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1016 nach St. Petersburg zurückretsen. — Der Ministerpräsident v. BiS- mgrA ist mit Sr.Maj. dem Könige, der KrtegSmtntster v. Roon gestern Abend au« Frankreich hier wieder einget^ken. — Berlin, 12. Sept. Bei der infolge derFWenSpriliminarien für hi« Dauer de« Waffenstillstände« etngetretene» Beurlaubungen und Entlastungen ist infolge einer k. CabinetSordre bestimmt wor den, dich alle vorgekommenen Entlastungen ohne Ausnahme al« Be urlaubungen ohne Gestalt zu betrachten sind, wa« den Betreffenden ausdrücklich bekannt gemacht wurde. Infolge dessen sind denn auch älter« Mannschaften, welche eine solche Beurlaubung nicht wünschen, davon ausgeschlossen worden. — Nach demselben k. Erlaß sind die in diesem Jahre zur AuSrangirung kommenden Cavalerie- und Ar- tilleriepferde, soweit st« nicht zum Transport der Renionte verwen det «erde«, gleich nach Beendigung der Herbstmanöver, oder wo diese fortfalle«, sofort zu verkaufen. Bei einigen Truppentheilen ist der Verkauf bereit- in da« Werk gesetzt worden. (Dr. I.) Berlin, 18. Sept. Gestern Abend ist Se. Majestät der König mst dem Ministerpräsidenten hier eingetroffen. Auf dem Anhalt scheu Bahnhofe hatten sich die k. Prinzen, die Minister, die Gene ralität/ Regimentscommandanten rc. versammelt; ferner wahren zahl reiche Mitglieder konservativer Vereine: der „patriotischen Vereini gung" und des preußischen Volksvereins, aufgestellt, welche, als der Zug hielt, laute Hochrufe und die Volkshymne ertönen ließen. Se. Majestät begab sich mit Sr. k. Hoheit dem Kronprinzen in das k. , Palais, wo der Monarch bis übermorgen verweilen und dann seine .Residenz nach Schloß Babelsberg verlegen wird. Eine Deputation der obengenannten Vereine begab sich in das Hotel des Minister präsidenten, um diesen zu begrüßen. Der gleichfalls jenem Vereins- vcrbande angehörige Comite zur Verpflegung der Verwundeten hatte bereits am Nachmittage das Arbeitszimmer des Herm v. Bismarck geschmückt und ein Geschenk für denselben dort aufgestellt. Baiern. Aus Erlangen vom 9. Ang. wird dem Nürnberger Korrespondent geschrieben: „In feiner gestrigen Versammlung wurde der hiesige Schleswig-Holstein-Verein hocherfreut durch die persönliche Anwesenheit de« holsteinischen Landtagsabgeordnetcn Bokelman«, welcher in einer mit lautem Beifallssturm begrüßten Ansprache vor allem die den Herzogtümern jetzt drohenden finan ziellen Nöthen und Gefahren mit eingehender Sachkcnntniß und großer Klarheit varlegte. Zwar fei, so sagt er, wo es die natio nale Freiheit gelte, keil» Opfer zu groß; aber fragen lasse sich, ob es dem deutschen Gesammtvaterland Nutzen bringe, wenn ein junger werdender Staat sofort unausbleiblichem Bankerott entgegengeführt werde. Daß der scheinbare Zwiespalt in den Herzogtümern von keiner wirklichen Bedeutung sei, daß vielmehr das ganze Volk in denselben — eine kleine Fraction ausgenommen — gegen preußische Annexion sei und fest seinen legitimen Herzog begehre, dies bezeugte sowohl Hr. Bokelmann als ein von dem Schleswig-Holstein-Verein zu Horst eingelaufeneS Schreiben. Professor v. Scheurl hielt einen Dortrag „über das Verhältniß zwischen den Negierenden und dem Volke in politischen Fragen überhaupt". Schleswig-Holstein. Schleswig, 11. Sept. Die Angriffe der preußischen officiösen Prefse auf die Anhänglichkeit unseres Volks an unsern Herzog, auf seine Person selbst und die „Schreiereien" des Volks in jenen Vereinen, über Scheel Plessen rc. mindern auch hier bedeutend die Sympathien für Preußen, und das Landvolk in der Umgegend hört schon beinahe mit Mistrauen von einem Anschluß an Preußen. Ist der preußischen Regierung nichts daran gelegen, wie wir Schles wig-Holsteiner über sie denken? Gut, dann möge die junkerliche Presse fortfahren, mrs zu höhnen und zu verspotten. Aber nie und nimmer wird sie auf diesem Wege, außer dem Gefühl der Dank barkeit, das Gefühl der Zuneigung erwecken. Da« pecifisch preu- ßische Mesen wird un« den Preuße» immer mehr entfremden. Die Spener'sche Zeitung richtet an die preußische Regierung folgende Aufforderung, den Wünschen der Bevölkerung von Schles wig-Holstein gerecht zu werden: „Suchen wir nicht kleine Vor theile, die uns Oesterreich streitig machen kann; suchen wir die gro ßen moralische» Vottheile, die uns gewiß sind und die uns nur ver löre« gehen könnten, wenn wir auf kleine materielle Vortheile Jagd machten! Gönnen wir doch ruhig den« Volke Schleswig-Holstein sei nen Herzog, den es verlangt! Verbinde» wir und doch dieses Volk, da« recht gut weiß, daß eS ohne Preußen nichts anfangen, seine wichtige Stellung zwischen Nord- und Ostsee nicht einehmen kann! Wozu bringen wir uns selbst ins Gerede, als wollten wir da oben andere Ansprüche begünstigen oder den Leuten ihre Verfassung vor schreibe», uns zum Vormund aufwerfen, oder wir hätten geheime Annexivn-regungen? Wahrlich niemand ist uns da oben im Wege al« wir un« selbst, der Verdacht, den wir durch eine gewiffe Unsi- cherheit unser« Wollen« unser« Verfahren« erregen." Dänemark. Die Verlobung derDäntschenPrinz essinDagmarmitdrm Großfürsten Nikolau« ist erst nach erfolgter Anfrage in Petersburg und nach Eintreffen zustimmender Weisungen entschieden Word«». Man versichert übrigen«, e« sei eine Heirath au« Neigung. Die Bewerbung de« sardinische« Prinze« Humbert scheiterte hauptsäch lich an dem Widerstreben der Königin." Kopenhagen, 18. Sept. „Dagbladet" theilt mit, daß die Deputation von Bewohnern NordfchleSwig« gestern bei dem Könige Audienz gehabt habe. Nachdem die Deputation die Adresse über reicht, habe der König Folgende« geantwortet: „Er wünsche innig, das nördliche Schleswig für da« Königreich zu bewahren, keine da- hin gehende Bemühung solle gespart werden; er könne jedoch für die Erfüllung ihrer Wünsche nur geringe Aussichten machen und müsse sich auf die einfache Bemerkung beschränken, die treuen Schleswiger möchten die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufgeben." Frankreied. Der Neuen Preußischen Zeitung schreibt man aus Paris über die Stimmung gegen Dänemark: „Die französische Regierung wird sich nur so weniger für Dänemark erhitzen, als ihre Abneigung gegen den gegenwärtigen Hof von Kopenhagen sichtbar in dem Maße zunimmt, als sich derselbe Rußland zu nähern scheint. Ein offi- ciöses Blatt bedient sich heute des Ausdrucks: „Der König Christiafl scheint sehr geneigt zu sein, sich vor dem russischen Einflüsse zu ver beugen." — Aus Brüssel vom 11. Sept, wird der Neuen Freien Presse geschrieben: „Die Ursache der urplötzlichen Reife der Kai serin von Frankreich nach Schwalbach wäret« Zwist des Kaiserpaa- res über die italienische Politik. — Die Nachrichten aus Algier lauten ungünstig. Marschall Mac Mahon schifft sich am 2V. d. M. an Bord der Themis iu Toulon nach Algier ein." Italien. Aus Neapel wird der Oesterreichischen General-Correspondenz untern» 3 Sept, geschrieben: Seit Crocco vom Schauplatze seiner Thätigkeit abgetreten, ist der Brigantenführer Fuoco der ei gentliche Mann der Situation und der wahre Herr im Lande, wel cher Befehle kundgibt, Steuern ausschreibt, Todesurtheile unterzeich net, Gesetze sanctionirt — lauter Dinge, die er auch in sehr ener- gischer und kategorischer Weise auszuführen und befolgen zu lassen versteht. So schickte er vor einige,» Tage»» dein Grundbesitzer Donato Loreto zu Castel di Sangro bei Barrea die percmtvrische Ordre zu, ihm 2000 Ducati nebst Juwelen, Uhr Kette w. an einem bestimm- ten Orte zukomme»» zn lassen. Da jener aber die ihm gestellte Zeit frist nicht ganz pümttlich innehielt, so.überfiel Fuoco mit seinen Ka meraden dessen Heerde und stach ihm über 1000 Stück Schlachtvieh jeglicher Art nieder, indem er ihm dadurch einen Schaden von nahe an 4000 Ducati beibrachte und bei alle»» Höllenmächten schwur, ein Gleiches auch bei allen andern „Renitenten" zu thu», welche seinen Anordnungen nicht sogleich Folge leisten sollten. Fuoco hat im Au genblick sein Hauptquartier auf den bewaldeten Spitzen der Berge Mela MW Maivarde aufgeschlagen, welche, an jenen von Picinisco angrenzend, einen sehr günstigen und fast unangreifbaren Punkt bie ten. Andere Bandenführer versuchen nun ebenfalls, es ihm an an dern Punkten nachzumacheu; doch stehen sie ihm alle an Fähigkeit und Gewandtheit nach, wenn auch sie ihn an Grausamkeit überbieten." Spanien. Der Frankfutter Postzeitung wird aus Paris vom 10. Sept, über die Lage in Spanien geschrieben: „In Spanien scheint, wenn man den letzten Nachrichten glauben darf, die Lage der Dinge in po litischer wie in finanzieller Beziehung nachgerade beunruhigend zu werden. Einerseits will man in Barcelona beträchtliche Waffende pots entdeckt haben, andererseits ist die Ebbe in den Staatskaffen so groß, daß die Regierung sich gezwungen sah, nicht nur aus den Kassen der Mildthätigkettsanstalten zu schöpfen, sondern auch zahl reiche Arsenalarbeiter zu entlaflen. Man will sogar wissen, daß die Regierung nicht iin Stande sei, dem Admiral Pinzon die dringend verlangten Gelder nach den peruvianischen Gemässem zu schicken. Diplomaten wie Financiers blicken nicht ohne Besorguiß nach der Pyrenäischen Halbinsel." Madrid, 13. Sept. Das Gefammtministerium hat gestern be schlossen, seine Demission zu gebe». Ob dieselbe von der Königin angenommen wird, ist noch unbekauut. Rußland und Polen. Nach Petersburger Nachrichten soll die russische Armee gele- gentlich einer Reorganisation «in 200,000 Manu vermindert werden.