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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM 7, AUSSERORDENTLICHES KONZERT Sinfonie Nr. 2 für großes Orchester Erstauffübrung Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur KV 271 PAUSE Konzert Nr. 5 für Klavier und Orchester Es-Dur op. 73 Allegro Andantino Rondo (Presto) Allegro Adagio un poco mosso Rondo (Allegro) Hans Werner Henze geb. 1926 Lento Allegro molto vivace Adagio — Allegro Ludwig van Beethoven 1770-1827 Sonnabend, den 26. November 1966, 19.30 Uhr Sonntag, den 27. November 1966, 19.30 Uhr Dirigent: Heinz Rögner, Berlin Solist: Julian von Kärolyi, München, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 bisher einmaligen Zusammenarbeit namhafter Komponisten der beiden deutschen Staaten: an der gemeinsam mit Paul Dessau, Rudolf Wagncr-Regeny, Boris Blacher und Karl Amadeus Hartmann auf einen Text von Jens Gcrlach geschriebenen „Jüdischen Chro nik“. „Ich möchte mit meiner Musik gern bei den Menschen sein“ - diese eigentliche Funktion der Musik liegt Henze bei aller Modernität der von ihm gewählten künstlerischen Mittel am Herzen. Und weiter bekannte er: „Das Zwölftonproblem spielt in meiner Musik keine große Rolle, cs war mir immer ein ausschließlich technisches Mittel. Mir ist cs stets um die musikalische Substanz gegangen, besonders um das Melodische. In meinen ersten Stücken (bis zur zweiten Sinfonie) war die Funktion simpler und oft primitiv, aber das Melodische - und, in zweiter Linie, das beständige Streben, das klangliche und harmoni sche Problem zu lösen - war vorherrschend.“ Als Henze nach Italien ging (seit 1961 lebt er in der Nähe Roms), erlebte sein Schaffen eine tiefgreifende Wandlung. „Henze hat keinen Stil, aber er hat Stilgefühl, und das ist mehr. Darin kann man ihn mit Strawinsky vergleichen“ (Dicther de la Motte). Die Sinfonie Nr. 2 für großes Orchester stammt aus dem Jahre 1949, also noch aus Henzes erster Schaffensperiode, und wurde dem großen Dirigenten Hermann Schcrchcn gewidmet. „Ein Streben nach Läuterung des Ausdrucks, nach stilistischer Einheitlichkeit und Verbindlichkeit der künstlerischen Aussage bestimmt dieses Werk, das in der Ruhe und Einfachheit seiner klaren, prägnanten Themensprache von echt sinfonischem Geist erfüllt ist. Auch die Gesamtanlage ist übersichtlich und eindeutig: Erster und dritter Teil haben die Funktion eines Prologs bzw. Epilogs zum Mittclsatz, dem musikalischen und geistigen Schwerpunkt der Sinfonie. So steht zwischen zwei langsamen, von expressivem ZUR EINFÜHRUNG Hans Werner Henze, der nach musikalischen Studien in Braunschweig 1946 Schüler von Wolfgang Fortncr, 1948 von dem französischen Schönberg-Schüler Rene Leibowitz in Paris wurde, danach vorwiegend in der praktischen Theaterarbeit stand, gilt heute mit Recht als der interessanteste, vielseitigste und bedeutendste Vertreter der jüngeren Koni- ponistengeneration Westdeutschlands. In der Tat hat sich Henze vom „Avantgardisten“ der Nachkriegsjahre zu einem immer mehr vom Publikum in der ganzen Welt gefeierten Komponisten und Dirigenten entwickelt, was gerade neulich sein Gastspiel bei der Dresdner Staatskapcllc eindrucksvoll bestätigte. In seinem vielseitigen kompositorischen Schaffen stehen bisher fünf Sinfonien zahlreichen Opern („Boulevard Solitude“, „König Hirsch“, „Der Prinz von Homburg“, „Elegie für junge Liebende“, „Der junge Lord“, „Die Bassariden“), Balletten und Kantaten gegenüber. Auch alle kleineren Gattungen sind berücksichtigt. 1953 verlegte Hans Werner Henze seinen Wohnsitz nach Italien: „Zusehen, daß wenige Jahre nach der Diktatur in meinem Vaterland Regungen wach ge worden sind, die darauf hinweisen, daß der Ungeist nicht gestorben ist, bedeutet eine Enttäuschung, die nicht nur anhält, sondern wächst und sich mit Zorn und Scham verbin det.“ Dieser gesellschaftlichen Erkenntnis entspricht auch Henzes Beteiligung an einer HEINZ RÖGNER wurde im Jahre 1929 in Leipzig geboren. Von 1947 bis 1951 absolvierte er sein Studium als Dirigent und Pianist an der Staatlichen Hochschule für Musik in Leip zig und wirkte anschließend bis 1954 als Solorepetitor und zweiter Kapellmeister am Nationaltheater Weimar. In den Jahren 1954 bis 1958 war er als Dozent an der Leip ziger Musikhochschule tätig. 1958 übernahm er als Chef dirigent das Große Rundfunk orchester des Senders Leipzig. 1962 wurde er an die Deutsche Staatsoper Berlin berufen. Generalmusikdirektor Heinz Rögner konzertierte bisher mit führenden Klangkörpern un serer Republik und unternahm Konzertreisen nach Ungarn, Rumänien und in die Schweiz. JULIAN VON KÄROLYI wurde 1914 in Losoncz (Ungarn) geboren. Ersten musi kalischen Unterricht erhielt er bereits mit acht Jahren in Budapest. Bela Bartök, der auf den begabten Knaben auf merksam geworden war, emp fahl ihn der namhaften Päd agogin Margit Varro. 12jährig konzertierte er erstmalig mit Orchester in Budapest, und im Alter von 15 Jahren gab er seinen ersten Klavierabend in London. Inzwischen studier te er weiter, zuerst in Mün chen bei Joseph Pcmbaur, dann in Leipzig bei Max von Pauer, in Paris bei Alfred Cortot und schließlich in Bu dapest bei Ernst von Doh- nänyi. Nachdem er sich mehrere internationale Preise (so den Mendelssohn-Preis in Berlin, Blüthncr-Prcis in Dresden, Chopin-Preis in Warschau und Liszt-Preis in Budapest) erspielt hatte, begann er seit 1934 regelmäßig zu konzer tieren. Seine Konzertreisen führten ihn seither durch ganz Europa, seit 1951 auch nach Nord- und Südamerika sowie in den Nahen und Fernen Osten. Der Künstler konzer tierte mit allen prominenten Orchestern und in allen Rund funksendern Europas. Viele Schallplatten sind von ihm erschienen. Mit der Dresdner Philharmonie konzertierte er bereits in den Jahren 1960, 1962, 1964 und im Februar 1966.