Volltext Seite (XML)
sSkretär Bauer in Berlin vereinbart hat. Die Regie rung denkt durchaus nicht daran, mit den österreichischen Deutschen Schacher zu treiben. Eine hochstehende englische Persönlichkeit erklärte der Wiener Negierung, daß ein direktes Verbot des Anschlusses nicht erfolge, daß der Verband nur gewisse Konsequenzen aus dein Anschluß ziehen würde. Ter »»verhüllte Kolonialraub. Dem „Temps" zufolge ist man übereingekommen das künftige Schicksal Kameruns und Togos von England und Frankreich allein bestimmen zu lassen und zwar außerhalb des Ma ldatsystems. Frank reich bekommt von Kamerun fünf Sechstel, die mit seiner Nachbarkolonie vereinigt werden sollen! Da- init wird in letzter Stunde der dünne Schleier, der !Über eine Annexion der Schutzgebiete durch Völker bundsvertrag, in Gestalt der mit gewissen Bedingungen verknüpften Mandate, geworfen wurde, für einen er heblichen Teil des geraubten Besitzes fallen gelassen. -Da schon nach dem Völkerbnndsvertrag Südweßalrika !»nd die Südseekolonien als integrierende Bestandteile den benachbarten englischen oder japanischen Gebieten angegliedert werden sollen, bleibt für das reine Man datsystem nur noch Ostafrika übrig, und es ist ao- zuwarten, ob es auch hier überhaupt verwirklicht wird. ^Einstweilen hat sich England diese große Ko- 'lonie allein gesichert. h Tie Haltung der Parteien. Die Fraktionen der deutschen Nationalversamm lung treten mit Aufrufen an die Oeffentlichkeit. Die jFraktion der Deutschen demokratischen Partei erklärt: „In dieser schwersten Stunde deutscher Geschichte darf nur eine Stimme zu hören sein: das „Nein", mit dem das deutsche Volk in gerechter Empörung diesen Gewaltfrieden ablehnt." Die christliche Volkspartei tritt kräftig für einen s Frieden der Versöhnung und der Gerechtigkeit auf. ! „Nachdrücklich geführte Verhandlungen müssen streben, dies Ziel zu-erreichen." Der Aufruf der Deutschnationalen Volkspartei schließt: „Für uns ist dieses Friedensangebot unan- .nehmbar." — Auch die Deutsche Volkspartei erklärt den FricdeuSvorschlag für „glatt unannehmbar." Im „Vorwärts" spricht sich Stampfer für die Nicht- >Unterzeichnung des Friedens aus. Die „Sozialistische Korrespondenz" sagt: „Die unabhängige Presse pro pagiert in fetten Lettern: Wir müssen zeichnen. Wenn ies den deutschen Unterhändlern nicht gelingt, mildere ^Bedingungen zu erreichen, dann mögen nur die U n ab hängigen es unternehmen, den Frieden abzuschlie ßen. Aber sie allein, ohne uns." :: Ei» sozialdemokratischer Parteitag ist zum 2.0. Juni nach Weimar einberufen. . GLe feindliche Presse. TaS Triumphgeschrei' der französische» Presse. Di« französische nationalistische Presse ist mit den maßlosen Bedingungen des Friedensvertrages noch im mer nicht restlos zufrieden gestellt. So fordert das „Echo de Paris", daß das Saargebiet für immer und bedingungslos Frankreich einverleibt werde. Fer ner bemängelt das Blatt die zu kurze Tauer der militärischen Besetzung des linken Rheinufers. Nur eine längere Besetzung könne die vollständige Er füllung der Verpflichtungen Deutschlands garantieren. Das Leibblatt der nationalistischen Royalisten „Ac tion francaise" schreibt: Der Friede sei hinsicht lich der politischen AuSführungsmiltel ungenügend und deshalb gefährlich. Dem deutschen Volke dürfe kein Hoffnungsstrahl gelassen werden. Das Pariser Hetz blatt, der „M a t i n", vergleicht unsere Delegierten und ihre äußere Erscheinung mit der Pariser Apa- chcn-Bande Bonnot-Garnier, die 1913 geköpft wur den. Aus dem lauten Konzert der Pariser Presse stimmen tönt unverhüllte Bosheit und billiger Spott heraus über den Eindruck, den die Veröffentlichung Ler Bedingungen in Deutschland gemacht hat. Die -sozialistischen Blätter protestieren heftig gegen die Friedensbcdingungen, die die „Humanite" einen „Frieden der Gewalt, des gefräßigen Imperialismus und der Ungerechtigkeit" nennt. Die Klausel über das Saargebiet sei die schlimmste Gewalttat des Vertrages. Ebenso schlimm sei die Wegnahme der deutschen Ko lonien. Der „Populaire", das Organ der Minder heit der sozialdemokratischen Partei, weist darauf hin, daß den Deutschen eine vierzehntägige Frist zuge- standcn wird, um den Friedensvertrag zu lesen und zu studieren uttd darüber zu beraten. Er meint, Frist und Studium seien durchaus unnötig. Sie bedeuteten lediglich eine neue Heuchelei der französischen Impe rialisten, da Deutschland siH wohl oder übel beugen müßte, Bedingungen zu unterschreiben, zu deren Ach tung es sich unmöglich würde entschließen können. Die amerikanische Presse erklärt einstimmig, daß der Friedensvertrag Deutschland absolut machtlos gemacht und ihm den verdienten Lohn gegeben habe. Obwohl die Bedingungen als sehr streng angesehen werden, habe in Washingtoner Regierungskreisen nie die Absicht bestanden .sie zu mildern, da sie nicht über die geziemende Strafe hinausgehen. Außerdem sei man der Ansicht, daß die Deutschen trotz alledem ^81 in vresäen -wk rt«r -wirwttunx klie Woknunze-S« In wlrck 61» vorxotNkrt. unterschreiben werden. „N ewyork World" schreibt: Tics ist der drastischste und strengste Friede, der je einem Staat aufcrlcgt wurde. Im Zusammenhang mit dem Völkerbund macht das Abkommen dem Im perialismus, der der Welt soviel Blut und Geld ge kostet hat, auf immer ein Ende. Das in Bromberg erscheinende polnische Blatt „Dziennit Bydgoski" bespricht die Friedensbedtngun- gen in einem „Auf die Knie" überschriebenen Ar tikel, in dem es u a. heißt: Vielleicht sind nicht alle unsere Hoffnungen und Träume erfüllt worden, aber das, was uns die Entente gibt, ist doch gewal tig, so daß w-ir der göttlichen Vorsehung als der Lenkerin unserer Geschicke nur danken können. Scharfe Kritik der englische» Liberale». „Daily News" geben einige Stimmen führen der Männer über den Friedcnsvertrag wieder. Pro fessor Gilbert Murray sagt: Ter Vertrag enthält einen Stachel gegen den Frieden und ist eine Heraus forderung zu einem Krieg. Bernhard Shaw sagt ironisch: Tie Frieden-'bedingnngen machen die' Welt sicher für die Temokra ie in Leutähland und schreck lich unsicher für sie überall sonst. Wir haben Deutsch land seiner ganzen imperialistischen Würde enthoben und sie auf die eigenen Schultern genommen. Der Arbeiterführer Clynes sagt: Die Zerstückelung deut schen Gebietes mit Ausnahme Elsaß-Lothringens wird für unsere Zukunft eine Gefahr bleiben, es sei denn, daß mittels des Völkerbundes eine neue Regelung ge troffen wird. Der Arbeiterführer Snowdon erklärte: Ter Vertrag muß Räuber, Imperialisten und Mili taristen befriedigen. > - Räumung Lettlands. Rückzug der dcntschen Streitkräfte aus Litauen mrd Lettland. Im Auftrage der britischen Regierung hatte bei englische Vertreter in Spaa am 22. April die deutsch« Regierung um die sofortige Wiederherstellung der Lag« in Li bau ersucht, wie sie vor dem StaatSstreH gegen die lettische Negierung bestanden habe. Dieser Staatsstreich sei von den Deutschen ausgeführt wor den. Deutscherseits war auf diese durch nichts be gründete Anschuldigung erwidert worden, die deutsch« Regierung mische sich tn die innerpolitischen Ver hältnisse von Lettland nicht ein, könne aber auch ein Recht ein,er anderen Regierung auf eine solch« Einmischung nicht anerkennen. Gegenüber den Be hauptungen der englischen Note stellt sie fest, daß deutsche Truppen und Behörden keinen Staatsstreich gegen die lettische Regierung ausgeführt haben und an einem solchen sich auch nicht beteiligten. In einer weiteren Note verlangte der englische Minister Balfour im Auftrage der Entente u. a. die unmittelbare Zurückberufung des Generals von der Goltz und die Bezeichnung „Deutsche Hilfskräfte" für die deutschen Streitkräfte von Latvia statt .Aesatzungs- armee". Vor Erfüllung dieser Bedingung sollten keine Lebensmittel irgendwelcher Art für die deutschen Streitkräfte in Libau ausgeschifft werden. Die Neichsregierung ließ am 8. Mat durch Reichs minister Erzberger in Spaa eine Note überreichen, tn der sie nochmals die Anschuldigungen, die deutsche Regierung habe den Sturz der lettischen Regierung begünstigt, aufs schärfste zurückwies und die Erfül lung der übrigen Forderungen verweigerte. Sie wird vielmehr die gesamten Streitkräfte aus Lettland und Litauen in kürzester Zeit zurückziehen. Tie vorberei tenden Schritte zur Herbeiführung einer Waffenruhe und eines sich daran anschließenden Waffenstillstan des mit den gegenüberstehenden Truppen sind bereits eingeleitet. Die Zurückziehung wird in einem Zeit raum erfolgen, durch welches das dem Deutschen Reich gehörige Eigentum in Lettland und Livland gesichert wird. Die Verantwortung für die aus der Räu mung von Lettland und Litauen entstehenden Fol gen tragen di«j alliierten und assoziierten Mächte. Eine Unterstellung von deutschen Truppen unter den Oberbefehl der Entente ist ein Ting der Unmög lichkeit. Tie fretgewvrdeueu Truppen können viel bes ser verwandt werden in den deutschen Ostprvvinzen, wo vielleicht manches anders gekommen wäre, wenn die jetzt zurückkehrenden Truppen schon früher der Heimat zur Verfügung gestanden hätten. ! Bekanntgabe des Friedensvor- t schlages von 1916. Deutschland maßvoll «lS Sieger. ' ! ' .Die beste Möglichkeit, Rückschlüsse auf die Kriegs schuld zu ziehen, bietet die Gegenüberstellung der Frie densbedingungen, die Deutschland im Falle des Sieges gestellt haben würde, mit denen, die unsere Feinde dem besiegten Deutschland stellen. Je mehr einer fordert, wenn das Glück des Krieges sich zu seinen Gunsten entscheidet, umsomehr Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß er den Krieg um dieser Forderungen willen angefangen hat. Es ist der deutschen Negierung häufig zum Vor wurf gemacht worden, sie habe der Welt keine Kriegs- zicle verkündet. Dies ist nicht geschehen, weil die deutsche Negierung erwarten mutzte, die Bekanntgabe ihrer maßvol len Ziele werden ihr als Schwäche gedeutet werden, solange die Gegner an ihren von vornherein maßlosen Vernichtungsplänen festhielten. Deshalb waren auch in dem Friedensangebot vom 12. Dezember 1916 formulierte Bedingungen nicht an gegeben. Indessen haben damals solche Bedingungen bestanden und sie sind im Frühjahr 1917 dem Präsidenten Wilson als ein Beweis unseres Ver trauens mitget eilt worden. Diese Bedingungen, oder richtiger diese Grundlagen für Friedensverhand lungen (an einen Diktatfrieden war dabei nicht ge dacht) waren folgende: Zurückerstattung des von Frankreich be- setzten Teiles von Ober-Elsaß. s Gewinnung sicher Deutschland und Polen gegen , Rußland strategisch und wirtschaftlich sichernden Grenze. Koloniale Restitution in Form einer Verstän digung, die Deutschland einen seiner Vevölkerungs- zahl und der Bedeutung seiner wirtschaftlichen Inter essen entsprechenden Kolonialbesitz sichert. Rückgabe der von Deutschland besetzten fran zösischen Gebiete unter Vorbehalt strategischer und wirtschaftlicher Grenzberichligungen sowie sinanzieller Kompensationen. Wiederherstellung Belgiens unter be stimmten Garantien für die Sicherheit Deutschlands, welche durch Verhandlungen mit der belgischen Re gierung festzustellen wären. Wirtschaftlicher und finanzieller Ausgleich aus der Grundlage des Austausches der beiderseits er oberten und im Friedensschluß zu restituierenden Gebiete. Schadloshaltung der durch den Krieg ge schädigten Unternehmungen und Privatpersonen. Verzicht auf alle wirtschaftlichen Abmachungen und Maßnahmen, welche ein Hindernis für den nor malen Handel und Verkehr nach Friedensschluß bil den würden, unter Abschluß entsprechender Han delsverträge. Sicherstellung der Freiheit der Meere. Die Friedensbedingungen der Verbündeten Deutschlands bewegten sich in gleichmäßigen Grenzen. Die deutsche Regierung erklärte sich ferner be reit, auf der Basis der Senatsbotsclast des Präsiden ten Wilson in die von ihm nach Beendigung des Krie ges angcstrebte internationale Konferenz einzutreten. Nun möge das deutsche Volk und die Welt er messen, auf welcher Seite Billigkeit und Recht, auf .welcher Unrecht und Schuld zu suchen sind. Politische Rundschau. :: Tic Entente verbietet Tcutkchlans den Berkaus vo» Flugzeugen. Tie deutsche Waffenstillstandskom- mission meldet aus dem Bericht aus Spaa u. a.: Ge neral Nudant erklärte im Namen der alliierten und assoziierten Regierungen, daß feder Verlauf von deut schen Flugzeugen an das Ausland verboten sei, und verlangte die sofortige Mitteilung von Maßnahmen der deutschen Negierung zur Eins el'nng dieses verbo tenen Handels. — Im Auftrage des Marschalls Foch teilte Nudant ferner' mit, daß die Einrichtung direkt ter Züge zwischen Frankfurt und Darmstadt versuchsweise genehmigt worden sei. Die Züge sollen aus den Zwischcnstationen des besetzten Gebietes nicht halten. :: Haase für Unterschreibe» unter Protest. Der Führer der Unabhängigen hatte nach einer Meldung einer Berliner Mittagszeitung eine Unterredung mit dem bekannten englischen Publizisten Brailsford, in deren Verlauf er auseinandersetzte, warum Deutsch land unterzeichnen müsse, wenn die Bedingungen auch noch so hart wären. Passiver Widerstand, der allein möglich sei, könnte das heutige Elend nur verschär-s fen. Tie hungernden Arbeiter würden, ivenn sie dies Situation begreifen, jede Regierung stürzen, die für' das Anfhören der fremden Lcbensmittelzufuhreu ver antwortlich wäre. Wie alle seine Parteigenossen, er-l warte er in absehbarer Zeit eine Revision. Wir wer-! den, so erklärte Haase, unter Protest unterzeichnen! mit der Absicht, an das Svlidaritätsgeftthl der Ar-i beiter der alliierten Länder zu appellieren. :: Ei» tschechischer Geschäftsträger in Berlin. Im Auftrage der tschechv-slowalischen Republik traf vor einigen Tagen eine Persönlichkeit aus Prag hier ein,' um die Handelsbeziehungen zwischen der deutschen und der tswechv-ftowakischen Republik in die Wege zu leiten. Der Geschäftsträger soll vor allem auch die Möglichkeit herbeiftthren, den Reiseverkehr zwi schen Deutschland und den einzelnen Städten Böh mens, insbesondere Karlsbad, Marienbad und Fran zensbad wieder in Gang zu bringen. — Die geiamte norwegische Presse mit einer ein zigen Ausnahme verurteilt den Versailler Entwurf als einen reinen Gcwaltfrieden.