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-erhalten. — So war Edenberg durch doppelte Fesseln der Dankbarkeit an Markmann gebunden, und auS diesem Verhältnis war nach und nach eine aufrichtige Freundschaft geworden. In allen Fällen, wo er einen zuverlässigen Ge hilfen brauchte, erwählte sich Kommissar Markmann Eden berg, denn immemr konnte er sich bei ihm darauf verlassen, daß alle seine Anordnungen mit größter Intelligenz auS- geführt wurden. Markmann begrüßte den Eintretenden nur mit einem Kopfnicken und erzählte ihm dann in kurzen Worten die Geschichte deS verlorenen DokunientS und der Erpresser- brlefe. Mit großem Interesse war Edenberg derselben ge folgt und betrachtete dann aufmerksam die anonymen Briefe. „Der anonyme Bricfschreiber hat unS selbst einige Anhaltspunkte über sich gegeben," meinte Markmann lackend. Unsere Schwierigkeit besteht nur darin, heraus- zubckommen, ob diese Briefe nur eine schlaue Spekulation sind, obre ob derjenige, der sie verfaßt hat, wirklich daS Dokument besieht. Doch vorläufig wollen wir den Brief- schrcibcr zu ermitteln suchen. Wie gesagt, er gibt uns über sich verschiedene Anhaltspunkte. Die Frakturschrift ist so schön und regelmäßig- daß anzunehmen ist, daß derjenige der die Briese in ihr geschrieben hat, große Uebung in der Abfassung kalligraphischer Schriftstücke besitzen muß . . . Nach dem Stil der Briefe und der schlechten Interpunktion dürfte man seinen Verfasser auch nicht in den gebildeten Kreisen zu suchen haben. „Castor und Apollo" und „we gen Ihnen" ließe dies wenigstens kaum zu. Allerdings ist auch nicht ausgeschlossen, daß ein gebildeter Verfasser diese Schnitzer absichtlich in den Brief hineingeschoben hat, um den Verdacht von sich abzulenken. Wir müssen auch dies im Auge behalten." Edenberg nickte, während der Kommissar fortfuhr: „Nach der Schilderung der Majorin könnten folgende Personen als Schreiber in Betracht kommen: der Buerau- vorsteher und der Schreiber des Rechtsanwalts, die Auf- wäterin und ihre Familie, der Rechtsanwalt selbst — doch der Kommissar lächelte bei diesen Worten leise — die Portiersleutc im Hause des Anwalts, alle Hausbewoh ner und der Inhaber des Fundbureaus, bei dem das Do kument abgegeben werden sollte. . ." „Ja, Herr Kommissar," entgegnete Edenberg eifrig. „Ich hoffe, Sie werden mir erlauben, mich recht bald nach diesen Leuten umzusehen." „Wollen Sie die alle auf sich nehmen?" fragte Mark mann lächelnd. „Nun, warten Sie nur noch ein Weilchen. Am wahr scheinlichsten sieht es ja nach dem wenigen, was wir bis jetzt wissen, aus, daß der Bureauvorsteher oder Schreiber des Anwalts die Verfasser der Briefe sind, denn diese beiden wissen, wie wertvoll der Majorin das Dokument ist. Ob sie dasselbe in Wirtlichkeit besitzen, oder ihre ganze Geschichte von A bis Z erlogen ist, muß, wie ich schon vor hin sagte, später ermittelt werden. Aber nun sehen Sie sich, bitte, den Stempel dieser beiden ersten Briefe an. Dieselben sind zwischen cinhalb sieben bis einhalb acht Uhr abends abgcstempelt ... cs wäre also sehr leicht möglich, daß der Burcauvorstehv oder der Schreiber oder beide zusammen sic nach dem Verlassen des Bureaus in den Kasten gesteckt haben. Wenn diese Möglichkeit zu trifft, so wurden also die Briefe im Bureau selbst ge schrieben. Aber nun sehen Sie den Stempel des aller letzten Briefes an, den die Majorin heute früh erhalten hat — er ist zwischen fünf und sechs Uhr nachmittags in den Kasten gesteckt worden. — Sie werden Erkundigun gen anstellen, ob um diese Zeit einer der Bureauange stellten außerhalb des Bureaus war." Edenberg nickte. „So, das ist alles, was ich Ihnen vorläufig zu sagen habe," fuhr der Kommissar fort, „und Sie können Ihre Nachforschungen beginnen." „Ich weiß, daß Sie eine ganze Menge in Erfahrung gebracht haben werden, wenn wir uns Wiedersehen. Kom men Sie, bitte, heute abend um neun zu mir in meine Privatwohnung. — Und wenn wir uns im Laufe des Tages noch sehen sollten, so wundern Sie sich nicht allzu sehr. Ich Hosse zwar, daß Sie mich nicht erkennen wer den, aber, bitte, sehen Sie sich auch jeden, der Ihnen begeg net, an, ob er sich Ihnen nicht durch unser geheimes Er kennungszeichen entdeckt. Und merken Sie Wohl auf — wenn ich mir daun ganz kurz mit der Hand über das Gesicht fahre, so ist das eine dringende Aufforderung, daß Sie alles aufbieten, alle Anwesenden aus dem Zimmer zu entfernen. Es ist möglich, daß ich Sic in dieser Be ziehung brauche; darum seien Sic zwischen sechs und einhalb sieben Uhr in dem Bureau des betreffenden Rechts anwalts." Nun erhob sich Edenberg und verabschiedete sich. „Ich hoffe, daß auch Sic mich nicht so leicht in meiner Ver kleidung erkennen werden, Herr Kommissar," meinte er noch, und dann verließ er seinen Vorgesetzten, um den ihm erteilten Auftrag auszuführeu. Auch der Kommissar legte sich zu dem, was er vor hatte, alles Nötige zurecht. „Wenn mein heutiger Plan gelingt," dachte er dabei, „dann werde ich bei dem näch sten anonymen Priese wisse», wer — wenn er überhaupt im Bureau des Anwalts geschrieben wurde — sein Ver fasser ist." Vor dem Hanse, in welchem der Rechtsanwalt, ver Frau von Zerbst vertrat, wohnte, stand kurze Zeit spä ter ein mit ausgesuchtester Eleganz gekleideter Herr. Un schlüssig betrachtete er eine Zeitlang das Schild, das die Aufschrift „Rechtsanwalt Richter" trug, und pochte dann schließlich an die Portiersloge an. Als gleich darauf der Portier seinen struppigen Kopf daraus hervorstreckte, fragte er höflich: „Entschuldigen Sie, wohnt hier vielleicht im Hanse ein Rechtsanwalt Monitz oder Moritz?" „Nee. Haben Sie denn nicht draußen gelesen, daß unser Rechtsanwalt „Richter" heißt?" entgegnete der Por tier, ein bärbeißig aussehender Mann, der sich durch die elegante Erschein»» des Fremden auch nicht ein Jota zur Höflichkeit bestechen ließ, im mürrischem Tone. „Ach, also Richter und nicht Moritz," entgegnete der Fremde enttäuscht. „Das doch wirtlich ein fataler Jr- Mm. Und ich war ganz sicher, daß ich mich in dem Na- men nicht verhört hatte." „Ja, da ist nun nichts zu machen," entgegnete der sortier, in dem Tone eines geärgerten Brummbären. „Ein RechtSanwatt Moritz wohnt hier nicht." Am lieb«, sie» hätte er de« Fremde«, der eS wagte, feine Ruhe durch Fragen zu stören, die ihm doch schließlich seine eigenen Augen beantworten konnten, die Tür vor der Rase zu geschlagen; aber in demselben Augenblick, wo er mit die sem Entschlusse schwankte, kam eine Frau, der die elegante Erscheinung des Fremden bei weitem mehr Interesse ein- flößte als ihrem Herrn Gemahl, dazu, und sogleich wandte sich der Herr nun an sie, indem er fragte: „Könnten Sie mir wenigstens vielleicht sagen, ob hier in der Nähe ein Rechtsanwalt Moritz wohnt? Ich würde Ihnen gern da für erkenntlich sein." Diese Worte verwandelten sofort das an sich schon nicht unfreundliche Wesen der Frau in äußerste Zuvor kommenheit, und sogar ihr Herr und Gebieter bequemte sich jetzt dazu, ein weniger strenges Gesicht zu machen. „Moritz . . . oder ... ja, ähnlich muß der Name gewesen sein," entgegnete der Herr .. . „Es ist doch wirk lich eine recht fatale Sache. Ein Freund bat mich nämlich, zu einem Anwalt, dessen Ramen er mir auch nannte, und der mir in der Erinnerung etwa wie Moritz zurückge blieben ist, und der, wen» ich mich recht entsinne, in diesem Hause wohnen sollte, zu gehen — aber nun heißt der An walt hier im Hause Richter, und ich kann doch kaum glau ben, daß ich mich so verhört habe." „Vielleicht hat aber Ihr Freund den Namen ver- wechselt gehabt," entgegnete die Portiersfrau eifrig. „Denn was unser Herr Rechtsanwalt ist, an den wenden sich auch viele feine Herrschaften, und einer empfiehlt ihn immer dem anderen weiter. " „So? Nun, das wäre ja auch möglich! Mein Freund sagte mir allerdings, daß dieser Anwalt eine sehr große und vornehme Praxis hätte . . .," entgegnete der Fremde. „Trifft das also bei diesem Rechtsanwalt zu?" „Na, aber ganz gewiß!" entgegneten beide Portiers leute voller Stolz wie aus einem Munde. „Die Fälle, die er unter sich hat, die gewinnt er meistens." Der Fremde lächelte. „Na — ja! Ist denn aber auch sein Publikum vornehm?" „Wenn das nicht vornehm ist, dann Weitz ich über haupt nicht, was feine Leute sind," entgegnete die Portiers frau. „Unsereiner sieht doch auch, Ws für Leute zu ihm raufgehen l Und reiche Leute sind es auch. Da war ja erst neulich eine Dame, die nur als Finderlohn für ein Schrift stück, das sie verloren hatte, fünfzig Mark Belohnung aus setzte." „Alle Achtung! Das ist ja eine recht ansehnliche Summe!" meinte der Herr. „Haben Sie sich die verdienen können?" Bedauernd zuckte die Portiersfrau die Achseln. „Nee, da war nichts zu machen," erwiderte sie. „Sie können sich Wohl denken, wie gern man sich das Geld verschafft hätte! Ich hab', möchte ich sagen, jeden Winkel im Hause nach dem Dokumente durchsucht — aber da war nichts zu finden! Und wenn die Dame es wirklich hier im Hause verloren hätte, wäre es doch hier geblieben, nicht wahr? Es wohnen doch nur lauter vornehme Leute bet uns, die nicht soleicht jedes Papier, das auf der Trepp^ liegt, auf heben würden." „Nun, überhaupt!" sagte der Herr. „Wenn in einem Hause, wo ein Portier ist, etwas verloren wird, dann ist das doch leicht festzustellen, denn Sie wissen doch Wohl je derzeit, wer hier ein- und ausgeht!" „Na, natürlich! Und gestohlen wird in unserem Hause überhaupt nichts. Die Leute, die an diesem Abend zum Haus raus und reingegangen sind, die habe ich gleich gefragt, ob sie nicht ein solches Papier gesehen hätten!" „Na, wenn viele Leute aus und ein gegangen sind, dann wird solch Papier leicht zertreten!" meinte der Herr. „Es waren gar nicht viele Leute . . .," meinte der Portier.« „Es waren nur die beiden Mädel aus der drit ten und zweiten Etage, die zusammen in die Markthalle gingen. Und da hätte es doch die eine gesehen, wenn's die andere gesunden hätte! Und dann natürlich waren es ein bißchen nachher die beiden Angestellten vom Herrn Rechtsanwalt — das heißt, zuerst kam der Schreiber, der geht jetzt beinahe jeden Tag früher aus dem Geschäft fort, und auch an dem Tage ging er beinahe gleich nach der Dame, obwohl er eigentlich erst um halb sieben gehen dürfte." „Nun, das muß aber eine gute Kraft sein," bemerkte der Herr kopfschüttelnd. „Mich wundert, wie der Herr Rechtsanwalt dergleichen dulden kann." . „Na, der weiß doch nichts davon. — Das weiß nur der Bureauchef, aber der lachte mich mal aus, als ich zu ihm darüber sprach, und meinte, der junge Herr hätte jetzt eine Braut, die in einem Geschäft ist, das ganz pünktlich um sechs Uhr geschlossen wird, und da hat er ihn himmel hoch gebeten, er solle ihm doch erlauben, seine Schreibe reien mit nach Hause zu nehmen und da am Abend zu Ende auszuarbeiten, und ihn um sechs Uhr fortzulassen. Und der Bureauvorsteher ist ein sehr gutmütiger Herr und hat es ihm erlaubt, und hat zu mir gesagt, der Schreiber schriebe jetzt besser und ordentlicher, als wenn er mit un- ruhigem Herzen im Bureau bleiben müsse." Der Herr lächelte. „Aha! Solche Opfer bringt die «eruevryett zustande. TM das der Schreiber denn schon lange?" „O gewiß, Herr, schon ziemlich lange. — Na, und waS ich sagen wollte, — kaum war an dem Abend auch der Bureauvorsteher gegangen, da kam die Dame voller Angst zu uns und fragte uns, ob nicht irgend solch ein Doku ment auf der Treppe läge; — sie versprach mir gleich eine hübsche Belohnung, na, und ich suchte da die ganze Treppe ab, aber es war nichts zu finden. Die arme Dame war außer sich, und ich konnte ihr nicht helfen, sondern sie nur auf den nächsten Tag vertrösten, wo das Bureau geöffnet werden würde, imd das Dokument sicher noch gefunden werden würde. — Ja, trösten läßt sich's leicht — aber als am anderen Tage daS Bureau geöffnet wurde, da war auch trotz allem Nachsuchen nichts zu finden." „Das ist allerdings für die Dame bedauerlich," meinte der Herr. „Es läßt sich ja denken, wie wertvoll das Dokument für sie gewefen sein mag, wenn sie es so reich bezahlen wollte!" „Nicht wahr? Ja, das glaubten sie alle, auch die beiden Mädchen, die gleich nach der Dame die Treppe her untergekommen waren. Sie können sich denken, wie sich die aeLraert haben, datz he da» Dokument NiM «tz»rchY» hatten. "Und auch die alte Aufwärterln, die daS Vuremtz des Anwalts anfräumt, die hat auch schon aller danach durchsucht." Der Herr, der voN Interesse der darüber höchst ge schmeichelten Portiersfrau zugchört hatte, zog jetzt seine Uhr hervor und sagte: „Ja, die Sache ist recht tragikomisch, — aber leider weiß ich nun immer noch nicht, ob mein Freund damit einverstanden sein würde, wenn ich hier zum Rechtsanwalt Richter hinausgehe. Doch da fällt mir ebe« ein — er erzählte mir gestern, daß er am Nachmittag, ich glaube zwischen einhalbfünf und einhalb sechs Uhr einen Angestellten des betreffenden Anwalts getroffen und sich schon mit diesem über die Angelegenheiten, in welcher ich den Anwalt aufsuchen soll, unterhalten hat. Wissen Sie vielleicht zufällig, ob gestern um diese Zeit einer der An- gestellten des Rechtsanwalts Richter auf der Straße ge wesen sein kann?" Fragend blickte die PortierSfrau aus ihren Mann; doch dieser schüttelte, nachdem er ein Weilchen «achgedacht hatte, brummend mit dem Kopfe. „Nee, nee" — erwiderte er. „Das war dann unser Anwalt nicht, denn von seinen An gestellten ist gestern nachmittag keiner nicht auSgewesen!" „Nan, dann will ich lieber zn meinem Freunde zurück und ihm sagen, was er mir da für ungenaue Angaben ge macht hat. . .," meinte der Herr leichthin. Dann drückte er der Portiersfrau ein Trinkgeld in die Hand, dessen Größe die hocherfreute Frau veranlaßte, ihm in tiefster Devotton die Tür zu öffnen und vom Herzen zu bedauern, daß zu ihrem Rechtsanwalt nicht öfter auch solche Klienten kamen!" Doch so dankbar auch das Andenken war, daS sie dem freundlichen Herrn in ihrem Herzen bewahrte, so ließ st« es sich doch nicht träumen, daß der junge Geschäftsreisende, dem sie nur nach einigem Hin- und Hergerede die Be nutzung der Vordertreppe gestattete, genau dieselbe Per son war, wie jener großmütige, feine Herr, und noch we- Niger kam ihr der Gedanke, als einige Minuten nach sechs ein ältlicher Mann die Treppen emporstieg, die zum Bureau des Anwalts führten. — Wohlmeinend machte sie ihn zwar darauf aufmerksam, daß der Anwalt selbst eben sei» Bureau verlassen hatte, aber sie mußte es sich gefallen lassen, daß der Fremde ihr kurz entgegnete, er wifse genau, daß der Anwalt noch in feinem Bureau sei, denn um diese Stunde habe er in zu sich bestellt. — „Na, wer nicht hören will, muß eben fühlen!" dachte sie bei sich und zog sich - ein wenig ärgerlich in ihre Loge zurück. „Guten Abend!" sagte Edenberg, denn er war eS, der abwechselnd das Wohlwollen und den Zorn der braven Portiersfrau erregt hatte, als er in das Bureau eiutrat. „Ich möchte den Herrn Rechtsanwalt sprechen!" „Bcdaure sehr, der Herr Rechtsanwalt ist eben auS dem Bureau fortgegangen!" entgegnete der Bureauvor steher, ein Mann mit freundlichem Gesicht und dunklem fchon ein wenig graumeliertem Haar, in höflichem Tone. Doch als sich auf dem Antlitz des Fremden eine große Enttäuschung zu spiegeln schien, sagte der zuvorkommend: „Wollen Sie nicht bitte Platz nehmen? Wenn Sie in' einer eiligen Angelegenheit kommen, könnte auch ich Ihnen vielleicht einige Auskunft geben!" Edenberg setzte sich. Er hatte sich indessen Wohl Zeit genommen, den jungen Schreiber mit einem scharfen, aber unauffälligen Blicke zu betrachten. Es fiel ihm auf, datz derselbe einen ziemlich verwirrten Eindruck machte, auch entdeckte er sogleich auf den Tisch ein eingewickeltes Paket, das gerade so aussah, als befänden sich Akten, die abge schrieben werden sollten, darin. „Es wurde mir bestimmt versichert, der Herr Rechts anwalt wäre um sechs Uhr zu sprechen. . .," fuhr Eden berg fort. „Aber da ich nun einmal hier bin, könnten vielleicht auch Sie mir den Raten geben, den ich, allerdings sehr eilig brauche!" Und er begann nun dem Bureauvorsteher zu erzählens daß er ein Kaufmann sei und einen Kunden habe, der groß« Bestellungen bei ihm gemacht hatte und sich nun Weigerts seinen Verpflichtungen nachzukommen. — Aufmerksam hörte ihm der Bureauvorsteher zu, seine Schilderung nur ab und zu durch eine sachgemäße Frage unterbrechend. Doch dem jungen Schreiber war es anzumerken, daß er im stillen den fpäten Klienten, der ihn daran verhinderte, rechtzeitig seine Braut abzuholen, aus ganzem Herzen ver wünschte. Doch trotzdem wagte er nicht, das Bureau zu verlassen, so lange sich noch ein Klient in demselben aus hielt. Edenberg hatte noch nicht allzulange mit dem Bureau chef gesprochen, als es wieder an die Tür pochte und ein Arbeiter hereintrat. „Ich komme von der GaSverwal- tung .. .," sagte er, „und foll nachsehen, ob auch die Gas uhren in Ordnung sind!" „Na, Sie kommen aber eigentlich recht spät!" brummte der Bureauchef. „Na, wissen Sie, Ihnen kann man'S aber niemals recht machen," meinte der junge Arbeiter mit einer Gri masse. „Als ich das vorige Mal früher kam, da hat der Herr Rechtsanwalt geschimpft, daß ich ihm zu früh käme!" Der Bureauchef lächelte und winkte ab. „Na, gehen Sie man ins Nebenzimmer," sagte er, „und sehen Sie nachher hier nach! . . . Schulze . . winkte er dem jungen Schreiber zu, „begleiten Sie " Er kam nicht weiter. Plötzlich tönte von der Straße lautes, furchtbares Geschrei, so laut, daß alle Anwefenden zusammensuhren und dann unwillkürlich anS Fenster stürz ten, um zu sehen, welche Ursache dieses entsetzliche Schreien hatte. Draußen auf der Straße lag, gerade mitten auf dem Fahrdamm, ein Mann, den offenbar ein Tobsuchtsanfall betroffen hatte. Er riß sich die Jacke herunter und stieß mit Händen und Füßen um sich, während er unermüdlich laute, gellende Schreie ausstieß. — Zwei Schutzleute be mühten sich vergeblich, ihn von der Stelle zu schaffen, und auch als aus dem Publikum, daS sich rasch in ungeheure« Zahl angesammelt hatte, einige Männer zu' ihrer Hilse herbeikamen, war der Wahnsinnige sehr schwer zu bewäl tigen. Es dauerte fest zehn Minuten, ehe er von den Schutzleuten in eine Droschke gepackt werden konnte, wo rin er schließlich, ganz ermattet, von den beiden Hütern der öffentlichen Ordnung fortaebracht wurde. - Fortsetzung folgt.