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Erzgebirgischer Dollssreund. Tage und Amtsblatt für die Gerichtsämter Grünhain, Johanngeorgenstadt, Schwarzenderg und Wildenfels; sowie für die Stadträtbe Aue, Elterlein, Grünhain, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Loßnitz, Neustädtel, Schwär- zenberg, WildmfelS und Zwönitz. Sonnabend, de» 9. Juli. I9N4 Preis vierteljährlich IS Ngr. — Jnseraten-Annahme für die-am Abend erscheinende Nummer bi« Vermittaq« II Ubr. Bekanntmachung. Für die Schulcasse zu Hartenstein wird ein Verwalter gesucht und werden diejenigen, welche bereit sind, diese Stelle zu übernehmen, aufgefordert, sich bei der unterzeichneten Inspektion zu melden. Der jährliche Gehalt ist auf 50 Thaler bestimmt. Superintendentnr Lößnitz und Fürstl. Schönburg. Justizamt Hartenstein, am 28. Juni 1864. Die verordnete Schulinspection zu Hartenstein. vr E Meier. Neumann. Bekanntmachung. Anher erstatteter Anzeige zufolge ist am Sonntage des 19. vorigen Monats Abends in Bärenwalde bei Gelegenheit des' daselbst stattgesundencn Vogelschießens die snb T näher bezeichnete Taschenuhr nebst Kette im Gedränge spurlos entwendet worden. Zu Ermittelung deS Diebes und Wiedererlangung der gestohlenen Uhr nebst Kette wird Solches hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, Kirchberg, am 4. Juli 1864. " Das Königliche Gerichtsamt daselbst. Zumpe. - T Beschreibung der Uhr nebst Kette. Dieselbe war eine eingehäusige, neustlberne, mit silbernem Zifferblatte und kleinen goldnen Zeigern, von denen der eine an der Spitze zerbrochen, versehene Spinpeluhr mit vergoldeter das Werk dockenden Kapsel. Die daran befindliche Kette war schwach, dreireihig, vergoldet, die Glieder, welche 4 Zoll lang und eckig waren, wur- den in der Mitte durch ein Herz zusammengehalten. Tagesgeschiehte. Afrika — Frankreich — England Daß der Aufstand zu Algier in Afrika gegenwärtig dem Kai ser Napoleon wieder schwere Sorgen bereitet, haben wir bereits wie derholt in unserem Volksfreunde bemerkt; daß aber die Zustände in Afrika drüben noch sehr leicht zu einem großen Brande und zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Frankreich und England führen können, darüber Haben, wir noch nichts gesagt. England besitzt akbekanntlich so große und mächtige überseeische Länder, daß es kaum mehr im Stande ist, dieselben gehörig in Zaum und Zügel zu halten; Frankreich besitzt im Vergleich zu England nur sehr wenige überseeische Provinzen und doch gönnt sie ihm das neidische England durchaus nicht. So mit Algier. Algier war zu Anfang dieses Jahrhunderts und noch früher eine wahre Geisel für alle seefahrende Nationen wegen der schamlosen Seeräubereien, wel che von den wilden Bewohnern in Algier ausgeübt wurden, denn die algier'schen Seeräuber wäre» der Schrecken des mittelländischen Meeres. Im Jahre 1816 wurde dieses Seeräuberunwesen den Eng ländern denn doch zu toll und eine englische Flotte brachte dem ro hen Seeräubervolke mehre ganz entschiedene Niederlagen bei. Das Land Algier aber zu erobern, dazu zeigte England aus mehrfachen Gründen keine Lust, es begnügte sich mit dem Versprechen seiten des Seeräubervolkes, daß es von seinen Seeräubereien absehen wer de. Einige Jahre wurde Wort gehalten, so lange die Furcht noch vorhielt, allein dann begannen die Seeräubereien Wiedes und zwar fast ärger als je. Jetzt nahm aber Frankreich die Sache ernst und eine Ohrfeige, welche der Dey (Fürst) von Algier dem französischen Konsul gab, wurde die Veranlassung, daß Frankreich im I. 1830 Algier eroberte und besetzte. Frankreichs Regierung hatte zwar an fänglich nicht die Absicht, Algier als überseeische Provinz zu behal ten, doch der französischen Nation schmeichelte es, überseeische Län dereien zu besitzen und so gab die französische Regierung «ach und nahm i» aller Form Besitz von Algier. Dieß war ein Stachel ins Fleisch des neidischen Englands und England hat von 1831 an nicht aufgehört, den Franzosen den Besitz Algiers so kostspielig als mög lich zu machen. Auch der jetzige Aufstand in Algier ist, so behaupten wenigstens französische Zeitungen ganz offen, von England ans und durch eng lisches Geld und durch englische Wühlereien veranlaßt. Doch würde der Aufstand in Algier für Frankreich von geringerem Belang sein, wenn es dem neidischen England nicht gelungen wäre, auch das be nachbarte Tunis in Aufruhr zu versetzen. Tunis stand nämlich bisher unter der Oberhoheit der Türkei. Frankreich hat aber mit aller Kraftanstrengung dafür gesorgt, daß die Türkei in den letzter« Jahren keinen Gebrauch von ihrem Oberhoheitsrechte machte, 4a per klugen Politik Napoleon's ist es gelungen, den gegenwärtigen Dey von Tunis zu einem ohnmächtigen Werkzeug der französischen Diplomatie herabzudrücken. Was hat nun England gethan? Es hät die Bevölkerung von Tunis aufgestachelt, einen zweiten Fürsten zu proklamiren, welcher die Oberhoheit des türkischen, Kaisers aner kennt. Tunis hat sohin gegenwärtig zwei Fürsten; der eine ist auf seine Hauptstadt Tunis beschränkt und Freund der Franzosen, der andere ist ans der Volkserhebung hervorgegangen und findet star ken Anhang im Lande. Die Türkei nun, durch England aufgesta chelt, hat sich die Ereignisse sofort zu Nutze gemacht und hat dem zweiten Fürsten, dem Mann der Revolution, Kriegsschiffe und Trup pen zur Verfügung gestellt. Frankreich möchte nun dem in seine Hauptstadt eingeengten Fürsten gern zu Hülfe kommen, allein Eng land und die Türkei erheben kräftige Einsprache dagegen, indem sie behaupten, es ist das eine rein innere Angelegenheit von Tunis, eine reine nationale Bewegung, darin Has sich eine fremde Macht nicht zu mischen. Frankreich dagegen protestirt wieder gegen die Landung türkischer Truppen vor Tunis; allein die Türkei behaup tet, kraft ihres Oberhoheitsrechtes habe sie das vollste Recht, hier einzugreifen. Setzt nun aber England bei der Pforte das Landen türkischer Truppen noch durch, so ist dann das kriegerische Eingrei fen Frankreichs fast unvermeidlich. Greist aber Frankreich gegen die Türken ein, so ist der Fall sehr, wahrscheinlich, daß England sich gedrungen fühlt, den Türken zu Hülfe zu kommen und so liegt eben die Wahrscheinlichkeit nahe, daß es in Afrika noch zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Frankreich und England kommt. Wer mag also die geheimen Triebfedern alle kennen, weshalb England jetzt Dänemark nicht unterstützt? Jedenfalls ist dies« af rikanische Angelegenheit eine Hauptursache mit zu der Neutralität Englands in dem deutsch-dänischen Kriege.