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Ist die ökonomische Ausbildung unserer Studenten ausreichend? Von Prof. Dr. Friedrich Klitzsch, Direktor des Instituts für Oekonomie des Maschinenbaues Die ökonomische Ausbildung der künrtigen Dipiomi-ingenieure an der Technischen Hocnscnuie Aar-Marx- Stadt ist im wesentuicnen Auigaoe zweier Institute: aes Instituts für Gesellschattswissenscnaiten und des Instituts für Oekonomie des Maschi nenbaus. Entsprechend der unter schiedlichen Aufgabenstellung beider Hochschulinstitute wird der Lenr- und Uebungsbetrieb im Fach „Poli- bische Oekonomie" vom Institut für Gesellschaftswissenschaften wahrge nommen, während das Institut für Oekonomie des Maschinenbaus die Fachgebiete der angewandten Oeko nomie betreut. Es sind dies die Fä cher „Oekonomie des Maschinen baus“, „Organisation und Planung des Maschinenbaubetriebs“, „Indu strielle Kostenrechnung“, „Industrie statistik“, „Organisation der Daten verarbeitung“, „Anwendung mathe matischer Methoden in der Oeko nomie“ sowie die für den Ingenieur wichtigsten Gebiete des Wirtschafts rechts, Arbeitsrechts und des Patent- und Neuererrechts. Ueberblickt man kritisch die in den seit der Errichtung unserer Hoch- schule vergangenen zehn Jahren ge leistete Arbeit in der ökonomischen Ausbildung unserer Studenten, so ist kein Anlaß zur Selbstzufriedenheit gegeben. Trotz formal befriedigender Leistung der meisten Studenten ist es ein offenes Geheimnis, daß die Mehrheit der künftigen Diplom ingenieure nur eine geringe Auf geschlossenheit für ökonomische Ueberlegungen an den Tag legt. Diese Indifferenz ökonomischen Fragen stellungen gegenüber ist ein ernstes Problem, um so mehr, als die glei chen Erscheinungen auch an anderen technischen Hochschulen unserer Re publik zu beobachten sind. Es ge währt zwar eine gewisse Befriedi gung, bei Gesprächen mit den längere Zeit in der industriellen Praxis ste henden Absolventen unserer Hoch schule fast ausnahmslos immer wie der die gleiche Versicherung ent gegenzunehmen. daß man sich gegen alle Erwartungen im Betrieb in hohem Maße mit ökonomisch-orga nisatorischen Problemen zu beschäf tigen habe und es deshalb aufrichtig bedaure, seinerzeit während des Stu diums gerade diesen Dingen sowenig Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Aber mit solchen verspäteten Sym pathieerklärungen ist dann nicht mehr viel anzufangen, um so weni ger, als auch die noch in der Aus bildung stehenden Studenten sich ganz offenkundig kaum dadurch be eindrucken lassen. So kann es natürlich nicht weiter- gehen. Es muß eine Methode ent wickelt werden, die uns als Hoch- Schullehrer in die Lage versetzt, die Studenten praktisch vom Tage der Immatrikulation an systematisch zum technisch-ökonomischen Denken zu erziehen. Das soll jedoch nicht durch eine Erhöhung der Stunden zahl für ökonomische Vorlesungen geschehen — im Gegenteil! Wir haben doch heute, was den Lehrbetrieb in den ökonomischen Disziplinen anbetrifft, eine wesent lich andere Situation, als sie es noch vor drei, vier Jahren war. Uns steht jetzt ein umfangreiches wirtschafts- wissenschaftliches Schrifttum all gemeiner und spezieller Art zur Ver fügung, so daß es keinerlei Schwie rigkeiten mehr macht, die Studenten unmittelbar an die wissenschaft- liehen Quellen heranzuführen. Das Selbststudium der Studenten gerade auf dem Gebiet der Oekonomie soll also in Zukunft weit starker als bis- „Mochschul-Spiegel" i Seite 2 her in den Vordergrund rücken, und wir werden in den Uebungen und Seminaren Gelegenheit nehmen, uns laufend über den Erfolg dieses Selbststudiums zu informieren und Prof. Dr. Friedrich Klitzsch ihm ständig neue Anregungen zu vermittein. Darüber hinaus ist vorgesehen, künrtig aen studenten aller racli- richtungen, die nach dem 7. Semester ins Berutspraktikum gehen, iür die ses PraktiKum eine Klar umrissene ökonomische Aufgabenstellung mit zugeben. Die Studenten weraen da- aurch gezwungen, sich mit der spezi- hschen ökonomischen Problematik inres Praktikumbetriebs auseinan derzusetzen und uns über das Er gebnis ihrer Untersuchungen zu be richten. Die bisher als reine Routine arbeit geführten Praktikumsberichte erhalten dadurch eine neue Quali tät, sie bekommen den Rang eines Belegs. Die Aufgaben, die wir den Studenten in dieses Berufspraktikum mitgeben, sind so formuliert, daß ihre Beantwortung sowohl den regel mäßigen Besuch der Vorlesungen als auch ein vertieftes Selbststudium folg unserer Bemühungen unserer künftigen Diplom-Ingenieure noch nicht gewährleistet ist. Eine weitere unerläßliche Voraussetzung ist die verstärkte Erziehung zum technisch ökonomischen Denken auch in den ausgeprägt technisch - naturwissen schaftlichen Lehrveranstaltungen. Wenn die vielberufene „Einheit von Technik und Oekonomie“ an der Hochschule einen wirklichen Sinn er halten soll, dann muß sie umgehend ihre Realisierung in der „Einheit der Techniker, Naturwissenschaftler und Oekonomen" finden, d. h. in der als gemeinsame Aufgabe empfundenen Erziehung aller Studenten zum tech nisch-ökonomischen Denken! In die ser Hinsicht werden leider noch längst nicht alle Möglichkeiten ge nutzt. Es gibt doch keinen Zweig der theoretischen und angewandten Na turwissenschaften, der einer ökono mischen Bezogenheit entbehrt. Man darf nur nicht dieser vielfältigen öko nomischen Bezogenheit so vieler tech nischer und naturwissenschaftlicher Fachprobleme behutsam aus dem Wege gehen, sondern man sollte im Gegenteil die Studenten auf solche Zusammenhänge ausdrücklich auf merksam machen! Das gründliche Studium der wichtigsten Beschlüsse des VI. Parteitages, z. B. über die nächsten Aufgaben der Industrie, vermag dabei eine Fülle überaus in teressanter Anregungen vermitteln. Ein weiteres wichtiges Mittel, die Studenten zum technisch-ökonomi mischen Denken zu erziehen, besteht in der Verpflichtung, keine Dip'om- arbeit abzugeben bzw. anzunehmen, die sich nicht mit der ökonomischen Problematik des Diplomthemas aus einandersetzt, also beispielsweise weder eine Ueberprüfung der Wirt schaftlichkeit einer vorgeschlagenen Konstruktion, geschweige denn der Verstch einer Ermittlung ihres öko nomischen Nutzeffektes enthält. Die ser sanfte Zwang vermag sicherlich manche Wunder auch bei hartgesot tenen Verächtern der Oekonomie, wie Praktikum ■ sie bedauerlicherweise gerade bei den künftigen Konstrukteuren nicht sel ten anzutreffen sind, zu bewirken. Entscheidend aber ist: Wenn uns Hochschullehrern selbst die Einheit von Technik und Oekonomie ein im gesamten Vorlesungs- und Uebungs betrieb gewissenhaft zu beachtendes Lehrprinzip ist, dann werden such auch die Studenten widerspruchslos in diese Entwicklung einordnen! Ergänzend sei noch bemerkt, daß die vorstehenden kritischen Ausfüh rungen sich im wesentlichen auf die „Direktstudenten“ beziehen, also auf die Masse unserer Studenten, die den üblichen Weg von der Oberschule zur Hochschule mit einer in der Regel nur unbedeutenden beruflichen Praxis gegangen sind. Bei den „nebenberuf lichen“ Studenten, d. h. Fachschul ingenieuren, die sich nach jahrelan ger Praxis nebenberuflich auf die Diplomprüfung vorbereiten, liegen die Dinge grundsätzlich anders. Diese Studenten kommen in ihrer Ueber- wiegenden Mehrheit aus der rauhen Luft der Betriebe, sie wissen, was an ökonomischen Ueberlegungen be reits von ihnen gefordert wurde und künftig erst recht von ihnen ver langt wird. Sie haben infolgedessen auch ein ganz anderes Verhältnis zu den ökonomischen Disziplinen. Und selbstverständlich sind auch zahlreiche Direktstudenten von der Notwendigkeit, sich als angehende Diplomingenieure auch eine solide ökonomische Ausbildung zu erwer ben, durchaus überzeugt. Sonst wäre es wohl nicht zu erklären, daß sich viele ernsthafte Interessenten für zwei Studienrichtungen innerhalb der Fachrichtung „Technologie des Ma schinenbaus“ finden, die sich eine vertiefte ökonomische Ausbildung zum Ziele gesetzt haben, und deren Absolventen vorrangig für einen späteren beruflichen Einsatz in der Produktionsplanung sowie für den Einsatz an großen automatischen Daten verarbeitungsanlagen vorberei tet werden. so oder so? Das Institut für Elektrotechnik antwortet nicht ist Elektrische Elektronik entstandene Die im oder so“ Eine generelle Lösung dieses Pro blems wäre sehr einfach, wenn die seinerzeit eingeplante Verdopplung und Verdreifachung der Versuche hätte durchgeführt werden können. Infolge des weiteren Aufbaus des Institutes zu einem Fachrichtungs institut waren jedoch Räume und In vestitionen zum Aufbau der weiteren suchen unbedingt zweckgebunden, so daß allein aus Raumgründen, selbst bei Gewährung der erhebli- Grundlagenpraktikums wurde im In stitut bereits mehrfach immer wieder durchgesprochen, um eine Lösung dieses auch uns nicht befriedigenden Zustandes zu finden. Beim ersten Jahrgang war das Praktikum nur einfach aufgebaut und wurde nur einmal pro Woche durchgeführt. Mit der stark ansteigenden Studenten zahl war es notwendig, einige Ver suche doppelt aufzubauen bzw. zu teilen und das Praktikum zweimal pro Woche abzuhalten. Der weitere Anstieg der Studentenzahlen brachte bei dieser Form die im Beitrag er wähnten grundsätzlichen Schwierig keiten. Beitrag „Praktikum — so aufgeworfene Problematik neu; das Problem des Antriebe, Industrielle und Regelungstechnik außerordentlich schwie rige Lage in bezug auf Räume, In vestitionen und Personal des Insti tutes bald gebessert werden kann. Institut für Elektrotechnik chende. Zusammenarbeit an unserer 5 Praktika mit je bis zu zwölf Ver Hochschule vorhanden sind. ■- - Wir sind uns allerdings auch dar ¬ über klar, daß damit allein der Er ¬ chen erforderlichen Investitionen, eine weitere Vergrößerung des Grundlagenpraktikums Wie in der Physik für die nächsten Jahre leider wohl kaum in Aussicht steht. Die einzige Möglichkeit zur Ver ringerung der Gruppenstärke sehen wir darin, das Praktikum viermal pro Woche durchzuführen, wozu allerdings eine entsprechende Erhö hung der Assistentenzahl (die Assi stenten betreuen jetzt bereits bis zu drei verschiedene Praktika) und eine Verdopplung der Mittel für die Hilfsassistenten neben der Lösung der sehr großen Studentenplanschwierig keiten Voraussetzung wären. Wir sind dankbar, daß die von uns immer wieder genannten Schwierig keiten nunmehr auch von den Stu denten einmal klar herausgestellt werden und hoffen, daß in der nächsten Zeit die durch die Auf nahme der Ausbildung in Grundla gen der Elektrotechnik, Elektrische Messung nichtelektrischer Größen. voraussetzt und darüber hinaus selbstverständlich die entsprechenden Informationen im Betrieb. Die Erfahrungen, die wir im letz ten Berufspraktikum mit einer allerdings ausgesuchten kleinen Gruppe von Studenten in dieser Hin sicht gesammelt haben, sind recht ermutigend. Natürlich sind wir uns alle klar darüber, daß dieses gelun gene Experiment nicht ohne weite res verallgemeinert werden darf. Wir sind aber der Meinung, daß eine noch stärkere Praxishinwendung ge rade der ökonomischen Fächer eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, die Studenten ernsthaft für öko nomische Probleme zu interessieren. Selbstverständlich darf das nicht zu dem anderen Extrem eines rein praktizistisch ausgerichteten Lehr betriebs führen. Den richtigen Weg der Vermittlung des Wissensstoffes in der theoretischen und angewand ten Oekonomie zu finden, bedarf es deshalb einer engen und ständigen Zusammenarbeit zwischen den Ge nossen aus beiden Instituten, die diese Fachgebiete in Vorlesungen und Uebungen vertreten. Wir dürfen sa gen, daß die notwendigen Vorausset zungen für eine solche erfolgverspre-