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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, 27. Januar 1962, 19.30 Uhr Sonntag, 28. Januar 1962, 19.30 Uhr 6. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Siegfried Geißler Solist: Prof. György Garay, Budapest JOHANN SEBASTIAN BACH Konzert für Violine und Orchester E-Dur, BWV 1042 Allegro Adagio Allegro assai MAX BRUCH Konzert für Violine und Orchester 1838-1920 g-Moll, op. 26 Allegro moderato Adagio Allegro energico PAUSE ROBERT SCHUMANN 1810-1856 3. Sinfonie Es-Dur, op. 97 (Rheinische) Lebhaft Scherzo, sehr mäßig Nicht schnell Feierlich Lebhaft ZUR EINFÜHRUNG Johann Sebastian Bachs biographische Geographie ist dem Kundigen bekannt: In Eisenach wurde er als Sohn eines Stadtpfeifers 1685 geboren, in Ohrdruf nahm ein älterer Bruder den frühverwaisten jüngeren Bruder auf, in der Lateinschule in Lüneburg holte er sich seine Schulbildung. Dann wurde er kurze Zeit Geiger in Weimar, wurde Organist in Arnstadt und Mühlhausen, kam dann wieder nach Weimar als Hoforganist, Geiger und Cembalist. Als fürstlicher Hofkapellmeister in Köthen schuf er im wesentlichen seine Kammermusikwerke, und in Leipzig als Thomaskantor verlebte er 27 Jahre in reicher Schaffenstätigkeit bis zu seinem Tode 1750. Antonio Vivaldi und dessen Violinkonzerte haben Bach am meisten beein druckt (beim zweiten Weimarer und Köthener Aufenthalt). Zehn Violinkonzerte von Vivaldi hat Bach bearbeitet. Die meisten davon sind Klavierkonzerte ge worden, drei sind in der Originalfassung für Violine und Orchester (das a-Moll, das E-Dur, das d-Moll für 2 Violinen) erhalten. Das herrlich-festliche Konzert für Violine und Streichorchester in E-Dur ist, obwohl es uns nicht ausdrücklich überliefert wurde, vermutlich in der kammer musikalischen Epoche in Köthen entstanden. Bewundernswert bleibt immer wieder die motivische Arbeit des ersten Satzes. Der beginnende Tuttisatz enthält das ganze motivische Material des Sologedankcns: Wenn die Solovioline mit dem strahlenden E-Dur-Dreiklang einsetzt, „begleitet“ das Orchester mit dem zweiten Teil des Motivs und bleibt weiterhin in steter kontrapunktischer Verkettung mit dem Soloinstrument. Ein Mittelteil in der Paralleltonart cis-Moll bildet den lyrischen Gegenpart und leitet mit einem kurzen, kadenzartigen Ritardando zur Wiederholung des Hauptmotivs. In beschwingender Festlichkeit läuft der erste Satz zu Ende. Der zweite Satz bringt alle freien Umbildungen in einer Art Cha conne (Variationen über einen immer wiederkehrenden kurzen Baß), wie sie eben nur Meister Sebastian kann. Das Baßthema wandelt nicht nur frei durch alle an gängigen Tonarten, sondern es wird auch taktweise zerlegt und ausgesponnen. Oft schweigt es ganz, um dann erneut zu überzeugen, daß in ihm trotz alledem der Schwerpunkt des ganzen Satzes beruht. Ein 3 /s-Allegro, in dem ein Tuttithema mit variierenden Solopartien rondomäßig abwechselt, beschließt das prächtige Violin konzert. Max Bruch (1838-1920) schrieb sein erstes V iolinkonzert in g-Moll, op. 26, im Jahre 1866. Es ist dem großen Violinspieler dieser Epoche, Joseph Joachim, in Freund schaft zugeeignet. Über Joachim hinweg knüpfte Bruch freundschaftliche Beziehun gen zu Brahms an. Mit diesen Zeitgenossen ist auch zugleich der Umkreis seines