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Dresdner Journal : 21.05.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189005216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900521
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900521
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-05
- Tag 1890-05-21
-
Monat
1890-05
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 21.05.1890
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1890 M115 Mittwoch, den 21. Mai, abends Dres-nerHoumal Feuilleton Sk Kun! die i mr Lohnarbeit herabsinken, in Akkord gegeben werden. Die wilde Rose. Eine Erzählung (Fortsetzung.) auf diese beiden Arten von Freiheiten würden die Völker, falls dieselben jemals ernstlich bedroht werden sollten, ebenso nachdrücklich zurückweisen wie einen An griff auf die Gesundheit. Prof. Schäfer weist nach, wie durch den Mangel der Berufsfreiheit zuerst Dichtung, Kunst und Wissenschaft in dem sozialistisch regierten Staat vernichtet werden würden, denn die Beschäftigung mit diesen sei allzusehr an Laune und Stimmung gebunden. Aber eine staatliche Organisation der Arbeit könne auf solche Stimmungen und Launen keine Rücksicht nehmen: sie müsse ent schieden verlangen, daß jeder in einer bestimmten Zeit sein Arbeitspensum vollende. Man sieht Dichtung, v«»ux»pr«ti r für vjortoljLkrUcl» S -0 T»i««rt. äoutockeo ?oot»a»t»lt«u vivrtsl- jÜirUok S uu,,erk»Ib ckeutockeu Lsiol»« tritt koot- ou<1 8teu»pelruickl»s diuru. Liorvln« Hulllwvru: 10 kk. XuUtluaixull^»r«dakrkilr kür äev eurer ßStpalteoeu 2vil« llleioer Kelrritt SO kk. voter „kioxsüLuät" äis Heile KV kk. Lei I»dolI«L- uoä 2itseirr8S.tr eutepr. ^.ukscdl»^ Lreekvtuvur Utglick mit ^ueuuluue äer 8ouo- u. keiertL^e »deuäi. ksnr»procl»-^u8odlll»8r l^r. 12V5. roa Lukauätxuuxeo »„vLrtir Fr Lrankirtrttsr, LoauuieeiouLr 6s, vre8ÜQvr 6ourv»l«; L»mdv« >«U» Vt,u l^tpit^ rr«»ke»r» «. N.: F koAler, L«U»-Vt«» -L^dur, kr»U 8. ». »L»ed«o: ü/os««,' r«rte Leuäo» L,ritu knurillarl ». M. : Da»-« «k tlo., I.rlto! : LmU Fa-at-,» L«UL»r,r: C. Lc-ü«ler, L»U, «. F Larct F t?0. Leruuexeder: Lvoigl. krpeäitioo ü«8 vreeäuer ^ouru»!«. Orssäeo, 2viu8«r8tr. LV. korusprvct»-^v«e!»lu88: Ur. 12V5. So ward denn endlich fest verabredet, daß am dritten Tage in später Abendstunde die Flucht ans M. stattfinden sollte. Bis zum Hafen, wo das Schiff zur Abfahrt bereit lag, wollten der Herr Hauptmann und die gnädige Frau die beiden Scheidenden begleiten. Inzwischen sollte den Kindern, außer Antonie, nichts mitgeteilt werden, um jede vorzeitige Entdeckung zu verhüten. So endete der erste Januarlag im Hause der Vorstadt. — Schweren Herzens legte die gnädige Frau am nächsten Morgen die Garderobe sür Regina in die Koffer und manche Thräne fiel darauf. Wer hätte der Dame vor fünf Jahren gesagt, als Frau Babette sie erst durch die vermittelnden Gaben von Hühnern und Eiern bewog, das Müllerkind in ihr Haus aufzunehmen, daß dieses ihr einst so teuer werden sollte, um Thränen des Trennungsschmerzes zn weinen! Jetzt war es anders. Regina, das Müllerkind, war ihre- Lothars Braut und ihre Tochter. Darum fühlte das Mutterherz auch so bitter das Weh der Trennung, einer Trennung, der vielleicht kein Wieder sehen folgte. Doch es hieß stark sein, da das Unab änderliche geschehen mußte. An: dritten Januar abends stand vor dem Thore von M. ein geschlossener Wagen, in welchem, nach einem schmerzlichen Abschied von Antonie, Regina und ihr Beschützer in Begleitung der schon Genannten die Stadt verließen. Die Reise zur Hafenstadt ging glücklich von statten; am Tage vor der Abfahrt des Schifft- „Laerte»" tra fen sie im Hafen ein. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat lvtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Hofsekretär Max Dreßler den Titel und Rang eines Commis- sionsrathes Allergnädigst zu verleihen geruht. teilung der Lehren der Sozialisten nur von national ökonomischen Gesichtspunkten ausgegangen Aber die Sache hat eben noch eine andere Seite. Alle wirt schaftlichen Einrichtungen der Jetztzeit sind aus ge wissen ursächlichen und unveränderlichen Eigenschaften des Menschen hervorgegangen und stehen in irgend welcher Beziehung zu dem wirklichen Wesen des Men schen. Hierauf weitere Kreise aufmerksam gemacht zu haben, ist das Verdienst des Verfassers der erwähnten Schrift, des Professor W. Schäfer in Hannover, der den Nachweis führt, daß die sozialistischen Ziele ganz unvereinbar sind mit gewissen unveräußerlichen Grund eigenschaften und Trieben, sowie mit dem wirklichen Wesen des Menschen. Drei Grundeigenschaften oder Triebe sind es, so sagt Prof. Schäfer in seiner „Die Unvereinbarkeit des sozialistischen Zukunftsstaates mit der menschlichen Natur" betitelten Schrift, welche für die Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens bestimmend gewesen sind: 1) der Trieb nach Ehre und Auszeichnung, 2) das Freiheitsgesühl und 3) die auf einer Verbindung von edlen und gemeinen Trieben beruhende Gemüts verfassung der meisten Menschen, die sie für genossen schaftliches Leben unfähig macht und die gemeinhin als Unwirtschaftlichkeit bezeichnet wird. Ehre ist die gute Meinung, welche andere Menschen von uns haben und das Bestreben, diese gute Meinung uns zn er werben und zu erhalten, welche schon bei Kindern das Zeichen der beginnenden Verstandesausbildung ist, wird bei dem Heranwachsenden Menschen immermehr die Richtschnur seines ganzen Verhaltens. Da der einzelne nur selten feine Vorzüge zur Anerkennung bringen kann, so verbindet er sich zu diesem Zweck mit Gleich gearteten, und hieraus ergiebt sich die Standesehre. In seinem stolzen StandeSbewußtsein dünkt sich der Geselle erhaben über den Lehrburschen; der Meister über den Gesellen; der Kunstschlosser über den Fabrik schlosser; der Monteur über den Kunstschlosser. Soviel Gruppen es in einer Fabrik giebt, soviel Stünde. Und jeder Stand hat seine besondere Standesehre. Diese Standesehre ist die Grundlage guter Kamerad schaft, sie ist die notwendige Trennung der Menschen nach Geburt und Beruf, nach Neigungen und Fähig keiten, da der einzelne nur im Anschluß an Gleichge sinnte einen sicheren Halt findet Was hilft uns nun das Dogma von der Gleichheit der Menschen, wenn die Bildung der Stände auf einer Naturnotwendigkeit beruht, wenn wir täglich beobachten können, wie der Trieb aller Menschen, sich vor denen Hervorzuthun, die sie körperlich oder sittlich oder geistig unter sich stehend glauben, sie zum Anschluß an ein oder mehrere Ge sinnungsgenossen führt, woraus denn schon in frühester Zeit ganz von selbst Gruppen, Körperschaften u. s. w. entstanden sind, bis ein ganzer Stand fertig war, der mit derselben Naturnotwendigkeit auf einen unteren Stand drückte, mit welcher der fleißige und geschickte Arbeiter vor dem faulen und dummen etwas voraus haben will, — mit derselben Naturnotwendigkeit, mit welch« nach einem etwaigen Siege des vierten Stan des sich sofort ein fünfter herausbilden würde? Die tausend Schattierungen, welche das Ehrgefühl annimmt, kann man nicht von vornherein verdammen, eben weil sie ihre Träger zu größeren Leistungen anspornen, weil sie alle darin übereinstimmen, daß sie ihre Träger befähigen, sich über andere zu erheben, und darauf läuft schließlich alle Ehre hinaus. Dies sind die Licht seiten de- Ehrgefühls. Die Ehre hat freilich auch ihre Schattenseiten. Wie wir aber den Sonnenschein lieben, obgleich er unsere Fluren häufig versengt, so dürfen wir auch das Ehrgefühl in dem Menschen nicht er sticken wollen, obgleich cs oft die wunderbarsten Blasen NWamtlichtr Teil. Telegraphische WachrichLen. Wien, 2l. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) über einen gestrigen Zusammenstoß dcs Militär- mit Arbeitern in Pankraz wird aus Pilsen ge meldet, daß die Arbeiter, welche den Marthaschactrt angriffen, gewaltsam von einem Zuge Infanterie zurückgewiesen wurden. Einige Arbeiter wurden getötet, mehrere verwundet. Eine Eskadron Kavallerie wurde in die Gegend der Unruhen verlegt. „Rudolf, bedenke die gefahrvolle, monatelange Reise auf dem Wasser!" „Ich bedenke das gar nicht! Regina ist kein ver zärteltes Stadtkind und braucht auf ihre Nerven keine Rücksicht zu nehmen. Das Quantum Seekrankheit wird sie schon überstehen" „Mama, wenn Sie hätten sehen können, wie ich ZachinSky gebeten habe, mich hier bei Ihnen zu lassen!" siel jetzt Regina ein und umfaßte die gnädige Frau, die einen mütterlichen Kuß auf des Mädchens Stirn drückte und darauf entgegnete: „Ich weiß es, Kind, Liese hat mir's genau erzäblt; aber sieh, da Du nun einmal meine Tochter geworden bist, da Lothar Dich so innig liebt, ist mir um Euch beide auch das Herz schwer " „Mama, eS ist ja nichts zu befürchten Wir sind beide ja noch so jung und Lothar wird die Notwendig keit meiner Handlungsweise einsehen, er wird ruhiger werden, wenn er sich erst mit dem Gedanken vertraut gemacht hat; sein bleibe ich, wo ich mich auch befinde!" „Das sagt sich wohl leicht, meine liebe Regina; aber eS übt sich schwer," entgegnete die gnädige Frau und fuhr fort: „Daß Du, mein Kind, so leicht über da- Ganze urteilst, schreibe ich der Aufregung zu, in der Du Dich jetzt befindest; aber wäre e- nicht besser, „die nötige Einsicht in die Masse gebracht, und der ,Iampf ist entschieden!" Diese eine Probe genügt schon, um die sozialistischen Bestrebungen zu kennzeichnen. Verstaatlichung der ge samten wirtschaftlichen Produktion, sowie vollständige Aufhebung des Privateigentums — nötigenfalls mit Gewalt — das ist das, was Bebel verlangt. Jede andere Art von Lösung der sozialen Frage wird un erörtert beiseite geschoben, auf den Kampf gegen die besitzenden Klassen der Hauptnachdruck gelegt. Es dürfte im Grunde genommen überflüssig erscheinen, sich mit derartigen Hirngespinsten eingehender zu befassen. Schon die Thatsache, daß noch niemals ein auf reinem Kommunismus gegründetes Staatswesen in der Welt be- tanden hat, ist ausreichend, um die Unmöglichkeit der Durch- ührung der sozialistischen Ideen darzuthun. Wenn wir wir suchten noch andere Wege vor der wichtigen Ent scheidung? Wäre es nicht besser, Du schriebst an Bankier Nordheim und schilderst diesem Herrn Deine ganze Lage?" „Nichts davon!" warf der Herr Hauptmann wieder ein, der inzwischen mit Hans Rat gepflogen. „Seien wir zufrieden, daß wir acht Tage Zeit zur Vorbereitung unseres Unternehmens haben! Warum soll ein Fremder überflüssigerweise noch in unsere Ver hältnisse eingeweiht werden, vielleicht gar, um alle- zu verraten? Hier ist nichts weiter zu machen, als auf diese jetzt entschiedene Weise dem ZachinSky das Nachsehen zu lassen, und auf diesen Triumph freue ich mich schon im voraus!" So gingen die Gespräche wechselweise her und hin, nur Hans blieb schweigsam. Er hatte sein Erbe, dreitausend Thaler, wohl ver sichert in der Tasche, umkommen sollten sie beide im fremden Lande nicht. Aber, hat er recht daran, das Mädchen den gewohnten Verhältnissen zu entziehen? Sie war starken Charakters, sie konnte nie in ZachinSkys Schlinge fallen und für die Ewigkeit dauerte diese Pein nicht; noch einige Jahre, dann war sie frei, gehörte einem braven Manne an und — Ja, weiter kam Hans keinen Tag mit seinem Bedenken und auch heute nicht in dieser feierlichen Stunde. Hans war auch nur ein Mensch, — der Haß und die Verachtung gegen seinen Feind war zu groß, er mußte diesem die unrechtmäßige Gewalt über seinen Liebling entziehen, eS war das nicht Rache, nein, er war eS den zwei Verstorbenen schuldig, die ihm ihr einzige- Kind übergeben hatten. Das Passagiergeld für die erste Kajütte wurde so fort bezahlt, das Gepäck untergebracht und damit die häusliche Einrichtung für Monate getroffen. Die Zahl der Mitreisenden war nicht bedeutend, die Einrichtung de- Schiffes gut, der Kapitän an scheinend ein artiger Mann. Es leuchtete ihm ein, daß man die schöne junge Dame unter dem Schutz eines bewährten Dieners nach Calcutta reisen ließ, als welcher Hans in seiner schlich ten städtischen Tracht, mit seinem bescheidenen Wesen erschien. Der Kapitän war sogar so liebenswürdig, bevor der Gaertes" in See stach, den Herrn Hauptmann und die gnädige Frau zu einem solennen Frühstück einzuladen, daS auf den Herrn Hauptmann eine solche Anziehungskraft äußerte, daß er selbiges gern bis nach Calcutta uusgedehnt hätte. Aber es mußte geschieden sein, und am fünften Januar früh lichtete der „Laertcs" unter dem lustigen Gesänge der Matrosen die Anker und dampfte zum Hafen hinaus, breite Furchen im Wasser hinterlassend; am Ufer winkten mit weißen Tüchern wie segnend zwei einsame Zurückgebliebene, die dann betrübten Herzens die Heimkehr antraten, um zu Hause eben falls traurige Gesichter vorzufinden. Ja, Regina fehlte jedem im Hause der Vorstadt; selbst Antonie fühlte sich seit der Trennung von der Freundin in der Nähe ihres Holbeck nicht so heiter, als sonst. So war da- eintönige Leben im Hause der Vor- stahL di- zum 8. Januar hingegangen. ES war nachmittag Der Herr Hauptmann saß auf seinem Kanapee und berechnete aus einer vor ihm Dresden, 2l. Mai. Die Unvereinbarkeit des sozialistischen Zu kunftsstaates mit der menschlichen Natur. Über die Art und Weise, wie sie sich die Gestal tung des ihnen vorschwebenden Zukunftsstaates eigent lich denken, pflegen sich die sozialistischen Volksbegliicker im allgemeinen stets in vorsichtiges Schweigen zu hüllen. In der Thatsache, daß eine unverhüllte Dar legung dieser Phantasiegebilde auch dem blödesten Thoren die Unmöglichkeit der Verwirklichung der sozialistischen Lehren klar machen müßte, ist wahrschein lich der Hauptbeweggrund zu dieser diplomatischen Handlungsweise zu suchen. Nur einzelne der sozial demokratischen Führer haben es nicht über sich ver mocht, dieser Taktik immer treu zu bleiben und die in ihren Köpfen spukenden Ideen für sich zu behalten; sie haben zur Feder gegriffen, um ihren gläubigen Anhängern auseinanderzusetzen, wie schlecht und verab- scheuunaswürdig die heutigen staatlichen und gesell schaftlichen Verhältnisse, wie vortrefflich dagegen die sozialistischen Ziele sind. Aus diese» vereinzelten, ebenso unklaren wie verworrenen Auslassungen läßt sich immerhin ein ungefährer Einblick in die Geheimnisse des sozialdemokratischen „Wolken kuckucksstaates" gewinnen. Am deutlichsten über die Pläne des Sozialismus und über die Wege zu ihrer Erreichung hat sich anfangs der siebziger Jahre Bebel in seiner „Ünsere Ziele" betitelten Streitschrift wider die demokratische Korrespondenz ausgesprochen. Da selbst heißt cs: „Zwei Wege giebt es, um unser Ziel zu erreichen. „Der eine ist: nach Herstellung des demokratischen „Staates die allmähliche Verdrängung der Privat unternehmer durch die Gesetzgebung. Dieser Weg „wird eingeschlagen werden, wenn die beteiligten Kreise, „gegen welche die sozialistische Bewegung gerichtet ist, „bei Zeiten zur Einsicht gelangten und auf dun Wege „des Kompromisses ihren Untergang als exploitierende „Klasse und ihren Übergang als Gleiche in die Ge- „samtheit zu bewerkstelligen suchten. Der andere, ent- „ schieden kürzere, aber auch gewaltthätigere Weg wäre „die gewaltsame Expropriation, die Beseitigung der „Privatunternehmer mit einem Schlage, einerlei durch „welche Mittel. Danach hängt also der Ausgang der „Krisis von der Kapitalistenklasse selbst ab; der Cha rakter der Krisis wird bestimmt durch die Art, wie „sie die in ihren Händen befindlichen Machtmittel an- „wendet. Läßt sie es auf die physische Gewalt an- „kommcn — auf wessen Seite bei diesem Messen der „physischen Kräfte endlich der Sieg fallen wird, da- „rüber ist kein Zweifel. Die Masse ist auf Seite des „arbeitenden Volkes, das sittliche Recht auch. Nur Tagesgeschichte. * Berlin, 20. Mai. Se Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelcher gegenwärtig noch zur Jagd beim Grafen Dohna in Prökelwitz weilt, gedenkt, nach hier eingetroffenen Nachrichten, am 22. d. Mts. abends von dort wieder abzureisen. Die Ankunft Sr. Majestät wird am nächsten Tage vormittags auf Bahnhof Friedrichstraße erwartet. Nach erfolgtem Eintreffen dürfte der Monarch sich alsdann sofort zur Abhaltung der großen Frühjahrsparade über die hier garnisonie- renden Garderegimenter nach dem Paradeplatze auf dem Tempelhofer Felde begeben. — Wie man der „Pol. Corr." aus Berlin meldet, sind die in Bern zwischen dem deutschen Gesandten v. Bülow und dem Schweizer Bundesrate geführten Verhandlungen betreffend die Erneuerung des Nie derlassungsvertrages mit der Schweiz nunmehr so weit gediehen, daß der Abschluß derselben noch vor dem Ablaufe des alten Vertrages, der am 20. Juli zu Ende geht, mit Sicherheit erwartet werden kann. — Die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten von Brasilien in Berlin erhielt ein Telegramm von ihrer Regierung, nach welchem die in Deutschland verbrei teten Nachrichten über Aufstände und revolutionäre Bewegungen in dem Staate „Rio Grande do Sul" (Brasilien) als vollständig erfunden bezeichnet werden. — Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: Der die Aufbesserung der Besoldung der Reichsbeam ten behandelnde Nachttagsetat ist dem Bundesrate bisher noch nicht zugegangen und es ist fraglich, ob die betreffende Vorlage noch vor dem Psingstfeste, wie von anderer Seite gemeldet war, im BundeSrate wird zur Verhandlung gelangen. Richtig ist allerdings. eine einflußreiche, allmählich die ganze Gesetzgebung beherrschende Klasse bilden. Was die dritte der drei menschlichen Grundeigen schaften, welche für die Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens bestimmend sind, die Unwirtschaftlich keit, betrifft, so sagt Prof. Schäfer bezüglich dieser: Wer seinen Bedarf an äußeren Gütern planmäßig, d h. mit möglichst wenig Anstrengung, möglichst große Erfolge erzielend, natürlich ohne Recht und Gesetze zu verletzen, zu befriedigen versteht, der ist ein wirtschaftlicher, sonst aber ist er unwirtschaftlicher Mensch. Es scheint auf den ersten Blick, als ob die Unwirtschaftlichkeit den größten Fehlern zuzurechnen, sei Indessen ist es mit ihr gerade so bestellt, wie mit dem Ehr- und Freiheitsgefühl. Sie hängt sowohl mit dem schlimmsten, als mit den besten Seiten des mensch lichen Charakters zusammen. Wenn ein Mensch über den höchsten Aufgaben der Menschheit seine Wirtschaft vernachlässigt, so ist er gewiß nicht vollkommen, aber in den meisten Fällen wird er achtungswerttr sein, als der, welcher über seiner Wirtschaft jene höchsten Aufgaben vernachlässigt. Niemand kann zweien Herren dienen. Wer sein Leben dem Nachdenken oder dem Ausfuhren einer großen Idee gewidmet hat, der mag sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, wo er nebenbei ein gutes Geldgeschäft machen kann. So sind denn auch in der That die größten Geister aller Jahrhun derte schlechte Wirtschafter gewesen, indem sie den Reichtum verachteten, oder die Mittel und Wege ver schmähten, die zum Reichtum führen. Aber in dem sozialistischen Staat, wo alle Bürger gleiche Pflichten haben würden, erschienen die unwirtschaftlichen, aber genialen Menschen als Drohnen; sie würden nicht bloß sich selbst, sondern vor allem das Staatswohl schädigen. Welche erbärmliche Rolle würde ihnen, den Führern und Tröstern des Menschengeschlechts, beschicken sein! Das sind die Grundgedanken der Schrift Prof. Schäfers, deren Lektüre bestens empfohlen werden kann. Ebenso unverträglich wie der Trieb nach Ehre ist der Trieb nach Freiheit mit dem sozialistischen Zu- kunftSstaat. Profi Schäfer zeigt, daß unter dem be rauschenden Worte „Freiheit", für welche alle edleren Naturen geschwärmt haben, sich nichts anderes ver birgt als der Individualismus. Individualismus und Freiheit sind ganz dasselbe, nur daß „Freiheit" viel besser klingt. Schäfer führt zwei Formen der Freiheit vor, die in dem sozialistischen Zukunftsstaat nicht be stehen bleiben können, auf welche die Menschheit aber niemals verzichten wird, daS ist: 1) die Freiheit, sich zu beschäftigen wie man will, oder die Berufsfreiheit, und 2) die Freiheit, seinen Haushalt einzurichtcn wie man will, oder die Bedarfsfreiheit. Einen Angriff Wer fühlt nicht das Ungeheuerliche solcher Ein richtungen? Weiterhin zeigt Schäfer, daß durch deu Mangel der Berufsfreiheit schließlich der sozialistische Staat selbst zu Grunde gerichtet werden müsse. Die Bedarfsfreiheit wird als die Quelle unserer größten Freuden, der Familienfrcuden und der höch- ften Gesittung, erkannt; denn die Blüten der letzteren sind Freigebigkeit und Mildthätigkeit und diese sind wieder nicht möglich ohne Bedarfsfreiheit, welche inc sozialistischen Zukunftsstaat aber nimmermehr bestehen bleiben könnte. Denn wenn auch das Geld abgeschafft und an seine Stelle Anweisungen auf Genußmittel ausgegeben würden, so dürfte doch eine beliebige Ver wendung derselben, ein Anhäufen oder Verschenken keineswegs gestattet werden. Denn angehäufte Genuß mittel sind der Wirkung nach Produktionsmittel. Und auf die Frage: Was in aller Welt sollten denn die künftigen Sparer im sozialistischen Staat mit ihren Produktionsmitteln anfangen wollen? antwortet Schäfer: DaS will ich ihnen sagen: Wahlzettel, Stimmen des souveränen Volkes bei der Wahl von Richtern und Staatsbeamten und bei Besetzung aller Ämter dafür kaufen, die von der gemeinen und schmutzigen Hand arbeit entbinden würden. So würde aus den künftigen Sparern und ihrem Anhänge sich ganz von selbst rotzdem an dieser Stelle näher auf die Sache ein gehen, so geschieht es, um die Aufmerksamkeit unserer Leser auf eine Schrift hinzulenken, in welcher die sozialistischen Lehren noch unter anderen, bis jetzt in treibt, der Regel nur nebeubei beachteten Gesichtspunkten be urteilt werden. Für gewöhnlich wird bei der Beur-
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