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zur Einführung FRANZ SCHUBERT: VIII. Sinfonie Franz Schubert, der große unerreichte Meister des Liedes» ist auch in seinen Instrumentalwerken vor allem Lyriker. Seine achte Sinfonie, die .Unvollendete" genannt, weil sie nur aus zwei Sätzen besteht, ist ein Lied in zwei Strophen, ein .Ab grund von Schwermut in zwei Sätzen". Warum Schubert das Werk nicht vollendete, wissen wir nicht. Es sind Skizzen für ein Scherzo gefunden worden, die Schubert aber nicht ausgeführt hat. Vielleicht sah er sein Werk als .vollendet" an. Vielleicht fürchtete er sich davor, nach dem himmlischen Gesang des langsamen Satzes noch eine Note zu schreiben. Er hatte mit ihm eine Treppe hinein in die überirdische Sphäre der reinen Schönheit gebaut . . . Man scheut sich, angesichts eines so seelenvollen Kunstwerkes von formalen Dingen wie Thema und Durchführung zu sprechen. Aber auch einer so nüchternen Be trachtung hält das Werk stand, das im ersten Satz die Sonaten form in klassischer Weise erfüllt: dem schwermütigen ersten Thema, dem sehnsuchtsvollen Gesang von Klarinette und Oboe über den Sechzehnteln der Geigen steht das volksliedhafte, ländlerartige zweite Thema in den Celli entgegen, jene berühmte Melodie, die man einmal die .berühmteste der Welt" genannt hat. MAX BRUCH (1838-1920) schrieb sein erstes Violinkonzert in g-Moli. op. 26. im Jahre 1866. Es ist dem großen Violinspieler dieser Epoche, Joseph Joachim, in Freundschaft zugeeignet. Ober Joachim hinweg knüpfte Bruch freundschaftliche Beziehungen zu Brahms an. Mit diesen Zeit genossen ist auch zugleich der Umkreis seines Schaffens be schrieben. Bruch ist eine starke Begabung der späten Romantik. Er ist ein hervorragender Melodiker, der durch den edlen Schwung seiner Melodien nicht nur die damalige Welt, sondern auch die heutige zu verzaubern vermag. Max Bruch schuf 4 Violinkonzerte, von denen das erste in g-Moll bei weitem das beste ist. Manche Musikwissenschaftler sind sogar der Meinung, daß dieses Werk den Höhepunkt seines Schaffens darstelle. Bruch gliedert dieses Werk in 3 Sätze, die er Vorspiel, Adagio und Finale nennt. Im Vorspiel ist der präludierende Charakter nicht zu überhören. Immer wieder versucht die Geige mit perlenden Läufen und freien, cadenzähnlichen Einwürfen, mit gebrochenen Akkorden und Oktavspiel ihre Kunstfertigkeit gleichsam anzuspielen. Bruch gibt der Geige, was der Geige zukommt. Im Adagio entfaltet sie die ganze Süße ihres Tones, im Finale beweist sie ihre Eignung zu kapriziösem Spiel, das sich in Trillerketten, in Terzen- und Dezimenläufen äußert. Das Werk ist überaus dankbar, aber es ist zugleich schön, so daß die große Vorliebe aller Geiger von Ruf für dieses Werk zu verstehen ist. LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-182?) schrieb seine siebente Sinfonie A-Dur, op. 92, im Jahre 1812. Es ist das Jahr, in welchem Napoleon seine entscheidende Niederlage in Rußland erlebt, von der er sich nicht mehr erholt; es ist das Jahr, in dem sich in Spanien aus der Unterdrückung durch die fremden, französischen Eroberer eine revolutionäre Bewegung entwickelt, die sich in der spanischen Verfassung aus diesem Jahre in folgenden Worten ausdrückt: .Das spanische Volk ist frei. Die souveräne Gewalt gehört ihrem Wesen nach dem Volke." Es ist das Jahr, in dem in England Arbeiterauf- stände gegen die Ausbeutung durch die Fabrikanten ausbrachen (di© Unruhen in Nottingham), in dem in Deutschland die In dustrialisierung wesentliche Fortschritte macht (Krupp in Essen) - es ist ein Jahr des Tumultes, der Tragödien, des Leides, des Kampfes vieler Menschen um ihre eigene Freiheit. Von diesen Nöten und politischen Ereignissen ist in der siebenten Sinfonie wenig zu spüren. Beethoven hatte gerade in diesen Jahren eine innere Entwicklung durchgemacht, die ihn von der Außenwelt zur Welt der Phantasie, der inneren Gesichte, hinführte. Leopold Schmidt sagt: .Er hatte in sich eine höhere Macht der Musik entdeckt, ihr eigenstes