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Das Divertimento G-Dnr KV 63, auch als „Cassatio“, „Finalmusik“ oder „Serenade“ bezeichnet, ist ein Werk des 13jährigen Mozart, wahrscheinlich 1769 für eine Feier lichkeit der Salzburger Universität geschrieben. Eine lateinische Notiz besagt: „Von dem hochbegabten Jüngling Wolfgang Mozart komponiert“. „Es ist Salzburger Musik, von festlichem, heiteren Grundton — Orchestermusik ohne Anspruch auf großen sinfoni schen Ernst, voll von Klang- und Echowirkungen“ (A. Einstein). Ein Marsch erklingt als Einleitung. Dem anschließenden frischen Allegroteil folgen, jeweils unterbrochen durch Menuette mit kontrastierendem Trio, zwei langsame Sätze und das zündende Finale. Besonders reizvoll ist der dritte Satz (Andante), dessen zarte rokokohafte Melodie (in den Violinen) zur gitarreähnlichen Pizzikatobegleitung der tieferen Streicher vorgetragen wird. Ein völlig anderer Ton herrscht in der Sinfonie g-Moll KV 183 aus dem Jahre 1773. Mozart war damals 17 Jahre alt. Der Ernst des Lebens, ja seine Tragik scheint dem jungen Meister schon bewußt gewesen zu sein, als er diese „kleine“ g-Moll-Sinfonie schrieb (die „große“ KV 550 entstand 1788 - drei Jahre vor seinem Tod). Die kon trastreiche Dynamik, die plötzlichen Auftakte, die scharfen Akzente, die Geigentre moli des Werkes - all das weist auf persönliches leidvolles Erleben. Schmerzlichen, elegischen Charakter besitzt das im Einklang vorgetragene Hauptthema des ersten Satzes (Allegro con brio) mit seinem typischen Septsprung. Das Andante ist kurz, aber konzentriert und zeigt erregte Vorhaltsthematik. Von herber Entschlossenheit ist der Menuett-Hauptsatz; im Trio entfalten die Bläser allein G-Dur-Freudigkeit. Wie in der „großen“ g-Moll-Sinfonie, deren Stimmungsmomente hier in manchem vorweggenommen werden, wird im Finale das Menuett-Thema ausgebildet. Thematische Beziehungen bestehen auch - in synkopischen Bildungen, Akzenten - zum ersten Satz. Diese neue thematische Einheitlichkeit, die Mozart hier erstmalig entwickelte, hat für die zyklische Form der Sinfonie, die Einheit der Gattung wesentliche Bedeutung gehabt. Mozarts einziges Konzert für Klarinette und Orchester (A-Dur KV 622) ist nicht nur sein letzter Beitrag zu der von ihm so reich bedachten Gattung des Konzerts, sondern zugleich eines der letzten größeren Werke überhaupt, die der bereits vom Tode Gezeichnete - zwischen dem 28. September und 7. Oktober 1791 - in seinem letzten Lebensjahr geschaffen hat. Mozart griff dabei auf einen Entwurf zurück, der ihn vermutlich schon 1789 beschäftigte: ein G-Dur-Allegro für Bassetthorn (eine damals sich einführende Altklarinette). Dieser jedoch unvollendet gebliebene Satz ging in den ersten Satz des Klarinettenkonzerts über, das er für den ihm befreundeten Klarinettisten Anton Stadler komponierte, einen Meister seines Instruments. Das kostbare Werk, eine der bedeutendsten Schöpfungen Mozarts überhaupt, nutzt in idealer Weise die vielfachen klanglichen Möglichkeiten der Klarinette (auch in der Tiefe). Eine sanfte Stimmung sowie Ernst und milde Verklärung sprechen aus dieser Partitur - ohne jede Zurschaustellung bloßer Virtuosität, ohne freie Kadenzen. Mozarts Spätstil herrscht vom ersten bis zum letzten Takt im ersten Satz (Allegro), dessen Themen gefühlsreich sich verströmen. Im Eingangstutti wird kein zweites Thema ein geführt, sondern lediglich das erste fugiert wiederholt; jedoch bringt der Solist ein solches in C-Dur ins Spiel. Das ausdrucksvolle melodische Adagio ist eine der herrlich sten Gaben des Genius Mozart. Im ausgedehnten Rondo, dessen innere Lebendig keit und Gegensätzlichkeit wahrhaft dramatische Momente auslöst, werden auch Seiten themen satztechnisch und klanglich vollendet ausgewertet. Das Soloinstrument steht in der gesamten Komposition in einer denkbar innigen Beziehung zum Orchester, von dem es getragen wird. Die Transparenz und Farbigkeit des Klanglichen, die hier erreicht wird, ist bewundernswert. Mozarts große Es-Dur-Sinfonie KV 543 ist eine der berühmten letzten drei Sinfonien des Meisters, die auf diesem Gebiet seines Schaffens Abschluß und Höhepunkt zugleich darstellen. In unmittelbarer Folge wurden die Es-Dur-Sinfonie (nach Mozarts Katalog am 26. Juni 1788 beendet) und die Sinfonien g-Moll, KV 550, und C-Dur, KV 551, im Sommer 1788 in der unfaßbar kurzen Zeit von zwei Monaten niederge schrieben. Es ist uns kein bestimmter Anlaß für die Entstehung dieser ihrem Charakter nach so verschieden gearteten Meisterwerke bekannt; wir wissen nicht einmal, ob Mozart sie überhaupt jemals aufgeführt und gehört hat. In einer Zeit schwerster Existenzsorgen geschaffen (gerade vom Juni 1788 liegen uns verzweifelte Briefe des Komponisten vor), hat die in ihrem Grundton heitere, dem Leben zugewandte Es-Dur-Sinfonie, die später von unbekanter Seite die durch nichts zu rechtfertigende, romantisierende Bezeichnung „Schwanengesang“ erhielt, immer wieder Erstaunen erregt. „Wenn wir sie als Aus druck von Mozarts persönlicher Stimmung betrachten dürfen, so war die Zeit, wo er diese Sinfonie schrieb, eine sehr glückliche“, bemerkte der Musikwissenschaftler Her mann Kretzschmar. Aber einerseits ist es natürlich denkbar, daß das Werk in der schöpferischen Phantasie Mozarts bereits vor der Zeit der eigentlichen Niederschrift entstanden ist, andererseits wies auch der Mozart-Biograph Hermann Abert darauf hin. daß sich die Alltagsbedrängnisse und Sorgen keineswegs immer unmittelbar im Schaffen des Meisters abzeichneten. Und selbst, wenn wir nicht soweit gehen wollen, hier jeden Zusammenhang zu leugnen, finden wir doch auch in dieser Sinfonie trotz der dominieren den idyllischen Anmut und Daseinsfreude durchaus Kontraste, sinnend-elegische wie auch heroisch-pathetische, ja selbst finstere Züge. Einer spannungsvollen, feierlich-prächtigen Einleitung in straffem, punktiertem Rhyth mus, die deutlich spürbar „Don Giovanni“-Töne anklingen läßt, folgen im anschließen dem Allegro als Hauptthema ein singendes, sehnsuchtsvolles Thema der Violinen, dem Hörner und Fagotte antworten, darauf ein energisches Tutti mit mehreren neuen Motiven. Die ungewöhnlich kurze Durchführung dieses Satzes, für den plötzliche Stimmungsumschläge charakteristisch sind, wird von der Reprise jäh durch eine General pause abgebrochen. Das in As-Dur stehende Andante, mit einem einfachen, marschartigen Thema beginnend, entfaltet sich in durchsichtiger Instrumentation von fast kammermusikalischem Gepräge zu kunstvollem, vielstimmigem Spiel, doch weist auch dieser Satz einige heftig-leiden schaftliche Ausbrüche auf. Der dritte Satz besteht aus einem kräftig einsetzenden, tänzerischen Menuett und einem von den Klarinetten getragenen lieblich-idyllischen Trio. In dem in Thematik und Form Haydn nahestehenden, dahinwirbelnden Finale schließ lich, das uns unwillkürlich auch an den letzten Satz von Beethovens 8. Sinfonie denken läßt, herrscht übermütige, heiter-ausgelassene Stimmung. Ganz aus einem einzigen Hauptthema heraus entwickelt, das zu Beginn leise in den Violinen erklingt, ist dieser Schlußsatz von sprühendem Humor und immer neuen überraschenden Einfällen erfüllt. Einen besonderen Effekt bringen sogar noch die letzten Takte: indem auf die üblichen Schlußakkorde verzichtet wird, jagt in den Streichern noch einmal der Anfang des Hauptthemas vorüber. Dr. Dieter Härtwig