Volltext Seite (XML)
Im Frühjahr 1888 reiste Peter Tschaikowski von Tiflis nach Florovskoje, wo ihm sein Diener Alexej ein neues Heim gemietet und eingerichtet hatte, denn der Meister liebte dort ,,das Haus, den Garten, die Landschaft und alles andere“. Eigentlich hatte Tschaikowski dem französischen Schauspieler Lucien Guitry ver sprochen, zu Shakespeares ,,Hamlet“ eine Bühnenmusik zu schreiben. Viele Stunden verwendete Tschaikowski zum Lesen dieses Werkes. Es entstanden nur Skizzen. Die Ouvertüre zu ,,Hamlet“ wurde später erst vollendet. In des Meisters Notizbuch lesen wir: ,,Ich bin endlich dabei, aus meinem stumpf gewordenen Hirn unter großen Schwierigkeiten eine Symphonie herauszuquetschen.“ Diese Worte waren nicht übertrieben, denn Tschaikowski wurde während der Arbeit an dieser, seiner 5. Sinfonie oft von Stimmungen des Zweifels und der Resignation überfallen. Er wurde zwischen Verzweiflung und Glück hin- und hergerissen: ,,Ist es nicht an der Zeit aufzuhören?“ lesen wir, und kurz darauf, Ende August 1888 :,,Meine Symphonie ist fertig, und es scheint, sie ist mir nicht mißlungen. Das ist gut.“ Doch schon nach kurzer Zeit resignierte der Meister wieder: ,,Tanejev ist hingerissen — und ich hielt sie für unnütz.“ Noch nach der Uraufführung im November des gleichen Jahres war Tschaikowski überzeugt, daß seine ,,Fünfte“ ein mißglücktes Werk sei. Der Komponist irrte : Seine ,,Fünfte“ gehört zu den großen und bleibenden Zeug nissen der Weltsinfonik. Wie die Melodie der langsamen Einleitung als ,,Schicksals motiv“ in allen Sätzen als treibende Kraft wiederkehrt und verarbeitet wird, gehört zu Tschaikowskis unsterblichen schöpferischen Leistungen. Der Finalsatz bringt einen echt sinfonischen Höhepunkt, wobei der Komponist noch einmal auf das Hauptthema des ersten Satzes zurückgreift, um so das gesamte Werk formal und inhaltlich zu runden. ,,Bewundernswert ist die innere Zusammengehörigkeit aller Themen und Motive“, lesen wir bei Richard Stein, ,,die zwingende Logik der gesam ten Entwicklung und das Festhalten an der Grundstimmung, nämlich an einer nicht weichlich-wehmütigen, sondern herb-stolzen Resignation.“ Textliche Mitarbeit: Gottfried Schmiedel • Einführungsvorträge: Prof. Dr. Mlynarczyk LITERATURHINWEISE Roussel : Jean Boyer, „Kurzgefaßte Geschichte der französischen Musik“, Breitkopf und Härtel, Wiesbaden, 1953 • Antoine Gol6a, „Musik unserer Zeit“, Verlag C. H. Beck, München, 1954 (beide Werke sind aus Bibliotheken zu entleihen) Mussorgski : Eugen Schmitz, „Das mächtige Häuflein“, Musikbücherei für Jedermann, Heft 4, VEB Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1955 (Im Buchhandel erhältlich)* Karl Laux, „Geschichte der russischen Musik“, erscheint 1938 im Verlag Henschel Berlin • Claude Debussy, „Musik und Musiker“, musikalische Skizzen und Porträts, Verlag Eduard Stichnote, Potsdam, 1948 (vergriffen) Tschai kowski : Kurt von Wolfurt, „Die sinfonischen Werke von Peter Tschaikowski“, Edition Bote und Bock, Berlin, 1947 (vergriffen) • Karl Laux, siehe unter Mussorgski Sonnabend, 8. Februar 1958, 19.30 Uhr, Anrecht B 1 Sonntag, 9. Februar 1958, 19.30 Uhr, Anrecht B 2 Montag, 10. Februar 1958, 19.30 Uhr, Anrecht B 3 5. Konzert Beethoven-Brahms-Zyklus Dirigent: Prof. Heinz Bongartz Solist: Manfred Scherzer, Berlin (Violine) J. Brahms: Haydn Variationen J. Brahms: Violinkonzert L. v. Beethoven: 5. Sinfonie c-Moll 6058 Ra II1-9-5 158 1,2 l»G 009/58