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Dresdner Journal : 07.06.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189006071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900607
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900607
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-06
- Tag 1890-06-07
-
Monat
1890-06
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 07.06.1890
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M12S Sonnabend, dm 7. Juni, abends. 189V L«»»»»pr«l»r kür Vr«iä«> B ll»klc KV kk, t»i <t«o L»i»«rl. äsut»oUeo koit»v,t»Its o S H»rtc; »it—«rU»Id ä« äeatHcUen L«cüe» tritt ko»t- uoä 8te»p«Im»oll»K Uwru. Lio»«Io« Uuwraeru: 10 kl. it»NN»slrui>U»r«dNkr«»r -kür äs» ü«u» «u»»r L«ü» KUÜS« LoUrilt t0 kl. Unter ,, kin^«»»vät" äi» 2«il« KV kl. Lei L»d»llsv- uoä 2iN«rir»»t» sotepr. ^uleclleL. Lreedetnen: TK^Uct» mit ^uimäuv« <ier 8om»- u. t viertele edenä». kerniprecU - ümcUIue«: Ur. ItiVS. Dres-nerIoumal. Für bi« Gesamtlettung veranttosrtlich: ^ofrat Dtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. re» »«M»rt», F'r. Lran^ettrr, LommiemovLr Uo« DreeUner 1oarv»l»; Lemder« VtE »—1 LreUe» »nmklerr ». ».: Lea««»»««»--l ko-i-r, »erlt» Mtee-Lemder,- kr», L«tp«t, -rr»»Ilrarl ». ». Nü»«!»,»: ^lo«e,' »ert, Leeüe» »«rll» »reettlr» ».». «t»tt»»rt: O«--e 4 0o , I«rU»! , Lreile«: L«,1 Rabatt, Leenerer: 0. Lck*I«k«r, U»U» »./ Larct <0 LÄ. Uereuexeder« LSoisl. Lrpeäitioa Ue, vr«ä»«r ^ournelZ. vroeUev, Lvin^eretr. rv. kenuprevt»-^necUIu«: Ur. 1UUK. Amtlicher Teil. treSden, 1. Juni. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die von dem KreiSsteuerrathe Oberfinanzrath Zenker hier erbetene Versetzung m den Ruhestand zu genehmigen und die hierdurch zur Erledigung gekommene Stelle deS KreissteuerratheS im I. Steuerkreise dem KreiSsteuerrathe Oberfinanzrath Stoß in Zwickau zu übertragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der AppellationsgerichtSpräsi dent, Senatspräsident beim Oberlandesgericht a. D. Noßky zu Dresden, das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge Lu Sacbsen-Altenburg verliehene Comthurkreuz 1. Cl. des Sachsen-Ernestinischen Hausordens annehme und trage. Bekanntmachung. Zu Deckung des Bedarfs für die römisch-katholischen Kirchen der Erblande ist für das laufende Jahr eine Parochialanlage nach Maßgabe der Verordnung vom 4. April 1879, die Aufbringung des Bedarfs für die katholischen Kirchen und Schulen der Erblande mit Ausnahme der katholischen Kirche und Schule zu Schirgiswalde betreffend (Gesetz- u. Verordnungs-Blatt v. I. 1879 S. 160) in Höhe von 16 Pfennigen von jeder Mark des Einkommensteuer- satzes für Anlagenpflichtige, welche innerhalb einer Entfernung von 7,5 Kilometern und von 8 Pfennigen von jeder Mark des Einkommensteuer satzes für Anlagenpflichtige, welche weiter als 7,5 Kilometer vom Kirchorte, oder einem erb ländischen Orte, in welchem regelmäßig mehrere Male im Jahre Gottesdienst gehalten wird, wohnen oder ansässig sind, zu erheben. Die hiernach sich ergebenden Anlagenbeträge sind von den verpflichteten Parochianen am 15. Juli dieses JahreS an die OrtS-Steuereinnahme unerinnert abzuführen. Die Anlagenkataster werden den betreffenden Steuerbehörden seiner Zeit durch die Rechnungsexpe- dition des unterzeichneten Ministeriums zugefertigt rverden. Dresden, am 5. Juni 1890. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts. v. Gerber. Götz Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. New-York, «. Juni. (W. T. B.) AuS dem Westen der UnionSstaaten werden starke Gewitter gemeldet. Mehrere Flüsse sind über die Ufer ge- treten und einzelne Städte dadurch beschädigt. Der Blitz hat viele Personen getötet. Dresden, 7. Juni. Zn den Universitätsunruhen in Rußland Die jüngsten Studentenunruhen in Rußland haben mit der Kundmachung des Ministerialerlasses, wonach die Aufnahme neuer Zöglinge in die landwirtschaftliche Akademie von Pettowsky - Razumowsky (ein 6 Werst oberhalb Moskaus gelegenes Dorf) bis auf weiteres unterbleiben soll, ihren Abschluß gefunden. Den Reigen dieser Unruhen eröffnete, wie bekannt, die seit vielen Jahren durch ihre Unbotmäßigkeit be- Feuilleton. Die wilde Rose. Line Erzählung. LV (Fortsetzung.) In ihrem Turm angelaugt, fand sie bereits Fia- metta ihrer harrend und zwar, um ihr bei ihrer Toi lette behilflich zu sein. Sie setzte sich auch ohne Widerspruch vor den Spiegel. „Fiametta, erzähle mir etwas von meines Onkels Braut. War sie sehr schön?" „Sehr schön! Aber — Miß ist doch noch viel schöner!" , Fiametta, laß Deine albernen Schmeicheleien. Ich nehme Dich sonst nicht mit nach Europa, oder willst Du nicht mehr dahin?" lächelte Regina; sie wußte, daß die Mulattin seit einem Jahre für Europa schwärmte, und zwar, weil ein deutscher Mattose es verstanden hatte, ihr flatterhaftes kleine- Herzchen in schnellere Bewegung zu bringen. Er hatte versprochen, sie nach seinem schönen Baterlande mitzunehmen, wenn er wieder nach Cal- <utta käme. Das war allerdings ein vages Versprechen. DaS mochte sich wohl auch die Mulattin überlegt haben, ober ihre Schwärmerei für Europa blieb doch die selbe, und so entgegnet« sie auf Reginas Frage: ,Zch gehe mit Miß nach Europa; ich diene Miß treu bis ans Ende" rüchtigte Studentenschaft dieser Akademie. Anlaß dazu fand sie in der Ernennung eines neuen Direk tors, dessen Aufgabe es sein sollte, den störrischen Zwist derselben zu bändigen und — insbesondere durch ein strenges neues Hausstatut — die vorschriftsmäßige Ordnung in den Funktionen der Akademie wiederher zustellen. Die dadurch gereizten, in der Anstalt selbst wohnhaften Akademiker, deren eS zu der Zeit 140 gab, versammelten sich und beschlossen, gegen die Hausord nung zu demonstrieren. Sie wählten eine Deputation, die sich zu dem noch funktionierenden Leiter der Akademie begab und daselbst einen entschiedenen Pro test gegen die Neuerungen einlegte. Die Antwort des Direktors lautete dahin, daß das Gesetz keine Stu dentenschaft als Korporation anerkenne, daß er somit der Delegation das Recht der Vertretung derselben abspreche und den Empfang korporativer Vorstellungen von sich weisen müsse. Die Studenten veranstalteten nun un geachtet deS Verbotes des Direktors eine Versammlung, beschlossen in derselben eine von sämtlichen Akademikern gezeichnete Petition an den Unterrichtsminister zu Händen des dermaligen Direktors einzurcichcn und zwar in der Weise, daß sie als schriftlicher Vortrag der einzelnen Studenten, deren Unterschriften die Petition trägt, zu gelten hätte. Die Petition wurde thatsächlich von sämtlichen 360 Studenten der Akademie unterschrieben und hierauf dem Direktor eingehändigt. Letzterer erklärte, daß er nicht in der Lage sei, eine derartige Petition an den Unterrichtsminister weiter zu befördern. Durch die Erfolglosigkeit der bisherigen Schritte gereizt, stellten sich die Studenten nunmehr an, die Genehmigung ihrer Wünsche durch allerlei Demonstrationen zu ertrotzen. Sie stellten insgesamt den Besuch der Vorträge ein und verletzten, wo sie nur konnten, die^Satzungen des neuen Hausstatuts. Der Direktor sah sich schließlich genötigt, gegen die Renitenten Gewaltmatzregeln in Gang zu setzen. Am 18. März erschien eine Truppe Gendarmen und nahm sämtliche in der Anstalt anwesende Aka demiker in Haft Die übrigen Studenten, die zu der Zeit außer des Hauses sich befanden, stellten sich später vollzählig ein, gesellten sich zu ihren arretierten Kollegen und wurden mit diesen insgesamt in das Zenttalgefängnis in Moskau abgeführt. Das Gerücht von diesem seltsamen Ereignis brachte die ganze Studentenschaft der Universität in eine außer- ,gewöhnliche Aufregung. Roch aüt selben Tage hielten sie im Laboratorium eine Beratung und beschlossen, sich um 2 Uhr uachmittagS im Umversitätsgarttn zu versammeln und alsdann einen energischen Protest gegen die Leitung der Akademie und die Verhaftungen einzulegen. Allein die Diener des Laboratoriums verrieten den ganzen „Verschwörungsplan" der Studen ten dem Universitätsinspektorat, welches sofort An stalten traf, um denselben nicht zur Ausführung ge langen zu lassen. Noch bevor die Studenten sich an dem bezeichneten Orte in imponierender Zahl ver sammelt hatten, drangen einige Hundert Kosaken in den Garten ein, umzingelten die anwesenden zirka 380 Studenten — und nachdem sie dieselben bis zur Abenddämmerung im Garten eingeschlossen gehalten hatten, führten sie sie in kleineren Partien ins Ge- fängnis ab. Nun fingen die eigentlichen Studentenunruhen erst an. Überall in den größeren Studentenwohnungen und auf den Boulevards wurde debattiert und berat schlagt, was man thun sollte, um den verhafteten Kol legen Bcsreiung und Succurs zu verschaffen Einige von den Klügeren rieten, man müßte sich ruhig ver halten, aber sie wurden nicht gehört, weil man um keinen Preis die „unglücklichen Kollegen" im Stiche lassen wollte. Es wurde schließlich beschlossen — und dieser Beschluß wurde zur allgemeinen Kenntnis der Studenten gebracht —, daß die sämtlichen Studenten der Universität am folgenden Tage in den Universi- tätSsälen sich versammeln und dort ihren Protest gegen die Behandlung ihrer Kollegen in einer derart heraus fordernden Welse zum Ausdruck bringen sollten, daß dadurch die Behörden genötigt sein würden, gegen sie einzuschreiten und sie alle ebenfalls ins Gefängnis abzuführen. Man wollte dadurch die Strafe der be reits in Haft befindlichen Studenten vermindern in der Annahme, daß je zahlreicher die Übelthäter seien, desto geringer die Strafe sein werde. Zu der verabredeten Zeit fand sich in den Uni- verfitätssälen ein Teil der Demonstranten ein. Aber statt der erwarteten 1500 — gab es ihrer nur un gefähr 500, und nachdem sich die Professoren und Kosakenoffiziere ins Mittel gelegt und den Studenten ins Gewissen geredet hatten, schmolz diese Zahl schließ lich bis auf ungefähr 60 zusammen, die fest auf ihrem „Rechte" beharrten, das Geschick ihrer im Kerker schmachtenden Kollegen teilen zu dürfen. Es gab keinen Ausweg und man mußte schließlich ihnen den Gefallen erweisen. Die Erfolglosigkeit des bisherigen Heroismus be gann indes unter den Studenten ernüchternd zu wirken und bald war eS nur noch ein kleiner Rest, welcher „zum Besten der im Kerker schmachtenden Kollegen" noch weiter demonstrieren wollte. Es kam im Universitäts garten noch am 20. März zu einer Studentenver- fammlung. Ungefähr 500 Studenten stellten sich ein, eine Debatte wurde aber von der zahlreich anwesen den Polizei verhindert. Die Meisten gingen ruhig auseinander, nur 66 verlangten zu ihren Leidens genossen ins Gefängnis abgeführt zu werden, was dann auch schließlich von den Polizisten — bewilligt wurde. Und nun begann der Prozeß des Verhörs. Die Behörden, die die Liquidation der Studentenrevolte durchführten, hatten einen schweren Stand. Es war augenscheinlich, daß sowohl die stafbaren Akte, als auch die Motive zu denselben in keinem Verhältnisse stan den zu dem ungeheuren Aufsehen, das die Studenten krawalle überall in Rußland und auch im AuSlande hervorgerufen haben. Man mußte Exempel der Strenge an der Studenfchaft statuieren, deren Vergehen — so weit es sich nicht um die Urheber der Exzesse, als welche die landwirtschaftlichen Akademiker erscheinen, handelt — nur in dem hochherzigen Bestreben bestand dtt Strafbarkeit der dem Gesetze verfallenen Kollegen in einem milderen Lichte erscheinen zu lassen Man hielt die Gefangenen also fünf Tage in Haft, während welcher Zeit sich die Untersuchungsrichter alle mögliche Mühe gaben, die Massen der Häftlinge möglichst von ihrer Schuld zu entlasten und die vorgeschriebene Zahl der Urheber und Verführer der Exzesse behufs der unerläßlichen Statuierung der Exempel herauszuforschen. Schließlich kam man damit zu stände. Das Erkennt nis der mit der Abstrafung der Studenten betrauten Gerichtsbehörde lautete: 3 Studenten wurden aus allen russischen Universitäten ausgeschlossen, 38 wurden nur von der Moskauer Hochschule ausgeschlossen, 40 wur den zu 7 tägigen« Karzer und zur Unterschrift der nachstehenden Erklärung verurteilt: „Ich bereue das Geschehene und verspreche für die Zukunft Gehorsam den Universitätsbehörden." Die übrigen 380 wurden von der Moskauer Universität ausgeschlossen mit der Bemerkung, daß sie wieder ausgenommen werden sollen, sobald sie die soeben gedachte Erklärung unterschrieben haben würden. Es wurde ihnen jedoch nur eine Frist von 7 Tagen dazu gegeben, worauf diejenigen, die nicht unterschrieben, als aus der Moskauer Hochschule aus geschlossen betrachtet und unverzüglich in ihre Heimat abgeschoben werden sollten Dte Prozedur der Protokollsunterzeichnung durch die „reuigen Büßer" und ihre Wiederaufnahme in die Universität ging nur langsam vor sich. Die Freiheits Regina lachte laut; die Lust zu scherzen hatte sie noch nicht verlassen, als sie entgegnete: „Bis auf diesen Zeitpunkt wirst Du hoffentlich noch etwas warten müssen; doch jetzt sage mir, wer war meines Onkels Braut? Lebte sie früher in Cal- cutta oder lebt sie jetzt noch hier?" „Miß war eines Offiziers Tochter aus Benares. Ihr Vater ist tot. Mr. Walberg hat der Mutter viele Wohlthaten erwiesen. Die junge Miß war sehr schön, Mr. Walberg liebte sie sehr!" „Warum trennten sie sich?" Fiametta machte eine Bewegung, die so viel an deuten sollte, als sie wisse das nicht, dann fuhr sie fort: „Miß Mary weiß das alles, aber sie ist sehr ver schwiegen, doch wenn junge Miß danach fragen —" „Gute Fiametta, das werde ich wohl nicht thun." „So, meine Toilette ist wieder hergestellt, geh jetzt hinunter, ich brauche Deine Hilfe nicht mehr." Damit entläßt Regina die diensteifrige Mulattin und setzt sich etwas ermattet auf ihr Sofa. Ihr ist sehr heiß, wie sie überhaupt, ohne jemand etwas zu verraten, in ihrem Tower nnendlich von der Hitze geplagt wird. Aber auch jetzt bleibt sie ent schlossen, dort auszuharren, gleichviel, welches die Folge davon für sie sein wird. „Wenn er mich darum ersuchte, daß ich die neuen Zimmer beziehen soll, dann würde ich folgen, aber das hat er noch nicht gethan", sagt sie wie grollend halb laut vor sich hin und steht unruhig vom Sofa wieder auf. „Wie «S ihm gehen mag — ich hätte gern er fahren, was der Arzt über ferne Wunde gesagt Wie stolz sah er auf dem Pferde aus. Wie fest und sicher lenkte er das Tier - aber mich hat er dabei zum mindesten wie ein Kind behandelt. Und dabei be schäftigt er mich fortwährend in meinen Gedanken. Das kann so nicht fortgehen und, dank meinem guten Hans, will ich jetzt etwas Vernünftiges thun, ich will an Lothar schreiben. Der Gute hat eigentlich noch gar keinen freundlichen Brief von mir erhalten." Regina tritt an den Tisch heran, legt einen kleinen Briefbogen vor sich hin, taucht die Feder ein, zögert aber noch immer mit dem Schreiben, vielmehr legt sie sich recht nachdenkend den Kopf in ihre kleine Hand nnd setzt ihr leises Selbstgespräch fort: „Wenn Lothar so alt sein wird, wie der Onkel jetzt ist, ob er auch so sicher auftreten und so männ lich aussehen wird? — Sicherlich! viel hübscher, viel interessanter — als dieser Onkel, an den ich nicht mehr denken will!" Und ihren Kopf aufrichtend, schreibt sie mit fester Hand: „Lieber Lothar!"" „Nach vielen Strapazen sind wir endlich in dieser Stadt, dem Sammelplatz indischen Reichtums und Glanzes angekommen. Mein lieber Onkel —" Regina legt die Feder hin. „Da ist er schon wieder und noch dazu „lieber" — ist er mir denn so lieb?" In diesem Augenblicke ertönt laut eine Glocke durch das Haus; eS ist das Zeichen, sich zu Tisch ein zufinden Hastig springt das Mädchen auf und thut einen tiefen Atemzug, als sei es von einer schwere» Last befreit. „ES ist wahr, ich bin hungrig, ich will auch sogleich hinnntergehen!" Den Worten folgt die kämpen wollten sich nicht so ohne weiteres unter das caudinische Joch beugen. Dazu kamen noch die in Umlauf gesetzten Gerüchte von der Unzufriedenheit des Zaren mit den Universitätsbehörden, denen er die Schuld an den Studentenunruhen zuschreibe. Diese Gerüchte erhielten ihre scheinbare Begründung durch die Anstrengungen der Universitätsbehörden, die Studenten ohne Ausnahme zu der Unterschrift jener Erklärung zu bewegen und sie auf diese Weise wieder für die Universitätssäle zu gewinnen. Schließ lich mußten dennoch noch 55 Studenten, die sich der Unterordnung unter die Universitätsbehörden in keiner Weise fügen wollten, thatsächlich von der Polizei nach dem Ort ihrer Zuständigkeit befördert und dort unter Polizeiaufsicht gestellt werden. Aus den übrigen russischen Hochschulen kam es zu der Zeit ebenfalls zu vereinzelten Demonstrationen, wobei ausschließlich nur daS Bestreben, den Moskauer Kollegen die Straflosigkeit ihrer Handlungen zu er wirken, das leitende Motiv war. Alle diese Demon strationen waren indes von keinem Belang. Nur auf der Charkower Hochschule gab es heftigere Scenen der Unbotmäßigkeit, wofür 20 Studenten durch den Ausschluß aus der Universität büßen mußten. Anzeichen einer bedenklichen revolutionären Be wegung unter der russischen Studentenschaft zu er blicken — wie manche Leute glauben machen wollen — kann man demnach in diesen Unruhen mit dem besten Willen nicht erblicken. Tagesgeschichte. DreSdrn, 7. Juni. Der kommandierende General Se. Königl. Hoheit Prinz Georg beaab sich gestern früh mit dem Zuge 6 Uhr über Priestewitz nach Großenhain in Begleitung des Chefs des General- stabeS Oberst v. Treitschke und des Adjutanten im Generalkommando Major v. Stieglitz. Se. Königl. Hoheit wohnte den Besichtigungen oer 1., 2. und .5. Eskadron des 1. Husarenregiments Nr. 18 bei, welche in Gegenwart Sr. Excellenz deS Generallieute- nantS v. Hollebcn und deS Generalmajors v. Nostitz auf dem Regimentsexerzierplatze bei Scassa abgehalten wurden. Gegen 11 Uhr vormittags begab sich Se. Königl. Hoheit mit Wagen nach Großenhain zurück, stieg im Hotel beGaxe ab, nahm dann an einem Frühstück im Offizierskasino teil und traf mit dem Zuge 2 Uhr 32 Min nachmittags in Dresden wieder ein. * Berlin, 6. Juni. Se. Majestät der Kaiser be gab sich heute früh mit Sr. Königl Hoheit dem Prinzen Heinrich vom Neuen Palais über Potsdam und Zehlendorf bis zur Bahnwärterbude 4 bei Schöne berg, woselbst Se. Majestät und der Prinz zu Pferde stiegen und sich nach dem Exyzierplatze auf dem Tempelhofer Felde begaben, unMaselbst eine Besich tigung über daS GardekürassierMgiment und daS 2. Gardeulanenregiment abzuhalten. — Nach dem Schluß der Exerzitien nahm Se. Majestät auf dem Platze einige militärische Meldungen entgegen und ließ Allerhöchstsich darauf die augenblicklich hier weilende Somalitruppe vorstellen Alsdann fuhr Se. Majestät mit dem Prinzen Heinrich nach dem Königl. Schlosse in Berlin, um bis zum heutigen Abend daselbst zu verbleiben. Bald nach seinem Eintreffen im Schlosse hatte Se Majestät daselbst eine Konferenz mit dem Reichskanzler General v. Caprivi und , daran an schließend, mit dem Staatssekretär deS Äußern Frhrn. v. Marschall. Demnächst erteilte der Monarch noch zahlreiche Audienzen. Kurz vor K2 Uhr nachmittags begab sich der Kaiser mit dem Prinzen Heinrich zur Tafel nach dem Offizierskasino des Gardekürassier regiments. That. Sie eilt aus dem Zimmer, jedoch nicht ohne noch vorher einen flüchtigen Blick in den Spiegel zu werfen. VXIII. „Regina, Tu gehst in Deinem Pflichtgefühl zu weit. Sei ohne Sorge um meine Wunde. Du hast vom Arzt es selbst gehört, daß ich ohne Gefahr reisen kann! Willst Du mir jedoch eine Erkenntlichkeit er weisen, so beziehe während meiner Abwesenheit die für Dich bestimmten Zimmer. Dein Bräutigam soll aus meinem Hause keine kranke Braut zurückerhalten. In Deinem Tower ist es in dieser Jahreszeit zu heiß. Miß Mary hatte dies nicht in Betracht gezogen. Jetzt lebe wohl. In einigen Tagen schon sehen wir uns wieder." Bei diesen Worten ließ Mr. Walberg die Hand seiner Nichte frei, die er einige Sekunden zum Ab schiede fest in der seinen gehalten. Da- Mädchen steht gesenkten Auges vor ihm. „Ist Lucknow weit von hier?" fragte sie leise. „Nur einige Stunden. Ich muß noch heute dort sein. Laß Dir's inzwischen nicht zu einsam erscheinen. Sobald ich von dieser Reise heimkehre, bleibe ich längere Zeit in Calcutta; dann machen wir zusammen Visiten und Tu wirst Gelegenheit haben, einige Fa milien kennen zu lernen, in deren Mitte Du Dich wohl fühlen wirst. Die Briefe an Deinen Bräutigam und seine Familie sind besorgt, morgen geht daS Schiff ab Ich habe auch an diesen Zachintky geschrieben, er soll Dich nie wieder in seine Gewalt bekommen " Mr Walberg hat fest und sicher gesprochen und will jetzt hinaus, bleibt jedoch noch an der Thür stehen.
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