Tschaikowskijs 6. Sinfonie seine letzte, nennt er selbst die „Pathetische“. Er ist echter Romantiker in diesem Werk, in welchem er mit großem Pathos, also mit einem gewissen Überschwang, seine ihn schmerzlich bewegenden Gefühle zum Ausdruck bringt. Die Sinfonie ist Darstellung seines Innenlebens, sie ist reiner Indivi dualismus, sie ist ichbetont. Sie ist ein Bekenntnis seiner glühenden Seele, das aber vom damaligen Adels- und Bürgerpublikum in Petersburg zur Uraufführung ziemlich gleichgültig und uninteressiert aufgenommen wurde (1893). Es war das Publikum, an das sich Tschaikowskij im zaristischen Ruß land allein wenden konnte, denn der Arbeiter und der Bauer waren in der damaligen gesellschaftlichen Situation von diesen künstlerischen Ereignissen ausgeschlossen. Das Neuartige an diesem Werke ist die Anordnung der Sätze, indem nämlich Tschaikowskij es wagt, das Adagio, den langsamen Satz, von seinem üblichen Standort als zweiten oder dritten Satz wegzunehmen und ans Ende zu setzen. Anscheinend ist ihm diese Kühnheit von dem konserva tiven Publikum seiner Zeit verübelt worden. Die dadurch entstandene Pro blematik war jenem genußsüchtigen Publikum des Jahrhundertendes schon zuviel. Tschaikowskij hält sich in Hinsicht auf die Form der einzelnen Sätze ziemlich streng an das klassische Schema; allerdings ist der Inhalt ausgespro chen romantisch. Das Gefühl überwiegt, eine leidgesättigte Seele schreit ihro Qual in die Welt hinaus. Die Musik ist im letzten Sinne pessimistisch, woran auch die Ausbrüche von Trotz und Drohung nichts ändern. Erschütternd ist der Schluß, ein Lamento, ein Klagegesang eines Vereinsamten. Das Werk ist eigentlich eine Anklage gegen die damalige gesellschaftliche Situation. Man vergißt leider sehr leicht diesen Ausgangspunkt, man sieht in ihm, allerdings mit Recht, ein Gipfelwerk der russischen Romantik, losgelöst vom gesell schaftlichen Hintergrund. J. P. Th. Wolfgang Amadeus Mozart Die unter dem Namen „Eine kleine Nachtmusik“ bekannte entzückende Serenade Mozarts entstand im Jahre 1787 in der kurzen Spanne zwischen seinen Opern „Figaros Hochzeit“ und „Don Giovanni“. Ein später Nach klang der anmutigen Kompositionen aus der Salzburger Jünglingszeit birgt sie in der überlegenen Auswertung des thematischen Gehalts innerhalb eines so kleinen Rahmens die reife Meisterschaft der Wiener Zeit und ist ein Kleinod, das wir alle wohl von ganzem Herzen lieben.