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Dresdner Journal : 07.12.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188612079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18861207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18861207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-12
- Tag 1886-12-07
-
Monat
1886-12
-
Jahr
1886
- Titel
- Dresdner Journal : 07.12.1886
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W 28« v«»u»»pr«l»: s» b»»»« L«t»L«: Itkrliek K»rk ^Lkrtick: 4 ü»rk KO?f LiL»»Iu« Xmruo«ru: 10 kk. Lu»»«r^»Id <j«i 6«rlttckeo keioks, tritt ko-t- uo<i 8tvllip»Iruiek1»E kü»u. AukllllälxmixixedNdr«» r für ä«n K»uw einer ^espeltensn 2sils kleiner Zckrikt iS kk Vater „Linsk«»»nät" äie 2«U« «0 ?k. v«i IndeUer - a. 2Ut»r»»»t» «texr. itnteokl»^. Lroovol»»»: Italick wit Xn»n»tun« äsr 8onn- ancl ^«t«rt.xs »ksnä». Dienst«», de» 7, Dezember, abend«, 188«. Dns-ncrÄurml. Avvokme r«n Lokvaäl^nnsseo »»»Hesrtll Leiprissi Lrancirtrtter, <^olnwi»»onLr cie» >>re»äner ^onrv»!»; 8»mdurg Lerlln V>«n - L»,«I->r»»I»n-^r»nklart ». >1 : //riENtiikin lt Vvq/er, S,rUu-Vt«»-L»mdLrg- kr,^ - l,«> ,iß-- rrenkkuri e H tlÄnck»»: Ziu4. 2ko««,' k»r>, 1.o»<lov-L»rIiu-?r»nkknrr » >1-Stall g»r1: Dank« et Vo ' SsrUa: /nralteierdliant, Lr«m«o: Lek/ott«,' 8r„I»n /, §t-i»,Aen « Li»rcciu sLmii Labatk), 0»rUli: (- ^ack/oiAer,- Seanorer: O. §cki«L«ier, L»U« ». 8 : /. Larcli et Os. Lür die Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, ssrofeffor der Litteratur- und Runstgeschichte. > ... — -- —ESWSSMMMW Neranexederr körnet. Vrpeüitiov 6«» I>re,6aer lomvol», vrsiäeu, ^vlogvr-tras-s Ho L0. Auküudiguugen für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Journal" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- and Gewerb- treibendea bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung anherordentliche Bergünstignnge» gewährt werden. König!. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Verordnung, Abänderung einer Bestimmung bezüglich der Einfuhr von Rindvieh aus Böhmen betreffend, vom 4. Dezember 1886.' Die Bestimmung in 8 5 der Verordnung de« Ministeriums des Innern vom 26. Juli 1884, die Lin- und Durchfuhr von Vieh und thierischen Theilen M Oesterreich-Ungaro betreffend, wird hierdurch in folgender Maße abgeändert: Da« eingeführte Vieh darf während eine« Zeitraums von sechzig Tagen, von dem Eintreffen am Bestimmungsorte an gerechnet, aus dem Flurbereiche des letzteren nach dem Inland« nicht entfernt werden. Im Uebrigen bewendet eS sowohl bei dem nach z 1 der gedachten Verordnung bestehenden Verbote der Ein- und Durchfuhr von Rindvieh aus Oester reich-Ungarn als Regel, wie auch bei den Bedingungen, unter denen nach 8 2 flg. derselben für die an Böh men grenzenden LandeStheile Ausnahmen hiervon bestehen. Dresden, am 4. Dezember 1886. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Körner. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Rachrichte». Berlin, Dienstag, 7. Dezember. (Tel d. DreSdn. Journ.) Der Prinzregent von Bayern, welchem der bayersche Gesandte bis Leipzig rut- gegrngrfahrrn war, ist heute vormittag um 10 Uhr auf dem aohalter Babuhofe riugetroffru. Der selbe wurde von dem Kaiser, dem Kronprinzen, den Prinzen Wilhelm und Alexander, dem Erb prinzen von Meiningen und anderen Fürstlich- keitrn, von der ganzen Generalität, dem Gouver neur von Berlin, dem Polizeipräsidenten, den Mitgliedern der bayrischen Gesandtschaft, den Hofstaaten und allen hiesigen bayrischen Offizie ren empfangen. Eine Ehrrnkompagnie des 2. Garderegiments war mit Musik und Kahne am Bahnhöfe ausgestellt. Die Musik intonierte die Nationalhymne. Die Begrüßung deS Priuzregrn- teu durch den Kaiser, drn Kronprinzen und den Prinzen Wilhelm war eine äußerst herzliche durch wiederholte Umarmung und Kuß. Nachdem der Prinzregent die Krönt der Ehrrnkompagnie ab- geschritten, erfolgte die Begrüßung der bayerschrn Offiziere und die Vorstellung deS Gefolges und der anwesenden Generalität. Hierauf fuhren der Kaiser uud der Prinzrrgeut in einem Wagen, von dem Kronprinzen und den übrigen Prinzru gefolgt, nach dem König!. Schloß. Auf dem ganzen Wege dorthin standen dichtgedrängte Men- schellwasstu, welche unter Tücher- und Hüteschweu- ken den Kaiser und seinen hohen Gast mit stür mischen Hochrufen begrüßten Mannheim, Montag, 6. Dezember, abeuds. (W. T. B) Bei der heutigen Reichötagsstichwahl wurde Diffenö (nationalliberal) mit 1664) Stim men gewählt, DrreSbach (Sozialist) erhielt V767 Stimmen. Wiru, Dieu-tag, 7. Dezember, früh. (W T. B) Eine Meldung der „Polit. Korresp." aus Belgrad besagt: Die bulgarische Deputation drückte dem König drn Dank drr bulgarisch»» Rrgirruug und drS bulgarischrn Volke« auS für das Entgegenkommen bei Erueurruvg der diplo- malischen Beziehungen zwischen den beiden Län dern, welche mit brr rrnstrv Lage des Landes zu- sommenfiel, bei welcher es sich um die Verteidigung seiner Unabhängigkeit bandelte. (S. TageSgeschittte.) Wien, DienStag, 7. Dezember. (Tel.» DreSdn. Journ.) DaS „Fremdenblatt" weist ebenfalls die St. Petersburger Befürchtungen wegen Wieder- eiusetzuvg des Prinzen von Battenberg zurück. Kerner sagt daS Blatt, nur die iuternatioualr Klarstellung drr bulgarisch-rumelischev Verhältnisse köune stabile Ordnung begründen. Eine Zer reißung der faktischen Union sei undenkbar. Paris, Montag, 6. Dezember, abeuds. (W. T. B.) Präsident Gi4vy konferierte heute Abend mit dem Präsidenten der Drputiertenkammer und des Senats. Wie aus parlamentarischen Kreisen verlautet, hätte der Präsident Grövy bei drr Be- spreebung m t dem Kammerpräsidenten Kloquet auf die Möglichkeit hingewirseu, daß diesem die Bil dung deS neuen Kabinetts übertragen werden könnte, ohne jedoch eine bestimmte Aufforderung an denselben zu richten. Kloquet soll darauf nicht verhehlt haben» daß er in feiner gegenwärtigen Stellung al» Präsident der Kammer dem Staate bessereDirnste leisten zu können glaube; er würde jedoch, fall» Grsvy ihm die Bildung drS Kabinetts zur Pflicht machen sollte, vor den Schwierigkeiten uud den Verantwortlichkeiten, welche die Situation mit sich bring», nicht zinückschreckra. Grövy kon ferierte im Laufe de» AbeudS noch mit Clömen- ceau, Ferry und Brisson Prinz Alexander v. Battenberg ist hier ein- getroffeu. Nach Berichten vom Senegal find die Feind seligkeiten mit den Eingeborenen in den frauzö- fischen Besitzungen iu Grand Bassam durch drn Abschluß eine- Übereinkommen- beendet. Paris, Dirustag, 7. Dezember. (Tel. d DreSdn Journ.) Präsident Grevy empfing heute vormittag drn Sruatspräfideurrn Leroyer. Mau spricht noch immer von drr Bildung eines neuen Kabinetts durch Floquet. Brüssel, Montag, 6. Dezember. (W T. B.) Der Kassationshof hat die Berufung des früheren Deputierten Vandersmissen, welcher wegen Tot schlags zu 1S Jahren Zwangsarbeit verurteilt wordeu war, verworfen. Washington» Dienstag, 7. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der von dem Schatzsekretär Manning dem Kongreß vorgrlegte Bericht empfiel.lt die Abschaffung dc» Gesetze» betreff» drr Zwangs- aukäufe von Silber; sriten des Kongresses soll erkläit werden, daß die vereinigten Staaten bereit seien, mit Deutschland, Frankreich uud England sich zu verbinden, um Vorräte zur freien Aus prägung von Silber und Gold nach einem durch nationales Einverständnis festzusetzendeu Verhält nis hrrzugebru. Manning empfiehlt eine Vermin derung respektive Abschaffung der Zölle auf Roh stoffe und ist gegen die Aufhebung drr Zöllr auf Zucker, Getränke und Tabak. Dresden, 7. Dezember. Rückblick auf die Militärdebatte im deutschen Reichstag. Der Reichstag beendete vorgestern die erste Losung der Militärvorlage und hat letztern, wie vorauszusehen war, au eine Kommission von 28 Mitgliedern ver wiesen. Wir stehen nunmehr vor einer länger» Pause, welche in dem Fortschreiten dieser hochwichtigen An- gelegenheit eintreten wird und eS erwächst für uns zunächst die Ausgabe, die Eindrücke zu sammeln, welche die erste Beratung zurückließ. Die wichtigsten Kund- aebungen sind die Reden deS König!, preußischen KriegSministerS GenerallieutenantSBronsartv Schel lendorff und deS Generalfeldmarschalls Grasen v. Moltke. AuS der Rete des erstem ersah man, daß die Vorlage mit großer Eile eingebracht wurde und unwillkürlich tauchte die Frage auf: „Warum diese Raschheit " Die Antwort liegt in einer vom Kriegs- minister aufgeworfenen Frage: „Sollen wir uns auf militärischem Gebiete von einem Nachbarstaat über flügeln lassen, welcher gegenüber unserm zeitigen Be sitzstände sich, ich will nicht gerade sagen mit Begehr lichkeit auSspricht, iu welchem wir aber doch innerhalb breiter Schichten der Bevölkerung nicht daS Maß von Enthaltsamkeit konstatieren können, welche- notwendig ist für daS Gefühl behaglicher Ruhe, welches wir in unserm Vaterlande haben wollen?" Die Frage wird — sicherlich in Übereinstimmung mit dem ganzen deutschen Volke — vom Minister dahin beantwortet, die verbündeten Regierungen seien der Meinung, daß eS nicht in dem Berufe Deutschland» liege, sich in dieser Weise überflügeln und damit sich Gefahren der Zukunft auSsetzen zu lassen. „Diese Erklärung bildet," so urteilen die „Hamburger Nachrichten", „den Angelpunkt der gesamten militärisch - politischen Lage, wie sie bei Erledigung deS SeptennatSentwursS ins Auge zu fassen ist. Frankreichs Revanchelust bleibt nach wie vor da« einzige wirkliche Motiv und der allein mögliche Ausgangspunkt eines europäischen Kriege-, weil eS zu einem solchen nur kommen durfte, wenn Deutschland gezwungen wird, auch seinerseits da» Schwert zu ziehen. Dazu aber kann das Reich — da wir zu keiner andern Großmacht, weder zu Rußland noch zu Österreich, noch zu England in irgend einem Interessengegensätze stehen, der zum Kriege zu führe» vermöchte — nur durch Frankreich und eine Jntrigue desselben gebracht werden. Muß e» unter diesen Umständen auf diplomatischem Gebiete die erste Sorge Deutschlands sein, eine von Frank reich ausgehende Allianzblldung gegen da» Reich zu verhüten, so liegt e» auf der Hand, daß unsere Mili tärverwaltung unausgesetzt bestrebt sein muß, Frank reich in keiner Weise militärische Vorsprünge gewinnen zu lassen, welche in der Stunde der Gefahr nicht mehr au»zugleichen wären. Diesem Zwecke dient die jetzige Vorlage." Bon diesem Gesichtspunkte aus wird die Rede deS Kriegsminister» von den verschiedensten Organen der Presse ausgesaßt. So sagt der „Hamburgische Korrespondent" mit Bezug auf die obenerwähnte Äußerung de» KriegSministerS: „Durch die Äußerung de» Hrn. v. Bronsart ist der Moment genau gekenn zeichnet, in welchem eine Verschlimmerung der allge meinen Lage eingetreten ist. Dieser Moment fällt in die Zeit kurz vor der ReichStaaSeröffnung. Ruft man sich die Begebenheiten dieser Zeit ins Gedächtnis zurück, so machte damals die Übertragung des Schutze» der sich in Bulgarien aufhaltenden russischen Unter- thanen an Frankreich ein ebenso begründete» als pein liche- Aussehen. Diese Angelegenheit fand allerdings in kürzester Frist dahin eine Aufklärung, daß sie als ein Mißverständnis hingestellt und so geordnet wurde, daß Frankreich auf den Schutz der Russen im Fürsten tum Bulgarien verzichtete und nur denjenigen in Ost- rumelien behielt. Nichtsdestoweniger war die Sache dazu angethan, wie ein greller Blitz die Situation zu beleuchten. Man hatte eben einerseits mit der Unbe rechenbarkeit eines autoklatischen Herrschers zu rechnen, dessen andauernde Gereiztheit durch den Mißerfolg deS Generals KaUlbarS neue Nahrung erhalten hatte, und andererseits mit dem lebhaften Eifer drr französischen Chauvinisten, sich ein Zerwürfnis zwischen Deutschland und Rußland zu Nutze zu machen. Wir wüßten sonst nicht, welches bedenkliche Vorkommnis der KriegSminister im Auge gehabt haben könnte. Sollten wir unS aber irren, so dürfte die Aufklärung nicht aus sich warten lassen. Denn, nachdem Hr. v. Bronsart so weit den Schleier gelüstet hat, liegt kein ersichtlicher Grund da- für vor, daß er denselben nicht vollständig zurück- schlagen könnte. Im Gegenteill Es ist in solchen Fällen immer besser, mit der vollen Wahrheit heraus zugehen, als für verkehrte Kombinationen das Feld frei zu lassen. Hat sich nun aber auch tue Lage feit- dem wieder etwas gebessert, und ist namentlich anzu nehmen, daß die deutlche Thronrede in St. Peters burg nicht ohne Wirkung geblieben ist, ist eS außer dem bekannt, daß Rußland keineswegs so weit gerüstet ist, um sich sofort in einen großen Krieg zu stürzen, so hielt Hr. v Bronsart dennoch die Dringlichkeit der Vorlage mit ernsten Worten ausrecht, ja er sprach so gar die Hoffnung aus, daß dieselbe schon diS zu den Weihnachtsferien erledigt werden möchte. Seine Auf merksamkeit scheint auch jedenfalls mehr auf Frankreich als auf Rußland gerichtet zu sein, da er besonders betonte, daß wir unS von einem Volke nicht in der Stärke der Armee „überflügeln" lassen dürften, welche» da- Gefühl der Ruhe und Behaglichkeit nicht m unS aufkommen lassen wolle." Auch die Wiener Blätter wenden den Reden deS KriegSministerS und des Generalfeldmarschalls Grafen v. Moltke ihre warme Tellname zu. „Es hieße die eigene Sicherheit in die Schanze schlagen", sagt das „Fremden blatt", die in blutigen Kämpfen gefestigte Stärke und Furchtbarkeit der deutschen Waffen preiS- geben, wollte man diese Waffen lorbeerumkränzt ruhen und im verhängnisvollen Dünkel der Unbesiegbarkeit „Gewehr in Rast" die Stunde der Revanche an sich herankommen lassen. Nicht um eine „augenblicklich drohende Kriegsgefahr "„handelt,eS sich, wie Hr. v Bron sart nachdrücklich betont, aber um die nicht unadjeb- bare Möglichkeit eines Krieges, für welche, je eher desto besser, also alsbald mit allen Kräften vorgesorgt werden muß Um eine Vorsorge zur rechten Zeit, in ausreichendem Maße und auf eme Erfolg versprechende Dauer ist es der ReichSlegierung zu thun, und die zwingende Notwendigkeit einer nach all diesen Rich tungen ausreichenden Vorlage hatte der Kneg»minister heule zu erweisen. Ein solcher Nachweis ist nicht durch schwache Andeutungen seiner Eventualitäten zu sühren — die Motivierung emeS Gesetzentwurfes, der die rasche Genehmigung einer ansehnlichen und kost spieligen Heeresvermehrung auf eine längere Reihe von Jahren fordert, muß die Fälle bestimmt in« Auge fassen, in denen das Geforderte von Wert und Bedeutung für das Land werden könnte. Damit ist keineswegs ausgesprochen, daß solche Fälle nicht zu verhüten wären — im Gegenteile, eben die recht zeitige Vorkehrung kann sie verhüten, indem sie dem mutmaßlichen Gegner die ernsten Gefahren einer Unternehmung klarmacht, die an dem Widerstande ebenbürtiger Kräfte scheitern n üßte. So kann auch die deutsche Militärvorlage und ihre heutige Begrün dung von wohlthätiger und ernüchternder Wirkung auf jene Elemente in Frankreich sein, die in frivolem Spiel mit den heiligsten LandeLinteressen, in sinnloser Rachgier eine permanente Bedrohung de» Frieden« bedeuten." Feuilleton. Konstanze. Novelle von S Riuhart. (Fortsetzung.^ „Warum vertrauen Sie wir nicht mehr?" fragte er, nach einer Weile wieder stehen bleibend. „Wollen Sie mir nicht sagen, wa« Sie drückt? — Ich bin Ihr Freund." „Ihr FreundI" gab sie bitter zurück. — Dem Herzen, da- in schwerem Kampfe mit sich selbst ringt, genügt da« Wort nicht, e« verlangt nach einer stür mischeren Sprache. Warum sagte er nicht: Meine Liebe zu Dir ist so groß, daß ich nicht ohne Dich ttben kann. Ich glaub« an Dich, ich vertraue Dirl Ich will Dich schützens Komm, laß un» fliehen in ein einsame« Land, wo nicht« — niemand sich zwischen »n« drängt, wo Du mein bist, weil» alleinI Dan» hätte sie ihm geantwortet: Ja, fort von hier, von dem Antlid, da» alle Dämonen in mir weckt. Und sie hätte ihm ihre Gefchichte erzählt: ich liebte ihn von frühester Jugend an und er mich — nein, ich glaubte es nur; er lieh sich lieben jahrelang, er band mich nicht uud gab mich nicht frei — « zer- brach mich fast Al« aber da« Unglück über mich kam, ich allein zurückblieb, seine» Schutze», seiner Liebe so unsäglich bedürstig—da zog er sich zurück und heiratete uv reiche» Mädchen. Weiter ist'» nicht«! — Und dann hätte sie gesprochen: Willst Du mich nun lieben, trotzdem »eine erste Liebe Dir nicht gehörte? — Du kannst eS, denn die Liebe zu jenem starb längst. Ich ver achte ihn ja! — Dich aber ehre ich über alle andern Menschen uud mit jeder Stunde meines Leben« will ich Dir zu vergelten suchen, was Du jetzt an mir gethan. Das alle- zog in Gedankenschnelle durch Konstan zen- Seele. Doktor Märheim aber wartete umsonst auf Antwort, und der letzte Funke seiner Hoffnung verglomm stille zu Asche, während da» Herz, da« er einzig zu gewinnen trachtete, sich von ihm wandte, — weil er wieder den rechten Moment verpaßt hatte. V. Mehr und wehr schwand die sonnige Heiterkeit auS Märheim- Augen, stiller und stiller ward sein sonst so scherze-froher Mund. Konstanze sah e« mit wachsender Herzenspein und vermochte e- dennoch nicht zu ändern. Wenn sie den Blick de» hochverehrten Mau ne» fragend auf sich gerichtet fühlte, so erschrak sie im Innersten und vermied ängstlich, demselben zu be gegnen. Hatte er sich nicht gerühmt, daß er in drn Seelen zu lesen verstände? — Und ob sie auch trotzig vor sich selbst behauptete, daß da« Buch ihre« Herzen» seine Augen nicht zu scheuen habe — die letzten Blätter waren doch mit einer Schrift beschrieben, die sie selbst zwar nicht zu entziffern vermochte, die aber, so fürchtete sie heimlich, Märheim, der Mana, dem nicht« Menschliches fremd, enträtseln könnte! Umsonst klagie sie. daß die schöne Zeit in Strand ihr gestört, daß Willmer zwischen sie und Märheim aetreten. Die Geister gestorbenen Glück», gestorbener Liebe waren au« ihren Gräbern nufer standen und rissen hohnlachend mit ihren Gespensterhäudev da« blühende Leben der Gegenwart, die goldnen Zukunfts bilder, die ihr grüßend winkten, nieder, daß nicht- um sie war, als graue, lichtlose Ode. Wohl versuchte sie, die Trümmer wieder emporzurichten, doch bald gab sie er auf; denn sie hatten plötzlich allen Zauber einge- büßt und starrten sie schal und nüchtern auS leeren Augenhöhlen an. Mehr als die Sorge um Märheim beschäftigte aber Konstanze die Frage, wie sie sich gegen Willmer beuehmen müsse. Zeigte sie ihm Zorn und Verach tung, so machte sie ihre Umgebung aufmerksam, die um keinen Preis die früheren Beziehungen zwischen ihnen ahnen durfte. Und er selbst — konnte er nicht denken, sie zürne ihm, weil sie seinen Verlust nicht verschmerzen könne? — Wich sie ihm au», so meinte er gar, sie fliehe ihn, da sie noch immer seinen Zauber fürchte! — Begegnete sie ihm aber freundlich wie den andern auch — dann — dann glaubte er am Ende gar, sie werbe um einen Strahl seiner Gnade — o! nur da« nicht! — Wie hatte e» in seinen Augen auf- geleuchtet, al» sie heute sich freiwillig in seine Unter- haliung mit Frau v. Berg gemischt! Er freute sich dessen! Er sollte sich aber nicht freuen — wa» ging sse ihn an? Da» Tafeltuch war zerschnitten zwischen ihnen. Wohl wußte sie, daß e» nur eine wirksame Waffe für sie gegeben hätte: völlige Gleichgiltigkeit. Die aber verstand sie zu ihrem Unglück Nicht zu gebrauchen. Nirmal« im Leben war r« ihr gelungen, kühl und teiluahmlo» au Menfchen oder Ereignissen vorüber- zugehen. Zu heiß pulsierte da« Blut in ihrem Her zen, da« stet« stürmisch sein „Für" oder „Wider" ries. — Doch wenigsten« gleichgiltig scheinen wollte siel — O, welch' eine ungeschickte Debütantin in der schweren Kunst der Verstellung gab sie ab! Hatte sie sich doch stets zu vornehm gedünkt, um eine andere Rolle zu spielen, als sich selbst — daS strafte sich nun! Man sollte sich aber auch nicht aus Künste verlegen, zu denen eS einem an jedem Talent gebricht! So schwankte Konstanze also, da sie keine Richt schnur für ihr Benehmen gegen Willmer fand, wie daS Rohr im Winde, jedem offenbarend, was sie zu verbergen trachtete: daß ihre Seele das Gleich gewicht verloren habe. Dem Diamanten glich sie, der in tausend Farben schillert. Bald zeigte sie sich herb, bald milde, bald schweigsam, bald heiter — immer aber edel, nie die vornehme, stolze Natur verleugnend, nie klein und nie gewöhnlich. Seltsam war eS, daß, während sie selbst in tiefster Unzufriedenheit mit sich, umsonst ihre sichere Ruhe wieder zu gewinnen suchte, doch ihr veränderte« Wesen den Reiz vermehrte, den sie auf Andere aurübte. Jeden falls bewarb sich Willmer trotz alles Spotte«, den sie zeitweise über ihn auSgoh, trotz Kälte und Unfreund lichkeit täglich mehr um ihre Gunst; ein freundliche«, oder nur nicht ablehnendes Wort au« ihrem Munde schien ihn für alle Muhe, die er sich um sie gab, zu entschädigen, ihn zu immer neuen Anstrengung»n an- zusporuen. Ja, öfter widmete er sich Konstanze mit solcher Ausschließlichkeit, daß eS beinahe etwa- Ver letzende» sür Adelheid gehabt hätte — nur erkannte diese in ihrer neidlosen Bescheidenheit der Freundin geistige Überlegenheit willig zu und fand e« ganz natürlich, daß Konstanze den Dichter vornehmlich interessiere, und er ihre Abneigung zu besiegen wünsche. igortse,»»» fol,».)
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