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Beilage zur WeHeritz-Zeilung Hs Mittwoch den 10. September 1919 8ö. Jahrgang! Amtliche Bekauutmachnngen I . Verordnung über Milchhöchstpreise. 8 r- Der Erzeugerpreis sür Bollmttch wird festgesetzt wie folgt: Bei Bezahlung nach Für Lieferung ab Stall Für Lieferung frei Ab. gang,station, oder fall« keine Bahnb«sörderung ltatttindet, frei Ver- brauch»»» t oder Molkerei Litern 5t Pfg da« Liter 59 Pfg. dos Liter Gewicht 54,32 Psg. da» leg 57,23 Pfg. da» kx Liter. 18,67 Pfg. je Liter 19,67 Pfg. Frttprozenten gettpiozent je Llter.Fettpeozent Kilo. I»,I1 Pfg. j-Kilo. 19,0» Psg Fettprozrnlen Fettprozent je Kilo.Fettprozrnt 2 Soll die Milch nach Grundpreis und Liter' oder Ktlo-F«ttprozenkn bezahlt werden, fo sind die Einzellätze io zu bemessen, datz bei einem Fettgehalte der Milch von 3 °/o der Grundpreis und Zuschlag für Fettgehalt zusammen einen Preis von 5t Pfg. da» Liter oder 54,32 Pfg. das kg ab Stall bezw. 59 Pfg. da» Lttrr oder 57,23 Psg. das lcg frei Abgang«' station oder, fall» keine Bahnbesörderung stattfindet, frei Verbrauchsort oder Molkerei er geben. iS' Di- für Bezahlung nach Liter und Gewicht vorgelehrnen Preise beziehen sich auf Voll milch mit einem Fettgehalte von etwa 3 °/o Wenn sich auf Grund amtlicher Probenahme und Fettgehalkbestimmung heraus»,!», datz die gelieferte Vollmilch weniger als 2,8 °/o Fett enthält, so kann der Empfänger die Bezahlung der in dem betreffenden Monat gelieferten Vollmilch nach den so ermittrlten Liter- oder Kilo Feltprozentcn vornehmen- UFÜr Lieferungen nach Städten über 100000 Einwohner und ihren Vororten dürfen die im Abs. I festgesetzten Erzeugerpreise um 3 Pfennig erhöht werden, wozu bei zweimal täglich geladener Bahnmilch ein wei'erer Zuschlag von l Pfg. treten kann. Für die durch den Erzeuger an Städte über l00 000 Einwohner und ihr« Vororte gelieferte Achsenmilch dürfen 64 Pfg. für das Liter bewilligt werden. Für Bollmilchlirferungen nach Städten mit mehr als 100000 Einwohnern und ihren Vororten kann nutzer dem Höchstpreise ein Zuschlag bi« zu t Psg. für da« Liter solcher Vollmilch, die vor der Sieserung moliereimätzig behandelt worben ist, bezahlt werden. AI« molleriimStzig behandelt gilt Milch, wenn sie sich bei sofort nach Ankunst in der Molkerei vorgenommener Prüfung auf Säure als gut erweist, durch Zentrifugalkraft oder auf andere einwandfreie Weise gereinigt, alsdann mit Hilfe von Kählmaschinen auf etwa 2—5 Grad L herunter gekühlt und daneben, wenn es für erforderlich erachtet wird, sachgemätz pasteurisiert oder mit einem gesetzlich zulässigen Frischerhallungsmittel vorschriftsmätzig behandelt wird. Die Festsetzung besonderer Erzeugerhöchstpretse für den Verkauf ab Stall an Händler, welche die Vollmilch nach den Städten mit mehr al« 10V 000 Einwohnern und ihren Vor orten liefern, oder frei Geschäflslokal solcher Grotzstadthändler, soweit diese« sich autzerhalb solcher Städte und ihrer Vororte besindet, bleibt den Krrkhauplmannschaslen überlassen. 8 2. Der Höchstpreis für den Verkauf im Laden (Ladenpreis) ist durch die Kommunalver- bände und, wenn diese davon absehen, du.ch die Orlsbehirden frstzusetzen. Diese Stellen sind jedoch an folgende Höchstsätze gebunden: Der Ladenpreis darf nicht höher festgesetzt werden al«: a) in Gemeinden bi» zu 10000 Einwohnern auf höchsten» 67 Pfg. das Liter Vollmilch, b) in Gemeinden bi» zu 100000 Einwohnern und deren Vororten aus höchsten» 72 Pfg. das Liter Vollmilch, c) in Gemeinden über 100000 Einwohnern und deren Vororten auf höchsten« 82 Pfg. der Liter Vollmilch. Für Bruchteile eine« Liter« dürfen die Preise nach oben aus den nächsten vollen Pfennig abgerundet werden, worüber nötlgrnsall» die Ortsbehörde nähere Bor schristen Hisst. 8 3- Die Höchstpreise der §8 1 und 2 gelten nicht sür besonder« gewonnene oder bearbeitete Kinder- und Krankenmilch, für die den Kommunalorrbänden bezw. den Ortsbehördrn die Priisrrgrlung überlassen bleibt. 8 4. Der Lrzeugerhöchstprei» sür Magermilch und Buttermilch wird aus 24 Psg. da» Liter ab Stall oder Molkerei und auf 27 Pfg. da» Liter frei Abgangsstation oder, falls keine Bahnbeförderung stattfindet, srei Verbrauchsort oder Molkerei festgesetzt. Für Lieferung nach Städten über 100000 Einwohner und ihren Bororten dürfen die Erzeugerpreis« des Abs. I um 3 Pfg. für dar Liter erhöht werden. Bet Lieferung nach Städten mit mehr al» 100000 Einwohnern und ihren Bororten kann für solche Mager- oder Buttermilch, die sich bei gleich nach der Gewinnung sorge- nommener Prüfung aus Säure al» gut erwiesen hat, pasteurisiert und mit Hilse von Kühl- Maschinen auf mindesten« 5 Grad O herunter gekühlt worden ist, ein weiterer Zuschlag von 4 Psg. für da» Liter bezuhlt «erden. - M 8 s. —n-."- Der Ladenpreis für da» Liter Magermilch und Buttermilch darf nicht höher festgesetzt werden al» s) in Gemeinden bi» zu 10000 Einwohnern auf höchsten« 35 Pfg., b) in Gemeinden bi« zu 100000 Einwohnern und deren Vororten auf höchsten« 40 Pfg., c) in Gemeinden über 100000 Einwohnern und deren Vororten auf höchstens SO Pfg. Für Bruchteil- -ine» Litrr» dürfen die Preise nach oben auf den nächsten vollen Pfennig abgerundet «erden, worüber nötigenfall» die Ortsbehörde nähere Vor schriften trifft. 8 6. Für Zubringung in« Haus oder beim Verkaufe ab Wagen dü,f«n bi« zu 4 Pfg. für das Liter aufgrschlagrn werden. 8 7.. . Für den Kleinverkauf durch den Erzeuger unmittelbar an den Verbraucher ab Stall dürfen in den Gemeinden bis zu 10 010 Einwohnern höchsten» 59 Pfg. für das Liter Vollmilch und 27 Pfg. für da» Liter Mager- oder Buttermilch gefordert werden. Nur solch« milcherzeugendr Betriebe, die mindesten, die Hälfte der von ihnen erzeugten Milch zu dem für Ort« über 100000 Einwohner bestimmten, erhöhten Erzeugerpreis verkaufen, dürfen 62 Pfg je Liter Vollmilch fordern. In Gemeinden über 10000 Ein wohner und ihren Vororten darf der Erzeuger beim Verkaufe von Vollmilch und Mager- oder Buttermilch ab Stall den matzgebenden Ladenpreis, vermindert um 4 Psg, und tn den Gemeinden über 10000« Einwohner und ihren Vororten den vollen Ladenpreis fordern. Beim Verkaufe an Anstalten und andere Großverbraucher darf der Erzeuger bei Tage», lieferung von mindestens 20 Litern Vollmilch, Mager- oder Buttermilch nur «2 Pfg. für da» Liter Vollmilch und 30 Psg. für da« Litrr Mager- oder Buttermilch frei Lieferung«- stell« sordrrn. ' 8 8. Bei Rücklieferung solcher Molken, denen da« Eiweiß noch nicht entzogen worden ist, von der Molkerei an den Erzeuger dürfen diese mit höchstens 2 Pfg. je Liter ab Molkerei berechnet werden. 8 d- Sämtliche bl» zur Verladung im Bahnwagen an der Absendestelle oder bet Zuführung mit Geschirr bi» zur Ablieferung an die Empfangest«»« intstand«n«n Kost«n find au» L«m fr«i Abgangsstation bezw. Verbrauchsort oder Molkerei bestimmten Lrzeugerhöchstprei» zu bestreiten. 8 l«. Kommunaloerbände, in denen Grotzhandel mit Milch stattsiadet, haben Großhandel»- höchstputse für Boll-, Mager- und Buttermilch festzusetzen. Welche Ort« al« Vorort« im Sinne dieser Verordnung zu gelten haben, wird durch die Kreishauptmannschast bestimmt. 8 >2. Solang« die Kommunalverbände und Ortsbehördrn kein« niedrigeren Höchstpreise sür den Kleinverkauf al» die in 88 2, 5 und 7 bestimmten Höchstpreise seslsetzen, gelten dkl- Höchstsätze al« Höchstpreise. 8 l3. Der Landesfettstelle bleibt »orbehalten, höhere al» die in dieser Verordnung be stimmten Höchstpreise festzusttzen, wenn besondere Verhältnisse dir» angezeigt «»scheinen lassen. 8 14. Die Höchstpreise dieser Verordnung und die auf Grund dieser Berordnung festge setzten Preise sind Höchstpreise im Sinn« de« Gesetzes, betr. Höchstpreis« vom 4. August 1914 tn der Fassung der Bekanntmachung oom 17. Dezember 1914 (Reichsgesttzblatt S. 516). 8 15. Diese Verordnung tritt am 15. September 1919 in Kraft. Mit dem gleichen Tage tritt dir Verordnung über Milchhöchstpreise vom 11. September 19l8 (SSchs. Staatszritung Nr. 216 vom 16. September 1918) außer Kraft. Dresden, den 4. September 1919. Wirtschaftswinisteriu«. Czernins Erinnerungen. ^er ehemalige österyeichische AußMministcr über den Weltkrieg. Tie „Wiener Mittagspost" veröffentlicht einen Aus zug aus den Erinnerungen des Grafen Czernin, die unter dem Titel „Weltkrieg" in den nächsten Tagen erscheinen werden. Tas Buch des österreichischen Staats mannes enthält zwölf Abschnitte. Die einleitenden Betrachtungen setzen bei der europäischen Spannung im Jahre 1914 ein. Frankreich und England wollten nach Czernin den Krieg damals nicht. Graf Czernin beleuchtet die Nolle des deutschen Botschafters am Wiener Hofe und nennt ihn den deutschen Iswolski. Rumänien und Ita lien seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Als das größte Unglück bezeichnet Czernin den deutschen Einmarsch in Belgien. Bismarcks Erbe sei, so führt Czernin weiter ans, ein Fluch für Deutschland gewesen. Kaiser Wilhelm sei Gefangener seiner Generale gewesen. ' Ter zweite Abschnitt „Konopischt" gibt eine scharfe Charaktcrzeichnnng F r a n z F e r d i n a n d s. Er sei eine unausgeglichene Natur gewesen, verbittert und von einer fanatischen Antipathie gegen alles Ungarische erfüllt. Je mehr seine Beziehungen zu Kaiser Franz Josef erkalteten, um so mehr fühlte er sich zu Kaiser Wil helm htngezogen Ein Drei-Katser-Bündnis Oesterreich. Ungarn, Deutschland, Rußland sollte einen Wall gegen die Revolution bilden, aber für einen engen politischen Anschluß an Deutschland war Franz Ferdinand nicht. Er war kein Kriegshetzer und stand Serbien im all gemeinen nicht unfreundlich gegenüber. Kaiser Wil helm hatte mehr als einmal Zweifel am Ausbruch des Krieges. In seinen Kriegszielen sei er schwankend gewesen. Der deutsche Kronprinz sei 1917 aus gesprochener Pazifist gewesen. Im Februar 1917 streckte das Rußland Nikolaus' einen Friedensfühler aus. Dann bricht die russische Revolution aus. Im Verlaufe seiner Friedensbemühun gen erhält Czernin vom deutschen Reichskanzler Tr. Michaelis einen Brief, in dem er Belgien, Kur land, Litauen, Polen in nahen militärischen und wirt schaftlichen Zusammenhang mit Deutschland zu brin gen und Longwy und Brie» für Deutschland wirtschaft lich nutzbar zu machen wünscht. Die deutsche Oberste Heeresleitung fordert ihrerseits militärische Kon trolle Belgiens und ein Schutz- und TruhbündniS mit Deutschland, ferner Lüttich und die flandrische Küste. In der „Wilson" betitelten Schrift behauptet Czernin u. a., daß Verständigungsversuche mit dem Präsidenten durch seine Demission unterbrochen wur den. Bezüglich Polens sagt Czernin, daß einer der Hauptgegner der austro-polnischen Lösung Tisza ge wesen sei. Während der Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk drohten sogar die Bulgaren. Die Deut schen befürchteten, die Entente könnte auf den allge ¬ meinen Frieden eiygehen. Hindenburg sandte wütende Telegramme, daß man auf alles verzichtete, Ludendorff telephonierte stündlich, General Hoffmann wünschte, daß die Verhandlungen scheiterten, um den Russen noch ein ordentliches auf den Kopf zu schlagen und auf Peters burg loszugehen. KaiserWilhelm sandte ein Tele gramm, in dem er Livland und Estland forderte. Tas war die Stimmung, in der ein Friede geschlossen werden sollte. Aus dem Abschnitt: „Friede don Bukarest" ist zu ersehen, daß Deutschland die Besetzung noch! 4—0 Jahre nach dem allgemeinen Frieden verlangte. In der Schlußbetrachtung spricht sich Czernin über, den Diktatfrieden von Versailles und über die Weltge- fahr des Bolschewismus aus und er hofft eine Korrektur der heutigen Lage durch die künftige Generation. * Man wird das Erscheinen des Buches Czernins abwarten müssen, um seine „Enthüllungen" zu beur teilen. Vorläufig darf man noch Ungcnauigkeiten des Auszuges annehmen, wie bei den nach dem englischen Manuskripte gemachten Auszügen aus Tirpitz' Buche, die in einigen Blättern gegen den Willen des Verlegers und Verfassers nach Drahtberichten aus Holland er- schienen sind. Wenn sein Buch erschienen ist, wird weiter darüber zu reden sein.