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Hochschulspiegel
- Bandzählung
- 3.1965
- Erscheinungsdatum
- 1965
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- A 812
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770833978-196500007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770833978-19650000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770833978-19650000
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Projekt: Bestände der Universitätsbibliothek Chemnitz
- Saxonica
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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-
Zeitschrift
Hochschulspiegel
-
Band
Band 3.1965
-
- Ausgabe Nr. 1, Januar -
- Ausgabe Nr. 2, Januar -
- Ausgabe Nr. 3, Februar -
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- Ausgabe Nr. 7, April -
- Ausgabe Nr. 8, April -
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- Ausgabe Nr. 11, Juni -
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Band
Band 3.1965
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- Hochschulspiegel
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Die Perspektivplandiskussion an der TH Karl-Marx-Stadt und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" Von Dr. phil. H. Mehner, Diroktor dos Instituts für Gesellschafts wissenschaften „Hochschulreform in der Zone? — In Chemnitz sollen alte Zöpfe ver bannt werden“. Unter dieser Über schrift meldete sich am 8. Septem ber vorigen Jahres auch die groß bürgerliche „Frankfurter Allgemeine“ zum Wort, um in unsere Diskussion über die Perspektive der Lehr- und Erziehungsarbeit an der TH Karl- Marx-Stadt einzugreifen und ihren Lesern über das „.Chemnitzer 1 Mo dell“ zu berichten, wie sie unseren neuen Ausbildungspian bezeichnen. Wir haben gegen die Teilnahme westdeutscher Publizisten an unserer Diskussion um die Zukunft des Hochschulwesens in der DDR im all gemeinen und um die Perspektive der TH Karl-Marx-Stadt im beson deren durchaus nichts einzuwenden. Im Gegenteil, wir freuen uns sogar, wenn immer mehr Bürger West deutschlands durch Äußerungen und Handlungen ihr wachsendes Ver ständnis dafür zum Ausdruck brin gen, daß in der Deutschen Demokra tischen Republik die Perspektive der ganzen deutschen Nation diskutiert wird. Solchen Menschen verübeln wir es keineswegs, wenn sie sich in der Diskussion zunächst noch der von Bonn offiziell angeordneten Bezeich nungen „Zone“ und „Chemnitz“ für unsere Republik bzw. für Karl- Marx-Stadt bedienen. Es ist jedoch Vorsicht geboten, wenn die Anwendung dieser und an derer von der Realität längst über holter Bezeichnungen symbolisch da für ist, daß es dem Diskussionspart ner nicht darum geht, der Nation den Weg in eine glückliche und friedliche Zukunft zu weisen, sondern sie an eine unheilvolle und existenzgefähr dende Vergangenheit zu ketten. Diese Absicht vor allem schaut aus dem Gemisch von Wahrheiten, Halbwahr heiten und Falchinformationen über die Veränderung des Ausbildungs- und Erziehungsprogramms an unse rer Hochschule hervor, das die „Frankfurter Allgemeine“ ihren Le sern als Eigenbericht kredenzt. Warum so interessiert? Oberflächlich betrachtet, könnte man die Ausführungen in der „Frankfurter Allgemeinen“ als eine onkelhaft wohlwollende Zustimmung zu dem an unserer Hochschule vor einigen Monaten beschlossenen Aus bildungsprogramm betrachten und es dabei bewenden lassen. Man könnte das, würde sich hin ter ihnen nicht der Versuch verber gen, den westdeutschen Leser mit tels einer raffinierten „Berichterstat tung“ zu suggerieren, unser neues Programm richte sich im Grunde gegen eine gescheiterte Hochschul politik der Deutschen Demokrati schen Republik und strebe Ausbil dungs- und Erziehungsmaximen „wie im Westen“ an. So abwegig dieser ersuti auch ecscneinen mag, er hat uoch Methode. Er berührt die Kern frage der Entwicklung unserer Na tion, ist darauf gerichtet, ihre Lö sung zu hemmen und regt deshalb an, ihn etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Die „Frankfurter Allgemeine“ in formierte zwar recht eigenwillig, aber doch relativ ausführlich über unseren Ausbildungsplan. Das läßt uns die Frage nach dem Warum stellen. Wir sehen in den Ausfüh rungen dieser Zeitung nieht nur einen Beitrag zu unserer Perspektiv plandiskussion, sondern vor allem einen Versuch, die ziemlich heftige Diskussion über Ausbildungs- und Erziehungsfragen zu beeinflussen, die in Westdeutschland schon seit Mo naten die Gemüter erhitzt. Diese Diskussion hat objektive Ur sachen, die in nicht unbeträchtlichem Maße auch die Aussprachen über das „einheitliche sozialistische Bildungs system“ in unserer Republik bedin gen. Sie wird hervorgerufen vor allem durch die sich in Ost und West vollziehende wissenschaftlich - tech- niseho Rottnlitine. Tiocs Horeltiv, stellt ständig höhere Anforderungen an das Bildungsniveau des ganzen Volkes und verlangt gebieterisch die Entwicklung all seiner Bildungsele mente. Daraus erwächst ein ziemlich allgemeines, ein wahrhaft nationales Interesse an Bildungs- und Erzie hungsproblemen, dem sich auch die bürgerliche Presse, darunter die „Frankfurter Allgemeine“, nicht ver schließen kann. Nur das Bildungssystem? und für sich oder gar im Versagen der Lehrer zu suchen, wie das in der Diskussion nicht selten erscheint. Sie liegen vielmehr hauptsächlich in dem politischen Herrschaftssystem be gründet, das dem westdeutschen Bil dungssystem zugrunde liegt. Es ist doch klar: Solange in Westdeutsch land die Monopole unumschränkt herrschen und einen Riesenanteil der Staatseinkünfte für ihre abenteuer liche Atomrüstungspolitik vergeuden, werden niemals genügend Mittel vor handen sein, um alle Werktätigen in erforderlichem Maße an der Bildung teilhaben zu lassen und von dieser Seite her die Voraussetzungen für eine wirklich gebildete Nation zu schaffen. Vor allem aber wird unter diesen Umständen nicht der Geist des Revanchismus, Militarismus und An tikommunismus aus den Schulen und Universitäten verbannt werden kön nen, dem die deutsche Nation schon wiederholt Glück, Frieden, Demokra tie und gesellschaftlichen Fortschritt zum Opfer bringen mußte und der besonders im Atomzeitalter ihre Existenz als Nation und ihr Leben bedroht. Das nationale Beispiel... Noch sind der Mehrheit der west- deutschen Bevölkerung diese insbe sondere aus der deutschen Geschichte gewonnenen Erkenntnisse nicht ins Bewußtsein gedrungen. Noch ist ihr nicht klargeworden, daß das Bil dungssystem niemals unter der All macht der Monopole und Militari sten, sondern allein unter den Be dingungen der Herrschaft des von der Arbeiterklasse geführten werktätigen Volkes auf die Höhe der nationalen Erfordernisse gehoben werden kann. Noch hat sie die Bewußtseinsschran ken nicht überwunden, die insbeson dere in Gestalt des Antikommunis mus von den herrschenden militari stischen Kreisen errichtet und täglich neu aufpoliert wurden und werden, um die Massen nicht zu diesen Er kenntnissen kommen zu lassen. Gerade die westdeutsche Diskus sion um Bildungsfragen zeigt jedoch auch, daß diese Schranken bei weitem nicht so fest gefügt sind, um die Kon servierung 'der bildungsfeindlichen antidemokratischen und antinationa len Herrschaft der westdeutschen Im perialisten und Militaristen für ewig zu garantieren. Gchci schauc: vicla trestdoutoche Bürger, die ernstlich bemüht sind, das Bildungswesen voranzubringen, auf das imposante Beispiel der sozia listischen Deutschen Demokratischen Republik, die nach den antikommu nistischen Parolen der herrschenden Kreise Westdeutschlands bekanntlich überhaupt nicht existent ist. Selbst die rechte SPD-Führung konnte nicht umhin, in ihren „Schulpolitischen Leitsätzen“ mit Vorstellungen auf zuwarten, die auf den Erfahrungen und politischen Ergebnissen unserer Republik sowie auf Aussprachen zu unseren „Grundsätzen für die Gestal tung des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems“ beruhen. Kein Wunder deshalb, daß manche Vor schläge der SPD, die, wie z. B. jene nach Erleichterung des Zuganges zu höheren Bildungsanstalten für Ar beiterkinder und nach Gewährung von Lehrmittelfreiheiten und von ausreichenden Stipendien, aus diesen Vorstellungen resultieren, geeignet sind, den Kampf um eine demokra tische Erneuerung des Bildungs wesens in Westdeutschland zu füh- Die heranwachsende Generation entwickelt sich im Prozeß des Ler nens und der Arbeit; Bildung und Erziehung sind deshalb eng mit dem Leben und mit der Produktion zu verbinden. Die Schüler und Stu denten sollen frühzeitig erkennen, daß die Gesellschaft sich nur durch die Arbeit weiterentwickelt. Bei ihnen ist daher die Liebe zur Arbeit und zu den arbeitenden Menschen zu wecken. So werden sie darauf vorbereitet, für den weiteren Auf stieg unserer sozialistischen Gesell schaft zu kämpfen. (Aus den Grundsätzen für die Gestaltung des einheitlichen J ‘ 30zcitischen " Bildüngssysens)- ren. Denn das Beispiel der Deutschen Demokratischen Republik lehrt vor allem, daß diese Forderungen nur verwirklicht und andere Bedingun gen für die Entwicklung der gebil deten Nation nur in dem Maße ge schaffen werden können, indem die Herrschaft des Imperialismus und Militarismus zurückgedrängt und schließlich überwunden wird und immer breitere Kreise der Werktäti gen einbezogen werden, die Macht auszuüben. Die bisherige Diskussion in der Bundesrepublik enthüllte überzeu gend, daß ihr Bildungssystem nicht in der Lage ist, die wachsenden Auf gaben der Zukunft zu lösen. Es versagt bereits im Hinblick auf die Meisterung gegenwärtiger Probleme. Immer breitere Kreise sehen sich deshalb veranlaßt, einen akuten Bil dungsnotstand in Westdeutschland zu konstatieren und zu kritisieren. Selbst Angehörige der herrschenden militaristischen Kreise, unter ihnen der Bundeskanzler Erhard, können hin und wieder nicht umhin, einige Krokodilstränen wegen der katastro phalen Lage im Bildungswesen zu vergießen und bestimmte Palliativ mittel als Ausweg anzukündigen. Was bei der Mehrheit der Diskus sionspartner jedoch echte Sorge ist um das Schicksal des westdeutschen Volksbildungswesens, ist bei Erhard und seinesgleichen im Höchstfälle Sorge um den eventuell gefährdeten Maximalprofit. Vor allem aber ist es ihnen Mittel zur Beschwichtigung der besorgten Massen; Täuschungs manöver, darauf berechnet, die wah ren Ursachen für die herrschende Bildungsmisere zu verschleiern. Diese Ursachen sind nicht im westdeutschen Bildungssystem an ... unsre Perspektivplanung... Diese Lehre tritt im Ergebnis der Volksdiskussion um die Perspektive unseres sozialistischen Bildungs- und Erziehungswesens noch klarer, über zeugender und bewußtseinsfördern der für alle Deutschen hervor. In ihr wird ersichtlich, daß gleichlau fend mit der Entwicklung unserer Republik hin zum sozialistischen Volksstaat die Möglichkeiten wach sen, auch das Bildungs- und Er ziehungswesen auf den Stand zu bringen, der sowohl den neuesten Er kenntnissen von Wissenschaft und Technik als auch den Interessen der Nation voll entspricht. Gleichzeitig kristallisieren sich da bei die zurückgelegten Etappen noch schärfer als unerläßliche Entwick lungsstufen auf diesem Wege heraus, wodurch sie auch für die Bürger der Bundesrepublik noch besser in ihrer historischen Notwendigkeit und in ihrer nationalen Bedeutung erkenn bar werden. Um nur ein Beispiel an zuführen; wenn es an unserer Tech nischen Hochschule heute möglich ist, bis 1970 eine Kapazität zu planen, die jene von 1953 nahezu um das Zwanzigfache übertrifft, dann ist dies nur möglich, nachdem mittels der Diktatur des Proletariats die Grundlagen des Sozialismus in unse rer Republik errichtet und jene Bil dungs- und Erziehungskonzeption verwirklicht wurde, die dem damali gen gesellschaftlichen Entwicklungs stadium entsprach. ... und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" Es ist natürlich purer Unsinn, wenn die „Frankfurter Allgemeine“ den Anschein zu erwecken versucht, als negierten die Wissenschaftler unserer Hochschule mit dem neuen Ausbil dungsprogramm als Teil unserer Perspektivplanung die bisherige Hochschulpolitik unserer Republik. Die zumeist jungen Wissenschaftler, die heute verantwortlich die weitere Entwicklung unserer Hochschule be stimmen, sind gleichsam selbst die Verkörperung und die Kinder dieser Politik. Ihre Ergebnisse sind ihnen das feste Fundament für die Planung einer Perspektive unserer technischen Bildungsanstalt, von der frühere Ge nerationen nur träumen konnten. Die Unterstellungen der „Frankfurter Allgemeinen“ werden sie nicht davon abhalten, diese Perspektive in voller Übereinstimmung mit den Gesetz mäßigkeiten des umfassenden Auf baus des Sozialismus in unserer Re publik zu gestalten, d. h. in voller Übereinstimmung mit der Politik und den Beschlüssen der Sozialisti schen Einheitspartei Deutschlands, in denen diese Gesetzmäßigkeiten zum Ausdruck kommen und fixiert sind. Jeder Schritt auf diesem Wege wird dazu beitragen, die Anziehungskraft unserer Republik zu erhöhen und immer mehr Bürger Westdeutsch land« den Weg zur Überwindung der Bildungsmisere über die Lösung der nationalen Frage zu weisen. Darin vor allem besteht die nationale Be deutung der Planung und Gestaltung der Perspektive unserer sozialisti schen Bildungseinrichtungen, die, wie nicht zuletzt der Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen“ zeigt, auch von herrschende Kreisen Westdeutschlands erkannt und ein kalkuliert wird. Denn worum geht es in diesem Artikel vor allem? Doch wohl in der Hauptsache darum, durch die Diffamierung entscheidender Prinzipien der Hochschulpolitik un seres Staates das Beispiel der DDR in den Augen der Bevölkerung West deutschlands herabzusetzen und es dadurch in seiner Wirksamkeit ein zuschränken. „Kronzeugen“ aus der DDR sollen die Glaubwürdigkeit dieses Unterfangens erhöhen. Grotesk, daß die „Frankfurter All gemeine“ dafür keinen anderen fin det, als ausgerechnet das Mitglied des ZK der SED, Seine Magnifizenz Pro fessor Dr. habil. Jäckel, dem sie in den Mund legt, sich gegen kollektive Studienformen gewandt zu haben. Sollte diese Panne nur auf die man gelhaften Informationsmöglichkeiten in der ach so pressefreiheitlichen Bundesrepublik zurüdezuführen sein? Oder geht die Zeitung gar schon da von aus, daß bei der Bevölkerung Westdeutschlands das Wort eines Mitgliedes des ZK der SED stärkeres Gewicht besitzt als das eines füh renden Vertreters der Bonner Mili taristenrepublik? Wer weiß, wer weiß? Doch lassen wir das die Sorge der „Frankfurter Allgemeinen“ sein, die hier der Zeit vielleicht etwas voraus, aber ausnahmsweise auf dem richtigen Weg ist. Was unsere Sorgen betrifft, so hal ten wir die Stimme der „Frankfurter Allgemeinen“ für sehr geeignet, uns daran zu erinnern, daß wir unserer sozialistischen Perspektive nicht in einem luftleeren Raum, sondern Tür an Tür mit dem Todfeind unserer Nation planen, dem durchaus noch Mittel zur Verfügung stehen und alle Mittel recht sind, seine antinationale Politik fortzusetzen. In keiner Ein richtung unserer Hochschule sollten wir deshalb den nationalen Aspekt unserer Perspektivplanung außer acht lassen. Gleich ,was wir uns auf dem Gebiete der Ausbildung und Er ziehung unserer Jugend vornehmen, ein jeder unserer Schritte muß zu gleich darauf angelegt uud berechnet sein, den friedliebenden und demo kratischen Kräften in Westdeutsch land zu helfen, das Beispiel unserer Republik zu erkennen, die antikom munistischen Schranken zu überwin den, eine domelzreticche Bildungs und Erziehungskonzeption durchzu setzen und die ihnen dabei entgegen stehenden imperialistischen Kräfte zu entlarven und zu schwächen. Eine solche Perspektivplanung heißt, den untrennbaren Zusammen hang zwischen unserer sozialistischen Perspektive und der Lösung der na tionalen Frage in Deutschland zu be achten .heißt mit der Perspektive un serer Hochschule im Rahmen des uns Möglichen zugleich einen Beitrag zur Annäherung der beiden deutschen Staaten durch die Zurückdrängung der Macht der Monopolisten und Mi litaristen zu planen. Ein Rezept für alle Einrichtungen unserer Hochschule kann bei der Differenziertheit der Aufgaben nicht gegeben werden. Doch wäre schon viel gewonnen, wenn in allen Be reichen diese Zusammenhänge disku tiert und geklärt würden. Ent sprechende Vorschläge werden dann sicher nicht auf sich warten lassen. Nicht allein der Bildungsnotstand in Westdeutschland, sondern vor allem auch die geplante atomare Ver minung der Grenzen zur DDR leh ren, daß die Zeit drängt, um den Verderbern unserer Nation das Hand werk zu legen. Wer von den Angehö rigen unserer Hochschule wollte da beiseite stehen? Mannes ¬ reife Jahre lurij Brezan „Mannesjahre", Verlag Neues Leben, Berlin 1964, Ganzleinen, 392 Seiten, 7.60 MDN Viele Leset warteten schon lange auf den dritten Teil der Hanusch-Trilogie, der vor kurzem unter dem Titel „Mannesjahre“ er schien. Verbunden mit dem Erscheinen des Ro mans ist die Frage nach der Weiterführung des Helden. Wird der Held der Trilogie, Felix Hanusch, der noch im ersten Teal „Der Gymnasiast“ (1958) das Leben über das Gefühl begriff und seine Entscheidun gen instinktiv aus dem momentanen Emp finden heraus traf und noch im zweiten Teil „Semester der verlorenen Zeit“ (1960) ein Suchender nach der Wahrheit und Ge- rechtigkeit blieb, die Prüfungen seiner Zeit bestehen und sich als ein Held unserer Zeit erweisen und somit die Hoffnungen, die der Leser in ihn setzt, erfüllen? Eine gute Ausgangsposition verschafft er sich durch die Entscheidung, seinen ehemaligen Schul freund und derzeitigen SS-Offizier zu er schießen und zu den Partisanen überzuge hen. Der Schriftsteller versteht es, seinen Helden im Aufeinandertreffen mit den ver schiedenen Klassen und Schichten der Be völkerung wachsen zu lassen. Der dritte Teil beginnt mit der Heim kehr aus dem Krieg und mit dem Aufbau eines neuen Lebens in der Heimat. Felix hat viel Bitteres und Ungerechtes in seinem Leben erfahren, was dazu bei trug, daß ihm die Hilfe für die ehemals Entrechteten und Besitzlosen, die Liebe zu seinem bisher doppelt unterdrückten sor bischen Volk, und der Kampf für das Gute, für das Menschliche zu einem inneren Bedürfnis wurden. Er unterlag keinen wesentlichen ideologischen Schwankungen, was keinesfalls ausschließt, daß er nicht auch Fehler beging. Felix stellt sich zur Aufgabe, durch das Beispiel und durch Überzeugung den Men schen für den Sozialismus zu gewinnen. Er hat es schwer, sich durchzusetzen, denn sein Widersacher, der Bürgermeister Rumbo, ein typischer Vertreter des Dog matismus, verwirft Felix’ Methode und er setzt sie durch administrative Maßnahmen. Rumbo will den Sozialismus „durchboxen“ (nach den Worten der Witwe Nakonz), und wenn es sein muß, boxt er das halbe Dorf zu Boden. Und doch kann ihn der Schrift steller nicht verdammen. Er gibt Rumbo die Chance, aus seinen Fehlern zu lernen. Aber er zeigt zugleich, daß der „alte Rumbo“ der Gesellschaft großen Schaden zufügt und deshalb unfähig ist, eine verant wortungsvolle Funktion im Staatsapparat auszuüben. Er geht zur Schule. Auch Felix nimmt das Studium auf, nachdem seine LPG, die vorwiegend aus Rentnern be stand, im ökonomischen Wettbewerb mit dem Batschonhof den Sieg davontrug. Der Sieg lag in erster Linie in der Über zeu gung, daß man nur in gemeinsamer Nut zung der Felder und Wiesen weiter voran kommen kann. Auch dem Batschonhof, den Simon Mjetk zu einem Musterbetrieb ent wickeln wollte, sind Grenzen gesetzt. Simon Mjetk übernahm den Hof in der Überzeu gung, daß es notwendig sei, solche Höfe auszubauen, denn sie bildeten seiner Mei nung nach die Eckpfeiler der sorbischen Kultur. Jurij Brezan geht hier auf die nationale Besonderheit der Sorben ein. Schon seit dem vorigen Jahrhundert be trachteten breite Kreise der sorbischen Intelligenz solche Höfe als Festung des sor bischen Lebens überhaupt. Aus nationaler Verantwortung heraus übernahm Mjetk den Batschenhof und schuftete hier wie ein Pferd. Ex- war ebenso Intellektueller wie Bauer. Aber die Sorge um die Rentabilität seines Hofes führt ihn zur Erkenntnis, daß die weitere Steigerung der Arbeitsproduk tivität nur im Rahmen der Großraumwirt- schäft möglich ist. Er tritt in die LPG ein und wird ihr Vorsitzender. Die sorbische Spezifik finden wir auch im Umbau des ehemaligen Herrenschlos ses zu einer Art Volkshochschule für die werktätige sorbische Jugend. Die Eigen initiative und der Plan, den sorbische Menschen hier zeigen, sind echter Aus druck der Befreiung von Jahrhunderte währender sozialer und nationaler Knecht schaft. Typisch für die Gestaltung der Charaktere ist zum Beispiel die Witwe Na konz. Sie ist die aktive Verfechterin des geistigen Erbes der Mutter Jantschowa, jene meisterhafte Figur aus der bekannten Novelle von Brezan, in der neuen gesell schaftlichen Situation. Breite und Viel schichtigkeit ergeben sich aus dem Zusam menwirken der Helden mit den anderen zentralen Gestalten und jenen Nebenfigu ren wie dem Akkordtöter, Winfried von Grauheim, Roßmann, Uschka und Beate. Sehr eindrucksvoll ist die Großbauerntoch ter Frau Beate Mjetk gestaltet. Ihre Jugendliebe zu Felix verwandelt sich in Haß. All ihre Wünsche und Sehnsucht kön nen nicht in Erfüllung gehen, weil sie sich schon an Illusionen klammern und noch nicht ihren Platz in unserer Gesellschaft gefunden haben. Besondere Bedeutung gewinnt die Ge staltung der Vater-Sohn-Beziehung. Wäh rend im ersten und zweiten Teil die Eltern darüber wachen, daß Felix die Position sei ner Klasse nicht verläßt und nicht ein Die ner der herrschenden Klasse wird, ist nun mehr ihre Sorge darauf gerichtet, daß Felix’ „Obrigkeitsschuhe“ sich nicht in „Tretstiefel“ verwandeln, daß ihr Sohn ihnen keine Schande macht. Felix bewährt sich im Leben und bleibt auch weiterhin als Lehrender ein Lernender. „Es ist eine seltsame Sache, das Men schenleben. Immer wieder kehrt es an einen Punkt zurück, und niemals vorher war es an diesem Punkt. Eine Spirale ist es, sich aufwärts windend, und war der Stahl gut, bricht die Spirale nicht.“ M. Starosta
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