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Deutschland und namentlich in den vom äußeren Feinde befreiten Herzogthümern zugewendet ist, haben sich gewissermaßen in aller Stille an unseren Ostgränzen Ereignisse von offenbar großer Trag» weite vorbereitet, Ereignisse, welche mit der orientalischen Frage, der wichtigsten des Jahrhunderts, in augenscheinlicher Verbindung stehen. Die christliche Herzegowina ist nämlich im Begriffe, ja hat eigentlich schon begonnen, abermals gegen das Türkenthum sich zu erheben, und wieder steht Lnka Vukalovic an der Spitze einer Be wegung, die schwerlich blos lokaler Natur, sondern höchst wahrschein lich nur die Folge einer seit langer Hand von Serbien nnd den Donanfürstenthümern aus betriebenen Agitation ist. Leicht kann dieser Aufstand über die ohnehin stets gährenden türkischen Grenz provinzen sich weiter erstrecken. Wien, 21. Ang. Wie herzlich auch der Empfang gewesen, wel chen der König von Preußen gestern hier von Seite des Hofes ge funden, auch die Bevölkerung hat an demselben lebhaften Antheil genommen, und wie begeistert auch die Worte geklungen, welche die „Abendpost" vorgestern bereits dem königlichen Gaste zur Begrüßung entgegengeschickt, so würde man sich doch sehr täuschen und eine der in den höchsten Kreisen herrschenden Stimmung entgegengesetzte An ficht aussprechen, wollte man behaupten, daß es um die Realisirung der Bismarck'schen Pläne bester stehe, als bisher. Daß di ese Pläne immer klarer hervortreten und daß Herr v. Bismarck gerne bereit fein würde, um feine Mainlinienpolitik durchzusetzen, Oesterreich freie Hand zu lassen, läßt sich nicht leugnen, wenn auch hier von den Details Bismarck'scher Anerbietungen, wie z. B. von der Zustim mung zu dem alleinigen Besatzungsrechte Oesterreichs in Rastatt oder von einer Amendirung des vorjährige» österreichischen Bun desreformplanes, wovon süddeutsche Blätter Mitteilungen erhal ten haben wollen, Nichts bekannt. Eben abör, weil diese Bis marck'schen Pläne im Allgemeinen, wenn auch nicht im Detail, klar zu Tage liegen, und weil man weiß, wie wenig hold der König von Preußen der Vergewaltigung ist, so hofft man, daß ge rade die neuerliche persönliche Berührung der beiden Monarchen dazu beitragen werde, Oesterreich von jeder Zumuthung im Sinne einer Beeinträchtigung der Rechte des Bundes oder einer der Bundes regierungen einen Schritt zu thun, verschont zu erhalten. Ja man hofft, daß diese persönliche Besprechung mit dem Kaiser von günsti ger Rückwirkung auf die Entschließungen des Königs von Preußen sein werde. Diese freundliche Begrüßung, welche der königliche Gast, der heute zum ersten Male, um dem Gottesdienste in der pro testantischen Kirche beizuwohncn, in die innere Stadt gekommen, allenthalben findet, gilt dem Alliirten Oesterreichs nnd drückt sich in diesem Empfange gerade die Ueberzeugung aus, das Oestereeich seinem Berufe und seiner Stellung iu Deutschland treu bleiben werde, nnd man von dem Zusammengehen mit Preußen, dessen bisheriger Erfolg sich nicht leugnen läßt, nichts zu fürchten habe. Preußen Berlin 21. August. Zu den nächsten Herbstübun gen des Gardecorps sind, wie verlautet, bereits Officiere von bei nahe sämmtichen europäischen Armeen angemeldet worden. Von Seiten des neuen Königreichs Italien wird der General Lamarmora mit der bestimmten Instruction eintreffcn, sich über die Bewaffnung, Ausrüstung und die inneren Einrichtungen der preußischen Armee genau zu unterrichten. In England, und auf einen dem Kaiser Napoleon Hl. von dem Obersten F-vrier, welcher dem Kriege in Schleswig bcigewohnt hat, abgestatteten Bericht jetzt auch in Frank reich, sind besondere Commissionen zur Prüfung und Beurtheilung des preußischen Zündnadelgewehrs Behufs Einführung dieser Waffe bei der französischen, resp. englischen Armee eingesetzt worden. Die erwähnten Hebungen versprechen übrigens dadurch besonders interes sant zu werden, daß nahezu die Hälfte der daran betheiligten Trup'- pen, nämlich die vier neuen Garde- nnd Garde-Grenadier-Regimen- ter und das Garde-Husaren-Regiment, eben erst vom Kriegsschau platz« eingetroffen sein werden. Baiern. Augsburg, Dienstag, 23. August. -Die „Allgemeine Zeitung" enthält ein Telegramm aus Wien des Inhalts, daß Stuttgarter Briefe (!) melden: Württemberg beabsichtige an die Spitze der dritten Staatengruppe zu treten (?). Namens derselben werde es am Bundestage einen wichtige» Antrag einbringen. Frankreich. Paris!, 21. Aug. Das Fest in Versailles fand gestern Statt. Der Glanz und die Fracht, die man entwickelte, war ungeheuer, nur schade, daß ein heftiger Regen der Illumination des Parks ei nigen Abbruch that. Jedenfalls sah Versailles seit langen Jahren kein so glänzendes Fest mehr; cs war einem Nachkommen der Bour bonen Vorbehalten, die Ursache zu sein, daß das alte königliche Schloß sich nochmals in seiner ganze» alten Pracht zeigte. Dar Fest selbst begann um 5 Uhr Abends, wo die Wasserkünste zu spie- . len begannen. Der Hof sah sich das Schauspiel in offenen Wagen an. In dem ersten fuhren her Kaiser und der kaiserliche Prinz (auf dem Vordersitze) und die Kaiserin und der König (auf dem Rücksitze). Der General Fleury ritt am rechten Wagenschlage. Zehn andere Wagen folgten. Nach der Fahrt begann da» Diner, während welcher Zeit die letzte Hand an die Vorbereitungen zur Illumination gelegt wurde. Nach dem Diner begann das Theater. Die kaiserliche Loge war so hergerichtet, wie bei der Festvorstellung in der großen Oper. Der Kaiser hatte zu seiner Rechten den König von Spanien, die Kaiserin und den Prinzen Murat, zu seiner Linken den kaiser lichen Prinzen (derselbe wohnte der Vorstellung in der Oper nicht bei) und hie Prinzessin Mathilde. Der Kaiser trug den Or den des goldenen Vließes und der König den Großcordon der Ehrenlegion. Die Kaiserin war wörtlich mit Diamanten überdeckt; der kaiserliche Prinz trug einen schwarzen Anzug; er war der ein fachste im ganzen Saale. Die Anwesenden trugen fast alle (es wa ren nur wenige schwarze Fracks sichtbar, die, nebenbei gesagt, allein an die Jetztzeit erinnerten) große Uniform. Ueberall strahlte und strotzte es von Gold. Die Damen selbst waren in glänzendster Toi lette. Der Werth des Diamantenschmuckes, mit den sich die ganze hohe Gesellschaft, Herren und Frauen, beladen hatte, muß, wenn Alles echt war, über hundert Millionen betragen haben. Die Hun dertgarden fehlten natürlich Weberin der kaiserlichen Loge, noch auf der Scene. Gegen 11 Uhr erhob sich der Kaiser und begab sich mit den Eingeladenen in de» Park. Der Regen hatte aufgehört, wenn auch das Wetter noch unfreundlich war. Der ganze Park war aufs prächtigste illuminirt mit Venetianischen Lampen, bengalischem und elektrischem Feuer. Besonders prachtvoll machten sich die Was ser, die mit bengalischem Feuer erleuchtet waren. Das Bassin La- tone bot besonders einen wunderbaren Anblick dar; es war kein Wasser mehr, das sich in die Luft erhob, es waren Diamanten und Krystalle. Die bengalischen Feuer, die auf allen Seiten aufflamm ten, wurden vermittels der Elektricität angeznndct. Von der großen Treppe des Schlosses konnte man das Ganze übersehen. Die glän zend erleuchteten Gewässer, die Feuerguirlanden, die sich um alle Beete, Wiesen, Baumgruppen und Bassins herumzogen, die Tausend und Tausende von bunten Lampen, die man bis in. die Spitzen der höchsten Bäume erblickte, — es war ein herrlicher Anblick. Um 11 Uhr wurde das Feuerwerk angebrannt. Es war vielleicht das prachtvollste, großartigste, welches Paris je gesehen. Ueber 25,000 Raketen, Bomben rc. wurden abgebrannt, das Bouquet bestand al lein aus 16,000 Raketen. Schade, daß das schlechte Wetter den, Feuerwerk einigen Abbruch gethan. Nachdem das Bouquet in die Lust geflogen und man vorher die spanischen Wappen in der Lust hatte herum irren sehen, wurden 600 bengalische Feuer angesteckt. Wege» des starken Dampfes blieben sie ohne besondere Wirkung. Die, welche im Park von Versailles zugelassen worden waren und die fast ohne Ausnahme große Begeisterung an den Tag legten, waren in drei Kategorieen getheilt. Die erste waren die, welche zu allen Festlichkeiten Zutritt hatten, die zweite waren durch einen Militär-Cordon von den eigentlichen Eingeladenen des Kaisers ge trennt, und die dritte konnten nur aus weiter Ferne zusehen. Ein Befehl des Kaisers brach abep die Schranken, welche die zweite voü der dritten Kategorie trennte, und als dann später auch die lebende Schranke durchbrochen worden, welche die erste von der zweiten und dritten Kategorie trennte, blieb nur noch ein ganz kleiner Raum für den Kaiser und seine eigentlichen Gäste übrig. Nach den» Feuerwerk war aber Alles außer Rand und Band gekommen und der Kaiser, die Kaiserin, der König und die übrigen 200 Personen, welche zum Souper geladen waren, mußten sich durch die dichte, freilich ganz schwarz befrackte Menge hindurch drängen. Dieses würde»'wohl in andern Ländern nicht auffallen, aber hier sind und waren solche Ver traulichkeiten mit den Majestäten nie gebräuchlich. Der Hof kehrte erst um 1 Uhr wieder nach St. Cloud zurück. (K. Z.) Schweiz. Genf, Montag, 22. August, Nachmittag. Bei der StaatsrathS- wahl gaben 11,000 Wähler ihre Stimmen ab. Chenevi«res erhielt eine Majorität von 326. Indessen cassirte das Centralbüreau die Wahl wegen vorgefallener Unregelmäßigkeiten, was eine große Auf regung Hervorrust. Bern, Dienstag, 23. August. I» Genf zogen die Indepen denten massenhaft vor das Gebäude des CentralbürequS wegen der von diesem cassirte» Staatsrathswahl. Es fand ein Zusammenstoß statt, wobei 12 Personen verwundet wurden. In einer anßerordent-