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Erläuterungen zum Programm Nicht schöner kann eine Reihe „Musik für alle" eingeleitet werden als mit Werken Carl Maria v. Webers, des Tondichters, dessen Musik von allen, seien es Kenner oder Liebhaber der Musik, seien es Fachleute oder Laien, mit Liebe und Verständnis auf- genommen wird. Das bezieht sich vor allem auf das Herzstück seines Werkes, die Oper „Der Freischütz"; es gilt aber auch von anderen Schöpfungen, die den Musikfreunden ans Herz gewachsen sind. Verhältnismäßig wenig bekannt ist Weber als „absoluter" Musiker, als Komponist reiner Instrumentalwerke. Da erinnert unser Programm mit Recht an eines der bedeutendsten Klavierwerke in der gesamten Literatur, das f-moll- Konzertstück, und verheißt sogar die Erstaufführung einer Sinfonie. Carl Maria v. Weber als Sinfoniker? Gewiß eine Überraschung für viele. Nun, es gibt zwei Sinfonien von Webers Hand, beide im Jahre 1807 geschrieben, als der junge Breslauer Operndirektor seinen Abschied genommen und auf dem Schlosse Carlsruhe- Oels des Herzogs Eugen von Württemberg in Schlesien eine Zuflucht gefunden hatte. Da hatte er eine tüchtige Hofkapelle zur Hand, für die zu schreiben es sich lohnte Man denkt an Joseph Haydn und seine Abgeschiedenheit in Esterhazy; den unsteten jungen Weber trieb es allerdings bald weiter, und so wurde kein Sinfoniker aus ihm. Neue Ziele lockten, schon hatte er ja mit „Peter Schmoll" und den Stücken zu „Rübezahl" der Bühne Tribut gezahlt. An Haydn kann man über der Partitur der beiden Sinfonien denken, die erste brachte es zu einer Reihe von Aufführungen, und noch 1912 glaubt ihr Hermann Kretzschmar eine „freundliche Aufnahme" zusichern zu können. Dies gilt auch für die vorliegende Zweite, wie die Erste in C-dur stehend, die bei aller jugend lichen Abhängigkeit doch schon eigene Züge aufweist. So vor allem der an sich auch bedeutendste erste Satz mit seinem hochgemut beginnenden Hauptthema — Weber setzte es als „Motto" der Sinfonie auf ein Liniensystem zusammengezogen, auf die Titelseite der Partitur. Es ist eines der „ritterlichen" Themen, denen wir dann noch oft in Webers Werken begegnen werden. Ihm steht ein recht romantisches, von den Hörnern angestimmtes Gesangsthema gegenüber (die Klarinetten, Webers Lieblings instrument, fehlen in dem kleinen fürstlichen Orchester). Durchführung und Reprise zeichnpn sich deutlich ab wobei der Übergang zwischen diesen beiden Teilen mit besonderem Feinsinn gestaltet ist. Die anderen Sätze kommen über eine skizzenhafte Anlage nicht hinaus, sind aber reich an poetischen Zügen von Gemütstiefe und Humor. In die Breslauer Zeit zurück weist die Ouvertüre „Beherrscher der Geister". Weber hatte eine Oper „Rübezahl" begonnen, dazu eine Ouvertüre und drei Nummern geschrieben, von denen uns zwei erhalten sind, ein Geisterchor und ein Quintett. Die Ouvertüre liegt nur in einer späteren Bearbeitung (Stuttgart, 1811) vor und ist ein in aufgeregtem d-moll beginnendes (Hauptthema in den Geigen, dazu ein ähnlich geartetes Motiv in den Celli), ein F-dur-Gesangsthema, kontrastierend nach D-dur wechselndes und in der Durtonart auch schließendes glanzvolles Orchesterstück. Es ist hier an der Zeit, von der neuen Dresdner Weber-Renaissance zu sprechen, die sich an den Namen des hervorragenden Weber-Forschers Hans Schnoor knüpft. Seinen Bemühungen ist die späte Uraufführung jener beiden Fragmente zu danken, die sich ebenso wie die Aufführung der rekonstruierten Jugendoper „Peter Schmoll" — als aufsehenerregende Entdeckung erwies. Unser Weber-Abend darf als ein weiterer Beitrag zu den ver gangenen und zu zukünftigen Dresdner Webertaten gerechnet werden. Zu den populären Weber-Werken zählt die Oper „Oberon" und vor allem deren Ouvertüre, daneben behauptet die zu dem Schauspiel des Weimarer Schauspielers Pius Alexander Wolff ihren Platz. Der Inhalt, die Liebesgeschichte von einem spanischen Edelmann und einer schönen Zigeunerin mit Namen Preziosa (die sich dem Zug der Zeit entsprechend später als Edelfräulein entpuppt), war so recht etwas für Weber, den Romantiker, der wie sie alle auf abenteuerliche Entdeckungen auch musik geographischer Art ausging: da wimmelt es von spanischen Originalmelodien, die dem bekanntlich auch literarisch und wissenschaftlich interessierten Komponisten von einem Dresdner Oberbibliothekar vermittelt worden waren. Die Ouvertüre verarbeitet Motive der verschiedenen Nummern (Zigeunermarsch als erstes Allegrothema, Preziosas Tanz als zweites, schließlich einige Takte aus dem letzten Melodram) in durchaus form voller Weise. In unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft der „Preziosa"-Musik sind Webers bedeutendste Klavierkompositionen entstanden, vorher die „Aufforderung zum Tanz", nachher das „Konzertstück", dem, bezeichnend genug, Weber selbst dramatische Vorgänge (Heimkehr des sehnsüchtig von der Burgfrau erwarteten Kreuzfahrers) zu grundegelegt hat. Dr. Karl Laux