Suche löschen...
Dresdner Journal : 19.03.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189003199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-03
- Tag 1890-03-19
-
Monat
1890-03
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 19.03.1890
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
A 64. Mittl 7 k den 19. März, abends. 1890. ve»n»»preli, kür Vr«»ä«v vier^el^llrÜck I ilarlc L» ?k, b«i 6sn N»»erl. 6vut»cti«Q virrttl- MrUod » >1i»rk; »v««rk»ld 6«, «tsuttebeo N«icl»«i trittLott- au6 8tewpottu»cttl»8 dürra. Livreloa lkuwmer»: 10 ?5. Xukauäl8"»»r«dvNr«nr V<lr ae» N»um vwsr 8S»P»tt«»kv 2»il« tleiovr SedriK rv kk. Vvter ,,Lio8S««mät" äi« Leite LV ?k. Lei l^detle»- uaä Li§erue»tt sottpr. Aus»cbl»ßi. Lrsckeluvnr iL^Uct» mit ttvevttm»« 6or Sono- u. kHerttx« »der«!,, karviprectr ->u»LttIu,,! Kr. ILVü. DresdnerImnial. Für die Gesamtleitung verantwortlich: hofrat Otto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. ^llo»üme vao LvkSuSlxvoxei» »«»»Lrter Fr Lranckrtettri', ^omwimovLr 6«» vreeäoer 1ourv»I»; S»»d»rx Nerv» Vt«u ». N-: ^taa»e««te?n ct LvAtrr, L«rU»-Vt,ll-S»wd»r^- kreU l,«tp»>S-rr»llKN»t »- ». HLecdea: Fuct. ?»n» Lo^ilo» LerU» - Freokturt ». Il 3t»t»U»rt: 7)a«b« F t>'o , Lerlw: /nratittenitan^, Lr««I»u: Fm,t Xadat^,- Uimovr: <7. Lc/iü«/rr, L»U« ». 3 : /. Larct ct L'o. Neraii»8ebvr: liüoigt. Lrpeäition 6e, vreeäoer 1ou»D«ü». Oreeäen, L^ioxerttr. LV. k»rv»preed -^u,eklu„! I^r. I2V5. Gestellungen auf da- „Dresdner Journal" für da- nächste Vierteljahr werden zum Prei'e von 2 M. 50 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für aus wärts: bei den betreffenden Po st an st alten zum Preise von 3 M. Lönigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Dresden, 14. März. Se. Majestät der König haben dem Direktor des hiesigen Polytechnikums, Ge heimen Rath Professor vr. Gustav Anton Zeuner das Comthurkreuz erster Klasse des Albrechtsordens Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben den zum Königlich Bayerischen Konsul in Leipzig ernannten Kaufmann Alfred Thieme 8enior dasLlbst in dieser Eigenschaft anzuerkennen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichterr. Wien, 19. März. (Tel. d. Dresdn. Journ.) DaS „Frcmdenblatt" sagt, auch nach dem Rücktritt deS Fürsten Bismarck sei eS selbstverständlich, daß die auswärtige Politik deS deutschen Reiches nicht die geringste Änderung erfahren würde. Kaiser Wil helm werde so wenig wie seine Vorgänger von dem strengen Einhalten einer friedliebenden Rich tung abwcichcn und er werde an dem Bündnis festhalten, welches zum Nutzen dreier Reiche ge schlossen sei, Dieses Bündnis, an dessen Auf richtung Fürst Bismarck gearbeitet, sei ein kräftiges Werk, eine gesunde, naturgemäße Schöpfung, dessen oberster Zweck der Friede sei. Die hohe Einsicht und das Pflichtgefühl des Kaisers vermehrten die Bürgschaften einer Friedenspolitik. WaS vor allem mit Vertrauen erfülle, seien die Begabung, die Charakterstärke und die rastlose Thatkraft Kaiser Wilhelms, die Vaterlandsliebe der deutschen Fürsten, die Opferwilligkeit der Nation und der große Zug, der in ihr zu herrschen beginne. Paris, 18. März. (W. T. B.) Der Bot- schafter Graf Münster ist nach Berlin abgereist. Paris, 19. März. (Tel. d. Dresdn. Journ) Die Zeitungen besprechen die Erklärung deS Mini- steriums. Daö „Journal des Döbats" findet daS Programm darauf berechnet, jedem etwas zu bieten, und mißbilligt insbesondere in der Rede FreycinetS die Äußerungen über das Militäraesetz und die Schulgesetze. „Figaro meint, nach seiner Er- klärung zeige sich daS Ministerium als ein solches der Ohnmacht, dessen gemäßigte Mitglieder durch die Radikalen erdrückt würden. Die übrigen monarchistischen und radikalen Organe tadeln die verschwommene Fassung der Ministererklärung. Madrid, 18. März. (W. T. B.) Heute morgen wurde in Malaga heftiges Erdbeben ver spürt; große Bestürzung herrschte in den Nachbar- städten; besonderer Schaden ist nicht eingctreten. London, 19. März. (Tel. d. Dresdn. Journ. Die „Times ' meldet auS Sansibar vom 18. März, der Sultan von Sansibar habe mit Zustimmung der deutschen Behörden zwei Bevollmächtigte ab gesandt, welche den Fried-n auf dem Festlande zwischen den Arabern und den Deutschen im Süden Daressal-amS Herstellen sollen — Enkin Pascha begab sich heute nach Bagamoyo zurück. Feuilleton. Schwer gebüßt. Eine Erzählung von Filipp Moreno. s (Fortsetzung.) Die gute Dame hörte die Geschichte von dein Auf tauchen der neuen Gräfin zuerst mit starrem Erstaunen, dann aber mit herzlicher Sympathie für ihre junge Freundin. „Gertrud", sagte sie, nachdem sie endlich Worte finden konnte, „Sie kommen zu mir nach Plüskow; mein Haus steht zu Ihrer Verfügung. Ich nehme Sie zu meiner Tochter an; abgemacht, und keine Widerrede!" Das junge Mädchen war von fo viel Liebe und Güte tief gerührt, denn es fehlte mcht viel, so hätte die Baronin sie ohne weiteres nach Plüskow entführt. Nachdem die Baronin sich unter den wärmsten Freundschaftsversichernngen wieder verabschiedet hatte, traf Gertrud alle Vorkehrungen zum Empfange ihrer Nachfolgerin Auf den Rat des Doktors schickte sie auch einen Wagen zur Bahnstation. Der Tag ver ging und das Warten wurde zuletzt peinlich. Endlich, gegen 6 Uhr abends, rollte der Wagen die Rampe herauf. Die Gräfin war angekommen. „Gehen Sic ihr zum Empfange entgegen?" fragte der Justnrat mit einem eigentümlichen Lächeln. „Gewiß", antwortete Gertrud, „sie soll in ihrem Heim einen freundlichen Willkommeugrnß finden." London, 18. März. (W. T. B.) Au» LeedS wird gemeldet: Der Kohlenmangel verursacht schwere Unzuträglichkeiten für die Einwohner, große Stö rung in allen Geschäften; mehrere Fabriken und Hüttenwerke sind genötigt, mit der Arbeit auf zuhören. Die Befürchtung liegt nahe, daß, fall» der Streik nicht mit Ende der Woche vorüber ist, eS auch an Ga» mangeln wird. Depeschen auS anderen Industriezentren in Porkshire und Lan cashire geben ein Bild gleichartiger Lage. In Burnley sind 39 Fabriken geschlossen, 69»0 An gestellte ohne Beschäftigung Gleichwohl haben mehrere Fabrikbesitzer die Forderungen der Berg leute bewilligt, und man hosst, dies Beispiel werde Nachahmung finden. Livervool, 18. März. (W T. B) Tie Lage hat sich hier etwas gebessert, aus anderen Teilen de» Landes sind gegen 13999 Arbeiter hier ein- getroffen, um die Streikenden zu ersetzen. In den Docks sind die neu angekommrnen Arbeiter bereits eingctreten. Die Streikenden hielten heute hier und in Birkenhead Versammlungen ab, in welchen beschlossen wurde, den Streik fortzusetzen. Der Sekretär der Arbeiterassociation Mac Hugh führte in seinen Ansprachen aus, daß die Arbeiter noch nicht Hungers zu sterben hätten; bevor dicS cinträte, könnten aber Akte der Verzweiflung Vor kommen. Das Unterhausmitglicd Graham klagte in sehr heftigen Ausdrücken die Arbeitgeber und Kapitalisten an 'und erteilte den Arbeitern den Rat, sich nicht mit ihren Verhältnissen zufrieden zu geben. Dresden, 19. März Das Kabinett Szapary. Nach einer Ministerlanfbahn, die den Zeitraum von anderthalb Jahrzehnten umfaßt, ist Koloman v. Tisza aus dem Amte geschieden, in welchem ihm Graf Szapary nachsolgte. Er schied freiwillig aus einer Stellung, in welcher er einen großen und be stimmenden Einfluß auf die Geschicke seines Landes ansttbte und er darf bei seinem Rücktritte das Be wußtsein redlichen Wollens und ehrlicher Pflichterfül lung mitnehmen. Wenn er im Einzelnen auch gefehlt haben mag, so wird jeder unbefangene Beurteiler ihm die Anerkennung nicht versagen können, daß er seinem Vaterlande große Dienste geleistet hat. Unter seiner Amtsthätigkeit hat Ungarn auf der Bahn seiner wirt schaftlichen und finanziellen Entwickelung beachtens werte Fortschritte gemacht, und die Erhaltung eines ehrenvollen Fricdensznstandes, sowie die Förderung der äußeren Machtstellung der Monarchie haben an ihm und der liberalen Partei stets bereitwillige Unter stützung gefunden. All dies erkannt und gewürdigt zu wissen, wird TiSza Trost und Entschädigung bieten für den unversöhnlichen Haß und die Angriffe, womit ihn die Opposition des ungarischen Abgeordnetenhauses verfolgt hat. Die teuerste Erinnerung aber wird ihm der Dank des Monarchen sein, welcher in so überaus huldreichen Worten in dem Allerhöchsten Handschreiben an den gewesenen Premierminister zum Ausdruck ge langt. Der Monarch verkündet selbst in Worten warmer Anerkennung die Verdienste Tiszas Er rühmt seine tiefe Einsicht, seine Selbstverleugnung und aufopfernde Thätigkeit und spricht zugleich die Erwartung aus, Tisza werde auch fernerhin den öffentlichen Angelegenheiten seine Mitwirkung nicht entziehen. Diesem Wunsche seines Monarchen wird Hr. v. Tisza zweifelsohne Folge leisten und er wird auch nach feinen: Rücktritte ffinem Vaterlande noch wertvolle Dienste leisten, weil das neue Kabinett Szapary, welches bereits ins Amt getreten ist, nach seinen im ungarischen Abgeordneten hause abgegebenen Erklärungen im großen und ganzen Damit eilte sie hinaus. In der Halle standen drei Personen, die eine ein kleines, weinendes Kind, die zweite eine ältliche Frau in schwarzer Kleidung, dem Anschein nach eine Dienerin und Kindcswärterin, und die dritte eine schlanke, jugend liche Dame, ebenfalls in ein tiefschwarzes Tranerkostüm gekleidet. Gertrud ging mit ausgestreckten Händen ans die letztere zu; die Dame aber schien diese freundschaftliche Gebärde nicht zu bemerken, sie begnügte sich mit einem kurzen Kopfnicken und sagte dann: „Sie sind das Fräulein Voßberg, wenn ich nicht irre." „Die bin ich," antwortete Gertrud. „Herr I)r. Horn hat mir bereits von Ihnen er zählt. Ich bin die Gräfin Hahn" „Der Herr Justizrat ist hier. Er kam, um Sie zu erwarten." „Das freut mich Ich bin übrigens abgespannt und hungrig. Wir bekommen doch bald etwas zu essen „Das Abendessen wird uni sieben Uhr serviert werden," erwiderte Gertrud, die sich den Empfang ganz anders vorgcstellt hatte „Um sieben Uhr erst!" rief die Gräfin. „Und jetzt ist's kaum sechs!" Gertrud zuckte leicht die Achseln und wendete sich dem Kinde, dem Söhnchen des Vetter Paul zu. Die Ähnlichkeit des Kleinen mit seinem Vater war ganz unverkennbar. „DaS ist Paul, der ganze Pani!" rief sie in freu diger Rührung. Die Gräfin drehte sich schnell zn ihr herum keine andere als die Politik TiSzas befolgen wird. In ihrer heutigen Nummer widmet die Wiener „Presse" den Erklärungen des Grafen Szapary die nachstehende Betrachtung: Die Programmrede, mit welcher Graf Julius Szapary sich den: ungarischen Parlamente vorgestellt hat, wird bei allen erhaltenden Elementen deS Staates und auch in den befreundeten Reichen die sympa thischeste Aufnahme finden. Die Erklärung des neuen Kabinettschefs vereinigt Klugheit und Loyalität, Ernst und Entschiedenheit. Er verspricht, daß seine Politik wesentlich die Fortsetzung derjenigen seines Vor gängers fein soll. Er will das gegenwärtige staats rechtliche Verhältnis zur westlichen Reichshälfte er halten und die guten Beziehungen zu derselben aus- gcstalten. Auf den: Gebiete der auswärtigen Politik will das neue Kabinett den ihm verfassungsmäßig zu- stehenden Einflnß zu Gunsten einer Politik des Frie dens anfwenden, welche sich auf die bewährte Grund lage der Bündnisse nnt Deutschland und Italien stützt. Im Innern verspricht das Ministerium eine solide Finanzpolitik, volkswirtschaftliche Reformen, die Er haltung und Pflege der liberalen Idee. Soweit ist die Programmrede des Grasen Szapary nichts als die neuerliche Betonung jener Grundsätze, von welchen sich Tisza und die Regierungspartei bisher leiten ließen. Die Erklärung erhält aber ihr bestimmendes Kolorit und ihren hervorstehenden Charakter durch einige Stellen, welche mit der jüngsten parla mentarischen Geschichte Ungarns im Zusammen hänge stehen. Graf Szapary erklärt, die Regierung werde zn einer Reform des HeimatsgesctzeS nicht die Initiative ergreifen; sic werde aber der Erörterung nicht auS dem Wege gehen, falls eine solche Reform aus der Mitte des Parlaments, das heißt von der äußersten Linken, angeregtAwerdcn sollte. Die Frage des Heimatsgesetzes war bekanntlich die Ursache von TiSzas Sturz. Er hatte der äußersten Linken eine Reforn: des Gesetzes versprochen, durch welche die un garische Staatsbürgerschaft Ludwig KossuthS aufrecht erhalten werden sollte. Die Erklärung des Grafen Szapary jedoch weiß nichts von Schwäche und Ent gegenkommen für das Verlangen der äußersten Linken, welche ein Ausnahmsgesetz zu Guusten jenes Mannes fordert, der die Legitimität der Dynastie, der Gesetz gcbung und überhaupt der gegenwärtigen staatsrecht lichen VcrMtmssc Ungarns beharrlich leugnet Diese Festigkeit und Entschiedenheit des Grafen Szapary gegenüber den Bestrebungen der äußersten Linken muß besonders hervorgehobcn und dankbar anerkannt wer den. In ihr ebenso wie in den: würd gen Appell an das Parlament, das Ansehen der gesetzgebenden Körper schaft !und damit des ungarischen Verfassungslebens zu wahren, sprechen sich zielbewußter Sinn uud Ener- gie aus, welche das Kabinett hoffentlich auch werk- thätig beweisen wird. Die Erklärung deS Ministerpräsidenten fand ans Seite der liberalen Partei begreiflicherweise begeisterte Aufnahme, und nicht minder begreiflich ist es, daß die Unabhängigkeitspartei sogleich der Regierung die Fortsetzung der Opposition anküudigte, der Opposition, welche ja in erster Linie der Realunion mit Cislei- thanien gilt. Von besonderem Interesse jedoch ist die Erklärung, mit welcher Graf Apponyi hervortrat. Der Führer der „gemäßigten" Opposition erklärte nahezu in allen Punkten fein vollständiges Einverständnis mit dem Programme der neuen Regierung und ver sicherte dieselbe der unbedingten und jedes Hinter gedanken- baren Unterstützung seitens seiner Partei. Graf Apponyi wird cs kaum übel nehmen dürfen, wenn tue öffentliche Meinung diesseits und jenseits der Leitha diese Erklärung mit lebhaftem Interesse, aber auch mit ebenso lebhaftem Mißtrauen entgegen nimmt. Das Programm des Grafen Szapary ist das- „Haben Sie Paul gekannt?" fragte sie hastig. „Gewiß habe ich ihn gekannt," antwortete Gertrud'; „er war ja mein Vetter." „Ganz recht. Ich weiß — Herr Doktor Horn sprach ja davon. Ich freue mich ttbrigcus, daß Sie ihn gekannt haben; ich kann nnu desto besser mit Ihnen von ihn: plaudern." Gertrud nahm den Knaben auf deu Arn: und liebkoste ihn zärtlich. Der kleine Bursche hörte auf zu weinen und betrachtete sie mit großen, ängstlich fragenden Augen. Er schien in ihrem Gesicht nicht zu finden, was er suchte, denn er wendete sich bald von ihr ab und rief mit klagender Stimme: „Mama! Mama!" „Hier bin ich, Hans, hier bin ich ja, mein Söhn chen," sagte die Gräfin schnell. „Du muß: nun aber auch artig und still sein." „Das Kind ist müde," bemerkte Gertrud. „Soll ich es zu Bett bringen? Ich habe das Zimmer seines Vaters zum Kindcrzimmer hcrgerichtet." Die Gräfin gab ihrer ältlichen Begleiterin einen schnellen Wink Dieselbe näherte sich Gertrud „Ich bin die Wärterin dcS jungen Grafen," sagte sie, indem sie sich anschickte, dem jungen Mädchen das Kind abzunehmen Der Knabe aber sträubte sich heftig und schlang seine Ärmchen fest um Gertruds Hals'. fassen Sie ihn," sagte die Gräfin, „lassen Sie ihn. Fräulein Voßbcrg ist sehr UebenSwürdig, ich fürchte nur, daß der Kleine ihr bald lästig werden wird. Nun muß Hans aber auch recht brav sein," schloß sie, zu dem Kinde gewendet, das ihr einen jenige Tiszas. Graf Apponyi und feine Partei haben Tisza in der letzten Zeit mit unversöhnlichen: Hasse verfolgt, haben sich den wildesten Äußerungen der rücksichtslosesten Opposition gegen diese Regierung angeschlossen, haben sich mitschuldig gemacht an jener Permanenterklärung des politischen Skandals, unter welcher Ungarn, sein Parlamentarismus und sein Ansehen in der letzten Zeit so sehr gelitten haben. Darf man von dieser Partei wirklich die Unterstützung riner Politik erwarten, deren bisherigen Träger sie mit den verwegensten Mitteln des parlamentarischen Guerillakrieges verdrängt hat? Oder will die „ge mäßigte" Opposition selbst es neuerdings darthun, daß ihr Kampf lediglich ein persönlicher gegen Tisza war? Und wenn er dies war: Ist Graf Szapary davor ge schützt, daß nicht eines TageS auch er daS Objekt des selben rein persönlichen Haffes wird, mit dem sein Vorgänger gehetzt wurde? Alle diese Fragen, welche so nahe liegen, zwingen dazu, die loyal klingende Er klärung des Grafen Apponyi mit kühler Ruhe ent- gegenzunehmcn. Wenn diese'Erklärung mehr als ein schönes Wort bleibt und die „gemäßigte" Opposition von nun an ihren: Namen die Ehre geben und ihre Aufgabe als Oppositionspartei nur mehr darin er blicken will, an den Handlungen der Regierung eine patriotische, ernste und gerechte Kritik zu üben — dann umso besser für Ungarn und für das Ansehen der Partei des Grafen Apponyi. Allein die Regierung und die liberale Partei werden gut daran thun, auf die unberechenbaren Entschließungen einer unberechen baren Partei, für welche rein persönliche Beweggründe sich als maßgebend erwiesen haben, nicht zu bauen. Vielmehr sollen das Kabinett und die Mehrheit sich durch den Rückblick auf die letzten Ereignisse dazu be stimmt fühlen, fest und innig zufammenzuhalten, um eventuell ohne oder auch gegen die Opposition die großen und bleibenden Interessen Ungarns und der Gesamtmonarchie wahren zu können. Tagesgeschichte. , Dresden, 19. März. Se. Majestät der König wird die beabsichtigte Reise nach Nervi morgen, Don nerstag, mit dem fahrplanmäßigen Zuge abends 7 Uhr 22 Minuten über Leipzig antretcn. In der Allerhöchsten Begleitung werden sich be finden: Generaladjutant General der Kavallerie v. Carlowitz, König!. Leibarzt Oberstabsarzt Or. Jacobi. * Berlin, 18. März. Se. Majestät der Kaiser arbeitete heute vormittag längere Zeit mit den Chefs des Marine- und des Militärkabinetts, sowie mit dem Kriegsminister v Verdy, und erteilte später einige Audienzen. — Unsere gesamte Presse steht heute, wie das selbstverständlich ist, unter dem Eindrücke der Meldung von dem bevorstehenden Rücktritte des Reichskanzler- Fürsten Bismarck von seinen Ämtern. So lange die Genehmigung des Abschiedsgesuches durch Se. Majestät den Kaiser noch nicht vorlicat — und daß dieselbe erfolgt sei, steht noch nicht fest —, halten wir cs für unangebracht, über die bevorstehenden Folgen des Rücktritts Betrachtungen anzustellen, noch viel weniger, wie dies in einem großen Teil der Presse unter willkürlichen Kombinationen nnd meist mit wenig Feingefühl geschieht, den Gründen des Rücktritts nachzusorschcn. — Daß der Rücktritt deS Fürsten Bismarck ein Ereignis von eminenter Be deutung nicht nur für unser Land sein würde, beweist die außerordentliche Aufregung, welche die bisherigen Meldungen allerorten im Auslände hcrvorgerufcn haben. Es ist eine schöne Genugthnung für jeden Deutschen, wahrzunehmen, daß selbst von unseren Feinden im gegenwärtigen Moment kein Versuch gemacht wird, scheuen Blick zuwarf und von neuen: klüglich: „Mama, Mama!" rief. „Aber ich bin ja hier, siehst du mich denn nicht?" sagte die Gräfin unwillig. „Nehmen Sie ihn, Wär terin, und gehen Sie mit ihm ins Kinderzimmer; lassen Sie sich den Weg dorthin zeigen. Und wenn Sie etwas für sich brauchen, eine Erfrischung oder dergleichen, dann rufen Sie danach oder ziehen Sie die Glocke. Sie wissen, es ist mein Wille, daß Ihnen nichts fehlt." Die Frau nahm das Kind und ging mit dem selben davon und das Geschrei des Kleinen tönte selt sam durch das alte Haus, in welchen: seit so langen Jahren keine Kinderstimmc gehört worden war. „Der Junge ist heute reckt unartig", sagte die Gräfin, als man in das Wohnzimmer cingetreten war. „Ich wollte, daß man ihm abgewöhnte, fort während nach nur zu rufen." „Das ist aber ganz natürlich", bemerkte Gertrud; „Kinder rufen nun einmal nach ihrer Mutter." „Was natürlich ist, ist nicht immer auch ange nehm", entgegnete die Gräfin. Gertrud schwieg, aber in ihren: Innern fragte sie sich, ob die neue Herrin von Warnitz wirklich so herz los sei, als eS nach diesen Worten derselben den An schein hatte. Die letztere ließ sich jetzt durch Gertruds Zofe nach ihren Zimmern führen, um die Reisekleider ab- zulcgen; Gertrud selber aber eilte zur Tante Annette, um derselben Bericht zu erstatten. Über die Gräfin selber hatte sic sich noch keine Meinung bilden können, dagegen plauderte fie mit Entzücke:: von den: Kinde, das seinem Vater so ähnlich sah,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite