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Hochschulspiegel
- Bandzählung
- 1966
- Erscheinungsdatum
- 1966
- Sprache
- Deutsch
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- A 812
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- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Chemnitz
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770833978-196600009
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- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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Zeitschrift
Hochschulspiegel
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Band 1966
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Probleme der 2. Etappe des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung Was heißt Sparsamkeit? Aus der bis in die ersten Jahre nach dem 2. Weltkrieg reichenden Geschichte ist uns der Begriff der „Sparsamkeit“ als Synonym für Hunger, Kälte und Ernäh rung hinreichend bekannt. Die un geschminkte Wirklichkeit des täglichen Lebens war Ursache der weitverbreiteten empirischen Er kenntnis, daß Sparsamkeit nichts anderes als Einschränkung oder Verzicht in der individuellen Konsumtion aus gegebener Not lage heraus bedeutet. Oft trifft man deshalb auf Bei spiele der völlig sinnentstellten Anwendung des Sparsamkeits begriffes auf unsere sozialistischen Verhältnisse, indem darunter der globale Aufruf zum Sparen im persönlichen Verbrauch verstan den wird. In der Deutschen De mokratischen Republik wären z. B. Maßhalteappelle, wie sie von Kanzler Erhard in Westdeutsch land im Interesse der Monopole erlassen werden, überhaupt nicht denkbar. Ein solcher Appell würde in diametralem Gegensatz zum ökonomischen Grundgesetz des Sozialismus stehen, nämlich dem „Ziel der immer besseren Be friedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse der Werk- tätigen...“ 1 ). Einziger Maßstab für den Anteil des einzelnen am Reichtum der sozialistischen Ge sellschaft ist seine Leistung bei der Schaffung dieses Reichtums. Die Anwendung des Sparsam keitsbegriffs gehört also nicht in den Bereich der individuellen, sondern der produktiven Konsum tion. Er bezeichnet dort den spar samen Verbrauch der Elemente des Produktionsprozesses — der leben digen und vergegenständlichten Arbeit. Da sich beide Formen der Arbeit auf Zeit reduzieren las sen, geht es also letztlich um Ein sparung der Zeit. Das ist auch der Inhalt des oft zitierten und leider nicht immer verstandenen Gesetzes der Ökono- •- - r. -- T-.1 wr,.-, ,, 1AE uci —El; Hdd AukA —‘4cL A V•- nunmehr über 100 Jahren formu lierte: „Je weniger Zeit die Ge sellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. zu produzieren, desto weniger Zeit gewinnt sie zu anderer Pro duktion, materieller oder geisti ger ... Ebenso muß die Gesell schaft ihre Zeit zweckmäßig ein teilen. um eine ihren Geamtbe- dürfnissen gemäße Produktion zu erzielen... Die wirkliche Öko nomie — Ersparung — besteht in Ersparung von Arbeitszeit (Mini mum — und Reduktion zum Mini mum — der Produktionskosten); diese Ersparung aber identisch mit der Entwicklung der Produk tivkraft.“ 2 ) W. I. Lenin verweist in prakti ¬ scher Verwirklichung dieses Ge setzes an mehreren Stellen sei ner Beiträge zur sozialistischen Wirtschaftsführung, die die theo retische Grundlage für unser neues ökonomisches System bil den, auf die Notwendigkeit eines strengen Sparsamkeitsregimes. Die Werktätigen müssen „ ... durch größte Sparsamkeit jede Spur jedweden überflüssigen Aufwandes aus ihrer Gesell schaftsordnung ausmerzen“ 3 ) und erkennen, daß ... „das Fehlen einer Rechnungsführung und Kon trolle in der Produktion und Ver teilung der Produkte die Keime des Sozialismus vernichtet. Dieb stahl am Staatseigentum ist..."‘) „Für die wirtschaftliche Arbeit bedarf es — mag das auch kein ’ ganz zutreffendes . Wort sein — einer gewissen ,Knauserei 1 .“ 5 ) Eine zweite Wurzel des Verken nens des richtigen Inhalts des Sparsamkeitsbegriffes ist darin zu suchen, daß Allgemeines und Besonderes bestimmter Erschei nungen nicht verstanden werden. Aus der Tatsache, daß unsere Republik ein rohstoffarmes Land mit einer rückläufigen Arbeits kräfteentwicklung ist, wird häu fig das Sparsamkeitsregime als ausschließlich territoriale Gege benheit abgeleitet. Dem wider spricht nicht nur die eingangs ge zeigte theoretische Abhandlung aus dem Gesetz der Ökonomie der Zeit, sondern auch die Praxis. Die Wirtschaft der Bundesrepu blik zum Beispiel hat keine auch nur annähernd so große Schwie rigkeiten in der Rohstoff- und Ar beitskräftesituation wie wir — und doch weist die Betriebswirt schaft ein strenges Sparsamkeits regime auf, das seinesgleichen sucht. Die staatsmonopolistischen Regulierungsmaßnahmen sind un ter anderem auf das gleiche Ziel im Rahmen der ganzen Volkswirt schaft gerichtet. Das Motiv all dieser Maßnahmen ist der Ver such, die durch die gewaltige Ent- wicklung der Produktivkräfte historisch herangereifte Verge sellschaftung der Produktionsmit tel hinauszuzögern. Gleichzeitig werden die letzten Reserven der kapitalistischen Produktionsver hältnisse mobilisiert, um über eine möglichst hohe Effektivität der Wirtschaft, sprich: Sparsamkeit, im ökonomischen Wettbewerb mit dem aufsteigenden Sozialis mus temporär existieren zu kön nen. Das Ringen um Ökonomie der Zeit ist also ein echtes Kampf- feld der Auseinandersetzungen zwischen den beiden gesellschaft lichen Systemen der Welt und in Deutschland. Die genannten Be sonderheiten der Situation in der DDR unter besonderer Be rücksichtigung unserer äußerst ungünstigen Startbedingungen verschärfen natürlich die Dring lichkeit sparsamer Verwendung des gesellschaftlichen Arbeitszeit fonds — sind jedoch nicht deren Ursache. Was geht das nun einen künfti gen Diplomingenieur an? Hier über gab es in der Vergangenheit häufig keine klaren Vorstellun gen. Bei Erkenntnis der objekti ven Erfordernisse der Gegenwart, insbesondere unter den Bedin gungen der wissenschaftlich-tech nischen Revolution, muß man je doch entgegnen, daß es ihn sehr viel angeht. Natürlich ist der Hauptaufgabenbereich des Di plom-Ingenieurs auf naturwissen schaftlich-technischem Gebiet zu suchen. Aber gerade hier ist doch das ureigene Feld der Ökonomie der Zeit; hier werden die Reser ven der Produktivkräfte erschlos sen. In der angewandten For schung und Technik zum Beispiel kommt es darauf an, hochwertige Maschinen und Anlagen zu kon struieren, deren Produktion dem Weltstand entsprechen. Worin drückt sich aber letztlich ihr Nutzen für die Gesellschaft aus? Auf keinen Fall in der tech nischen Perfektion an sich, son dern immer in dem dadurch mög lichen ökonomischen Nutzen, also der Einsparung an Zeit. „Die Pro duktivität der Maschine mißt sich an dem Grad, worin sie mensch liche Arbeitskraft ersetzt.“ 6 ) Ökonomie der Zeit ist aber nicht nur Kriterium der fertigen Ma schine, da „die Produkti-kraft der Arbeit nicht vermehrt wird, wenn die Produktion einer Maschine soviel Arbeit kostet, als ihre An wendung erspart.“ 7 ) Welchen Nutzen die Maschine für die Gesellschaft darstellt, hängt also nicht schlechthin von ihren technischen, sondern von ihren technisch.- ökennmischen Parametern ab. Nicht umsonst räumte Walter Ulbricht in seiner Rede auf dem 11. Plenum des ZK der SED dem Bereich der Forschung und Tech nik einen besonderen Platz ein: „Die nächste Phase der Durch führung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung auf diesem Gebiet muß deshalb von der Grundforderung aus gehen, im gesamten Bereich der Forschung und Technik das ökono mische Denken zu fördern und durchzusetzen.“ 8 ) Ein interessantes Beispiel dafür, welche Bedeutung den ökonomi schen Kenntnissen und Fähig keiten des Dipl.-Ingenieurs im internationalen Maßstab bei gemessen wird, geht aus einer Notiz des Essener „Industrie-An zeigers“ hervor. Ein westdeutscher Wirtschaftsexperte schreibt über das „Geheimnis“ der hohen Ren tabilität des Maschinenbaus der USA unter anderem: „Überall stößt man auf das aus geprägte Kostenbewußtsein und Marktbewußtsein der amerikani schen Ingenieure ... Es ist in den USA üblich, dem Konstruktions büro für eine bestimmte Konstruktion Maximalkosten vor zugeben. Genehmigung zum Bau eines Prototyps wird erst erteilt, wenn die Kostenvorausrechnung dem Marktpreis entspricht. Ist dies nicht der Fall, so geht der Entwurf an das Konstruktions büro unweigerlich zurück.“ Im weiteren wird dann die selbstverständliche Erkenntnis des amerikanischen Ingenieurs betont, daß man von ihm erwartet, „einen anständigen Gewinn zu erzielen“. 9 ) Auf die nüchternen Kategorien der Werttheorie reduziert, heißt das nichts anderes, als Verant wortung des Ingenieurs für die Senkung des Zeitaufwandes an lebendiger und vergegenständ lichter Arbeit — Ökonomie der Zeit — Sparsamkeit! Und das in den USA, die wahrlich über allen Verdacht einer rohstoff- oder ar- beitskräftebedingten Notlage er haben sind. Von diesen Über legungen sollte jeder künftige Diplom-Ingenieir, gleich welcher Fachrichtung, ausgehen, wenn er sich selbst Rechenschaft darüber ablegt, welche Voraussetzungen er für den von ihm gewählten Ein satzbetrieb besitzt. Es ist nicht so, daß nur der Ökonom angespro chen ist, wenn es um Kosten, Ge winn, Rentabilität, Nutzeffekt der Investitionen und Zuwachs an Nationaleinkommen geht! Natürlich liegt die Verantwor tung für die Ausbildung in erster Linie bei de Professoren, Assi stenten und Mitarbeitern der Hochschule. Von der Haltung der Lehrkräfte zu den ökonomischen Wissenschaften hängt es nicht un wesentlich ab, wie die Studenten deren Notwendigkeit erkennen, anerkennen und beachten. Erst die permanente Durchdrin gung der naturwissenschaftlich technischen Ausbildung mit öko nomischen Aspekten garantiert die systematische Erziehung der Studenten zum ökonomischen Denken und weckt ihr Bedürfnis, in den Fächern wie Politische Ökonomie, Organisation und Pla nung und andere, das erforder liche theoretische Grundwissen zu erlangen. Ein internationaler Ver gleich läßt erkennen, daß wir in dieser Hinsicht einiges aufholen müssen, um die gegebenen Mög lichkeiten unseres sozialistischen Bildungssystems effektiv auszu schöpfen. Schließlich muß das spezifische Gewicht ökonomischer Kennt nisse und Fähigkeiten der tech nischen Kader, wie es sich im internationalen Maßstab immer deutlicher abzeichnet, auch in den Prüfungsanforderungen an die Diplomanden Niederschlag finden. Gerade diese Möglichkeit wird m. E. sowohl bei der Abfassung der Diplomarbeiten als auch im Verlauf der Diplomkolloquien noch nicht konsequent genutzt. Es sei in diesem Zusammenhang- auf den anläßlich der 200-Jahr-Feier der Bergakademie Freiberg cha rakterisierten neuen Typ des Ab solventen unserer Hoch- und Fachschulen verwiesen: „Der neue Typ muß der DDR treu sein, über ein fundiertes theoretisches Grund- und Fachwissen mit prak tischen ingenieurmäßigen Erfah rungen und Fertigkeiten verfügen, ökonomisch denken gelernt haben und die sozialistische Planungs- und Organisationswissenschaft beherrschen.“ 10 ) Alfred Leonhardt, Institut für Marxismus - Leninismus, Abteilung Politische Ökonomie 1) Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Dietz Verlag, Berlin 1963, S. 323 2) Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökono mie (Rohentwurf). 1857—1858, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 69 und 599 3) W. I. Lenin, Werke, Bd. 33, S. 489' * * - m ca ss * •* - sa' • 4) Ebenda, Bd. 27, S. 245 5) Ebenda, Bd. 32, S. 151 6) Karl Marx: Das Kapital, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1959, S. 409 7) Ebenda 8) Walter Ulbricht: Probleme des Perspektivplanes bis 1970, Dietz Verlag, Berlin 1966, S. 32 9) „Industrie—Anzeiger“ Essen, Nr. 47 vom 12. Juni 1962: „Einzelmaschinenbau der USA trotz hoher Löhne wett bewerbsfähig“ 10) Walter Ulbricht: Probleme... S. 97 ßßllllhllHIIÜIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIÜIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIlllllllillllllllllllilllllllllHllllllllllllllI | Grenze | | sichern - E I unsere i | Pflicht I - Auch diesmal ist der Bonner Regie- = E rung nichts Besseres eingefallen: Wie = = immer, wenn sie sich einer geistigen E E Auseinandersetzung nicht gewachsen = E fühlte oder die Felle ihrer verfahre- E = nen Politik wegschwimmen sah. setzte = = sie alle Hebel in Bewegung, um mit E E billigen Taschenspielertricks den = = Lauf der Geschichte aufzuhalten. = Und es ist in den letzten Wochen E = und Monaten viel Unangenehmes für = = Bonn geschehen. Das 6-Punkte-Pro- E E gramm des Staatsratsvorsitzenden E = der DDR. Walter Ulbricht, zum = = Jahreswechsel 1965/66. der offene E = Brief des Zentralkomitees der SED g = an die Delegierten des Dortmunder E = Parteitages und an die Mitglieder und E E Freunde der SPD und vor allem der E E sich daraus entwickelnde Brief- = E wechsel zwischen SED und SPD = = wirkten schockierend für Bonn. E Als Walter Ulbricht dann noch an- E = läßlich des 12. Plenums des ZK der E E SED „wagte“. der Konzeptions- = E lcsigkeit der Bonner Politik das E = konstruktive Programm der Soziali- = E stischen Einheitspartei Deutschlands = = für den Weg zum zukünftigen Vater- g E land der Deutschen entgegenzusetzen, E = fiel das politische Klima im Bundes- E E dorf unter den Nullpunkt. = Um die Situation zeitweilig zu ret- g = ten und das offene Gespräch über die = g Lebensfragen der deutschen Nation g E zu sabotieren, werden nun unsinnige = E Forderungen erhoben, die für uns als E g Bürger der DDR undiskutabel sind, g g Hierzu gehört u. a. auch die Forde- = g rung nach einer Lockerung unserer g = Grenzsicherungsmaßnahmen. g Die Sicherung unserer Staatsgrenze E = nach Westdeutschland und West- E g berlin war bis zum 13. August 1961 E E sehr großzügig. Es war also eine der E g von Bonn heute für ein Ost-West- E = Gespräch geforderten Voraussetzun- E g gen jahrelang vorhanden. Was istaber = g mit den offenen Grenzen heraus- = g gekommen? Doch nur eine Gefähr- E g d üng des Friedens und eine Aus- = g Plünderung der DDR! g Unsere bis zu diesem Zeitpunkt E = gezeigte Großzügigkeit veranlaßte g E maßgebliche Kreise Westdeutschlands E g und Westberlins, durch organisierten E = Menschenhandel, durch Spionage und g g Sabotage sowie durch planmäßige = E wirtschaftliche Störtätigkeit eine Pe g = aus 4304. = = gegen die DDR „-reiten und E g unseren Staat Milliarden-Schaden = = zuzufügen. Die Regierung der Deut- E g sehen Demokratischen Republik er- E g füllte daher, nachdem ihre über 150 E = Verständigungsvorschläge in Bonn g E kein Gehör fanden mit der wirk- E = samen Sicherung der Staatsgrenze g g eine völkerrechtliche und staats- E = politische Pflicht. = Die friedensfeindliche Politik der = g Erhard-Regierung in Bonn hat sich = = in der Zwischenzeit noch verschärft, g g Da kann es kein Lockern unserer E = Grenzsicherungsmaßnahmen geben! g Dr.-Ing. G. Kaliske g Institut für Technologie der Plaste g Ein Deutsch land, hoch geachtet und geehrt Zu aktuell gebliebenen Worten August Bebels an derJahrhundertwende Am 19. November 1900 betrat der große deutsche Arbeiterführer und hervorragende Parlamentarier der Arbeiterklasse, August Bebel, die Rednertribüne des deutschen Reichs tages. Den in Deutschland herrschen den Monopolkapitalisten und Milita risten setzte er in scharfer Kontro verse das Programm der revolutio nären deutschen Arbeiter für die Gestaltung des zukünftigen Deutsch lands entgegen. „Wir wollen ein Staatswesen,, das auf der Höhe der Kultur steht, in dem auch dem letzten seiner Staats angehörigen die Möglichkeit gegeben wird, ein menschenwürdiges Dasein zu führen ... Wir wollen den Fort schritt auf allen Gebieten. Wir be kämpfen die Standes- und Klassen herrschaft.“ Mit diesen Worten umriß August Bebel das Ziel und die historische Notwendigkeit, ein wirklich men schenwürdiges, modernes, demokra tisches deutsches Staatswesen zu schaffen, in dem alle Glieder der Ge sellschaft, alle Angehörigen der Na tion. ein Leben in sozialer Sicherheit führen und sich aller Schätze der Kultur erfreuen können. Es war die reale Vision eines deutschen Vaterlandes, in der das wahre Hauptanliegen des ganzen Volkes, der Fortschritt zur sozialisti schen Nation, erfüllt war. Dieses Deutschland sollte nach den Vorstellungen August Bebels in der Weltpolitik einen sehr bedeutsamen Platz einnehmen. „Wir wollen“, so sagte er in die ser Reichstagsrede, „daß Deutschland ein Land werde, das in der Welt hochgeachtet und geehrt dasteht, als ein Muster für alle Staaten.“ Den Herrschenden rief er von der gleichen Stelle aus zu: „Das mit Ihnen zu machen ist unmöglich!“ Haben diese Worte in den letzten 66 Jahren auch nur das Geringste ihrer Aktualität eingebüßt? Die Grundfrage: Wie soll das zukünftige Deutschland aussehen? Seit der Jahrhundertwende bis zum heutigen Tag ist die Frage ak tuell, wie sie unsere Partei im offe nen Brief an die Delegierten des Dortmunder Parteitages und alle Mitglieder und Freunde der Sozial demokratie in Westdeutschland for muliert hat: „Wie soll das einige Deutschland aussehen, das Du er strebst ?“ August Bebel hat auf diese Frage bereits im November 1900 die richtige Antwort gegeben. Stünde es den Mitgliedern und Freunden der Sozialdemokratie in Westdeutschland nicht gut zu Ge sicht, in lebendiger Rückbesinnung auf ihre revolutionären Traditionen, diese Antwort Bebels genau zu durchdenken und zur Grundlage ihres Handelns zu machen ? Es wäre doch ohne Zweifel für die friedliche Entwicklung in Deutschland, für die Annäherung beider deutscher Staaten, von gro ßem Nutzen, würden sie in der Deutschen Demokratischen Republik jenes deutsches Staatswesen erken nen, in dem nach den Worten Be bels, auch dem „letzten seiner Staatsangehörigen die Möglichkeit gegeben wird, ein menschenwürdiges Dasein zu führen“, jenes Staatswe sen, das „auf der Höhe der Kultur“ steht und in dem der „Fortschritt auf allen Gebieten“ freie Bahn hat. Es wäre für den Frieden in Europa und angesichts der Gefahr für den Bestand der deutschen Nation selbst, die von der Politik der herrschenden Kräfte Westdeutschlands hervorge rufen wird, zweifellos viel besser, erinnerten sich die westdeutschen Sozialdemokraten der Bebelschen Maxime von einem Deutschland, „das in der Welt hochgeachet und geehrt dasteht“. Das Bebelsche Deutschland wäre auf alle Fälle ein Deutschland, von dessen Boden kein Krieg ausgeht. Ist es für einen ehrlichen Dialog zwischen den beiden größten deut schen Parteien und ihr Zusammen wirken zur Lösung der Lebensfragen der Nation nicht notwendig, daß die Sozialdemokraten mit August Bebel den westdeutschen Imperialisten und Militaristen und ihrer CDU/CSU zu rufen : „Das mit Ihnen zu machen ist unmöglich!“ Die von wirklicher Sorge um das Schicksal der Nation getragenen Worte August Bebels, dieser Aus- druck wohlverstandener nationaler Würde, dieses glühende Bekenntnis zur Nation, stehen in der Geschichte der revolutionären deutschen Arbei terbewegung nicht vereinzelt. Wer trat immer für die ganze Nation ein? Stets und ständig, besonders an geschichtlichen Wendepunkten, be sonders in Zeiten tiefster Not und Schmach, besonders in Zeiten her aufziehender. Gefahr für unser Volk, standen die besten Vertreter aus den Reihen der revolutionären Arbeiter bewegung in Wort und Tat für die objektiven Interessen der gesamten Nation ein, und viele von ihnen ga ben dafür ihr Leben hin. Stellvertretend für viele sei hier aus der bewegenden Antwort Ernst Thälmanns auf Briefe eines Kerker genossen (1944) zitiert: „Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Na tion, eine ritterliche, stolze und harte Nation ... Mein Leben und Wirken kannte und kennt nur eines: Für das schaffende deutsche Volk meinen Geist und mein Wissen, meine Er fahrungen und meine Tatkraft, ja mein Ganzes, die Persönlichkeit zum Besten der deutschen Zukunft, für den siegreichen sozialistischen Frei heitskampf im neuen Völkerfrühling der deutschen Nation einzuset zen ...“ Zwei grundlegende Seiten der nationalen Frage in Deutschland Die Frage nach den Kräften, die einer friedlichen und demokratischen Entwicklung der Nation im Wege stehen, die den gesellschaftlichen Fortschritt verhindern, ja, die den Bestand der Nation überhaupt ge fährden und deshalb überwunden werden müssen, ist eine der grunu- legenden Seite der nationalen Frage. Eine andere grundlegende Seite besteht in der Frage nach den Kräf ten, die objektiv dazu in der Lage sind, die Nation auf dem Wege des gesellschaftlichen Fortschritts, auf dem Wege einer friedlichen Ent wicklung, bei der Schaffung einer wirklich demokratischen und men- schenwürdigen Gesellschafts- und Staatsordnung zu führen. Die deutsche Geschichte der letz ter. sechseinhalb Jahrzehnte hat den unwiderlegbaren Beweis erbracnt, daß diese Kraft nur die Arbeiter klasse im Bunde mit allen demo kratischen Kräften sein kann. Im Osten Deutschlands hat sie im Bündnis mit den Bauern, mit der Intelligenz, mit den bürgerlichen Mittelschichten, mit allen friedlie benden und patriotischen Kräften der Bevölkerung, die Herrschaft des Imperialismus und Militarismus für immer beseitigt und in Gestalt der Deutschen Demokratischen Republik das Vorbild und die Grundlage für das zukünftige einheitliche, friedlie bende, wirklich demokratische, also wirklich menschenwürdige Deutsch- land geschaffen, ein Deutschland, das im Bebelschen Sinne in der Welt hochgeachtet und geehrt dastehen könnte. Das Programm für die Schaffung einer solchen Staats- und Gesell schaftsordnung. das einzige Pro gramm einer deutschen Partei, das wirklich auf die Lösung der grund legenden Lebensfragen der Nation in der Gegenwart orientiert, liegt uns heute in präzisierter Form in der Festansprache Walter Ulbrichts zum 20 Jahrestag der Sozialistischen Ein heitspartei Deutschlands „Der Weg zum künftigen Vaterland der Deut schen“ vor. Dipl.-Hist. Alfred Hupfer, Institut für Marxismus-Leninismus
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