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Dresdner Journal : 30.12.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188612301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18861230
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18861230
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-12
- Tag 1886-12-30
-
Monat
1886-12
-
Jahr
1886
- Titel
- Dresdner Journal : 30.12.1886
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Michat mü) Tortellier au» Paris- sprechen sollte». Biel« hatten sich eivgefunde«, um Louise Michel z» sehen, und verlangten, als bekannt wurde, daß dieselbe nicht komme, ihr Eintrittsgeld zurück, worüber großer Lärm entstand. Schließlich ließ man Tor« tellier reden und richtete verschiedene Fragen an ihn, z. B. wer, wenn alle Gesetze und Unter ordnungen aushörten, wie die Anarchisten wollten, aus eine« Schisse besehlen sollte- Tortellier bemühte sich, auseinanderzusetzen, daß kein Befehlen nötig sei. Die Versammlung nahm schließlich einstimmig eine Tages ordnung an, in welcher erklärt wurde, Hr. Tortellier habe die Fragen, über die er gesprochen, ungenügend studiert und die von ihm entwickelten Ideen seren un annehmbar. — Die Vermählung der Tochter des Marschalls Mac-Mahon mit dem Grafen v. Pienne findet heute in der St. Clotilde-Kirche statt Dem einstigen Präsidenten der Republik sind aus Frankreich und saft allen Teilen Europa» zahlreiche Glückwunsch adressen anläßlich dieses freudigen Familievereignisse« zugegangen. Die Familie Mac-Mahon, im Jahre 1690 als Jakobiten au» Irland au»gewiesen, ist seit 150 Jahren in Burgund (bei Autun) sehr begütert. Vorgestern fand die PreiSvrrteilung der Ar« beitgeber-Fachvereine de» BaugrwerkeS statt. Den Vorsitz führte der Handels- und Jndustrieminister Lockroy. Derselbe beleuchtete in seiner Ved« die Beteiligung der Arbeiter am Aringewinn, welche die Interessen aller GArD- schastlllnssrn verbinden würde (die allgemeine Durchsührung solcher Beteiligung dürfte in der Praxis wähl erheblichen Schwierigkeiten begegnen d. R ); die «rbei'er am a>ew no be teiligt, würden begirisen, daß ihr einzi er Hei, d die auslän dische Milbewerbung sei, welche nur durch die Einigkeit der Arbeiter und Arbeitgeber besiegt werden könne. Heute suche man nicht mehr, wie 184«, in beziehenden Systemen die Lösung der sozialen Schwierigkeiten sondern man müsse tuchen, d e Abgründe auSzusülleu, welche die srüheren Rrg erungS- sorme > zwischen den verschiedenen Klassen gegrab n Hutten. Daraushin richte da» Ministerium bestäudiq seine Äusmerksam- keit. .Unser Sozialismus besteht nicht darin, zu spalten, son dern zu versöhnen, deun wir glauben, das Frankreich durch die Einigkeit aller seiner Urnder seinen Plag aus dem gewerblichen Schlachtselde zuruekcrobern kann. Aus diesem Felde bars sich Franlreick nicht besiegen lassen. Die Facheereine haben da» Beispiel du Einigung gegeben und gezeigt, bah Frankreich gegen die auswärtige Weltbewerbung sehr w-pl anzukämpien vermag " Der Jntransigeant teilt den Plan der bevor stehenden Operationen gegen die verschiedenen Auf- ständischentorp» im Tonkln mit. Solche Korps, fast durchweg mit Schneüladern bewaffnet, stehen in den Gegenden von Camke, von Kaobang, von Tai Nguyen, ferner im ganzen Osten bis zu Küste. E» ist srnn- zösischerfeltS al» unmöglich erkannt worden, die äußerste Grenze zu verteidigen und man beschränkt sich deshalb darauf, eine dem Delta näher gelegene BerteidigungS- tinle zu behaupten. E» macht einen nahezu spaßigen Eindruck, daß die Franzosen erst jetzt die Entdeckung gemacht haben, daß die Ergebnisse ihrer dieSjädrigen See übungen aller Welt bekannt sind. Sucht zur Re klame und eine Indiskretion ihrer Osfizirre haben über jeden einzelnen Teil der Seemanöver von Toulon do» hellste Licht verbreitet. Die französischen Blätter habe» täglich bombastische, wenn auch keineswegs immer klare Berichte gebracht, aber in der periodischen Marinrlitteratur find die thatsächlichen Vorgänge so erschöpfend und genau dargelegt, daß man auf der Karie Stellung und Bewegung jede» einzelnen Schiffes bezeichnen kann. Wir verweisen hier nur auf die Publikatiouen in „Le Uacht', „Admiralty and Horse Guard» Gazette', sowie auf die „Mitteilungen au» dem Gebiete de» Seewesen»' des österreichischen hydographischen Amte» Publikationen, welche bereit» seit Monaten vorliegen. Der WarnungSruf de» Kriegs minister» in den Pariser Blättern zur Zurückhaltung kommt also jedenfalls etwa» spät. Höchst eigentümlich aberisteS, daß dabei rin Bericht de» Hrv. Hauptmann v. Groß, gen. v Schwarzhoff, de» zweiten Militärattache der deutsche» Botschaft in Pari» gewaltsam herangezogen wird. Der offenbar von dem französischen Kriegs- winister ausgegangene Avi» ist aber um so unerklär licher, al» in der uichtdeutschen Fachlitteratur schon feit langer Zeit die besten Mitteilungen über die französischen Flottenübungen veröffentlicht worden sind, Veröffentlichungen, die nur von Seeoffizieren her rühren können. Und jetzt soll ein preußischer Haupt mann den Franzosen ihre Marinegeheimnisse adsehen! Im übrigen haben die Franzosen sich so sehr um die deutsche Marine bekümmert, und sich so sehr in Nach ¬ ahmungen gefallen, daß sie den Deutschen keine Se- heimniffe zu verraten haben. London, 29. Dezember Im gestrigen Kabinet». rat wurden, der „Voss. Ztg.* zufolge, wider Erwarten keine Schritte gethan, Churchill« Wiedereintritt zu ermöglichen Da» Kabinett billigt vielmehr da» Ver halten de» Marquis v Salisbury, weil derselbe eher feinen Schatzkanzler geopfert habe, al» »ine Verminde rung de» Flotteuetat» zu genehmigen Da» Kabinett hieß auch die mit Marquis v. Hartington ange- knüpsten Unterhandlungen gut, drückle jedoch die Mei nung au», daß, wenn Hartington ablehne, die Negie rung nicht zögern sollte, mit ihrem Programm vor da» Parlament zu treten. Der Zusammentritt de» Parlament» wird bi» Februar verfchob.'n. Die Ver einigung mit den liberalen Urionist,n ist durch die Abneigung der Torypartei, Harttngion al» Premier anzunehmen, erschwert. Die englische und russische Industrie sind in ihrem Konkurrenzkämpfe um den persischen Markt bi» zu einem Punkte gekommen, wo die Engländer um den AuSgaug der tzampse» besorgt zu werden an- fangen. Ein Bericht de» englischen «on>uls in Teori» konstatiert, daß jene» wichtige persische Handelszentrum jetzt mit Manchester waren von einer derarnq tresstehen- den Qualität überschwemmt wodcn sei, daß die per sischen Kaufer sich zurückziehen und masf nhast ihre Kundfchat den Ve tretein de» Moskauer Import geschält» zuwenden. Wählend die Manch ste,firmen den Rus de» englischen Gewerbefl, ißes durch den V r- tried der nichtsnutzigsten Shoddyaitrk.l ruinierten, ge wönnen die Moskauer Fabrikanten zusehends an Ter rain, weil sie ihre Erzeugnisse in guter Qualität und zu angemessenen Preisen nach Persien zu In fern sich bestrebten. Mit Recht erklärt der in Rede stehende KonsulatSdericht, nicht» könne den auswärtigen Handel Englands schlimmer diskreditieren und schädigen, al» wenn in der Welt die Üderz ugung Platz grene, daß brutsche Mannlakturtsten der Praxi» huldigen, Shoddy- ware al» vollwertige» Gut zu lustrn. Wenn die Manchester Häuser sich durch diele Warnung nicht eine» bessern belehren lass n tollten, so dürfte ihre persische Position sich allerdings den Anstrengungen derMoSkauerKonkurrenzkaum noch lange gewachsen zeigen. * Sophia, 29. Dezember Wir haben längst der Ansicht Ausdruck vkiliehen, daß die Begegnung zwischen dem Fürsten Alexander v. Battenberg und der bulgarischen Abordnung vom Standpunkt ruhiger politi cher Erwägung aus nicht zu billigen sei. Wozu ander» konnte dietelbe führen, als zu einer neuen Erörterung der Frage nach der Wiedereinsetzung des Fürfien und damu zu einer neuen Beunruhigung der ohnehin schon erregten öffentlichen Meii.ung? Eine Bestätigung unserer Anschauung liegt bereis jetzt in einem Aufsätze der „Nowoje Wremja" vor. Das Blatt l-ält das nochmalige Ersche nen des Prin zen Alexander aus der polittjclen Arena für m ver meidlich. In London habe man wahrscheinlich die Hoffnung nicht aufgegebe >, die „Restauration' des ge wesenen Fürsten herbeizuführen oder wenigstens diesen zu bewegen, eine solche Rolle zu übernehmen, welche Rußland zwingen werde, aus seiner letzigen ab wartenden Lage he-auszutreten, und welche für Österreich - Ungarn den Vorwand bilden werde, sich in die bulgarischen Angelegenheiten ur einer Rußland feindseligen Weise einzumisch, n. Man sieht hieraus, daß derartige Anlässe von der russischen Presse mit Begierde ergriffen w rden. um ihren Antipathien gegen En land und Österreich Worte zu leihen, und gerade diese ost g machte Erfahrung sollte zur Vorsicht mahnen. Man hat sich denn auch schon genötigt gesehen, von Darmstadt beruhiget de Nachricht auSgehen zu lassen. Wit der „N. fr. Pr.' von dort telegraphisch gemeldet wird, hat eine dem Fürsten Alexander nahestehende Persönlichkeit es al» höchst unwahrscheinlich bezeichnet, daß derselbe an eine Rückkehr nach Bulgarien de ke. Die Abordnung habe überd e» kein Mandat, mit dem Fürsten über die Frage der Rückkehr zu verhandeln, gehabt. Tie Begegnung zwifchen dem Fürsten und dec Abo d- nung sei äußerst herzlich, jedoch ohne j glichen polt tischen Charakter gewesen Melkivürdig bleibt es immerhin, daß jetzt als unwahrscheinlch bezeichnet wird, wa» früher als unmöglich h.»gestellt wurde Daß die Pforie die von ewigen bulgarischen Flücht lingen und Insurgenten überreichte Beschwerde der bulgarischen Regierung zur Aufklärung über sendete, hat diese sehr unangenehm berührt; die Pforte hätte, w e hier betont wird, em derartige» PaSquill einfach zurückweifen und ignorieren solle». — Vom oppositionellen Lager wurde die Idee einer Ver ständigung mit der Regierungspartei wieder an geregt. Die „Nelamisfima Bolgaria' spricht sich nun dagegen au», daß ma» mit den ausgesprochenen Vater- landSverrätern und russischen Spionen zusammenqehen solle. Die Opposition, sagt da» Blatt, bestehe au» einer Handvoll Personen und werde vom ganzen Volke gehaßt. — Wir hatten bereit» gemeldet, daß man wieder von einer unnützen Kandidatur für den bulgarischen Thron fabelt, nämlich von der de» Grafen Gabriel Pejkicsevic». Ein Berichterstatter der „Köln. Ztg ' saat über denselben: „Er ist ein direkter Nach komme der hervorragenden, in die bulgarische Geschichte vielfach verflochtenen bosnisch-bulgar scheu Fürsten- familie, welche die umfangreichsten Ländereien in der Nähe Sophia» besaß. Gabriel Pejacsev c« bereiste im September d I. Bulgarien. Er ist ein Mann von 40 Jahren, in Ungarn Grundbesitzer und scheint eine Kandidatur ernst zu nehmen.' Da» letz tere will allerdings nicht viel sagen. Dresdner tlachrMen vom 30 Dezember. ^Se. Majestät der Kaiser wird am 1.Januar 1887 das 80 jährige Militürdienstjubiläum feiern. Aus diesem An- laß sind, wie in anderen Städten, so auch in Dresden, patrio tisch gesinnte Männer zusammengetreten, um in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten die Mittel zur Beschaffung eines Sr. Majestät dem Kaiser zur Verfügung zu stellenden Geschenkes für die deutsche Armee aufzubringen. Dieses Geschenk, zu dessen Entgegennahme sich Se. Majestät der Kaiser bereit erklärt hat, soll, wie wir bereits berichteten, in einer das Gesamtbild des Lebens Sr. Majestät enthaltenden, von Allerhöchstdemselben durchgesehenen und mit seinem Blldnis gezierten Denkschrift bestehen, von der jeder Soldat der deutschen Armee ein Exem plar eingchändigt erhalten soll. Zur Besprechung über die Bildung eines Dresdner Ortsausschusses zu besagtem Zweck fand gestern abend im Saale der Stadtverordneten, unter dem Vorsitz des Hrn. Oberbürgermeisters >>-- Stübel, eine zahlreich besuchte Versammlung statt, an der sich die hervorragendsten Würdenträger des Staates, der Kirche und der Gemeinde be teiligten. Unter den Erschienenen bemerkten wir die Herren Staatsminister l>, v. Abekcn Excellenz, Generalstaatsanwalt Geh. Rat Held, Generallieutenant z. D. v. Monika Geh. Rat Jäppelt, Generalmajor z. D. v. Schimpfs, Bürgermeister Bönisch, Stadtverordnetenvorsteher geh. Hofrat Ackermann, Landwehrbezirkskommandcur Oberst z. D- Richter, Justizrat tn Schaffrath, Oberkonsistorialrat l>>. Dibelius, Kreishaupt mann v. Koppenfels, die Amtshauptleute v. Metzsch und Ur. Schmidt, Handelskammerprüsident Hultzsch, Prof. I »r. Johannes Schilling, Kommerzienrat Günther, Generalkonsul Rosencrany, Oberschujrat Berthelt, Schulrat Heger, Generaldirektor Belling rath rc. Hr. Oberbürgermeister I >r Stübel begrüßte die Ver sammlung mit herzlichen Worten und betonte: „daß der Ge danke, ein Armeegeschenk zu beschaffen, gerade in eine Zeit salle, wo das ganze deutsche Voll in lebhaftester Spannung darüber sei, wie die Entscheidung im deutschen Reichstage über die Militärvorlage ausfalle. Eine mächtige Bewegung gehe durch das deutsche Volk. Dasselbe verlange, daß diese Ent scheidung nicht im Gegensätze zu dem aus das Wohl des Va terlandes gerichteten Willen des Kaisers und des Bundesrates erfolge." Lebhafter Beifall folgte diesen Watten. Hierauf erstattete der Schriftführer des provisorischen Komitees, Hr. Regierungsrat Prof. Krieg ausführlichen Bericht über die Form, in welcher das patriotische Unternehmen ins Werk ge setzt werden soll. Die Absicht geht dahin: „Am bevorstehenden 90. Geburtstage des Kaisers jeden Soldaten in den Besitz der Denkschrift zu setzen, als eines Andenkens für sich und seine Nachkommen, daran, daß er an einem solchen Tage und unter solchem Kriegshelden gedient habe, damit er sich er heben könne an dem Vorbilde einer 80jährigen Dienstzeit." Referent fügte dem hinzu, daß das Unternehmen von dem Berliner Zentralkomitee geleitet werde und daß sich in Sachsen, außer in Dresden, Ortsausschüsse in Leipzig und Chemnitz gebildet haben. Die Denkschrift wird nur 80 Pf. kosten. Einstimmig kam folgende Resolution zu Stande: Die Versammlung ist einig in dem Beschlusse, das patriotische Werk zur Beschaffung eines Sr. Majestät dem Kaiser zur Verfügung zu stellenden Geschenkes für die deutsche Armee nach Kräften zu fördern und zunächst der von ihr zu erlassenden Aufforderung die weiteste Ver breitung zu geben. In wenigen Augenblicken wurden von der Versammlung etwa 2000 Exemplare der Festschrift gezeichnet. Zahlreiche Zeichnungsstellen werden das Übrige thun. Das von der Versammlung vertrauensvoll als Dresdner Ortsausschuß be stätigte bisherige provisorisch» Komitee besteht aus den Herren Generallieutenant z. D. v. Montb', Oberbürgermeister vr. Stübel, Generalmajor z. D. v. Schimpfs, Stadlverordneten vorsteher geh. Hofrat Ackermann, Regierungsrat Prof. Krieg (Schriftführer). Aus dem Polizeiberichte. Aus einem mittelst Nachichlüffrls geöffneten GesäästSlokaie in der WilS- drufferstraße sind in der Nacht zu gestern eine Anzahl wertvoller Geqenstände, al»: 30 Stück goldene Pince- vez 1 Operngla» und 1 Marinegla», beide ohne Etui, 2 Reißzeuge in schwarzem Glanzpapieretui mit Gold streifen, außerdem aber verschiedene Geldbeträge, zu sammen über 200 M. gestohlen worden. — Aus der Schnorrftraße wurde gestern nachmittag ein junger Mensch von Schn ermassen, die von einem Dache herab stürzten, derart auf den Kopf getroffen, daß Besinnungslosigkeit eintrat. Nach einiger Zeit kam er wieder zu sich und konnte seinem Lehrherrn zugrfiihrt werden. — Noch immer ist das betrübende Verzeichnis der dem Schneeunwetter zum Opfer Gefallenen noch nicht beendet. Heute liegen wieder folgende Meldungen aus Sachsen vor: Am Morgen deS zweiten WeihnachtSseiettageS wurde der Seiler Krauke aus Ostrau erstarrt im Schnee auf einem Felde unweit des Schmorrener Kommunikationsweges auf gefunden. Er hatte am 21. nachmittags seine Familie ver laffen, um in Delmschütz bestellte Waren abzuliefern und mit dem Erlös von etwa 5 M. den Seinen eine Weihnachtsfreude zu bereiten. Er kam jedoch nicht wieder. Zwar machten sich eine Anzahl rüstiger Männer auf den Weg, den Vermißten zu suchen, aber in dem furchtbaren Schneesturme waren alle Be- mühungen vergeblich. Erst am zweiten Feiertage war eS möglich, den Verunglückten zu finden. — Auf einer von Fich- tigsthal nach Tauscha unternommenen Revisionstour wurde in der Nacht von Montag zum Dienstag der Steuerauffeher Mehlbach aus Penig von dem herrschenden Schneetreiben überrascht und schließlich, wahrscheinlich ermattet, völlig ein- geschneit. Nach längerem Suchen sand man den Leichnam deS Genannten bei Tauscha in einer Windwehe. — In Groß schirma wurde am 28. Dezember der Tischlermeister Thomas am sogenannten Schenkberge an der Rittergutsseite aufgefunden. Derselbe wurde in der Nacht zum 21. d. Mts., von Freiberg kommend, ein Opfer des Unwetters. Wahrscheinlich ist er, von den großen Anstrengungen dieses Weges ermattet, um gesunken und liegen geblieben und sodann vom Schnee verweht worden. Der Bedauernswerte hinterläßt eine Witwe und zwei noch unerzogene Kinder. — Ein seit Montag, dem 20. d. MtS., aus Freiberg verschwunde nes, an Epilepsie leidendes und höchstwahrscheinlich im Schnee umgekommencs 23 Jahre altes Mädchen ist noch immer nicht aufgefunden, obwohl man vermutet, daß es nur in der Näh« der Stadt umgekommen sein kann. — Am 26. d. Mts. vor mittags wurde der Strumpfwirker August Türschmann aus Chursdorf in der sog. Hannche auf Burkersdorf er Flur tot ausgefunden. Türschmann war am 25. d. in Burgstädt gewesen, ist jedenfalls abends vom Wege abgekommen und erfroren. — Auch indirekt hat das Schneeunwetter zu mehr fachen Unglückssallen Veranlassung gegeben; gleichlautend wurden aus Leipzig, Freiberg und Dahlen Verunglück ungen von Schneeschauflern und Eisenbahnbediensteten gemel det, welche bei ihrer Thätigkeil überfahren wurden. Der Un fall in Dahlen war bei der allgemeinen Unordnung überhaupt nicht bemerkt worden. Erst beim Auswerfen der Strecke sand man die Leiche des Ärmsten im Schnee vor. — Übrigens ist unser Vaterland Sachsen nicht allein so hart bettoffen worden, denn die neuesten thü ringer Zeitungen berichten von nicht weniger als 21 Todesfällen im Schnee erfrorener Personen. Dresdens öffentliche Gesundheitszustände im Jahre 1885. Den im Verwaltungsberichte de» Dresdner Stadt- ral» enthaltenen Mitteilungen de» StadtbezirkS- arzte» 0». Niedner entnehmen wir Nachstehende»: Der Gesundheitszustand der Stadtbevölkerung war im Be- richSjahre em im allgemeinen sehr erfreulicher Die Zahl der Todessäüe hat einichlietzlich der Totgeborenen 5816 betragen und weist sonach gegen da« Vorjahr trotz der eingetreienen Zu nahme der Bevölkerung ein Minus von mehr als 309 aus. Hiernach ergiebt sich, wenn man die Zahl der hiesigen Ein wohner auf rund 244 VW Köpfe veranschlagt, eine Sterblichkeit von 23'/, pro Mille Die votteziffcrlen Tod,-fälle haben sich fast ganz gleich mäßig aus du einzelnen Monate verteilt. Denn mit Aus nahme der Monate September, Oktober und November, in welchen dieselben dis aus etwa 35t) per Monat herabgesunken waren, haben sich solche monatlich aus ungefähr 42» belaufen. Nach dem Lebensalter der Verstorbenen verteilt, ent fallen die meisten Tode»Me, nämlich nicht weniger als 1 089 auf da» 1. Lebensjahr, während das Lebensalter von 19—14 Jahren die geringste Sterblichkeit, nämlich nur 48 Todesfälle, ausweist Wa» die durch ansteckende Krankheiten herbeigesührten Todesfälle anlangt, so ist bezüglich derselben die erfreuliche Thatsache »u Tage getreten, daß sich deren Anzahl gegen da» Borjahr erheblich verringert hat. Dieselben haben sich aus nur 631 gegen 75 ' im Borjahre belaufen Diese Abminderung der fraglichen Todesfälle beruht in der Hauptsache auf der Ab nahme der DivhteritiScrkrankungea. Die im vorjährigen Gejchä>l»ber chte auSgespi ochene Vermutung, daß die feit Jahren in hiesiger Stadt in grassierender Weise aufgetteiene Diphiettti» an Bösartigkeit Nachlaßen werde, hat sich glücklicherweise erfüllt. Denn eS hat diese Krankheit im Berichtsjahre nur noch 842 Ooser 5 weniger al» im Jahre 1884) gefordert wobei noch besonder- zu berücksichtigen ist baß sich unter den betreffenden Verstorbenen eine große Anzahl solcher an DiphiheritiS schwer erkrankt gewesener Kinder befunden hat, die von auSwärt» zur Vornahme von Operationen nach hiesige» Krankenanstalten gebracht worden waren. In welcher Weise in Dresden die Todesfälle an Diphthe- riti» seit dem Jahre 1882 abgenommen haben, läßt sich deut- einer Mädchenlaune, einer jugendlichen Übereilung einbilden, ooer auch wirklich fühlen, daß sie — hm — daß sie — Dich liebte. Ahl ' „Würdest Du denn im Ernste wagen, da» ver wöhnte, fremdländische Kind in die einfache Häuslich keit eine» deutschen Gelehrten zu führen, sic, d,e nicht einmal die Sprache Deine» Lande» spricht und er lernen kann? Denke Dir bloß, wenn Du ste Deiner alten, treuen Mutter bringen solltest, die nicht fran zösisch parliert, weun Du sagen solltrst: Voilä rotr» Stlal Wie sie Dich verwundert au» ihren klugen Augen ansehen würdet* „Fort, fort mit dieser albernen Vision!* Und Doktor Wendler riß die Fenster auf, ließ die kühle Nachtlust »m feine Stiru wehen, lächelte ver- sichtlich und bitter über seine Phantasien, versuchte überhaupt alle die Mittel, die man in seiner Lage anzuweuden pflegt, um Vernunft und festen Willen zu» Meister zu machen über einen thörichten, hoff- »una»losen Wunsch de» Herzen». Al» er am Morgen nach kurzem, unruhigem Schlaf erwachte, erinnerte er sich doch mit Beschämung, daß ihm im Traum ei» verlockende» braune» Augen paar zngelüchAt hatte. ,E» ist nicht zum Au»halteul Rick wird wahr haftig immer ungeselliger, immer ungemütlicher*, brummte Paul Berthold, al» er den Freund uicht wie f-nst a» Saftmtisch seiner wartend fand. „Der Herr Doktor fei schon ganz zeitig herunter gekommen und bann ausgegangen', berichtete die Kellnerin. „Er stimmt mir überhaupt verändert vor, so wechselnd in der Stimmung, wir ich ihn früher nicht gekannt habe* setzt» Paul ferne Verachtungen fort, inde» er mit Behage» und Ruh« sei» Frühstück einnah». „Diese nervösen Menschen werden, scheint e», um so erregter, je mehr sie in gleichmäß'ger Ruhe zu leben gezwungen sind. Mitten im Sem-ster, unter Bergen von Pflich ten und Arbeiten, hm und her gejagt zwischen Kolle gien und gelehrten Versammlungen, Bibliotheken und wissenschaftlichen Beobachtungen habe ich Rck ge lassener, stetiger gesehen al» hier in der idyllischen Muße unseres jetzigen Aufenthalts, die dvch wahr- hastig dazu angethan wäre, seine überreizten Nerven zu stillen, seine Lebensgeister nur in harmonischer, befriedigender Weise onzuregen. Wo er nun schon hineingestürmt sein mag? Ich hätte große Lust, ihm eine Vorlesung über Leben-kunst und LebenSungemüt- lichkeit zu halten * Er nahm seinen Strohhut und schlenderte ein Stück den bewaldeten Berg hinan, an den sich der Hotelgarten anschließt. Bald aber kam er zurück, ohne den Freund gefunden zu haben, suchte sich nach seiner Gewohnheit ein schattiges Plätzchen au» und zog ein unterhaltendes Buch au» der Tasche, um zu lesen. Die Bank, auf der er Platz genommen, stand in einer langen Allee, die läng» der einen Seite mit einem undurchdringlichen Gewirr von Büschen, Nadelholz und größeren Bäumen emgesaßt war. Jenseits dieser Hecke lief ein schmaler, von überhängenden Zweigen fast ver deckter Kiesweg. Der Garten war jetzt still und leer, da wohl die meisten Gäste aus Ausflügen m die Umgegend ab wesend waren. Paul hatte geraume Zeit eine gänzlich ungestörte Ruhe genossen, al» er nahende Schritte, Lochen und Plaudern vernahm Jugendliche Mädchea- stimmen — und die jetzt ertönenden gehörten un zweifelhaft zu dieser Gattung — verfehlten nie, Paal» Aufmerksamkeit zu erregen. Da» Lache» klang deut licher, die Schritte trippelten näher heran, sie bogen in den Kiesweg hinter ihm ein. Schade, daß sie nicht lieber die große Allee wählten, damit man die Eigen tümerinnen dieser Silberstimmchen auch von Angesicht zu Angesicht bewundern konnte. „Ader so sage doch endlich, wa» das heißen soll. Du lachst ja wie tolll' hörte er jetzt Silberstimmchen Nummer ein» halb ärgerlich, halb lustig fragen. „Stl Stl Nicht so laut, um Himmelswillen; Ach, ich ersticke noch, Elly', stöhnte da» zweite Silber stimmchen unter erneutem, immer wieder auSbrechen- dem Gelächter. „Komm hierher, noch ein wenig tiefer herein in diesen verborgenen Gang. Hier, denke ich, kann uns niemand hören und sehen' („Sehen nicht, mein Fräulein; aber meinen Sie, daß man durch Büsche und Bäume hindurch nicht sehr gut hören kann?') „Aber sprich nur endlich, Vera —' „Ach, liebste, beste Elly, ich beschwöre Dich: sei leise, sei verschwiegen, ja vor allem verschwiegen wie da» Grab, denn ich muß Dir ein furchtbare» Geheim nis anverirauen.' „Wie?' „Ich — ach, werde ich e« vor Lachen sage» kön nen? Ich — ich bin nämlich seit neuester Zeit eine Russin, eine Slawin vom reinsten Wasser, die kein Wort deutsch versteht. Ich bin nicht mit Dir in Berlin zu Fräulein Helm in die Schule gegangen; o neinl ich bin zu Moskau zwischen Leibeigenen auf- gewachsen. ' „Wa» soll da» heißen?' „Daß ich da» köstlichste, unglaublichste Reiseaben teuer erlebt habe, nein, noch erlebe, von de» »a» je geträumt, gelesen, gehört hat.* „Ein Abenteuer? Erkläre Dich deutlicher, er zähle I Ich vergehe vor Neugierde. Wer waren die beiden Herren, mit denen ich Euch gestern gegen Abend fahren sah? Ich hatte keine Ahnung davon, daß Du in Thun seiest; sonst hätte ich Dich natürlich sogleich ausgesucht. Ich traute meinen Augen nicht, al» ich Dich gestern plötzlich erblickte, und bestand darauf, diesen Vormittag in den Hotel» Nachforschungen nach Dir anzustellen. Papa und Mama packen jetzt, wäh rend ich hier bei Dir bin, da wir schon mittag» Weiter reisen werden. Also, wer waren die Herren?' „Also: Die Herren sind zwei Herren, au» unserer teuern Heimatstadt Berlin gebürtig, die im Wartesaal de» Bahnhose» Zürich mich zuerst erblickt haben. Ich hatte dort zufällig die Familie Sapotkin, Bekannte Papa» au» Charkow, angetroffen und begrüßte sie, da sie sowohl mit der deutschen, al» mit der französische» Sprache auf etwa» gespanntem Fuße leben, mit de« paar russischen Brocken, die ich noch von meiner Kia- derzeit her im Gedächtnis habe. Die Herren mochten da» gehört und verstanden haben, denn al» sie zu fällig eine Viertelstunde später mit mir und Made moiselle Serlon im gleichen Koupee zu sitzen kamen, schloß ich au» ihren Äußerungen, daß sie mich für eine Vollblutrusfin hielten. Ich weiß nicht, wie mir der tolle Ei»sall kam, e» muffe doch sehr interessant sein, einmal mit solcher MaSke aufzutreten, zu hören, wa» sie etwa über »ich bemerken würden, wie sie mich fänden u. s. w. u. s.«. Kurz und gut: ich machte mir den Scherz, sie bei dem Glauben an meine russische Nationalität zu lassen. Mit Jeanne spreche ich ohne- hin anr französisch und so wurde mir die kleine Ko mödie ganz leicht.' (8—p« w tz«
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