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Dresdner Journal : 07.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189010072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901007
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901007
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-10
- Tag 1890-10-07
-
Monat
1890-10
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 07.10.1890
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^233 Dienstag, den 7. Oktober, abends. 1830 kür vr«»a«a visrtsI^LdrUvt» 4 LI. SO Kt., b« Tso L»i»erl. äs»t»vt»«a ?o,toa»t»1t«o visttsl- jLNrlioN > H.; »u«»»rN»Ib äs» äaot»oNsn LsicNs» tritt kost- uaä 8tsmpoIrll»cNI»<f kioru. Liorslo« Humwora: 10 kk. LoKaoalruoxsTsdilKrso« kür äo» ÜLum oioer osupolteoeo 2vit» kleiner Bellritt 20 Unter „kingssLvät" äiv Xeile 50 ks Lei ^»bollsu- uvä 2iUeru»»tr vutspr. Lrsekelovor H^Ucii wit Aosootnoe äer 8000- o. ksisrtop-e odeock». k«rn»prvcN-^ll»oi»Iu»8: Ur. 1LVL. - " ' ' - ' - > VresdnerZoiniml. jür di« Gesamtlettong verantwottlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der kitteratu» und Kunstgeschichte. Koookoi« v», ^Lkvoälxvoxea »o»MLrt»r r«lp»tU: Lranältettrr, LowwiiitosLr äs» vresäosr lourvol»; L»»d«r» I»rUo Vt« L»ix»tx N»»«l Lr»»I«o rrookloN ». H.: DaarenÄein ^vAlrr, N»n>dLrU- ?r»U I,«tp»lU-rr»llkeiu4 ». N.»2ek«L: Dock. ^/o«e,' I»»rt» l.»L«o« >«rllo - krsLttvrl ». A.- Sl»tl»»rr: Da«-« Oo , L«rUo: /«tattärnäa«k, Lr««I»u: Dmil Da-at-, L»»L»v«r: D. Lc-ü«Ä«r, L«U» «. S.: ck. DarcL <0 Lo. Serouixeder» Lgoizl. Lixeäitioo äs» Vrssäver äourval». Lrsiäeo, Aviogerstr. 20. kerosprvol»-Boselli»»»! ür. 128b. Amtlicher Teil. Dresden, 4. Oktober. Mit Allerhöchster Geneh migung Sr. Majestät des Königs ist dem Regierungs assessor bei der AmtShauptmannschaft Rochlitz Karl Franz Ernst von Hinüber für die von ihm am 19. August dsS. Js. unter eigener Lebensgefahr be wirkte Rettung eines Kindes vom Tode des Ertrinkens in der Mulde die silberne Lebensrettungsmedaille nebst der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Dresden, 6. October. Se. Majestät der König haben dem in den Ruhestand getretenen Wachtmeister bei dem Amtsgericht Sayda Karl August Jentzsch das allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische HlaArichten. Brüssel, 7. Oktober. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der ArbeitSminister Debruyn wurde gestern in Mecheln, wohin er sich zur Einweihung von Wasserbauten begeben hatte, von einem Teile der Bevölkerung mit Pfeifen und Zischen empfangen. Abends fanden abermals einige Ruhestörungen statt. Die Gendarmerie mußte wiederholt von der Waffe Gebrauch machen. Mehrere Personen wurden verwundet, einige 20 verhaftet. London, 7. Oktober. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Das englische Parlament wird am 25. November zusammentreten. Belgrad, 6. Oktober. (W.T B.) Die Könige Alexander und Milan werden smorgrn auS dem Militärlager nach dem hiesigen Konak übersiedeln. — Die Blättermeldungen, daß König Milan das Oberkommando über das serbische Heer verlangt habe, sowie, daß der Metropolit Michael pcnfio nierl worden sei, werden in RegierungSkreisen als unrichtig bezeichnet. Dresden, 7. Oktober. Die Volksabstimmung im Kanton Tessin. Im Kanton Tessin hat vorgestern die Volksabstim mung über die Frage der Verfassungsrevision stattge funden und mit einem Siege der liberalen Pattei ge endet. Es ist zwar nur ein Mehr von 94 Stimmen, welches die Liberalen erhielten, immerhin aber ist die Auffassung dieser letzteren durchgedrungen und die von ihnen verlangte Revision der Verfassung dürfte sonach als gesichert anzusehen sein. Wie bekannt war der Anttag, betreffs der Änderung der Verfassung eine Volksabstimmung herbeizuführen, von den Liberalen schon vor längerer Zeit mit Erfüllung aller gesetzlichen Vorschriften eingebracht; die am Ruder befindliche ultramontane Regierung aber hatte den Entscheid über die Frage unter allerlei Vorwänden immer hinaus geschoben, obschon die Verfassung des Kantons die ausdrückliche Bestimmung enthält, daß die Volksabstim mung stattzufinden hat, wenn 7000 wahlberechtigte Bürger sie verlangen, und der Antrag der Liberalen von mehr als 10000 Wählern unterzeichnet war. Die Folge dieses Verhaltens derRcgierung war die Revolution, welche den Berner Bundesrat nötigte, sich ins Mittel zu legen und einige Bataillone Militär nach dem Kanton^ zu senden, denen es in kürzester Frist gelang, FkuiUeton. Welche von beiden? Novelle von Adolf Stern. 2 (Fortsetzung.) „Doktor Gerland", sagte sie mit einer wohllauten den Stimme und schob den schwarzen Schleier, der von ihrem Hut herabfiel, etwas zurück, „Gottwill kommen in Rom. Ja, Peter hatte mir geschrieben, daß Sie nach Italien gingen, er wußte nicht und ich wußte selbst nicht, daß ich mich von Pisa hierher wen den würde! Sie wohnen doch nicht hier im Haus?" Er sah die ernsten braunen Augen der Dame fra gend ans sich ruhen, und ein wunderlich-s Etwas in ihrem Gesicht verriet ihm, daß sie gern eine vernei nende Antwort gehört hätte. Er entgegnete rasch: „Gewiß denke ich hier zu wohnen." Tenn er fühlte sich durch die Begegnung mit der deutschen Lands männin völlig umgestimmt, erinnerte sich auch, wie ihm Peter Addenhoven, der Kirchenhistoriker, noch beim Abschied in Köln empfohlen hatte, mit seiner Base Klara, die jetzt in Pisa lebe, viel zu verkehren. „S'ist der Mühe wert, ein selten gescheutes Mädel und merkwürdig tief! Vorm Verlieben bist Du bei ihr sicher, sie ist zu alt — scheut auch als gebranntes Kind das Feuer — aber man hat trotzdem viel von ihr!" Und wie Gerland jetzt dem klaren, feineu, et was bleichen Gesicht der etwa Dreißigjährigen gegen überstand, dessen natürliche Blässe ourch da» dunkle Haar und die völlig schwarze, obschon modische und die Ruhe und Ordnung wieder herzustellen Die Vornahme der Volksabstimmung wurde sodann von dem nach Bellinzona gesandten eidgenössischen Kom missar, dem Oberst Künzli, in Gemäßheit der Wei sungen der Bundesregierung auf den vorgestrigen Tag angesetzt und das Ergebnis derselben war, daß sich 11928 (liberale) Wähler für die Verfassungsrevlsion, 11834 (ultramontane) dagegen aussprachen. Nach dem zur Verteilung gekommenen Stimm zettel handelte es sich bei der Volksabstimmung um die Beantwortung dreier Fragen: 1) ob man die teil weise Revision der Verfassung des Kantons wolle oder nicht, 2) im Bejahungsfälle, ob diese Revision durch den Großrat oder 3) durch eine (besonders zu wäh lende) Konstituante vorzunehmen sei. Die Revision soll sich erstrecken auf I) die Abschaffung des Ver fassungsdekretes vom 8. Januar 1880 und Wieder inkraftsetzung des Artikel 1 der konstitutionalen Reform vom 24. November 1876, wonach bei den Wahlen in den Großrat auf je 1000 Einwohner ein Abgeordneter entfällt. Bruchteile über 500 zählen für 1000; 2) der Artikel des Gesetzes vom 10. Februar 1883 soll in dem Sinne revidiert werden, daß die Richter der ersten Instanz direkt vom Volke gewählt werden; 3) der Artikel 23 der Konstitution von 1830 soll dahin ge ändert werden, daß der Staatsrat ebenfalls vom Volke gewählt werde — bisher ging er aus dem Großrat hervor. Wie schon gesagt, wurde die erste der drei angeführten Fragen bejaht, die dritte wurde dahin be antwortet, daß die Revision nicht durch den Großrat, sondern durch einen besonders zu wählenden Ver fassungsrat (Konstituante) zu erfolgen habe. Selbstverständlich waren vor der Abstimmung von jeder der beiden Parteien die größten Anstrengungen gemacht worden, um ein für sie günstiges Ergebnis herbeizuführen. Von überallher waren die in der Fremde weilenden Parteigenossen herbeigerufen, und sie waren dem Rufe sehr zahlreich gefolgt. In Trupps von 80 bis 100 trafen die im Auslande wohnenden Tessiner am Tage vor der Wahl in Bellinzona und Lugano ein, um an der Abstimmung teil zu nehmen; mit der größten Bereitwilligkeit und zum Teil unter Darbringung beträchtlicher persönlicher Opfer waren sie dem Rufe ihrer Gesinnungsgenossen gefolgt. Bon London war ein ulttamontaner Gastwirt, der dort etabliert ist, mit siebzehn seiner Kellner auf eigene Kosten nach Bellinzona gereist, auS dem Uhrmacher dorfe La Chaux de fonds waren 85 liberale Wähler eingetroffen, welche die Reisekosten aus eigenen Mitteln bestritten hatten; kurz, von nah und fern waren die Wahlberechtigten nach der Heimat geeilt, um bei der Entscheidung ihre Stimme mit in die Wagschale zu werfen. Bei dieser Lage der Dinge und der unge heuren Aufregung, welche sich der gesamten Bevölke rung bemächtigt hatte, lag die Befürchtung nahe, daß der Tag der Abstimmung nicht ohne blutige Zu sammenstöße vorübergehen würde. Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten hat sich jedoch die Abstimmung in aller Ruhe und ohne Störung vollzogen, was zum Teil wohl auch den Maßregeln des eidgenössischen Kommissars zuzuschreiben ist, welcher für die Auf rechterhaltung der Ruhe und Ordnung in umsichtigster Weise gesorgt hatte. Es entsteht nun die Frage, ob die Berner Bundes regierung cs für angezeigt findet, die durch die Revo lution gestürzte Regierung wieder aufzurichten. Allem Anscheine nach wird sie in Bern eine verneinende Antwort erfahren, da sich die Mehrheit des Bundes rats bereits gegen die Regierung Respinis ausgesprochen hat und aus dem bisherigen Verfahren der eidgenössi schen Behörden klar hervorgeht, daß sie den Kanton nicht als einen selbständigen Staat ansehen, sondern nur eine Souveränität, die der Eidg cnossenschaft, gelten lassen. Die ultramontane Partei würde freilich durch elegante Kleidung noch erhöht wurde, fühlte sich Friedrich Gerland mit einem Male der unbehaglichen Fremdheit in diesem Hause überhobcn. Er wandte sich an die dienende Schwester, die die Begrüßung der beiden angesehen hatte und geduldig noch immer mit den Schlüsseln in der Hand wartete: „Wollen Sie der Frau Oberin melden, daß ich das Zimmer nehmen werde, das Sie mir zuletzt gezeigt haben und daß ich von heut an in Pension trete und etwa einen Monat bleibe! Ich freue mich, Ihnen hier begegnet zu sein, Fräulein Addenhoven. Jetzt muß ich hinabgehen und mein Gepäck heraufbringen lassen — ich kann doch gleich hier bleiben?" Die Schwester, die ein wenig verwundert über den plötzlichen Entschluß des deutschen Reisenden schien, mußte doch freundlich bejahen „Wie der Herr Doktor will!" Die Dame aber, in deren Gesicht noch immer ein Schatten von Unmut oder Verlegenheit sich zeigte, hatte ein paarmal die Lippen aneinander gepreßt, um ein Wort zwischen ihnen zu ersticken, das nun doch, als Doktor Gerland die Marmorstufen hinabging, ihm nachklang: „Sagen Sie mir, wenn Sie an Peter schreiben, Herr Doktor. Er muß zu erst von mir und nicht von Ihnen erfahren, daß ich in Rom bin." „Ganz noch Jhrcm Wunsch, Fräulein Addenhoven," rief der Ankömmling von unten nach oben. „Wir wechseln nicht so häufig Briefe, daß Sie mir nicht leicht ein paar Wochen zuvorkommen könnten!" Sie sah ihn, er sie nicht mehr und so atmete sie tiefer und blickte mit verdüsterten Mienen in den Hof mit seinem Brunncnbecken und seinen Sträuchern und Blumen hinab. „Immer wieder cin Hindernis, immer einen solchen Entscheid auf- höchste erbittert werden Schon darüber, daß der Bundesrat sich weigerte, die gestürzte Regierung noch vor dem 5. Oktober wieder einzusetzen, waren die ultramontanen Blätter aufs höchste empört. Sie bestritten dem Bundesrate das Recht, die Regierung des Kantons durch einen Kom missar ausüben zu lassen und warfen ihm vor, daß das von ihm eingeschlagene Verfahren mit der Ver fassung der Eidgenossenschaft im Widerspruch stehe. Charakteristisch für die Heftigkeit der Sprache dieser Blätter ist ein Artikel des in Luzern erscheinenden „Orellento Oktttolieo", welcher mit der Drohung schließt, sozialistisch zu werden und einen Sturm auf den Bundespalast in Bern zu unternehmen. Nach derartigen Auslassungen und bei dem hohen Grade von Erbitterung, die beide Parteien beherrscht, darf man kaum hoffen, daß, wie immer der Entscheid des Bundesrates auöfalle, der innere Friede in den Kanton wieder einzieht. Auch eine Verfassungsrevision, welche vielleicht die Liberalen ans Ruder bringt, wird vermutlich weiter keine Folgen haben, als die, daß die Rollen zwischen den streitenden Parteien vertauscht sind und daß die Ulttamontancn die Vorwürfe gegen die liberale Regierung in noch verstärktem Maße wieder holen, denen sie selbst bisher ausgesetzt waren. Tages ge schichte. T resden, 7. Oktober. Se. Majestät der König wird nach den hier eingegangenen Nachrichten am Freitag, den 10. d. Mts. früh, von Wien zurückkehrend, in der königlichen Billa zu Strehlen einlreffen. Im Allerhöchsten Auftrage Ihrer Majestät der Kö nigin wohnte der Äönigl. Kämmerer und Oberhofmeister Ihrer Majestät, Geh. Rat v. Watzdorf, der gestern nachmittag vorgenommenen Grundsteinlegung zu dem neuen Ärankenhause der hiesigen evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt bei. * Berlin, 6. Oktober. Se. Majestät der Kaiser jagte heute in Begleitung Ihrer Majestäten des Kaisers Franz Joseph und des Königs von Sachsen, Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Arnulf von Bayern und anderer hochgestellter Personen im Weißenbachl bei Radmer. — Der „Reichsanz." bringt die amtliche Meldung, daß der preußische Staats- und Kriegsminister, General der Infanterie v. Verdy du Vernois auf sein An suchen von dem Amt als Staats- und Kriegsminister, entbunden und der Kommandeur der 2. Gardeinfanterie division, Generallieutenant v. Kaltenborn-Stachau, zum Nachfolger desselben ernannt worden ist. General v. Verdy hatte am 9. April 1889 als Nachfolger des Generals Bronsatt von Schellendorf sein Amt angetteten. — Über den Generallieutenant v. Kaltenborn-Stachau giebt die „Nationalztg." folgende Notizen: Der neue Kriegsminister ist 1854 als Secondlieutenant beim 27. Infanterieregiment in Magdeburg eingrtrcten. Bon 1858 bis 1860 war er zur allgemeinen Kriegsschule (Kriegsakademie) kommandiert; alsdann wurde er, nachdem er in das ncusormierte 67. Infanterieregiment versetzt war, mehrere Jahre beim topo graphischen Bureau des Generalstabes beschästigt. 186b ersolgte leine Besörderung zum Hauptmann und Versetzung in den Generalstab. Zunächst wurde er dem Stabe des 6 Armeecorps, dann dem der 11. Division (in Breslau) zugeteilt, bei welchem er auch den Krieg gegen Österreich mitmachte. 1868 kam er als Compagnieches in das 94 Jnsanterieregiment, wurde aber schon nach kurzer Zeit wieder in den Generalstab versetzt, in welchem er 1870 Major wurde. Den Krieg 1876/71 machte er beim Stabe de- 7. Armeecorps mit und wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse dekoriert. 1874 kam er als Bataillonskomman deur in das 2. Grenadierregiment nach Stettin, 1878 wurde er Oberst und Kommandeur des 52. Infanterieregiments, dessen Führung er 1881 mit der des hiesigen Alexander - Gardegrcna- dierrrgiments Nr. 1 vertauschte. 1884 wurde er unter Beför derung zum Generalmajor Chef des Generalstabes des Garde- corpS, erhielt aber schon im folgenden das Kommando der 2. Gardeinfanteriebrigade. >888 wurde Generalmajor v Kaltenborn mit der Führung der 3. Division in Stettin beauftragt, ab:, wieder ein Sperrbalken über den Weg, der so kurz und gerade ist," hauchte sie vor sich hin. „Wenn ich ihn gebeten hätte, nicht hier im Hause Quartier zu nehmen, hätte es ihm auffallen müssen. Aber so lange er hier ist, gilt es wieder zu warten. Meine Heiligen werden ja wissen, warum sie mir das schicken." Sie faltete über dem Riegel des Fensters, an dem sie gelehnt stand, die schmalen weißen Hände und rasch genug kehrte in ihre Züge die Klarheit und heitere Fassung zurück, die ihnen sonst zu eigen war. Zu gleich Hötte sie aus dem Flur des stillen Hauses herauf, daß der Landsmann, der ihr nur halb will kommen war, bereits zurückkehrte und sein Gepäck hinter ihm heraufgebracht wurde. So eilte sie rasch zur Treppe und begegnete dem Doktor Gerland auf dem ersten Absatz derselben. Er gab ihr ehrerbietig Raum und Klara Addenhoven sagte lächelnd zu ihm: „Viel Glück zu Ihrem Einzug denn, Doktor Gerland. Hoffentlich wird's Ihnen nicht zu still sein hier bei den Schwestern. Ich gehe jetzt nach Santa Maria Maggiore und hoffe, Sie beim Pranzo zu treffen. Um sieben Uhr — Sie müssen doch zunächst die Hausordnung und einiges von der Hausgenossenschaft kennen lernen." Friedrich Gerland sah der hohen Gestalt nach, die in guter Haltung, aber mit leiser Neigung dcs Hauptes gegcn die Brust, die Stufen der Treppe vollends hinab ging. „Sie sieht aus, als ob sie selbst in diesem geist lichen Hause Priorin oder Äbtissin wäre. Und ich habe jedenfalls eine Dummheit begangen, daß ich mich, eigentlich doch um ihretwillen, zum Hierbleiben ent schloß Nnn, geschehen ist geschehen, ruhige Arbetts- bereitS am 7. Juli desselben Jahre- wieder nach Berlin ver setzt, um die Führung der 2. Gardeinsanteriedivision zu über nehmen, deren Kommando er am 4. August unter Beförderung zum Geuerallieutcnant erhielt. — Der hiesige Mitarbeiter der „Pol. Corr" be schäftigt sich in einer neuesten Zuschrift an das ge nannte Organ mit den französischen Hetzereien gegen den Dreibund und ihren Lockrufen für Italien. Es heißt in der Auslassung, die am Schluß eine Begeg nung zwischen dem deutschen Reichskanzler und dem Ministerpräsidenten Crispi allerdings noch vorsichtig ankündigt, folgendermaßen: Aus die herzliche Begegnung der beiden Kaiser in Rohnstock ist der großartige Empfang Kaiser Wilhelms in Wien gefolgt, in welchem man hier nicht den Beweis — eine- solchen bedarf es nicht —, aber einen neuen Ausdruck dafür sieht, daß das deutsch - österreichische Bündnis wie in Deutschland, so auch in Österreich-Ungarn tief in- Volksbewußtsein eingedrunoen ist. Während deS Besucht- de- deutschen Kaiser- in Narwa be trachteten es die Feinde Deutschlands und Österreich - Ungarns, also die Feinde der Ruhe und de- Friedens in Europa, als ihr« natürliche Ausgabe, diesen Anlaß zu benützen, um durch aller lei Ausstreuungen Mißtrauen zwischen den beiden Verbündeten zu säen. Alle in dieser Beziehung verbreiteten Gerüchte sind verstummt angesichts der Begegnung von Rohnstock und der enthusiastischen Freude, mit der die Bevölkerung Wiens den deut schen Kaiser cmpsangen und die auch äußerlich einen so in die Augen springenden Ausdruck in der prächtigen Ausschmückung von Österreichs Hauptstadt gefunden hat. Run muß denjenigen, denen der Dreibund der drei Mächte ein Dorn im Auge ist, ein anderes Mittel dienen. Man wendet sich an Italien, dem cinerseits Mißtrauen gegen seine beiden Verbündeten eingeflößt werden soll, und das andererseits so dar gestellt wird, als ob es nur auf den Moment wartete, wo es sich von der Allianz losmachen könne, um reumütig in die Arme Frankreichs zu sinken. Wenn die Franzosen jetzt soviel von den französischen Sympathien der Italiener zu erzähle» wissen, so scheinen sie den Empfang Kaiser Wilhelms in Italien, in Rom und Neapel, und den Jubel vergessen zu haben, mit denen König Humbert und sein großer leitender Staatsmann in Berlin begrüßt worden sind. Für die Zukunftsmusik, zu welcher die sranzösische Presse sich aus Anlaß von Veröffentlichungen, wie die im „Figaro" ersolgte, bewogen sühlt, hat man hier nur ein kühles Lächeln; man hat sich hier lediglich gewundert, unter dem langen Artikel des „Figaro" nicht den Namen „Albert Millaud" zu lesen Daß Italien keine Angriff-Pläne gegen Frankreich hegt, be- dars ebensowenig der Versicherung, wie die friedlichen Absichten Deutschlands und Österreich-Ungarns. Bei den Hetzereien, deren sich die sranzösische Presse sortwährcnd Italien gegenüber be fleißigt, ist es aber nur natürlich, wenn der leitende italienische Minister die Gelegenheit der Anwesenheit eines französischen Journalisten benutzt, um seine friedlichen Absichten wiederbolt kundzuthun Hier gönnt man den Franzosen da- Kapital, da- sie auS diesen Versicherungen schlagen, sowie das unschuldige Vergnügen, wenn sie sich den Anschein geben, als glaubten sie ernstlich, der erfahrene Diplomat CriSpi würde eS durch den „Figaro" der Welt verkünden, wenn er eine grundlegende Än derung der Stellung Italiens in der politischen Konstellation Europas beabsichtigte Diese Versuche, Mißtrauen zwischen den Verbündeten zu säen, müssen ebenso wie die anläßlich der Zusammenkunst in Narwa unternommenen rasch hinsällig werden, bald vielleicht gerade so, wie die letzteren, vor aller Welt in einem „Händedruck" wenn auch nicht der Monarchen, so doch der beiden Staats männer, denen Deutschlands und Italiens Geschickt anver traut sind. — Zur Ausführung des Jnvaliditäts- uud Altersversicherungsgesetzes hat das Reichsver sicherungsamt Vorschriften über die Rechnungsfüh rung der Versicherungsanstalten zu erlassen, im Ein vernehmen mit den Zenttalpostbehörden den Verkehr der Versicherungsanstalten mit der Post, welcher die Auszahlung der Renten ebenso wie die der Unfall renten zugewiesen ist, zu regeln und eine Reihe an derer vorbereitender Maßnahmen zu treffen. Zu diesem Zweck hatte es unter Mitteilung vollständig ausge- arbeiteter Entwürfe die Vorstände der 31 Versiche rungsanstalten, sowie die Landeszentralbehörden der Staaten, in denen sich der Sitz von Versicherungs anstalten befindet, und die Zenttalpostbehörden zu einer Konferenzberatung für heute und die folgenden Tage eingeladen. Der Einladung entsprechend, fanden sich die Vertreter der Versicherungsanstalten und Kom missare der vorgenannten Zentralbehörden mit Ver- stunden sind mir hier jedenfalls gewiß. Übrigens will ich mich mit meiner häuslichen Einrichtung beeilen und — an Rom denken, denn bis jetzt bin ich aus Deutsch land nicht sehr herausgekommen. Die grellroten Kin der in dem wasserblauen Hause drüben sind das Rö mischste, was mir noch begegnet ist!" Keine halbe Stunde später verließ der Deutsche das stille Haus der Suore della Croce und schlug den Weg nach der Piazza del Popolo und dem Korso ein, über den ihn sein guter Plan der ewigen Stadt nicht in Zweifel ließ. Am Abend desselben Tages wurden in dem Speise zimmer für die Gäste des Hauses die bescheidenen Kronleuchter über den beiden langen Tafeln eben an gezündet, als sich die ersten dieser Gäste in den kleinen Vorgemächern zum Eßsaal zu sammeln begannen. Auch Doktor Gerland, der von seinem ersten Gang über Straßen und Plätze ziemlich ermüdet zurückgekehrt war, trat in die kleinen Räume, prallte aber alsbald wieder zurück als er nur Gruppen unbekannter Ge stalten in denselben wahrnahm und sich mit einem Blick überzeugte, daß Fräulein Addenhoven nicht in den Zimmern anwesend sei. Er begab sich in den dämmrigen Hof hinaus, über dem in köstlicher Rein heit noch ein Stück blaßgrünen Abendhimmels glänzte, und schritt zwischen der Schwelle zum erleuchteten Speisesaal und dem Becken des Brunnens hin und her. Auch hier sand er sich nicht allein und ward als bald wider Willen Ohrenzeuge eines Wortwechsels, der zwischen zwei weiblichen Gästen des Hauses stattsand und von unhörbarem Geflüster zu immer lauteren, erregten Worten überging. Än der rechten Seite des Hofes, ihm gegenüber, gingen eine ältere Dame in.
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