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Rolf Liebermann gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten der zeitgenös sischen Musik: 1910 in Basel geboren, studierte er zuerst die Rechte und dann erst Komposition bei Hermann Scherchen und Wladimir Vogel. Einige Jahre wirkte Rolf Liebermann als Leiter der Orchesterabteilung am Studio Zürich und wurde vor etwa zwei Jahren nach Hamburg als Intendant der dortigen Staatsoper verpflichtet. Als Komponist wurde Liebermann vor allem durch seine Opern „Leonore", „Penelope" und „Schule der Frauen" bekannt, letztere wurde auch in der DDR mit großem Erfolg aufgeführt. Das „Furioso" für Orchester wurde 1947 veröffentlicht und in der Technik der Reihenkompositionen, also zwölftönig, geschrieben, ist aber alles andere als theoretisch-spekulativ, auch nicht abstrakt erdacht, sondern ein Stück blutvoller Musik, vital, dramatisch geladen, impulsiv und mit viel Sinn für Wirkung. Und das ist bezeichnend für Liebermann, der sich in seinen Opern bemüht, wirkliche Probleme unserer Zeit auf die Bühne zu stellen und den von Ästheten gepriesenen Elfenbeinturm zu negieren. Es zeigt sich wieder einmal, daß es letzten Endes un wesentlich ist, in welcher Technik eine Musik komponiert wird, wenn sie nur gut ist, künstlerisch und handwerklich gekonnt, menschlich und stark in der Aussage. Das ist bei Liebermann der Fall: der Orchesterklang ist farbig, Anklänge des Pathetischen (im guten Sinne!) fehlen nicht, und Liebermann weiß, wie stark Kontraste auf den Zuhörer wirken. Die Form ist dreiteilig und erinnert in dieser Dreiteiligkeit an die italienische Ouvertüre. Ein Allegro vivace eröffnet das Stück, wird abgelöst durch ein vom Gesang geprägtes Andante als Mittelsatz, und schließlich folgt die Wiederholung des Allegro-Teiles, der auf Elemente des Andante-Materials zurückgreift, beide Themen miteinander „addiert und durchführt." Heinz Bongartz hat sich als künstlerischer Leiter der Dresdner Philharmonie seit Jahren einen geachteten Namen erworben, nicht nur innerhalb der Deutschen Demokratischen Republik, sondern auch in Westdeutschland und vielen euro päischen Ländern, über seiner Arbeit als Orchestererzieher hat man oft den Komponisten Heinz Bongartz vergessen, und in seiner großen Bescheidenheit hat Heinz Bongartz auch nie seine Werke in den Vordergrund gestellt, wie sie das verdienen. Heinz Bongartz, geboren 1894 in Krefeld, studierte in Krefeld und Köln, wo be deutende Persönlichkeiten seine Lehrer waren: Fritz Steinbach (Dirigieren), Otto Neitzel (Komposition) und Elly Ney (Klavier). Von seinen kompositorischen Werken wurden bekannt ein Streichquartett op. 16 aus dem Jahre 1930, zwei Suiten für Orchester aus den Jahren 1940 und 1949, die oft aufgeführten Mozart- Variationen für Orchester sowie die ebenfalls oft aufgeführten Gesänge für Sopran und Orchester „Japanischer Frühling", die im Jahre 1942 komponiert wurden. Nach stimmungsvollen Übersetzungen aus dem japanischen fügte Heinz Bon gartz einen in sich geschlossenen Zyklus zusammen, der die spärliche Literatur für Gesang mit Orchesterbegleitung um ein wirkungsvolles und dankbares Werk bereichert. An diesem Werk besticht vor allem der wunderbare Ausgleich zwischen Melodik, Harmonik, Rhythmik und Form,wozu noch die außerordentliche leuchtend farbige Instrumentierung hinzukommt, die in jedem Takt die erfahrene Hand des langjährigen Orchesterleiters verrät. Das Konzert für Trompete und Orchester von Siegfried Kurz gehört zu den erfolg reichsten und meistaufgeführten Werken des jungen Dresdner Komponisten. Als opus 23 entstand es im Jahre 1953. In dem Konzert besticht der klangliche Ausgleich zwischen dem Soloinstrument und der Begleitung des Streichorchesters. Beides ergänzt sich sinnvoll und or ganisch. Durch die verhaltenen Farben des Streicherklanges kann sich der helle Glanz der Trompete so recht entfalten. Das rhythmisch markante Hauptthema des ersten Satzes bestimmt den tänzerisch geprägten Charakter des Konzertes und ist überdies von so starken Bewegungsimpulsen erfüllt, daß davon der erste Satz schwungvoll angetrieben wird. Auch die notwendigen Kontraste sind vorhanden: Weiche, weit ausschwingende Kantilenen der Solotrompete, gestützt von farbigen Streicherakkorden. Der zweite Satz bekennt sich zu einer schönen, ausgeglichenen und gesunden Melodik, wie es die einfache dreiteilige Liedform der Satzanlage verlangt, während im abschließenden Rondo alle Geister der guten Laune entfesselt werden und der Solist die erdenklichsten Möglichkeiten erhält, seine solistischen Fähig keiten zu beweisen. Ist es nicht seltsam: In der Jazzmusik spielt die Trompete als eines der beweg lichsten und klangvollsten Instrumente seit Jahrzehnten gleichbleibend eine bedeutsame Rolle, während es in der Konzert- und Kammermusik so benachteiligt wurde. Hier hat Siegfried Kurz eine spürbare Lücke geschlossen. Der Komponist wurde 1930 in Dresden geboren und studierte in seiner Vaterstadt Musik: zuerst Trompete, die er so glänzend beherrschte, daß er eine Zierde jedes großen Orchesters geworden wäre, außerdem Komposition bei Fidelio F. Finke und schließlich Dirigieren bei Professor Ernst Hintze, — ein beneidenswert vielseitiger Musikant, der zur Zeit als erfolgreicher Kapellmeister an der Staatsoper Dresden wirkt.