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auSzudchne», um mittlerweile im Stande zu sein, mit allen erdenk lichen Mitteln in Rordschleswig eine tnsurrektionelle Bewegung her- vorzurufen. In der That soll namentlich die Geistlichkeit in dieser Hinsicht dort zu wirken suchen, wobei ihr von Kopenhagen aus aller mögliche Vorschub geleistet wird. Dieser Aufstand, argumentirt man hier weiter, würde de» definitiven Abschluß des Friedens vielleicht bis zum nächsten Frühjahr hiuausschieben oder eventuell den abge schlossenen Vertrag bis zu dieser Epoche illusorisch machen. In Ko penhagen bemüht man sich mittlerweile energisch im Sinn einer fran- zöstsch-italienisch-dänischen Allianz, die eben immer die für das kom mende Frühjahr gehoffte» kriegerische» Ereignisse im Süden Deutsch lands im Auge behält. Schon versucht man die französische Presse von Neuem in diesem Sinne zu beeinflussen, und literarische Agen ten, die während des Feldzuges hier eine so überaus große Thätig- keit entfalteten, sind wiederum hier eingetroffen, um von Neuem ans Werk zu gehen. Rußland und Polen. Es gibt in der Schweiz wohl kaum eine größere Stadt, die nicht 20 bis 30 polnische Flüchtlinge zu versorgen hat. In Zürich weilen über 200, in Bern circa 100, in Genf über 300, in Basel circa 50. Als überaus traurig wird in polnischen Blättern das Schick sal der polnischen Flüchtlinge in Italien geschildert. Das Elend und die Verzweiflung derselben soll dort bei dem gänzlichen Mangel an Sympathie Seitens der Bevölkerung den höchsten Grad erreichen. Viele haben sich aus Verzweiflung nach Mexico und sogar nach Africa zur Begleitung kaufmännischer Karawanen durch die Wüsten anwer ben lassen. — I» den westlichen Gränzbereichen Polens treiben sich noch immer kleine Räuberbanden von 8 bis 15 Mann herum, die von ihren Schlupfwinkeln in den Wäldern nächtliche Raubzüge unter nehmen und besonders die Landbewohner brandschatze». Die Führer dieser Banden zeigen den von ihnen üllerfallenen bäuerliche» Wirthc» in der Regel eine mit den, Siegel der National-Regierung versehene schriftliche Ermächtigung zur Erhebung der Nationalsteucr vor, und wen» die Zahlung der verlangten Summe, die sehr bedeutend ist, nicht sofort freiwillig erfolgt, so wird Gewalt angewendct. Nicht selten werden bei diese» nächtlichen Uebcrfällen Morde verübt. War sch an. 30. August. (N.-Z.) Unsre Polizei ist seit vorge stern ganz außer Athen,. Es ist nämlich wieder einmal ein Auf ruf des revolutionären Stadthauptmanns im geheimen Drucke erschienen und verbreitet worden. Der Inhalt des Aufrufs ist natürlich ein revolutionärer, er ermahnt das Volk, keine etwaige Concessio» von Seiten der russischen Negierung anzunehmcn, seine Opferwilligkcit weiter fortzusetzen u. s. w., und es braucht kaum er wähnt zu werde», daß die große Mehrheit den Inhalt ebenso vcr- wirft, wie die geheimen, von der andern Seite die stärksten Maßre geln provocircndcn, Wühlereien verurtheilt. Man kann sogar über zeugt sein, daß die Einwohner selbst diesem Treiben entgegen treten und zur Auffindung der geheimen Druckereien behilflich sein würden, wenn nicht Jedermann vor dem Gedanken zurückschreckte, daß er durch seine der Polizei geleistete Hilfe ein oder einige Individuen den Kriegsgerichten, dem Galgen oder bestenfalls den sibirischen Bergwerken überliefern würde. Die Polizei hat gestern in sämmt- lichen hiesigen Druckereien sich Buchstaben geben lassen, um solche mit dem gedruckten Aufrufe zu vergleichen. Sachkenner zweifeln aber, daß dies zu einer Entdeckung führen werde, und wird es ent schiede» bestritten, daß der Aufruf anders, als aus einer geheimen Druckerei hervorgangcn sei. Griechenland. Neunundzwanzig oppositionelle Mitglieder der griechischen Na tionalversammlung haben nach Berichten aus Athen vom 30. Aug. einen beleidigenden Brief an den König gerichtet. Am 26. Ang. sand eine stürmische Sitzung statt, infolge deren eine große Aufre gung in der Hauptstadt herrschte. Am 29. Aug. beschloß die Nati onalversammlung niit 193 gegen 27 Stimmen (28 Deputirtc enthiel ten sich der Abstimmung), den, König ihre Entrüstung über das Schreibe» der 29 Deputirtc» auszudrückea. Königreich Sachsen. Chemnitz, 1. Septr. „Da Wilhelm Bauer mit einem Modell 'seines unterseeischen Branderschiffs in den nächsten Tagen nach Mee rane kommen wird, nm einen Vortrag dort zu halte», so beschloß man in'der am Freitag abgehaltenen Versammlung des Fortschritts- . 'verFstö einstimmig, Hr». Bauer zu veranlassen, zu gleichem Zweck ' von dort hierher zu kommen. Um die etwa zu erzielende Einnahme . nur für den Bäuerischen Zweck verwenden zu können, wird alle * etwaige Unkosten für Reise, Aufenthalt rc. der Fortschrittsver- ein tragen." (Constit. Zeit.) Chemnitz, 31. Aug. Heute früh hat sich in einem hiesigen Gasthofe ein Reisender erhängt. Der Mann soll sehr krank gewe sen sein, und cs wird angenommen, daß er eben deshalb Hand an sich gelegt hat. (Adler.) Das Centralkomitee für di« Muldenbahn hat sich dem neuen Vorschlag — Leipzig-Grimma-Muldenthal bis Glauchau, zugleich aber auch nach Chemnitz — angeschlossen, ohne den Trakt Grimma- Wittenberg deshalb für immer aufzugeben. Leipzig, 1. Sept. Wie aus einer Anzeige der „Koburger Lot terie zu Gunsten der nothleidenden Schleswig-Holsteiner" hervorgeht steht cs um diese Lotterie nicht zum besten, denn der Losabsatz hat bis jetzt noch nicht die Hälfte der spielplanmäßigen Loosquantität er reicht, während der Schluß der Lotterie mit Ende des laufenden Jah res stattfinde» soll. Die baumwollenen Regenschinne der Schillerlot terie äußern jedenfalls noch ihre Nachwirkung, wenn auch hier „Oel- F en i ll eto n. Ferdinand Lassalle todt. Am letzten August schied aus dem Lebe» ein Mann, der seine Kraft uneigenützig und hmgebend für die Hebung der nieder» Volksklassen eingesetzt hatte: Ferdinand Lassalle. Die Kngel eines politischen Gegners traf ihn in Genf am verwichenen Montag, den 29. Aug., tödtlich. Er war am 11. April 1825 in Schlesien geboren, der Sohn eines begüterten Kaufmanns, der ihm ein unabhängig stellendes Vermögen hinterließ. Nachdem er mehrere gelehrte Werke überdas System der erworbenen Rechte, über die Philosophie des Herakleitos und kleinere Schriften über Fichte, die Kritik Iulian Schmidt s und Anderes veröffentlicht hatte, ergriff er die soziale Frage, überzeugt, daß eine Hebung des Volkes, Freiheit. Gedeihen und Größe des Vaterlandes nur möglich sei, wenn die große Masse des Volkes sich zu besseren Verhältnissen emporhebe und zu einer höhere» Auffassung gelange. In diesem Sinne hat er dem Arbeiterstande eine andere Stellung zu verschaffen getracktet. Mit rastloser Thätigkeit in Schriften, deren Beredtsamkeit und Schärfe die Gelehrsamkeit nicht merken ließ, der sie entstammten, mit feuri gen Reden, ein Redner, wie es wenige gab, hat er gewirkt. Und die sen Mann mußte die Kugel eines Gegners hinraffen! An Talent, Gelehrsamkeit, Scharfsinn, Beredtsamkeit und Gewalt hatte Deutsch land wenige seines Gleichen; das werden selbst seine erbittertsten Widersacher eingestehen, welche die Reinheit seines Strebens leug nen, an die wir glauben. Möge dies das letzte Opfer politischer Duelle sein. Oeffentlichc Persönlichkeiten sollten nie sich mit den Waffen schlagen; denn nicht mit den Waffen werden ihre Streite ausgemacht. Der Arhciterstand trauert um Lassalle. (Dr. Journal.) Die sächsischen Privatblaufarbenwerkc in der Vergangenheit und Gegenwart von Moritz Ger ber. Unter diesem Titel ist bei H. Schöpff in Dresden eine inte ressante kleine Schrift erschienen, aus, die wir die allgemeine Auf merksamkeit lenken; sie entrollt dem Leser ein Stück Volkswirth- schaftslehrc und Geschichte aus dem Bereiche der Thatsachen. Die sächs. Blaufarbenindnstrie gehört zu den ältesten Industriezweigen Sachsens und bildete eine lauge Zeit hindurch nächst der Spitzen- mauufactur die lohnendste nnd bedeutendste Industrie unseres ober» Erzgebirges. Sic nimmt noch heute eine hervorragende Stellung in derselben ein, nnd wenn man von montanen Erträgen, von Aus beuten dortiger Gruben sprechen und ihrem Blau einige Bedeu tung zugcstehen ivill, so kann dies nur in alleiniger Verbindung mit den Gruben der Blaufarbrnwerke und ihrer Gewinunng kobaltrei cher Mineralien geschehen. — Die Phasen, auf welchen diese Indu strie im Laufe von Jahrhunderten gestanden, ihr Kämpfen und Steigen, ihre Blüthe und Höhe, und vielleicht — wir sagen das mit wahrhaftem Beklagen — ihren beginnenden Verfall, Das ist, >vas die Blätter der obigen Broschüre erzählen. Die Werke des sächs. Blaufarbcnconsortiums find in einem der schönste» Theile unscrs Erzgebirges, im Mulden- und Schwarzwasserthale, gelegen; sie sind theils fiScalisches, theils Eigcnthum einer Privatgewerkschaft, oder — um zeitgemäßer zu reden — einer Actiengesellschast, sind aber zu einem (Lousortium und in gewisser Hinsicht zu gemeinschaft licher Verwaltung geeint; eine Verwaltung, über welche in einer der Verhandlungen des eben geschlossene» Landtages der Abg. Meh nert in einer länger» und gediegenen Rede sich anszusprechcn Ge legenheit nahm, mannichfache Zu- und Uebelständc innerhalb der Privatblaufarbcnwerke betonend und nachweisend, daß die geringen Erträge durch sie hervorgerufen und das Interesse des Staates als Gcschäftstheilhabcr benachthciligt würde. Irren wir nicht, so fin den wir diese dort nur angcdeuteten llcbclstäude in der hier bespro chenen Schrift des Weitern verfolgt, auf ihre Ursachen zurückgeführt und rückhaltslos bloßgelegt. Eine vielleicht deshalb dankbare Ar beit, weil in dem Erkennen der Uebel oft schon ihre Heilung liegt und weil aus dem Verberge» und dem Verdunkeln an sich unange nehmer Wahrheiten nie ein Heil hervorgegangen ist. In dem hier vorliegenden Falle erscheint aber ein Befferwcrden um so wünschens- werther, weil es sich offenbar »in eine» höchst bedeutenden Indu striezweig handelt, welcher bisher bestimmt war, vielen tüchtigen Beamten und Hunderten von Arbeiter» ein sicheres und gutes Aus kommen zu gewähren. Alles aber, was das Wohlergehen und das Gedeihen der arbeitenden Klasse, namentlich der des Obererzgebirges fördert und sichert, erscheint als ei» Gegenstand des allgemeinen Interesses, mit welchem eingehend sich zu beschäftigen, eine Pflicht der Nationalökonomie und iedcs denkenden Vaterlandsfreundes ist. Und wenn man daher auch ganz davon absicht, daß durch dic ge