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Hochschulspiegel
- Bandzählung
- 1966
- Erscheinungsdatum
- 1966
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- A 812
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- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770833978-196600009
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- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Projekt: Bestände der Universitätsbibliothek Chemnitz
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Zeitschrift
Hochschulspiegel
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Band
Band 1966
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: Klärung der politischen : Grundfragen : weiterhin Hauptaufgabe Schwung des Pfingst treffens nutzen I Wir sind hineingestellt in eine sehr schnellebige Zeit. Ein wichtiges Er eignis folgt dem anderen auf den Fuß und erfordert, wie auch die tagtäg liche Arbeit, unsere ganze Aufmerk samkeit, Bereitschaft und Kraft. Des halb ist die Frage durchaus berech tigt, ob ein Bericht über den Beitrag unserer FDJ-Grundorganisation zum Gelingen des Pfingsttreffens anläß lich des Kongresses der Arbeiter jugend beider deutscher Staaten in Karl-Marx-Stadt heute noch aktuell ist. Er ist es! Vorbereitung und Durchführung des Kongresses und des Pfingst- treffens — in ihrer untrennbaren Einheit ein Ereignis von großer nationaler Bedeutung — stellten hohe Forderungen an die Kampf- und Einsatzbereitschaft unserer FDJ- Grundorganisation und mußten offenbaren, ob sie ihren Aufgaben gewachsen war. Eine Antwort auf diese Frage hat über das unmittel bare Ereignis des Pfingsttreffens hin aus große Bedeutung für die gesamte Arbeit unserer Hochschule. Es stimmt uns freudig, sagen zu können: Die Jugendfreunde, die FDJ-Mitglieder, die Funktionäre der ZHSGL und der Gruppen haben mit Hilfe ihrer Freunde aus der SED, aus den Massenorganisationen und aus dem Lehrkörper einen guten Bei trag zum Gelingen des Pfingst treffens geleistet. Die Freunde unserer Grundorgani sation hatten sich gut auf das Pfingst treffen vorbereitet. In mehreren Ver ¬ anstaltungen, Schulungen und in Mitgliederversammlungen setzten sich die Mitglieder und Funktionäre der GO, die 50er-Gruppenleiter und die Teilnehmer am Pfingsttreffen mit den politischen Grundfragen unserer Zeit, mit dem Weg des Kampfes zur Erhaltung des Friedens und zur Lösung der nationalen Frage in Deutschland, besonders mit den Pro blemen des Briefwechsels zwischen den beiden größten deutschen Par teien, der SED und SPD, auseinander. Diese Verpflichtungen jetzt und weiterhin erfüllen In den Mitgliederversammlungen schätzten die Freunde die Situation in ihren Gruppen ein und zogen Schlußfolgerungen für alle Bereiche ihrer zukünftigen Tätigkeit: ange fangen bei Fragen der Studien disziplin, der maximalen Nutzung der Studienzeit, der Erreichung höchster Studienleistungen, der Dar legung eigener Studien- und For schungsergebnisse in Kolloquien und Seminaren, über Fragen der Ent wicklung eines regen kulturellen Lebens bis zu Festlegungen über N AW-Einsätze. Ein Höhepunkt in der Vorberei tung des Pfingsttreffens war das Protestmeeting vor dem Hochschul gebäude, Straße der Nationen, am 29. April, an dem etwa 1000 Studen ten und Mitarbeiter teilnahmen und in aller Öffentlichkeit die materielle und ideelle Unterstützung des bar barischen USA-Krieges gegen das vietnamesische Volk durch die west deutschen Imperialisten und Milita risten verurteilten. Die Freunde der Seminargruppe 65/9 riefen dort zur Blutspenden aktion für Vietnam auf, der sich bis heute schon viele Studenten und Mitarbeiter angeschiossen haben. Dort bekräftigten die Jugendfreunde auch ihren Willen, den westdeutschen Freunden die Erfolge unseres sozia listischen Aufbaus zu zeigen und ihnen zu helfen, die Wahrheit über die nationale Frage in Deutschland zu begreifen. Die Jugendfreunde unserer Grund organisation haben ihr Wort ge halten, ihr Wissen, ihre leidenschaft liche Parteinahme für ihre Deutsche Demokratische Republik, für die Er haltung des Friedens und die fried liche, demokratische Entwicklung der ganzen Nation, in Streitgesprä- dien mit westdeutschen Freunden auf dem Theaterplatz und auf der Straße der Nationen überzeugend wirksam werden lassen. Hervorzuheben ist auch die gute Disziplin, mit der sich die Jugend- freunde an allen Veranstaltungen, Aufmärschen und Kundgebungen be teiligten. Der Marschblock 10, dem, neben unseren Freunden, Mädel und Jungen der Karl-Marx-Oberschule angehörten, konnte sich — das be zieht sich nicht nur auf das äußere Bild — wirklich sehen lassen. Stellten wir anfangs die Frage nach der Aktualität eines Berichtes über den Beitrag unserer FDJ- Grundorganisation zum Gelingen des Pfingsttreffens, müssen wir jetzt sogar sagen: Weitere Artikel zu die ser Frage sind notwendig! Kritische Auswertung notwendig Der vorliegende Bericht ist dem Positiven gewidmet, soll den Auf schwung deutlich werden lassen, der durch die Vorbereitung und Durch führung des Pfingsttreffens in un serer GO erreicht wurde, soll Lei stung und Einsatzbereitschaft der Jugendfreunde und ihrer Helfer würdigen. Aber darauf können wir uns keinesfalls beschränken. Notwendig ist die weitere, krtische Auswertung, um die durch das Pfingstereignis offenbar gewordenen Mängel und Schwächen schneller überwinden und die Ka npf- und Einsatzbereitschaft der GO erhöhen zu können. Es gilt, den erreichten Aufschwung für die weitere Arbeit zu nutzen und besonders um die Er füllung der anläßlich des Pfingst treffens übernommenen Verpflich tungen zu kämpfe i. Vor allem kommt es darauf an, die politischen Grundfragen unserer Zeit weiter- zu klären. Vieles wurde im Zusammenhang mit dem Pfingst- treffen erreicht, aber vieles bleibt — wie eine erste Auswertung zeigt — noch zu tun. Alfred Hupfer / Klaus Hofmann 20 Jahre volkseigen : Gedanken zum Jahrestag des Volksentscheids in Sachsen Vor 20 Jahren, am 30. Juni 1946, entschied sich die Bevölkerung Sachsens in einem Volksentscheid gegen die Kriegs- und Naziverbre cher für eine friedliche und demo kratische Zukunft Deutschlands. Die sowjetische Besatzungsmacht hatte die Entscheidung, was mit dem sequestrierten Eigentum der Kriegs- und Naziverbrecher geschehen sollte, in die Hände der antifaschistisch demokratischen Kräfte gelegt. Diese Entscheidung war eindeutig. 77,7 Prozent der Wahlberechtigten stimm ten für die Enteignung derjenigen, die das deutsche Volk zweimal in einen Weltkrieg stürzten und den Faschismus zur Macht verhalfen. Die harten Klassenauseinanderset zungen in den Monaten der Vorbe reitung des Volksentscheides erfor derten ein hohes Bewußtsein, große Prinzipienfestigkeit, Überzeugungs kraft und politisches Geschick. Die Arbeiterklasse stand einem erfahre nen und raffinierten Gegner gegen über. Er nutzte die Zeit auf seine Weise. Kein Mittel blieb ungenutzt. Auch in Chemnitz, unserem heutigen Karl-Marx-Stadt, nicht. Die mate ¬ rielle Not der Werktätigen in dieser Zeit ausnutzend, griffen die zur Ent eignung vorgesehenen Nazi- und Kriegsverbrecher in den Werken Schubert & Salzer, C. G. Haubold, Astra-Werke, Auto-Union u.a. zu Be stechungsversuchen gegenüber den Mitgliedern der Sequestrierungskom missionen. Betriebsräten und selbst ganzen Belegschaften. Auch Hin- wreise alf die 11nenthehrlichen Er. fahrungen“ der- Betriebsinhaber, Appelle an die „Vernunft und Mensch lichkeit“ fehlten nicht. Antikommu nistische Parolen von der angebli chen Bedrohung des Privateigen tums, Diffamierung von Funktionä ren des neuen demokratischen Staats apparates, der SED und Gewerk schaften gehörten zu ihren Mitteln. Diese Machenschaften konnten die Arbeiter nur durch ein einheitliches und geschlossenes Auftreten begeg nen. Heftige Auseinandersetzungen fan den auch im antifaschistisch-demo kratischen Block statt, in dessen Hän den. die Entscheidung über die Liste der zu enteignenden Betriebe lag. Das Ausmaß dieser Auseinandersetzun gen können wir vielleicht daran er ¬ messen, daß zu dieser Zeit reaktio näre Kräfte in den demokratischen Parteien CDU und LDPD Unter schlupf gesucht und hier nicht in allen Fragen die progressiven Kräfte die Führung inne hatten. Die reaktio nären Kräfte. die sich später z.T. nach Westdeutschland absetzten, versuchten mit allen Mitteln die Positionen der Nazi- und Kriegsverbrecher zu ver- tcidigen. Da nur cinstimmis gefaßte Beschlüsse des antifaschistisch-demo ¬ kratischen Blocks gültig waren, mußte die Auseinandersetzung so lange geführt werden, bis auch der letzte von der Entscheidung über zeugt war. Das stellte hohe Anforde rungen an die Reife und das Ver- antwortungsbewußtsein der Ver treter der SED im antifaschistisch- demokratischen Block. Schritt für Schritt setzte sich in den Blockaus- «chüssen, in den Retriebsbelegschaf- ten und in allen Kreisen der Bevöl- kerung die Erkenntnis durch, daß der deutsche Tmperialismus und Milita rismus politisch und ökonomisch ent machtet werden muß. wenn der Frie den in Deutschland gesichert werden soll. Heute sind unsere volkseigenen Betriebe die stabile ökonomi sche Grundlage unserer Arbeiter- und-Bauern-Macht. Aus den Trüm mern des Krieges entstanden durch die Kraft und Opferbereitschaft der Arbeiterklasse modern ausgerüstete Betriebe. Unter Führung der SED entwickelte sich die Wirtschaft der DDR, so daß wir heute zu den zehn führenden Industriestaaten der Welt gebören Tn uncorer Ropublale hat der Frieden eine stabile ökonomische Grundlage und eine wahre Heim statt gefunden. Die Arbeiterklasse der Deutschen Demokratischen Republik im Bünd nis mit allen demokratischen Kräf ten leistete durch ihren erfolgrei chen Kampf zur Überwindung des deutschen Imperialismus und Mili tarismus einen bedeutungsvollen Beitrag zur Lösung der Lebensfra gen unserer Nation. Die westdeut sche Arbeiterklasse kann diese Er fahrungen nutzen, sie entsprechend ihren Kampfbedingungen auswerten. Wir, die Arbeiter, Genossenschafts bauern und Angehörige der Intelli genz sind bereit, sie hierbei nach besten Kräften und Wissen zu unter stützen. Fachärztliches Gutachten entscheidet Stimme und Sprache müssen den Anforderungen des Lehrerberufes entsprechen In letzter Zeit erregte es einiges Aufsehen, daß meh reren Lehrerstudenten zum Fachrichtungswechsel oder zur Aufgabe des Studiums geraten wurde, weil sie in Bezug auf Stimme oder Sprache den An forderungen des Lehrer berufes nicht genügten. Einige ihrer Kommilitonen vertraten aus Unkenntnis der Sachlage die Meinung, daß es eine un billige Härte sei. wenn die be treffenden Studenten „nur vzegen der Sprecherziehung“ gehen müßten, obwohl sie „sonst ganz gut seien“. Des halb sind einige Klarstellun gen notwendig. Kein fachliches, sondern ein medizinisches Problem Es handelt sich in den be treffenden Fällen nicht um mangelhafte Leistungen auf einem Fachgebiet, die durch intensive Förderung gebessert oder durch gute Leistungen auf anderen Fachgebieten ausge glichen werden können, son dern um pathologische Er scheinungen (z. B. Kehlkopf- erkrankungen oder schwer wiegende Sprachfehler — Stot tern). die die Ausübung des Lehrerberufes unmöglich machen. Ausschlaggebend wa ren die eingeholten fachärzt lichen Gutachten. Ein Berufs wechsel aus Gründen der Stimme oder Sprache stellt deshalb eine ähnliche unver meidbare Härte dar, wie ein vom Arzt ausgesprochenes Sportverbot für Spizensport- ler, Trainer, Sportlehrer usw. Dabei halten wir eine mög- lichst frühzeitige Entscheidung für weniger hart als ein Ver sagen, im Beruf nach beende tem Studium. Um zu vermeiden, daß Stimm- und Sprachstörungen erst während der obligatori schen Lehrveranstaltungen im Fach Sprecherziehung (5. Se mester) erkannt und behandelt werden können oder gar so spät erst zum Berufswechsel geraten werden muß, wurden von uns folgende Maßnahmen ergriffen: 1. Alle Bewerber für das Lehrerstudium haben vor der Immatrikulation eine Beschei nigung über die stimmliche Eignung für den Lehrerberuf vorzulegen. 2. In Zweifelsfällen werden die Studierenden umgehend zu einer stimmlich-sprachlichen Überprüfung bestellt, die für alle übrigen neuimmatriku lierten Lehrerstudenten im Laufe des 1. Semesters durch geführt wird. 3. Wurden in den Attesten oder unter 2. genannten Über prüfungen stimmliche oder sprachliche Auffälligkeiten festgestellt, so werden die be treffenden Studierenden je nach Befund zwecks genauer Diagnose entweder zu einer Kontrolluntersuchung bestellt, an die HNO-Klinik oder an das Ambulatorium für Stimm- und Sprachgestörte über wiesen. 4. Der Diagnose entsprechend werden die erforderlichen Be handlungsmaßnahmen einge leitet, z. B. medikamentöse oder operative Behandlungen durch Fachärzte für HNO. Übungstherapie im Ambulato rium für Stimm- und Sprach gestörte oder im Lektorat Sprecherziehung. Zum Berufs- wechsel wird nur dann ge raten, wenn die Störungen so schwerwiegend sind, daß auch durch entsprechende Behand lungen die Stimme oder die Sprache nicht so weit normali siert werden kann, um den Anforderungen des Lehrer berufes zu genügen. (Das sind erfreulicherweise wenige Aus nahmefälle.) Nur in Ausnahmefällen Berufswechsel Im Herbstsemester 1965/66 wurden insgesamt 276 Studen ten stimmlich überprüft, davon wurden 92 zu fachärztlichen Untersuchungen bzw. Behand lungen überwiesen und 177 zu Kontrolluntersuchungen im Lektorat Sprecherziehung be stellt oder vorgemerkt. In nur fünf Fällen wurde zum Berufs wechsel geraten. Trotz aller Bemühungen wird es sich nicht völlig ver meiden lassen, daß in Einzel fällen Stimmstörungen erst in späteren Semestern auftreten (z. B. nach Infektionskrank ¬ heiten, verschleppten Katarr hen usw.) oder frühere Sprach- Störungen nach besonderen nervlichen oder psychischen Belastungen rezidivieren. Wir beraten deshalb auch Studie rende höherer Semester bei stimmlichen oder sprachlichen Schwierigkeiten und sind ebenso den wissenschaftlichen Mitarbeitern anderer Fachrich- tungen (besonders den Fach- methodikern) für diesbezüg liche Hinweise dankbar. Dr. phil. Schubert, Institut für Pädagogik Lektorat Spre lerziehung 3 • 5 niiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiN I Nur ein ver- I unglückter | Wahl- | schluger I oder mehr? Beiträge zum Thema i „Der Weg zum künftigen | Vaterland der Deutschen" lllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllUIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIH Am 20. Oktober des Jahres 1956 wurde in der Berliner Wohnung des NDPD - Volkskammerabgeordneten und Mitglieds des Nationalrates der Nationalen Front des demokratische । Deutschland, Vincenz Müller, eine drei Stunden dauernde, sehr inter essante Unterhaltung geführt. Der Gesprächspartner Vincens Müllers war niemand anderes als ein Mit glied der Adenauer-Regierung, der damalige Bundesfinanzminister Dr. Fritz Schäffer (CSU), der um eine solche inoffizielle, persönliche Aus sprache ersucht hatte. Die Gedanken, die er hier darlegte, waren durchaus akzeptabel und der Diskussion wert: Man müsse beider seitig nach einem Weg zur Wieder vereinigung ohne Gewaltanwendung suchen. Deutschland müsse aus den beiden Machtblöcken ausscheiden, seine Streitkräfte begrenzen, auf Atomwaffen verzichten und die Atomenergie ausschließlich für fried liche Zwecke zu nutzen. Für den Weg zur Wiedervereini gung Deutschlands habe er das föde ralistische Prinzip und als bestes Beispiel die Benelux-Staaten im Auge. Sie kümmern sich innenpoli tisch nicht umeinander, aber wirt schaftlich arbeiten sie zusammen. Er schlug vor. ein Wiedervereinigungs programm vorzubereiten, in dem Fragen der wirtschaftlichen Zu sammenarbeit. des Personenverkehrs und des Kulturaustausches fixiert werden sollten. Dr. Schäffer ver sicherte. daß er mit seinem Besuch die Möglichkeiten für einen Fort schritt in der Wiedervereinigungs- frage sondieren wolle und daß in Bonn Minister und Parteifreunde ebenso denken wie er. Hoffnungen auf eine gesamtdeutsche Politik? Was bedeutete dieser Besuch? Wie sollte man das von Bundesminister Schäffer Gesagte werten? Deutete sich hier etwa eine Wen dung zum Besseren in der Deutsch landpolitik der CDU/CSU und der Bonner Regierung an? Hatte etwa in Bonn der Gedanke Platz gegriffen, den anmaßenden und irrealen Alleinvertretungsanspruch im Interesse der Verständigung zwi schen den beiden deutschen Staaten, im Interesse ihrer Annäherung. Zu sammenarbeit und schließlichen Wiedervereinigung aufzugeben ? Sollte sich etwa die Einsicht durch gesetzt haben, daß nicht nur die DDR. sondern nunmehr auch die Bundesrepublik durch Verzicht auf ihre aggressive, revanchistische Rü- stungs- und vor allem Atomrüstungs politik einen Beitrag zum europäi schen und zum Weltfrieden leisten müsse? Das wäre die Konsequenz gewesen und hätte in vollem Maße den seit 1949 bis dahin unterbreiteten 87 DDR- Vorschlägen zur Annäherung, Ver ständigung und Wiedervereinigung beider deutscher Staaten entsprochen. Aber nichts in der offiziellen und praktischen Politik Bonns deutete darauf hin. daß eine solche Annahme berechtigt gewesen wäre. Im Gegen teil. Der am 16. Oktober 1956 um gebildeten Adenauer-Regierung be scheinigt der sozialdemokratischie „Vorwärts“ vom 26. Oktober, daß keinerlei Anzeichen für drin gend notwendige Bemühungen um neue und realistische Verhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands . . . zu erkennen sind.“ Der Lon ¬ doner „The Economist“ vom 20. Ok tober stellt fest: „Tatsächlich ist das Kabinett noch weiter nach rechts ge rückt.“ Und in der Hamburger „Die Welt“ vom 17. Oktober erscheint „als einziges Politikum von Bedeutung“, daß der „neue Kurs in der Wehr politik . . künftig . . . durch einen neuen Mann gesteuert“ wird. Dieser Mann aber war niemand anderes als Franz Joseph Strauß, einer der kor ruptesten. moralisch verkommensten und rücksichtslosesten Aufrüstungs- und Atomkriegspolitiker im Bonner Staat. Warnend stellte deshalo das „Neue Deutschland“ vom 17. Oktober fest, daß die Bevölkerung von dieser Re gierung nichts Gutes zu erwarten habe, sondern die Neubildung des Kabinetts . . . der neuen Etappe der Remilitarisierungspolitik der deutschen Imperialisten (entspräche), nämlich mit der Atomrüstung zur Vorherrschaft in Westeuropa zu ge langen.“ Adenauer selbst bestätigte am 16. Oktober trocken, daß sich an der bisherigen Politik nichts ändern wird. Bald sollte die Probe aufs Exempel zeigen, daß sich in der Bonner Poli tik tatsächlich nichts geändert hatte. Am 2. November entwickelte Mini sterpräsident Otto Grotewohl in einer Rede vor der Volkskammer Grund züge eines Programms der Wieder vereinigung. die dem Wesen nach durchaus mit den von Schäffer dar gelegten Auffassungen übereinstimm ten. Prompt — schon einen Tag spä ter — kam die Antwort aus Bonn; nicht offiziell, nicht schriftlich, nicht an die Adresse des anderen deut schen Staates, sondern über einen amerikanischen Sender. Der damalige Minister für sogenannte „Gesamt deutsche Fragen“, Jacob Kaiser, lehnte in einer Rias-Sendung am 3. November den (nach einer chrono logischen Dokumentation des Aus schusses für Deutsche Einheit) nun mehr 87. DDR-Vorschlag seit 1949 brüsk ab und betonte erneut die aggressive Allein vertretungsanma- Cung des Bonner Staates. Eines Rätsels einfache Lösung Was war denn angesichts dieser Tatsachen dann der Zweck des Son dierungsgesprächs eines Bonner Mi nisters mit einem prominenten Ver treter der Deutschen Demokratischen Republik? Bei näherem Hinsehen war dieses Rätsel relativ einfach zu lösen. Der Londoner „The Economist“ vom 20. Oktober hatte im Zusammen hang mit der Feststellung, daß das Bonner Kabinett weiter nach rechts gerückt ist. geschrieben, dies sei keine Entwicklung, die geeignet erscheinen kann, auf die Wähler im nächsten Jahr eine Anziehungskraft auszuüben.“ Damit hatte diese eng lische Zeitung auf den wunden Punkt in der CDU/CSU-Politik hingewiesen. Angesichts der 1956 immer stärker in Erscheinung tretenden Verände rung des internationalen Kräftever hältnisses, der Unfruchtbarkeit des bisherigen Adenauerkurses und der Verschärfung desselben, forderten breite Schichten der westdeutschen Bevölkerung eine Wende in der Bon ner Politik. Sie wandten sich, wie es zum Beispiel auch in einer Stel lungnahme des 4. DGB-Kongresses (1. bis 6. Oktober) zum Ausdruck kam, gegen eine Politik des Wettrüstens, der atomaren Bewaffnung der Bun deswehr und des Krieges. Sie forder ten Verzicht auf die aggressive Re vanchepolitik. sie verlangten die Her stellung friedlicher- Beziehungen mit der Sowjetunion und anderen sozia- listischen Ländern sowie eine Initia tive in der Wiedervereinigungsfrage. Die FDP und die SPD, damals durch ihre Parteispitzen noch nicht bedin gungslos auf den CDU/CSU-Kurs festgelegt, wurden in ihren Erklärun gen. Verlautbarungen. Reden und Losungen im Hinbilck auf die Bun destagswahl 1957 der Stimmung und den Forderungen der westdeutschen Bevölkerung scheinbar gerecht. Aber eben nur scheinbar, denn an einer wirklichen Wende zu einer wahrhaft nationalen und Friedenspolitik, an der Herausbildung einer wirklichen Alternative zum Adenauerkurs. hin derte sie — schon damals — ihr Fest halten am aggressiven und illusio nären Alleinvertretungsanspruch des Bonner Staates. Die CDU/CSU dagegen befand sich in einer schwierigen Lage. Sie hatte sich von den Massen weitgehend iso liert und die Richtung ihrer Politik für die neue Etappe in der Entwick lung der nationalen und internatio nalen Lage mußte sie weiter iso lieren. Woher nehmen und nicht stehlen, was geeignet wäre, die Wählermassen dennoch hinter ihren Fahnen zu sammeln? Heureka! Da gab es doch sogar in ihren eigenen Reihen, besonders im bayrischen Raum, einige Politiker, die sich im privaten Kreis ganz un verbindlich darüber unterhielten, ob man es nicht — angesichts der Lage, die eine rasche Wiederherstellung der deutschen Einheit ausschloß — mit dem föderalistischen Veg zur Ein heit. mit einem Staatenbund ver suchen sollte. Einiges davon war be reits in die Öffentlichkeit gedrungen und hatte dort einen positiven Wider- (Fortsetzung auf Seite 4) 161
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