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Hochschulspiegel
- Bandzählung
- 1977
- Erscheinungsdatum
- 1977
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- A 812
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770833978-197700002
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770833978-19770000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770833978-19770000
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Projekt: Bestände der Universitätsbibliothek Chemnitz
- Saxonica
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
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-
Zeitschrift
Hochschulspiegel
-
Band
Band 1977
-
- Ausgabe Nr. 1, Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, Februar 1
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- Ausgabe Nr. 5, März 1
- Ausgabe Nr. 6, April 1
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- Ausgabe Nr. 8, Mai 1
- Ausgabe Nr. 9, Mai 1
- Ausgabe Nr. 10, Juni 1
- Ausgabe Nr. 11, Juni 1
- Ausgabe Nr. 12/13, Juli 1
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- Ausgabe Nr. 18, Oktober 1
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Band
Band 1977
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KULTUR / SPORT „HOCHSCHULSPIEGEL" 22/77 - SEITE 6 Gedanken über eine Ausstellung Ein Wochenende in Dresden. Be gegnung mit historischen Bauten. Das sind: Zwinger, Hofkirche, Brühl- sehe Terrasse, Albertinum. Ein Gefühl macht sich breit, sicht bar und allgegenwärtig: Freude am Schauen, Lust zum Verweilen, Oase der Harmonie, Ruhe und Ausgegli chenheit — Architektur als Sinnbild menschlichen Sehnens. Doch nicht weit davon die neue Brücke, Autos und Bahnen, nervöser Verkehr. Und wir wissen, daß diese Vollkommenheit und Harmonie nicht die des Alltags ist, aber dennoch An spruch bleibt. Gerade, wenn wir uns jetzt einreihen in die Schlange der Wartenden vor dem Albertinum, um ganz in spannender Erwartung Ein gang zu finden zur derzeit populär- iten und umfangreichsten Repäsenta- tionsstätte sozialistischer Kunst, zur VIII. Kunstausstellung. Für den einzelnen unangenehm, aber insgesamt doch sehr erfreulich die Vielzahl ^ der täglichen Besucher, die hier sehr engagiert ihr Recht auf politischen und künstlerischen Mei nungsstreit wahrnehmen wollen. Und der durch die Ausstellung Geleitende (sofern man das Glück hat, einen zu bekommen) hat es nicht leicht, auf all die Fragen, die der in teressierte und kritische Betrachter hat, eine befriedigende Antwort zu geben. Vieles wird sich sicher erst rückschauend als wahrhaftig und gültig bewerten lassen. Doch neben Banalem und Unästhetischem finden wir doch sehr viel schöne, unserem Anspruch nach Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit entsprechende Werke, die auch berechtigterweise die unge teilte Sympathie der Besucher fin den. Hier einige Beispiele: Für mich eins der wahrhaftigsten und lesbarsten Bilder dieser Ausstel lung — Walter Womackas Chilebild „Für Freiheit und Menschenwürde“. Womacka, ein Maler, der dieses Thema in glaubhafter dokumenta risch-sinnbildlicher Form bewältigt hat. Schon 1974 in Leipzig angenehm aufgefallen, der an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig als Oberassistent tätige Arno Rink mit seinem ebenfalls dem Chile thema gewidmeten Bild „Canto Libre“, ein Werk, um dessen Form er lange gerungen hat und aus dem der aufmerksame Betrachter sicher eine Fülle gültiger Aussagen heraus- lesen kann; weitaus mehr noch als aus „Spanien 1938“, gegenüber dem er wirklich über sich hinausgewach sen ist. Dann von ihm ein ungemein ästhetischer Beitrag zum Thema Liebe, sein „Liebespaar“, reifer und wertvoller als . sein vor Jahren ge zeigtes „Paar im Wind“. Beispielhaft zurückhaltend,' mei sterlich sparsam in der Anwendung der Mittel und doch ungemein be eindruckend Nuria Quevedos „Paar“. Unbedingt erwähnenswert, daphi losophisch tiefgründig (und dement sprechend schwer zu lesen), Heinz Zanders Beitrag zum Großen Deut schen Bauernkrieg — ein dankbares und reiches Feld für unsere Kunst wissenschaftler. Weiter sind mir besonders gut auf gefallen: Bälden, Bock, Hachulla, Kandt-Horn, Ketscher, Mattheuer, Sadulowski und Wetzel. Insgesamt eine sehr vielfältige Ausstellung, deren Werke in einer breiten Palette würdig den soziali stischen Realismus repräsentieren, alle in dem sichtbaren Bemühen, un ser Leben mit all seinen Seiten, den lauten wie den leisen, liebevoll ab zubilden und zum Nachdenken und Verändern anzuregen. Bert Czytrich, FDJ-Gruppe 76/15 Sporthallenneubau an unserer Hochschule Im Juli 1977 wurde zwischen Wartburgstraße und Wartburghof mit dem Bau einer Sporthalle be gonnen. Die Halle hat eine Sport fläche von 965 m 2 und soll neben dem obligatorischen Sportunter richt unseren Studenten und Mit arbeitern auch für den Leistungs- und Freizeitsport zur Verfügung stehen. Die Sporthalle ist eine Stahl konstruktion mit eingespannten Stützen und einem Stabnetzfalt werk. Der Anbau, der den Sozialtrakt mit Technikräumen aufnimmt, wird über Stahlpendelrahmen an die Hallenstützen angeschlossen. An den bisher durchgeführten Arbeiten, die die Voraussetzung für die Montage bilden, waren die Kollegen der Hauptabteilung Grundfondsökonomie, der Abtei lung Studentensport und Studen ten unserer Hochschule maßgeb lich beteiligt. Es werden alle Anstrengungen unternommen, um möglichst bis Ende 1978 die Sporthalle fertig zustellen. Auf den Bildern ist die Montage der Stahlstützen durch den VEB Kreisbaubetrieb Plauen zu sehen. Dipl.-Ing. Bornemann Das Aufstellcn der Stahisiützen für die neue Sporthalle unserer Hoch schule, Gwts wths-Rennsteigavf 1975 Auf Grund seiner landschaftlichen Reize, seiner relativen Abgeschieden heit von den Einflüssen großer Stra ßen und Städte war der Rennsteig schon zu Beginn des Jahrhunderts ein beliebter Wanderweg, der von der Arbeitersportbewegung stark frequentiert wurde. Eine umfassende und gezielte Nutzung des Sportplat zes Natur wurde aber erst unter den Bedingungen der sozialistischen Ge- sellschaftsordnung möglich. Die Realisierung des Rennsteigpro gramms, das eine umfassende und komplexe Erschließung des Renn steigs als Naherholungsgebiet und für den Freizeit- und Erholungssport vorsieht, schafft immer bessere Vor aussetzungen für eine breite Wander- und Laufbewegung in diesem Gebiet. Die Idee, einen Lauf über 100 km zu organisieren, wurde von Orientie rungsläufern der HSG der Universi tät Jena entwickelt. 1971 waren die Vorbereitungen so weit gediehen, daß Sportler der HSG der Universität Jena und der BSG Lok Weimar den ganzen Rennsteig in drei Etappen durchliefen. Als 1973 vier Läufer an der Hohen Sonne bei Eisenach zum 100-km-Lauf starteten und nach 9 Stunden 55 Minuten gemeinsam das Ziel in Masserberg erreichten, war der erste GutsMuths-Rennsteiglauf geboren. In diesem Jahr nahmen nahezu 5 000 Sportler aus allen Teilen unse rer Republik an diesem Lauf teil. Zu den 2169 Teilnehmern des 38-km- Laufs gehörten auch 3 Sportlerin nen und 9 Sportler aus unserer Hochschule. Gotthard Paulig erreich te mit einer Zeit von 3:16:27 Stunden einen beachtlichen 39. Platz in seiner Altersklasse (993 Teilnehmer) und damit gleichzeitig das beste Ergebnis unserer Teilnehmer am 38-km-Lauf. (Die Ergebnisse des 75-km-Laufs liegen der Redaktion nicht vor.) Im nächsten Jahr findet der 6. GutsMuths-Rennsteiglauf statt. Mit der Veröffentlichung der Ausschrei bung dieses Laufes möchten wir die Angehörigen unserer Hochschule an regen, an dieser wertvollen massen sportlichen Veranstaltung teilzuneh men. Ausschreibung für 1978 Veranstalter: Bezirksvorstand des DTSB der DDR Art der Veranstaltung: DDR-offener Lauf mit Wettkampf- und Massen sportcharakter Termin: 20. Mai 1978 Startgruppen und -Zeiten 75-km-Lauf Einteilung in 4 Altersgruppen 18 — 35 Jahre (Jahrgänge 1943 — 1960) 36 — 45 Jahre (Jahrgänge 1933 — 1942) 46 — 55 Jahre (Jahrgänge 1923 — 1932) über 55 Jahre Start: 5 Uhr, Hohe Sonne bei Eisenach Zielschluß: 19 Uhr, Sportplatz Schmiedefeld/Rennsteig 45-km-Lauf Einteilung in Frauen und Männer und jeweils 4 Altersklassen 15 — 35 Jahre (Jahrgänge 1943 — 1963) 36 — 45 Jahre (Jahrgänge 1933 — 1942) 46 — 55 Jahre (Jahrgänge 1923 — 1932) über 55 Jahre Start: 10 Uhr, Sportplatz Neuhaus Zielschluß: 19 Uhr, Sportplatz Schmiedefeld/Rennsteig Wertung: Die zeitschnellsten Läufer jeder Altersklasse werden als Sieger ge ehrt und erhalten Pokale. Für die Zweit- und Drittplazierten werden Urkunden ausgegeben. Alle Teilneh mer erhalten am Ziel ein Teilneh merabzeichen und die Bestätigung der Teilnahme. Meldung: Name, Vorname, Ge burtsjahr, Anschrift, Streckenlänge (75 oder 45 km), Übernachtung ja oder nein und Einzahlungsbeleg der Teilnehmergebühren (auf das Konto 4802—38—11372 bei der Kreisspar kasse Suhl). Einzelmelder melden auf Postkarte und kleben auf diese den Einzah lungsbeleg. Kollektive melden auf einer geschlossenen Liste und heften den Einzahlungsbeleg über den Ge samtbetrag an. Es werden nur Mel dungen bearbeitet, denen der Ein zahlungsbeleg beigefügt ist und die in Block- bzw. Maschinenschrift aus gefüllt sind. Meldeeröffnung: 15. 11. 1977 Meldeschluß: 15. 2. 1978 Nach Eingang der Meldungen wer den Meldekarten an die Teilnehmer verschickt. Die Aufnahme in die end gültige Startliste erfolgt. nach Rück sendung der ausgefüllten Meldekarte mit von der Sportgemeinschaft bestä tigtem Trainingsnachweis und der sportärztlichen Bestätigung, daß ge gen die Teilnahme keine Bedenken bestehen. Die Rücksendung muß bis spätestens 1. 4. 1978 erfolgen. Danach erhalten die Teilnehmer bis 1. 5. 1978 die Startkarten, Startnummern und eventuelle Hinweise. Meldeanschrift: Ralf Zobirei, SG Beerberg Goldlauter, 6051 Goldlauter, postlagernd Teilnahmegebühr: für 75 km 28 Mark, für 45 km 18 Mark. Eine Rückzah lung der Teilnahmegebühren kann aus plan- und finanztechnischen Gründen nicht erfolgen. Die Gebüh ren von nicht gestarteten Sport freunden werden als Spenden für den Lauf gewertet. Versicherung: entsprechend den Festlegungen für organisierte Sport veranstaltungen Übernachtungsmöglichkeiten: Mas senquartiere. Eigene Luftmatratzen, Decken oder Schlafsäcke sind mitzu bringen. Übernachtung nur, wenn unbedingt notwendig beantragen, da Kapazität begrenzt. An- und Abreise: erfolgt in eigener Verantwortung der Teilnehmer, Sowjetunion erlebt Die Überraschung am Abend Während meiner Aspirantur an der Staatlichen Moskauer Lomonos sow-Universität hatte ich das große Glück, im Sommer 1975 zusammen mit meiner Frau an einer Reise in die mittelasiatischen Sowjetrepubli ken teilnehmen zu können, die die Abteilung für internationale Bezie hungen der Universität für auslän dische Studenten und Aspiranten or ganisiert hatte. Unsere Reise führte uns nach Taschkent, Samarkand und Bucha ra. Überall stürmte eine Fülle von Eindrücken auf uns ein, sei es die interessante Architektur des moder nen Taschkent, das bewegte Treiben auf dem Basar, die farbenfrohe Klei dung der Usbeken oder die beein druckenden steinernen Zeugen einer großen Vergangenheit — die Mina rette, Mausoleen und vielen anderen herrlichen Bauwerke. Überall hatten wir herzliche Begeg nungen mit sowjetischen Menschen. Am meisten hat mich dabei das fol gende kleine Erlebnis beeindruckt, das von der großen Gastfreundschaft der Usbeken zeugt. Einige Mitglieder unserer Gruppe befanden sich auf einem Stadtbum mel durch Taschkent. Es war Mit tagszeit, und das Thermometer zeigte 45°C (im Schatten!). Als wir uns deshalb gerade nach einer Erfri schung umsahen, wurden wir von einer jungen Frau angesprochen. Nach dem obligatorischen Woher und Wohin stellte es sich heraus, daß sie dem Usbekischen Nationalen Gesangs- und Tanzensemble „Ba- chor“ als Tänzerin angehört und schon mehrfach in der DDR weilte. Sie lud uns in ein Restaurant ein, um uns mit Plow — einem sehr schmackhaften Nationalgericht aus Reis, Hammelfleisch, Möhren und Zwiebeln — zu bewirten. Obwohl man Plow an vielen Stel len der Stadt kaufen kann, wurde er ausgerechnet in dieser Gaststätte nicht angeboten. Unsere Bekannte ließ sich dadurch nicht im gering sten stören, sondern lud uns für den Abend zu sich nach Hause ein, da mit wir bei ihr das usbekische Na tionalgericht probieren könnten. Als eine Stunde nach der verab redeten Zeit uns noch niemand vom vereinbarten Treffpunkt abgeholt hatte, gingen wir etwas enttäuscht nach Hause, denn wir hatten uns schon sehr auf diesen Besuch ge freut. Nicht schlecht staunten wir jedoch, als es kurz vor Mitternacht an unserer Zimmertür im Internat klopfte und unsere Bekannte zusam men mit ihrer Schwester und einem riesengroßen Kessel voller Plow in der Tür stand. Sie hatte es zeitlich nicht ganz geschafft, uns zu treffen, und war daraufhin kurzerhand mit dem großen Kessel quer durch ganz Taschkent gefahren, um uns zu fin den und doch noch bewirten zu kön nen. Nur mit Hilfe der gesamten Reisegruppe gelang es uns, den Kes sel zu leeren. Viel Spaß und angeregte freund schaftliche Gespräche gab es an die sem späten Abend Dr. Bernd Luderer, Sektion Mathematik Peredaitje - Geben Sie weher! Diese und die danach folgende Skizze „Rasenlatscher“ haben wir aus einer kleinen Sammlung von Erinnerungen an Nowosibirsk ausgewählt, die Genosse Erwin Drechsel (ML) nach seiner Reise in die Sowjetunion aufgeschrieben hat. „Vielleicht, ja sicher sind sie nicht jedermanns Geschmack. Sie sind ja auch eigentlich nicht für die Öffentlichkeit, sondern für Freunde geschrie ben“, schreibt Genosse Drechsel als Vorbemerkung. „Meine Skizzen sind vielleicht oberflächlich; andere haben die Sowjet union und ihre Menschen anders erlebt oder haben viel exaktere Erklä rungen für bestimmte Sachverhalte parat. Aber nicht darauf kommt es mir an, sondern darauf, unsere Freundschaft ein wenig erlebbar zu machen. Nicht durch Produktionsziffern, Außcnhandelssätze, Spezialisierungsabkom men soll hier die unverbrüchliche Freundschaft bewiesen werden, sondern durch — vielleicht völlig nebensächliche — Züge des sowjetischen Alltags. Nicht tiefgreifende Analysen, sondern das Gefühl, daß diese Freundschaft, die uns von den sowjetischen Menschen so großzügig entgegengebracht wird, daß diese Freundschaft fest und dauerhaft ist, hat die Feder geführt.“ Wenn man sich an der richtigen Tür angestellt hat — und dann mit dem richtigen Strom in den Bus ge spült worden ist —, was macht man dann: setzen und danach bezahlen oder bezahlen und danach setzen? Aber erst einmal zu der richtigen Tür und dem richtigen Strom: Die Türen sind markiert: wchod und wychod. Der Unterschied ist kaum zu sehen — und dennoch ist das der Ein-, das andere der Aus gang. Also ist erst einmal dieser Un terschied zu studieren. Danach kommt aber eine kompli zierte Aufgabe: Wird am Eingang ein- oder ausgestiegen oder umge kehrt? Ja, völlig umgekehrt: Es wird am Aus- und am Eingang ein- und ausgestiegen, aber manchmal ist es auch anders. Das wechselt mit offen bar völlig zufälligen Umständen. Wenn man dann mehrfach ver geblich den Einstiegsversuch gemacht hat, bleibt nur noch eines: Man muß sich in den Strom stürzen und — siehe oben — in den Bus spülen las sen. So, und nun kommt das zweite Problem. Höfliche Mitteleuropäer bleiben stehen, wenn ältere Leute noch keinen Platz gefunden haben — und stehen im Wege — und werden kritisiert: Man solle sich endlich set zen. Die Sitzplatzverteilung erfolgt nach einem speziellen’ System: Wer am längsten fährt, hat sich gefälligst zu setzen, wer nur einige Stationen fährt, läuft von Station zu Station immer mehr auf die Türen zu. Des halb werden höfliche Personen, die anderen einen Platz anbieten, kriti siert. Und nun zum Bezahlen: Wir ken nen das Verfahren, daß sich jeder nach dem Einsteigen erst einmal zur Kasse durchdrängelt. Das entfällt, wenn man sich setzt und dann die Kopeken oder Fahrscheine einem anderen in die Hand drückt: „Pere daitje!“ Das Geld oder der Fahr ¬ schein läuft dann von Hand zu Hand, und nach einiger Zeit hat man ent weder einen Bon oder einen geloch ten Fahrschein in der Hand, oder man ruft im Bus „Nje rabotajet!". Dann wechselt der Strom von Geld und Fahrscheinen und Bons seine Rich tung. Eine der Kassen wird schon funktionieren. „Nje rabotajet!“ ist auch eine fundierte Begründung da für, wenn man einem Kontrolleur nicht beweisen kann, daß man be zahlt hat. Der prüft dann den Appa rat und konstatiert: „Da, nje rabo tajet!“, d. h., er funktioniert nicht. Am besten ist man dran, wenn man ein Fahrscheinheft hat, aber ich habe niemanden außer den Fahrern kennengelernt, die solche Fahrschein hefte verkaufen würden. Ihr Vorrat ist stets begrenzt, und der Fahrer will breit streuen. Außerdem kann er das nur beim Anhalten verkau fen. Das hält natürlich auf. Also ist der Fahrer gar nicht sehr erfreut, wenn man ihn nach einem Fahr scheinheft fragt und er schon in Zeit not ist. Also muß man immer Kopeken bei sich haben. Und die gibt man ande ren in die Hand. Die Reisenden fra gen nicht viel danach, ob der Auslän der das Verfahren kennt, man wird eben einfach in die Kette einbezogen. Das einfachste ist, man hält sich nicht in der Nähe einer Kasse auf und drückt Kopeken oder — aus der an deren Richtung kommend — Bons dem Nachbarn in die Hand: „Pere daitje!“ Einmal hatte die Bewegung nur eine Richtung, es kamen keine Bons zu rück. Allgemeines Schimpfen setzte ein: Wo bleiben die Bons? Alles schaute zur Kasse Dort stand ein Ausländer, der über das ganze Ge sicht strahlte: Alle schenkten ihm Kopeken. Der Strom nahm gar kein Ende. Das war ihm sicher das erste Mal passiert. Ja, die Sowjetmenschen sind eben solidarisch. — Nur wollten sie eben gern Bons haben. Rasenlatscher Woran kann man das Verhältnis von Landschaftsgestaltern und Mitbürgern wohl besser erkennen, als daran, nach welcher Methode Fußwege angelegt werden. Wer hat sich dabei eigentlich wem unterzuordnen? Wie ist das bei uns? Erst wird konstruiert und reglementiert, dann halten sich viele nicht daran. Eine Zeitlang geht es verbissen hin und her: Die einen ziehen Stacheldraht, graben um, pflanzen Büsche, machen Wegweiser usw., die anderen latschen immer wieder den Trampelpfad aus. Irgendwann trägt dann der eine oder andere den Sieg davon. Und in Nowosibirsk? Wir liefen in Akademgorodok von einer Einrich tung zur anderen quer durch das Gelände, aber immer auf Pfaden mit Steinplatten und kamen direkt vor der Haustür des gesuchten Objekts aus dem Buschwald. „Wie hat man das geschafft?“, fragten wir Nina. „Ganz einfach, man baut keine We ge. wartet ab. welche Trampelpfade entstehen, und macht sie dann zu richtigen Wegen. Dann läuft keiner mehr über die Wiese, wenn er den kürzesten Weg zum nächsten Institut sucht.“ So einfach ist das! Man sollte es sich merken.
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