalt hat, wer Kandinski ist, und man darf nicht immer die extremsten Formen als abschreckendes Beispiel hinstellen; um das zu verstehen, was in einem großen Bezirk der geistigen Kultur, mit der wir Wissenschaftler doch aufs engste verbunden sind, in un- serer Zeit vor sieh geht. Wenn diese Möglichkeiten, Urteile zu entwickeln; durch .gegenseitige Aussprachen noch gefördert würden, durch eine stär kere gesellschaftliche Begegnung über die Fakultätsgrenzen hinaus,| wäre sehr viel gewonnen. Das ge- sellschaftliche Leben, nicht im Sinne von viel trinken und viel essen, son dern die geistige Begegnung über die regen Disziplinen hinaus, hat an den Universitäten unseres Staates fast vollständig aufgehört. ; Wir sind zwar arg beschäftigt, aber wir würden alle Zeit haben für einen Abend oder einen Spätnachmittag* wenn es sinnvoll für uns wäre. Wir müssen, wenn wir von Sozia lismus reden, auch an eine bestimmte Atmosphäre des Lebens denken. Eine Atmosphäre der menschlichen Be ziehungen muß geschaffen werden und die würde vielleicht von allein kommen, wenn man manches abbaut* was leider seit den schwierigen Jah ren nach 1945 noch besteht, was damals verständlich war, heute aber in unserem gesellschaftlichen Leben eigentlich keinen Platz mehr hat. Anmerkung der Redaktion des „Hochschul-Spiegel“: Wir veröffentlichten den Artikel von Prof. Mothes, weil wir der Mei nung sind, daß er viele wertvolle Ge danken enthält und er in seiner Ge samtheit dazu beitragen kann, die Diskussion über die aufgeworfenen Fragen anzuregen. Gleichzeitig möch ten wir darauf hinweisen, daß wir. nicht mit allen Ausführungen von Prof. Mothes, besonders im heutigen Schlußteil, einverstanden sind. Wir würden es begrüßen, wenn Wissen schaftler unserer Hochschule ihre Auffassung zu den dargestel’ten Pro blemen mitteilen würden. „Hochschui-Spiegel“ Seiten 4/5