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Dresdner Journal : 16.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189010161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901016
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901016
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-10
- Tag 1890-10-16
-
Monat
1890-10
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 16.10.1890
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^SS41 1880 Donnerstag, den 16. Oktober, abends. tteruxvprett: t?ür Orsräen viettvIMHrliob 2 K. 50 ?s., Iwi <I«!v Kküvert. äeuttcbell ?o»trlv«t!»Iteo vivrtel- »Lbrticti 3 K, LU«»«?rl>Llt> Ne« Neukodeo kieickes tritt kost- uoä KtswpelruscdlLtr dinru OmLslv« kiumwern: 10 kk. LnltNo«lli,'u»x8x«dNi»re»r Vür äv» kaum sioor esspalteoen /eil« kleiner koNritt 2V kk. Unter „blioxekLnät" Nie iieile SO kk. Kei D»bvU«v- uoä 2itkvr»s»tr vntspr. ^usscblit^ Lrsekelueor kk^iick init ^uenntune <ier Sono - u. keierta^e itbevü». keroeprvoN-^osoklu»»: Ur. 1205. DreMerZoimml. Für die Gesamtlettung verantvorllichr ^ofrat Otto Banck, Professor der Litteratur« und Kunstgeschichte. LoveNw« rvu itvkNllcklxuvxen ausn2rt»i I.«rp,>^: F>. Branstetter, Lowwiskiooür «Iv» Dresäver lourvL!»; L»»d»rx Lerlia Visa l.«iprix Liuel Lr«»I»o k°r»nktart ». X.: //aarenrtein F 1'oAttr, L«rUn Vi«n-S»indnrx- kr»^ r«ixr>x -rr»rktnrl X. Xvuek»v: Ku,/. ^»n, I-onäon L«rlm krenkturt ». X. StaUx»rt: Daud« «t Co , r«rUn: /nratttiruciaul . Lr«,!»»: Lmit KaSa15,' 8»Ln«r«r: c. Kc?iiH«/er,' L»u« ». 5 : 9 Karct <s Co. Nereuexekerr Köoixl. Lixeäitrov Ne» vreeäner lourv»!». vresäen, ^» in^erstr. 20. kerusxrsctl-itoscNIa»»: l^r. 1285. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Gemeindevorstand Günther in Nieder- schlema das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Privat Expedienten Johann Friedrich Hunger in Chemnitz daS allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Bekanntmachung, die Eröffnung des Betriebes auf der Mubau- l nie Kamenz-Elstra betreffend. Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Königl. Finanz-Ministeriums vom 15. d. M., be treffend die Eröffnung des Betriebes auf der normal spurigen Secundärbahnlinie Kamenz-Elstra am 20. dieses Monats, wird hierdurch zur öffentlichen Kennt- niß gebracht, daß der Betrieb der genannten Bahn strecke nach den Borschriften der in Nr. 6 des Gesetz- ustd Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1878 bekannt gemachten Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung statt finden wird und für die Beförderung auf derselben die für die Sächsischen Staatseisenbahnen giltigcn Reg lements- und Specialbestimmungen, sowie die für die obenbezeichnete neue Linie veröffentlichten Tarife maß gebend sind. Die Tarife für die Personen- und Gepäckbeförde rung befinden sich auf den Verkehrsstellen ausgehängt Die der Frachtberechnung unterzulegenden Entfer nungen sind im Nachtrag IX zum Kilometerzciger für den Lokal-Güterverkehr enthalten; letzterer ist bei den Güterexpedilionen zu erlangen. Die Personenzüge werden nach Maßgabe der im Winterfahrplane enthaltenen Abtheilung .55 verkehren. Dresden, am 15. October 1890. Königliche Generaldircction der sächsischen Staatseisenbahnen. Hoffmann. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Berlin, 16. Oktober. (Tel. d. Tresdn. Jonrn.) Bei den vom Neichspostamt dieser Tage angestell- ten Bersuchen über die Verwendbarkeit unter seeischer Kabel von größerer Längenausdehnung zu Fernsprechzweckcn wurden auf dem 75 bm langen Nordseekabel zwischen Helgoland und <5urhivcn sehr günstige Resultate erzielt. ES wurde eine klare und deutliche Verständigung zwischen beiden Leiten erreicht. Lissabon, 16. Oktober. (Tel. d. Drcsdn.Journ.) Zn beiden Kammern wnrde gestern eine ministe rielle Erklärung über daS portugiesisch englische Übereinkommen und über finanzielle Ersparungen verlesen, welche von den Konservativen und Pro- gresfisten wohlwollend ausgenommen wurde. So dann wurde die Tagung geschlossen. Belgrad, 15. Oktober. (W. T. B.) Durch eine den Zeitungen zugegangenc amtliche Mit- teilung wird bestätigt, daß die Frage betreffs der Einfuhr von Schweinen nach Oesterreich Ungarn ihre endgiltige Erledigung gefunden habe. New Mork, l6. Oktober. (Tel. d. Tresdn. Journ.) DaS „Leland Hotel" in Syrakus (im Staate^ew-Vork) ist in vergangener Nacht nieder- Feuilleton. K. Hofthcater. — Neustadt. —Am 1-1. Oktober: „Natalie". Schauspiel in vier Akten von Iwan Turgenjew. Für die deutsche Bühne bearbeitet von E. Zabel. Das Schauspiel des russischen Dichters ist auch bei seinen wiederholten Aufführungen vom Publikum mit freundlicher Teilnahme bedacht worden und wird sich vermöge vieler interessanten Einzelzüge und namentlich um des fesselnden Charakterbildes der Heldin willen, für dessen Verdeutlichung Frl. Ulrich nnt ihrer großen Darstellungskraft überaus wirksam eintritt, noch einige Zeit im Spielplau der Hosbühne behaupten können. Das erheblichste Gebrechen des Stückes liegt in der unzureichenden Begründung der plötzlich aus- brechenden Liebesleidenschaft Natalie Petrownas: weder Jsslajews Schwächen noch Lorins Vorzüge treten uns so überzeugend entgegen, daß wir tie ehebrecherische Neigung Nataschas daraus zu begreifen vermochten, und weder ist des Ersteren Geistcsrichtung so nüch tern, so einengcnd für das natürlich warme Empfin den seiner Frau, noch giebt sich des Anderen Männ lichkcit so bezwingend und innerlich wertvoll, daß wir es ohne Zwang verständen, wie sich die erotische Flamme der Heldin fast bis zur Vernichtung ihrer weiblichen Tugend daran entzünden muß. Hier fehlt der psychologischen Entwickelung die stützende Basis, dem Charaktergemälde die korrekte kräftige Zeichnung, und alles feine und reiche Kolorit läßt diesen Mangel gebrannt. Man befürchtet, daß eine große An zahl Personen getötet und verletzt find. Der Schaden soll eine halbe Million Dollar- betragen. Dresden, 16. Oktober. Aus Frankreich. Frankreich ist das Land der politischen Skandale. Kaum hat sich der Lärm über die boulangistisHen Enthüllungen etwas gelegt, so taucht schon wieder eine neue Skandalaffaire in den Blättern auf, welche die öffentliche Aufmerksamkeit in hervorragender Weise auf sich lenkt und voraussichtlich auch noch ein Nach spiel in der demnächst wieder zusammentretenden Kammer haben wird. Diesmal ist es der Finanz minister Rouvier, den sich die Presse zum Gegenstände ihrer Angriffe gewählt hat und der von seinen anti republikanischen Gegnern nach französischer Art in der maßlosesten Weise geschmäht wird. Man wirst ihm vor, er habe seine amtliche Stellung zu Privatspeku lationen an der Börse mißbraucht, indem er die Kurse der Rente durch umfassende Ankäufe für die ihm unter stellten Sparkassen plötzlich zum Steigen gebracht und diese Konjunktur von dem mit der Verwaltung seines Vermögens betrauten Bankhausc in der ausgiebigsten Weise habe ausnutzen lassen. Der Urheber dieser Anklagen ist der Abg. Lau rent, derselbe, welcher die Wilsonaffaire in der Zei tung „Paris" „aufdeckte" und dadurch den ersten An stoß zum Rücktritt des Präsidenten Grevy gab. Bei seinem Angriffe auf den Finanzminister hat er sich aber nicht des „Paris", sondern einer eigens von ihm zu diesem Zwecke gegründeten neuen Zeitung, des „Jour", als Sprachrohr bedient, da der Verleger des erstgenannten Blattes die Aufnahme des Artikels ver weigerte. Hr. Rouvier hat vorläufig auf die An schuldigungen Laurents damit geantwortet, daß er durch das Amtsblatt erklären ließ, der Kans der Sparkassenpapiere, dessen er sich zu seinen Privat spekulationen bedient haben sollte, sei ganz in her kömmlicher und regelrechter Weise erfolgt. Zum Be weise hierfür wurde angeführt, daß die Rentenkäufe nach Maßgabe der in den Sparkassen aufgehäuften Kapitalien vorgenommen und ziemlich regelmäßig aus geführt worden seien, und daß der Rentenkurs seinen jetzigen Stand nicht infolge von Agiotage, sondern infolge eines allgemeinen, in Frankreich wie im Ans lande cingetretenen Steigens der Staatspapiere erlangt habe. Hr. Laurent trat dieser Widerlegung mit sder Behauptung entgegen, daß man in den Ankäufen die deutlichsten Spuren spekulativer Absichten entdecken könne; so seien z. B. im vergangenen März in den drei Tagen vor dem letzten tes Monats die zum An kauf der Rente verwendeten Summen riesig erhöht worden. Im Laufe des Monats März habe man im Durchschnitt täglich nur für IH Million Franken Rente angekaust, am 28., 29. und 61. Mürz diesen Betrag aber auf durchschnittlich Millionen erhöht, und hierdurch eine beträchtliche Hochbewegung an der Börse hervorgerufen. Von den Gegnern des Ministers wurden diese Anschuldigungen begreiflicherweise begierig aufgegriffen und noch weiter ansgesponnen. So beeilten sich die antirepublikanischcn Blätter daraus hinzuwcisen, daß die französische Rente in den 1<> Jahren von 1879 bis 1889 nur um 1 Franken, während der kurzen Zeit der Amtsführung Hrn. Rouviers dagegen um 14 Franken gestiegen sei und daß die Rentenkäufe für die Sparkassen zu keiner Zeit die Kurse so wirksam beeinflußt hätten wie in den letzten Monaten. Außerdem machten sie die Bemerkung, daß das Organ des Ministers mit keiner Silbe die Privatspekulationen desselben in Ab rede gestellt, vielmehr beiläufig bemerkt habe, daß ein Minister ebensogut an der Börse spekulieren dürfe, unverhüllt, den nur die Bühnendarstellung mit dem Eindruck einer starken Individualität teilweise verdecken kann. Leider ist dem Dichter von Hrn. Franz eine solche Hilfe nicht gekommen, dessen der Anlage nach verfehlte, wennschon in der Durchführung erfreulich konsequente Leistung gerade jene schwache Motivierung in ihrer vollen Lückenhaftigkeit hervorhob. Er verlieh der Figur des Hauslehrers in allen wichtigen Situa tionen eine äußerliche gedrückte Haltung, die er auch in den Momenten lebhafter innerer Erregung nicht aufgab, trotzdem Natalie mehrfach von dem kühnen Ausdruck seiner Persönlichkeit und Rede spricht, und nur die ihm „liegende" dankbare Gartenscenc entlockte dem Darsteller mehr Frische und jugendliches Feuer in Worten und Bewegungen Gewiß, Lorin ist ein mit den Umgangssormen des Salons wenig vertrauter Mensch, das machte uns Hr. Franz mit Geschick deut lich, aber er ist auch zugleich eine von der Beschrän kung ebenjener Lebensart unberührte Natur, die wohl den Kopf, doch nicht die Gedanken senkt und deren Aussprache verweichlicht, und diesen bestimmendsten Zug seines Wesens hat uns der Schauspieler vorenthalten In den Voraussetzungen ist daS Charakterbild Nataschas demnach anfechtbar, aber in der Ausführung ist es, wie wir bereits neulich zu schildern suchten, von fesselndem Reiz durch die poetische Intuition und lebenstreue Feinheit der Gestaltuna. Daneben hat Turgenjew dem Hausfreund Rakilin, dem getreuen Eckart Natalies, viel Sorgfalt zugewandt und ihm manche treffenden, wertvollen Bemerkungen anvcrtraut, überhaupt mit dieser Persönlichkeit die geistig anregendsten Gespräche ermöglicht. Michael Alexandrowitsch ist ans einem hoffnungslosen Anbeter wie jeder andere. So geht der Streit fortwährend hin und her und nimmt die öffentliche Aufmerksamkeit immer mehr in Anspruch. Irgend welche Beweise für seine Behauptungen hat Hr. Laurent natürlich nicht gebracht, er hat sich darauf beschränkt, zu sagen, ich habe die Beweise, aber ich werde sie vorläufig nicht ans Licht bringen; möge der Minister mich verklagen, dann wird die Richtigkeit meiner Anschuldigungen schon erwiesen werden Dieses Verfahren dem politischen Gegner gegenüber ist in Frankreich neuerdings so allgemein üblich geworden, daß die Beschuldigten in den meisten Fällen es lieber verschmähen, die Hilfe der Gerichte anzurufen; denn selbst im Falle einer Verurteilung verstehen eS die Gegner noch, hieraus für sich Reklame zu machen. Wie es scheint, wird es auch Hr. Rouvier vorziehen, seine Angreifer unbehelligt zu lassen, denn es ist bis jetzt von seiner Seite noch nichts gethan worden, um Hrn Laurent und Genossen vor Gericht zu ziehen. Wie dem indes immer sein mag, in jedem Falle dürfte es feststehen, daß die Angelegenheit noch viel Staub auswirbeln und auch in der Kammer zu einigen stürmischen Auftritten führen wird, wennschon eine wesentliche Beeinflussung der politischen Lage da durch nicht zu besorgen ist. Was diese betrifft, so läßt sich nur sagen, daß die dritte Republik gegenwärtig fester als je steht. Nach der empfindlichen Bloßstellung der Orleanisten und Bonapartisten durch die Enthüllungen über den Bou- langismus im „Figaro" hat der größte Teil der Ab geordneten der Rechten — wie es scheint — die Hoff nung aufgegeben, die monarchische Staatsform in Frankreich wieder eingeführt zu sehen und wünscht aufrichtig die Versöhnung mit den am Ruder befind lichen republikanischen Parteien, um so der Regierung die nötige Festigkeit und Stetigkeit zu geben. Und da auch die Regierung nicht abgeneigt zu sein scheint, den Mitgliedern der Rechten entgegenzukommen, so steht zu erwarten, daß der alte Kampf zwischen den Republikanern und Monarchisten endlich beigelegt nnd diese Episode der französischen Geschichte abgeschlossen sein wird. Unter diesen Umständen muß die An nahme ausgeschlossen erscheinen, daß die Maire Rou vier, welchen Ausgang sie immer nehmen möge, die innere politische Lage Frankreichs wesentlich beein flussen könnte. Tagesgeschichte. Dresden, 16. Oktober. Das sächsische Vaterland ist wiederum von einem schweren Verluste betroffen worden. Am 15. Oktober d I. erlag Se. Excellenz Justizminister Christian Wilhelm Ludwig v. Abeken nach einem Krankenlager von wenigen Tagen einem plötzlich hervorgetretencn schweren Lungenleiden. Am 21. November 1826 als Sohn eines Kausmanns zu Dresden geboren, erhielt er seine Gymnasialbildnng auf der dasigen Kreuzschule. In der Zeit vom 18. Oktober 1845 bis znm 8. Juli 184^ studierte er auf den Universitäten Leipzig und Heidelberg die Rechte. Nach Ablegnng der akademischen Prüfling arbeitete er ein Jahr lang als Rechtskandidat auf den Expeditionen verschiedener Sachwalter. Im Mai 1850 bestand er die für die Zulassung zur juristischen Praxis da mals vorgeschriebene Staatsprüfung. Nachdem er von da ab zunächst als Protokollant, sodann als Aktuar bei dem Stadtgericht Dresden angestellt ge wesen war, wurde er nach bestandener Richterprüfung am 1. Oktober 1856 zum Staatsanwalte bei dem Be zirksgerichte Borna, am I. Dezember 1858 zum Ge richtsrate bei dem Bezirksgerichte Dresden und am 1. September 1863 zum Appellationsrate bei dem Appclla- tionsgerichte Dresden befördert. Am 1. Dezember 1866 trat er als geheimer Justizrat in das Justiz Ministerium ein. Nach dein Ableben des Justizmini- Nataschas zu deren Tugendwächtcr geworden, welcher der Vorsehung im Schauspiel zu Ehren verhilft, die liebeglühende Frau in letzter Stunde vom Abgrund zurückreißt und mit der Eindringlichkeit seiner mora lischen Beweisführung Lorin vor die Mündung der eigenen Pistole jagt. Hr. Dettmer ist der Darstellung des ersteren nicht gewachsen; seine Auffassung zeigt einen unpassenden sentimentalen Zug und nur vereinzelt findet er den charakteristischen Ausdruck für die Ge fühls und Anschauungsweise dieses Mannes, der das Resignieren gelernt hat und mit der Selbstbeherrschung ehrenhafter Naturen jeden begehrlichen Antrieb in eine freundschaftliche Empfindung aufzulösen vermag. Sein Rakitin entbehrt der herben Männlichkeit, der geistigen Beherrschung jeder Situation, und sein Können ver sagt am empfindlichsten in der Schlnßscene, da jener dnrch die Energie seiner Einsprache, die zwingende Kraft der Argumentation Lorin moralisch aufrütteln und wieder einem gesunden Dasein zusühren will, thatsächlich aber den überhitzten Gedanken des Selbst mordes in ihm erweckt. Der Ausgang dieser Scene ist dra matisch unwahr, keineswegs ergreifend, ja verletzend, denn Lorins Tod ist nicht die rettende Sühne für sein Vergehen, das solcher Buße wahrlich nicht bedarf, sondern die übereilte That eines Menschen ohne Kraft der Entsagung, die krankhafte Ausgeburt eines über reizten Wesens, welche die Teilnahme des Zuhörers für ihn auslöscht, wo dieselbe eher mit einem letzten Ansatz noch gehoben werden sollte; in der weichlichen Aus führung des Hr» Dettmer hat der Abschluß des ganzen Auftritts solche unglaubhafte Wirkung noch verschärft und mehrfach zum WiUrsprnch des Publi kums herausgesordert. sterS vr. Schneider übertrug Se. Majestät der König ihm vom 9. Oktober 187 l ab unter Ernennung zum Staatsminister die Leitung des Justizministeriums. In wie hervorragender Weise der Verewigte in den neunzehn Jahren, während deren er an der Spitze der sächsischen Justizverwaltung gestanden, um die vaterländische Rechtspflege sich verdient gemacht hat, ist bekannt. Die erfolgreiche Lösung der mannigfachen schwierigen Aufgaben, welche seiner harrten, war nur einem Manne von seiner glänzenden geistigen Begabung und seiner unermüdlichen Arbeitskraft möglich. Ihm ist es namentlich zu verdanken, daß die durch den Erlaß der Reichsprozeßgesetze bedingte neue Organisation der Justizbehörden, sowie die durch diese Gesetze erforder lich gewordenen umfangreichen Ausfiihrungsbestim- mungen und die anderweite gesetzliche Regelung ein- schlageuder Materien des vaterländischen Rechts in er folgreichster Weise zur Durchführung gelangten. Die ausgezeichneten Verdienste des Verblichenen fanden die Allerhöchste Anerkennung durch Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens, des Hausordens der Rautenkronc und durch die Erhebung in den erb lichen Adelsstand. Im Jahre 1888 wurde ihm der Königl preußische Rote Adlerorden I. Klasse zu teil. Dresden, 16. Oktober. Tas heute hier ein- gegangene 29. Stück des Reichsgesetzblattes enthält als einzigrn Gegenstand: Nr. 1918) Allerhöchsten Er laß vom 10. Oktober 1890, betreffend die Errichtung eines Kolonialratcs. * Berlin, 15. Oktober. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin trafen heute vormittag von Schloß Hubertusstock mittels Sonderzuges auf dem Stettiner Bahnhofe hierselbst ein, und setzten gleich darauf die Weiterreise nach Potsdam fort. Auf der Station Wildpark verabschiedete sich Se. Majestät von Allerhöchstseiner erlauchten Gemahlin und reiste sofort nach Plane weiter, um, wie schon gemeldet, da selbst der heutigen Vermählungsfeier der Komtesse Königsmarck mit dem Kommandeur des Regiments der Gardes du Corps, Oberst und Flügeladjutanten Frhrn. v. Vissing, beizuwohnen. Am Nachmittag wird Se. Majestät nach Potsdam zurückkehren. — Laut Kaiser!. Verordnung soll bei der Kolonial abteilung des Auswärtigen Amtes ein Kolonialrat als sachverständiger Beirat für koloniale Angelegen heiten errichtet werden. Der Reichskanzler ist be auftragt, die hierzu erforderlichen Veranstaltungen zu treffen. — Nachdem die Hauptversammlung des Vereins deutscher Eisenbalmverwaltungeu Beratungen über die Einführung einer einheitlichen Eiscnbahnzeit abgehalten hatte, wurden die preußischen wirtschaftlichen Ver einigungen von den Ministern für Handel und Gewerbe sowie der öffentlichen Arbeiten zu gutachtlichen Mei nungsäußerungen über die Einführung einer ein heitlichen Zeitrechnung für das bürgerliche Leben aufgesordert. Bei der großen Bedeutung, welche die Angelegenheit für das wirtschaftliche Leben Deutschlands hat, haben in den verschiedensten Han delskammern, Vereinen u. s. w. die eingehendsten Be ratungen über dieselbe stattgefunden, und es beginnen nunmehr die Gutachten bei der preußischen Regierung cinzugehcn. U. a. hat die Handclskammer va» Aachen und Burt'cheid vor kurzon Stellung zu der Frage genommen. Bekanntlich hatte der du ch die Achsendrehung der Erde dedingle Zeitunter schied aller aus verschiedenen Meridianen gelegenen Orte bereits im ini eren Dienste der Pcttchrc-answltcn zn einer Reihe von Unzmräuichkciten gesührt, so daß man zur Annahme von Nor malzeiten, die meist nach der Ortszeit der Hauptstadt des je weiligen Landes ziemlich willkürlich fixiert waren, übergino. Mit der Beschleunigung des Verkehrs wurden aber diese verschiedenen Normalzeiten überaus unbequem und so kam man aus den Gedanken der Annahme eines U n i v e r s a l t a g e s, der ganz unabhängig von den verschiedenen Gegenden der Erde, mi dem mittleren Sonnentag von Greenwich zusammeniällt. Di* Für Nichtkruucr des Originals muß cs zweifelhaft bleibeu, ob hier eine Irrung dcs Dichters oder ein, vielleicht unvermeidbarer Fehler des deutschen Bearbei ters vorliegt, der manche von Turgenjew weit aus- gesponncnen psychologischen Fäden straffer anziehcn, ja einzelne austrennen mußte, um die ursprüngliche Arbeit des russischen Poeten mit den praktischen For derungen der Bühne zn vereinen. Dieser angenommene Gesichtspunkt, dessen Bestätigung das Verdienst des Hrn. Zabel um die Zurichtung des Schauspiels für deutsche Bühnen nicht schmälern würde, ist auch gegen über der losen Komposition des Stückes fcstzuhalten, dessen Ausbau verschiedene schwache Stellen aufweist, wo die Verbindung öfters mit wohlfeilstem Material und liberflüssigem Episodenwcrl nur notwendig her gestellt werden konnte nnd im Dialog zn mehreren recht platten Wendungen führte. Eine interessante Episode findet sich aber zu Beginn des dritten Auf zuges, die Bewerbung Schpiegclskys um die heirats lustige, für diesen Patron gerade reise Gesellschafterin Natalies, welche von Hrn. Wiene nnd Frl. Guinand mit realistischer Derbheit vorzüglich gespielt wurde. Tic brntalc Offenheit des Arztes, der mit seinem An trag einzig nach Erhöhung der persönlichen Behaglich keit trachtet und denselben durch Grundsätze cynischer Nüchternheit stützt, ist übrigens nicht so ausschließlich ein russisches Charakteristikum, als es auf den ersten Blick scheinen mag; auch andere Länder erzeugen solche herzlos anfrichtigen Bewerber und schassen damit die rechten Gegenstücke zu den gleich geschäftsmäßig rech nenden, aber ihre Rohheit mit dem Firniß des gesell schaftlichen Anstandes übertünchenden Eroberern enier zusagenden Mitgift und deren Besitzerin.
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