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Dresdner Journal : 01.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-01
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 01.11.1890
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254. Sonnabend, den 1. November, abends. 1880 V«rax»pr«t8: tar D r««d «v viertohLkrUel» 2 II. öo Dt., v«i de» H»w«rt. dvut»od«o viertel- iLdrllct» L II.; k.u«»«rp»lv d«o dsut^cden Lvieds» tritt kost- oaä 8teiop«tru»et>l»« kioru. LiiiL«Io« l-uwmsro: 10 ?5. ^»KNvälxuirsrredNdr«»» kür den sioer ssspttlteoeo Aelle kleiver Letuiet 26 kk. Unter „LiL^esnodt" die Aelle Ü6 kk. 8« l^detlen- und AiLlernent» vntepr. Xuksoiil»^. Lreedvlvvvr nut ^u»L»t>ms der 8oru> - u. keiert»^e »keod». kernepreed-Aneolllll»«: Ur. 12VL. AreMerImmm l. jür dir Gefamtleitun- verantwortlich; Hofrat Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. Lomrdm« roa Xukvndlkrioxell »»»nitrier I-eipeiz: k> Lra«d>^ttrr, LorlluassionLr de» Dresdner ^ourual»; Ludvrx SerUn V»«» l.«ipr>x L»»«I Lr«»1»o knullckurt ». X: ^aaeeri-itrin kvA/er, L«rUo - Visa - L»i»dur^- kreg l-elpUt^-rrLokturl ». X. »Socke»: /tud Stosse/ k»ri» Lö»äo»-k«rU» kr»»ktorr ». ».-»totl^ert: Dardx <- 0o,' Berit»: /nia/idrndant, Lreeleo: L'm»i Xaöat^,' S»LLor»r: <7. Lc/»t»Ker, L»u« ». S.: d Laret tt (.0. Nerausxederr Köoi^I. Lrpedition des Dresdner ^ournsls. Dresden, Avin^eretr. 26. kervsproed-^nsetdu»»: Ur. 12VL. Amtlicher Teil. Dresden, 1. November Se. Majestät der König haben dem LandgerichtSrath Robert Adolf Roscher in Chemnitz die nachgesuchte Entlassung aus dem Staatsdienste unter Belassung seines Titels und Ranges zu bewilligen Allergnädigst geruht. Dresden, 1. November. Se. Majestät der König haben dem Amtsgerichtsrath Gustav Adolf Munkel in Dresden den Charakter als Oberamtsrichter beizu legen und den Amtsrichter Karl Julius Zeißig in Annaberg zum LandgerichtSrath bei dem Landgericht Chemnitz zu ernennen Allergnädigst geruht. Dresden, 1. November. Se. Majestät der König haben die Versetzung des Amtsrichters vr. Arthur Kind in Dresden an daS Amtsgericht Leipzig und des Amtsrichters vr. Arthur von PetrikowSky in Leipzig an das Amtsgericht Dresden zu genehmigen Allergnädigst geruht. Se. Majestät der König haben dem bei der General- direktion der Königlich musikalischen Kapelle und des Hoftheaters angestellten Sekretär und Dramaturg Vr. jur. Franz K»ppel-Ellfeld den Titel „Jnten- danzrat" mit dem Range in der vierten Klasse der Rangordnung Allergnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 21. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Pfarrer an der St. Matthäikirche zu Leipzig Johann Paul Kaiser den ihm von Sr Majestät dem Könige von Schweden und Norwegen verliehenen Nordstern Orden annehme und trage. Se. Majestät der König haben dem Hofgärtner Melchior zu Großsedlitz das Albrechtskreuz zu ver leihen Allergnädigst geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Konstantinopel, 1.November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Ferman, betreffend den Bau der Bahnlinie Saloniki Monastir, ist nunmehr dem die Gruppe der deutschen Bank vertretenden Hrn. Kaulla übergeben worden Sansibar, 1. November (Tel.d Dresdn.Journ.) Nach einer Meldung deS „Reuterschen Tel.-Bur." ist die englische Wituerpedition beendet. Witu wurde vollständig zerstört. Auf feiten der Eng länder wurden vier Leute verwundet, von den Feinden mehr als 50 getötet und eine weitere An zahl verwundet. Dresden, 1. November. Der Ministerwechsel in Griechenland. In Griechenland haben vor einigen Tagen die Wahlen zur Kammer stattgefunden. Das Ergebnis derselben lief darauf hinaus, daß die Opposition eine erhebliche Mehrheit erlangte, und die Folge dieses Ausganges war, daß das Kabinett Trikupis seine Ent lassung einreichte und der Führer der Opposition, Delyannis, vom Könige mit der Neubildung des Mini steriums beauftragt wurde. Griechenland ist ein nach streng konstitutionellen Regeln regierter Staat. Ver fügt die Regierung in der Kammer nicht mehr über die unbedingte Mehrheit, erklärt sich die Volksvertre tung gegen irgend eine von dem Ministerium vor geschlagene Maßregel, so ist dasselbe genötigt zurück zutreten und seinen Gegnern das Feld zu räumen. Diesem Geschick konnte daher auch das Kabinett Tri kupis nicht entgehen, obschon dasselbe — ein in Griechenland unerhörter Fall — vier Jahre am Ruder ünnl! und Wissenschaft. Welche von beiden? Novelle von Adolf Stern. 2» (Fortsetzung.) „Frank Holters, Kind?" fragte Fräulein Addenhoven kopfschüttelnd zurück und strebte das junge Mädchen zu beruhigen, indem sie ihr mit der Hand zärtlich über Stirn und Haar strich. „Der hat sicher nichts mit der Wegschleppung Doktor Gerlands zu schaffen — es sind andere Leute, als der verwilderte Maler, die Hierlands ein so gefährliches Handwerk treiben!" Erika aber ließ sich nicht beschwichtigen und be lehren. „Ich weiß von nichts," saote sie klagend und mit einem anmutig nachdenklichen Aug um den Mund. „Und doch ist mir's, als wüßte ich alles. Der unselige Maler hat sicher die Hände im Spiel — wäre er nie in dies Haus gekommen! Ich mache mir Vorwürfe, daß ich damals geschwiegen habe, aber ich sühle schon, daß es nichts helfen würde, wollte ich jetzt reden!" Fräulein Klara sagte begütigend: „Ängstigen Sie sich nicht unnötig, liebe Erika. Doktor Gerland wird morgen um diese Zeit frei sein und Sie werden dann von ihm selbst hören, wie herzlich ihn Ihre Teilnahme erfreuen wird, wenn auch Ihr Verdacht wegen des Unglück-, das ihm widerfahren ist, auf falscher Fährte geht" Sie küßte, selbst nicht wenig erregt, das er regte junge Mädchen und eilte die Treppe empor, um vor der Wiederkehr deS Generals auch von ihrem Ausgang zurück sein zu können. Als Erika sich von neuem in da- kleine Sprechzimmer begab, sand sie gewesen ist und sich während dieser Zeit um die Hebung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Landes sehr große Verdienste erworben hat. Als Trikupis am 21. Mai 1886 die Leitung der Geschäfte über nahm, befanden sich die Finanzen deS Landes in einem trostlosen Zustande. Griechenland war durch die ostrumelische Revolution in die gleiche Auf regung geraten, wie Serbien; auch die Hellenen verlangten als Ausgleich für die Vereinigung Ost- rumelienS mit Bulgarien eine Gebietserweiterung und zwar gingen ihre Ansprüche auf Makedonien und be sonders auf Albanien, jenes von den wilden Arnauteu- stämmen bewohnte GebirgSland, dessen Bewohner die erbittertsten Feinde der Türken sind. Um seinen For derungen zugleich den nötigen Nachdruck zu geben, machte Griechenland alle seine Streitkräfte mobil und hielt die selben monatelang unter Waffen. Die Pforte lehnte indes jedes Zugeständnis ab und als die mit großen Kosten und sehr mühsam zusammengebrachte griechische Armee Miene machte, die türkische Grenze zu über schreiten, kam es zu Zusammenstößen. Der europäischen Diplomatie, welche einen neuen Brand auf der Balkan halbinsel um jeden Preis verhindern wollte, machten diese Vorgänge schwere Sorgen; die Gesandten der Mächte suchten zwischen beiden Teilen zu vermitteln und Griechenland zur Abrüstung zu bewegen. Alle ihre Vorstellungen aber blieben nicht nur erfolglos, das Ministerium Delyannis, welches damals am Ruder war, ließ sich zu guterletzt sogar noch hinrcißen, eine Aktton zur See gegen die Pforte zu unternehmen DaS schlug dem Faß den Boden aus; die europäischen Mächte stellten an Griechenland die bestimmte Forde rung, seine Armee und Flotte zu demobilisieren und sich jeder weiteren Feindseligkeit gegen die Pforte zu enthalten, und als auch dieses nichts half, sandten sie eine Kriegsflotte nach dem ägeischen Meere, welche die griechische Regierung nach einer regelrechten Blockade der ganzen griechischen Ostküste und des PiräuS zwang, sich dem Willen Europas zu beugen. Die Folge dieser „Niederlage" war der Rücktritt des Kabinetts Delyannis und die Bildung des Kabinetts Trikupis, nachdem vorher daS Zwischen Ministerium ValviS ganz kurze Zeit die Geschäfte geführt und die Abrüstung der mobilisierten hellenischen Armee angeordnet hatte. DaS neue Kabinett stand bei seinem Amtsantritt vor einer schwierigen Aufgabe. Delyannis hatte, um die Kosten der Rüstungen bestreiten zu können, eine für die Verhältnisse des Landes sehr bedeutende Anleihe aufnehmen müssen, welche das Staats budget aufs schwerste belastete. Dem KabinettTrikupislag es ob, um das Land vor einer Finanzkatastrophe zu bewahren, die Mittel zur Deckung der Zinsen dieser Schuld zu beschaffen und das Staatsbudget wieder auf sichere Grundlagen zu stellen. Eine derartige Auf gabe ist in einem Lande wie Griechenland, dessen Hilfsquellen nur äußerst beschränkte sind, natürlich doppelt schwierig; aber mit großem Geschick wußte sich das neue Ministerium ihrer zu entledigen und wieder Ordnung in den Staatshaushalt zu bringen. Bei seinem Rücktritt hinterläßt das Kabinett Trikupis leidlich geordnete Finanzen und auch auf Wirtschaft lichem Gebiete hat es während seiner vierjährigen Amtsthätigkeit Tüchtiges geleistet. Es wurden Hunderte von Kilometern Chausseen in dem bis dahin pfad- und wegelosen Lande gebaut und auch der Bau vou Eisen bahnen in Angriff genommen, die, in wichtigen Teil strecken bereits fertig gestellt, Griechenland mit dem übrigen Europa verbinden sollen. Zur Erreichung dieser Resultate war es freilich nötig, die Steuerschraube etwas schärfer anzuziehen und dem Volke Lasten auf zuerlegen, die es früher nicht gekannt hatte und hierin liegt mit eine der Veranlassungen, welche den Sturz des Kabinetts herbeiführten. Hohe Steuern zahlen zu müssen, ist noch niemals und nirgends einem Volke angenehm gewesen, diesen alten Erfahrungssatz wußten die Gegner des Kabinetts sehr geschickt gegen dasselbe auszubeuten. E» war dies freilich nicht die einzige der Ursachen, welche bei dem Sturze des Kabinetts Trikupis mit wirkten, die in erster Linie ausschlaggebende Veran lassung ist zweifelsohne in Gründen der auswärtigen Politik zu suchen. Bon der Opposition war während deS Wahlkampfes vor allem der türkische Kirchenstreit zu leidenschaftlichen Aufreizungen der Wählerschaft be nutzt worden, die zwar formell gegen die Pforte ge richtet waren, in Wahrheit aber dem Ministerium Trikupis galten, und einer Spekulation auf den natio nalen Chauvinismus hat in Griechenland noch nie der Erfolg gefehlt. Ebenso hatten die Erfolge der osma nischen Regierung in der kretensischen Frage der Opposition eine weitere willkommene Gelegenheit gegeben, das griechische Nationalbewußtsein aufzu stacheln und dem Kabinett den Boden unter den Füßen zu unterwühlen. Vergebens versuchte der Ministerpräsident durch Zugeständnisse an den Pan hellenismus den Angriffen der Gegner die Spitze ab zubrechen. Die Wählerschaft trat auf die Seite der letzteren und wählte ein Parlament, das zu zwei Dritteln aus Oppositionsmitgliedern besteht. Was die Wirkungen des Ministerwechsels betrifft, so läßt sich kaum annehmen, daß derselbe die innerpolitische Lage des hellenischen Königreichs oder dessen auswärtige Politik wesentlich ändern wird. Delyannis ist zwar ein ausgesprochener Feind der Türkei, der jede sich ihm bietende Gelegenheit benutzen würde, um einen neuen Angriff gegen dieselbe zu richten, aber er ist doch viel zu klug, um übereilte Schritte zu thun und Griechenland von neuem den schwersten Gefahren auSzusetzen Ein Wiederaufleben der abenteuerlichen Politik von 1886 dürfte daher kaum zu besorgen sein. Tagesgeschichte. Dresden, 27.Oktober. Ihre Majestäten der König und die Königin empfingen gestern vormittag 11 Uhr in der königlichen Villa zu Strehlen den Kardinal- Fürsterzbischof von Prag, Graf Schönborn Dresden, 1. November. Tas heute eingegangette 30. Stück des Reichsgcsetzblattes enthält als ein zigen Gegenstand: Nr. 1919) Allerhöchsten Erlaß vom 15. Oktober 1890, betreffend die Abänderung der In struktion voni 30. August 1887 zur Ausführung des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Februar 1875 und der dazu ergangenen abändernden Bestimmungen des Ge setzes vom 21. Juni 1887. * Berlin, 31. Oktober. Bei Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin fand gestern nach mittag eine größere Frühstückstascl zu Ehren Sr. Majestät des Königs der Belgier statt, anderauch Höchstdesfen Gefolge und Ehrendienst, sowie der König!, belgische Gesandte am hiesigen Hofe, Baron Greindl, Se. König!. Hoheit Prinz H"nrich nebst Begleitung teilnahmen, und zudem außerdem auch noch der Staats sekretär, Frhr. v Marschall, der Reichskommissar Major v Wißmann, vr. Karl Peters und die geh. Lega tionsräte Vr. Kayser und vr. Lindan mit Einladungen beehrt worden waren. Am Nachmittage nm Uhr unternahm der Kaiser mit seinem hohen Gaste eine Spazierfahrt in die Umgegend von Potsdam, besuchte auch die Garnisonkirche zu Potsdam und nahm daselbst daS Innere der Kirche und das Grabgewölbe Fried richs des Großen eingehend in Augenschein. Darauf setzten die Majestäten ihre Spazierfahrt über den Pfingstberg und dessen Umgegend fort. Um U6 Uhr kam der Kaiser mit dem Könige der Belgier mittelst Sonderzuges von Potsdam nach Berlin. Zu Ehren des erlauchten hohen Gastes war aus dem Perron des hiesigen Potsdamer Bahnhofs eine Ehrenwache vom Gardefüsilierregiment ausgestellt, welche die Majestäten dann nach ihrem Eintreffen besichtigten. Hierauf be gaben sich beide Majestäten gemeinsam vom Bahnhofe auS zu Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, um daselbst an der Familientafel teil zu nehmen, die nur im allerengsten Familienkreise stattfand. Nach Aushebung der Tafel begleitete der Kaiser den König der Belgier nach dem König!. Schlosse und nach kurzem Aufenthalte daselbst von dort unter Es korte einer Abteilung vom Gardekürassierregiment nach dem königlichen Opernhanse, um daselbst mit den anderen hohen Herrschaften der Galavorstellung beizu wohnen. Nach dem Schluß der Vorstellung kehrten die allerhöchsten und höchsten Herrschaften mittels Sonderzuges um 12 Uhr nach Potsdam bezw. nach Station Wildpark zurück. Se. Maj der König der Belgier verabschiedete sich bei Sr. Majestät dem Kaiser gleich nach erfolgter Ankunft in Potsdam und fuhr nach dem königlichen Stadtschlosse, während der Kaiser mit dem Prinzen Heinrich nach dem Neuen Palais weiterfuhren. — Heute Vormittag um 10 Uhr begab sich der Kaiser vom Neuen Palais zu Wagen noch Potsdam und stattete dort dem Könige der Belgier im Schlosse einen Besuch ab. Demnächst unternahmen beide Majestäten wieder eine gemeinsame Spazierfahrt und besuchten das Kasino des Offizierkorps vom Leib- gardehusarenregiment und demnächst auch noch die Kaserne des Ersten Garderegiments z. F. Um 11 Uhr sand dann im Lustgarten zu Potsdam vor dem Könige der Belgier ein Vorexerzieren eines kombinierten Bataillons des 1. Garderegiments z. F. statt, bei dem außer dem Kaiser auch die königliche» Prinzen zu gegen waren. Unmittelbar darauf sand im Lustgarten zu Potsdam eine Parade der Potsdamer Garnison statt. — Später entsprach der Kaiser mit dem Könige der Belgier einer Einladung des Offizierkorps des I. Garderegiments z. F zur Frühstückstafel nach dem Regimentshause. — Ihre Majestät die Kaiserin Augusta Viktoria hat an den Magistrat von Berlin das folgende Dank schreiben gelangen lassen: „Ich ja-e dem Magistrat zu Berlin Meinen ausrichtigen Dank für die Mir zu Meinem Geburtstage ausgesprochenen Glückwünsche und die Gesinnungen der Liebe und Treue sür dar königliche HauS. Wenn der Magistrat der Werke christlicher Liebe und Barmherzigkeit gedenkt, durch welche Ich den religiö sen und sittlichen Sinn, sowie die Opserwilligkeit zur Linderung geistiger und leiblicher Rot vor allem in unserer Reichshaupt- jtadt zu sördern bestrebt gewesen bin, so muß Ich dabei der zahlreichen Bürger unserer Stadt und besonders auch des Magistrates dankend gedenken, durch deren thatkrästige Unter stützung es möglich wurde, Kirchenbauten und die Begründung kleinerer Gemeinden zu beginnen, unter der armen Volksmenge Diakonissenstationen zur unentgeltlichen Armenkrankenpflege zu errichten, sowie bei allen Behörden und in allen Kreisen den Sinn und den Wunsch zur Mithilse anzuregen. Golles Segen wird auch in Zukunft diese Arbeiten um so mehr geleiten, je mehr es gelingt, aus dem Grunde hingebender christlicher Nächsten liebe alle Kreise und Parteien zu treuer gemeinsamer Arbeit zu vereinigen; und Ich spreche die Hoffnung aus, dah Ich hierbei wie bisher auch sernerhin aus die Mithilfe des Magistrates rechnen kann. Neues Palais, den 29 Oktober 1890. gez. Augusta Viktoria, Kaiserin und Königin " - Le. Majestät der König der Belgier hat sich heute nachmittag von den kaiserlichen Majestäten wie der verabschiedet und Potsdam verlassen, um von der Wildparkstation aus um 3 Uhr mittelst Sonderzuges über Braunschweig und Soest zunächst nach Köln zu reisen, bis wohin die zum Ehrendienst kommandierten Herren ihm das Geleit geben. Die Ankunft in Köln erfolgte heute abend gegen H12 Uhr. Von dort aus reiste der König dann unmittelbar nach Brüssel weiter. hier nnr mehr Frau v. Erpel und ihre Tante Hedwig vor, deren Mienen ihr genug zürnten, wenn sic auch schwieg. Aber das geängstigte schöne Mäd chen vermochte jetzt nicht einmal Bedauern über das wachsende innerliche Zerwürfnis mit ihrer Verwandten zu empfinden. Sie war nur von den Vorfällen des Tages, von der Todesdrohung, die über Friedrich Gerlands Haupte schwebte und ihrer vermeintlichen Schuld erfüllt. Mochten sie alle sagen, was sic wollten — sie hegte die Überzeugung, daß Frank Hol ters mit dem Überfall ihres Hausgenossen draußen in der Campagna in irgend einem Bezug stehe und sie erinnerte sich klopfenden Herzens der Stunde, in der die Cecca hier in dem kleinen Hofe von ihr Abschied genommen hatte — und daneben mit unheimlicher Deutlichkeit jeder Minute des heutigen Mittags! Sie mußte wieder und wieder an den Brief denken, der Gerland vor der Pforte von San Paolo übergeben worden war und meinte gehört zu haben, daß der halbwüchsige Campagnole, der ihn gebracht, vom Maler in der Vigne BreSchini gesprochen hatte. Wenn man FranceLca Holters, die Cecca, auffinden, sprechen könnte — sie würde mehr zur Aufsuchung, zur Sicherung und Rettung des Gelehrten vermögen, als Botschafter und Bankiers! Ein plötzlicher, leidenschaftlicher Antrieb, selbst zu versuchen, was alle Älteren und Erfahrenen um sie her außer acht ließen, wachte in ihr auf, wuchs mit der verstreichen den Minute. Sie fühlte sich hier wie gefangen und bereute jetzt fast, daß sie vorhin ihre Teilnahme an Friedrich Gerlands Geschick und Gefahr so lebhaft und unverhohlen gezeigt habe Als Frau v .Herbert die stumm vor sich hinträumende Nichte fragte, ob sie nicht mit auf ihr Zimmer kommen wolle, gab sic scheinbar ruhig zur Antwort, daß sie lieber hier oder unter den Bäumen des Hofes die Rückkunft von Fräu lein Addenhoven erwarten möchte. Wie eine unwider stehliche Mahnung, wie das Eingreifen einer höheren Gewalt schien es ihr, daß sie eben jetzt, wo ihr der glücklich erlösende Gedanke gekommen war, allein ge lassen wurde. Sie konnte jetzt nur an das Nächste denken, blitzschnell und ehe die beiden älteren Damen noch im Hausgang verschwunden waren, stand ihr Plan vor ihren Augen Sie mußte, da sie ohne Hut war, ihr schwarzes Schleiertuch um das Haupt legen, wie die Italienerinnen, mnßte die wenigen Schritte bis zum Tritone zurücklegen und dort einen Wagen vor der Porta Paolo und bis zur Vigne der Cecca nehmen. Erst als Erika dem plötzlichen und geheimnisvollen Antriebe ihres Herzens schon gefolgt, als sie aus dem Hause und der Via di San Basilio geschlüpft war und im Wagen saß, dessen Lenker sie vor der Hand die Kirche San Paolo Fuori le Mura als ihr Ziel bezeichnet hatte, fühlte sie mit einmal ihren Herzschlag stocken und eine kurze Anwandlung von Scham und Furcht drohte ihren Entschluß zu lähmen. Sie hatte zwar, ehe sie der Pension enteilte, auf eine Karte an Tante Hedwig in fliegender Eile die Worte geschrieben: .„Keine Sorge um mich! — ich suck-e Frau Francesca Holters, die in Doktor Gerlands Angelegenheit viel leicht den besten Rat und die rascheste Hilfe weiß!" — aber, indem sie sich jetzt besann, daß sie gar nicht wisse, wie lang ihre Fahrt währen und wie spät sie znrückkehren könne, durchschaue, e sie ein leichtes Bangen und sic wußte mit einmal, wie herben Miß dentungen ihr Schritt schon in ihrem nächsten Kreise unterliegen müsse. Niemand würde ihr Recht geben, sie nur begreifen — — Klara Addenhoven vielleicht ausgenommen. Toch die ursprüngliche kräftig reine Empfindung des jungen Mädchens — in der Erschüt terung der letzten Stunde vollends wachgcrufen — hielt auch der zweifelnden Überlegung Stand. Erika wollte thun, was sie schuldig zu sein glaubte und dann mochte kommen, was dem blinden Schicksal qcfiel. An den Trost, den ihr Klara Addenhoven mit Worten und Winken gespendet, glaubte sie nicht, jetzt nicht mehr! War es auch nun völlig gewiß, daß die ernste, ältere Freundin niemals Friedrich Gerlands Frau werden würde, — wer bürgte Erika, daß der Gelehrte die, um die er doch geworben, nicht auch wirklich liebte und die Erinnerung an Klara heilig bewahrte, wenn schon sie ihm nicht nach Deutschland und nicht zu sei nem Herde folgen mochte? Erika dachte nicht an sich, nicht an ein mögliches Glück, dessen Traum in den Monaten ihres römischen Aufenthalts sie unberufen umwebt und ihr geheime Schmerzen genug bereitet hatte — aber sie fand, daß, wenn ihr Gerland auch noch fremder sei, noch ferner stünde, als es der Fall war, in seiner augenblicklich.n schweren Gefahr jeder für ihn thun müsse, was er vermöge. Ängstlich fühlte Erika, während ihre Droschke über das römische Pflaster rasselte, ob sie ihre kleine Börse bei sich führe. Falls die Cecca — wie sie für gewiß hielt — etwas wüßte, etwas zu thun wüßte und dazu Geld bedürfte, traf sich's gut, daß sic die paar hundert Franken, die ihr Vater ihr zum Ankaus von römischen Geschenken angewiesen, vor wenigen Tagen erhoben und noch beinahe nicht angerührt hatte. «Fortfetzung folgt 1
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