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" " — — W 177. Sonnabend, den 31. Juli, abend-. 1886. v«iax»pr»l»r I» L«ot««N«L n«l«n«: r» >t»r^ szjLbrtiek: L KO?k xiü««lL« Sommern: 10 kk. La»«rN»Idlt»« äsuticksv Kricks« tritt koit- iu»<j 8tswpsl»u»ck1»^ Kim» itllkNllckixunxsxedadre» r ?<!r ä«» ksum siosr ^««xLltsosa 2«ils llsivsr Zckritt SO kk. Ootsr „Lis^ssLvät" äis 2silo KO kk. bsi a. 2iN«rr^»t/ «otipr. DresdnerImimal. Luosüm« von ^nLNväixno^sn I..tpriz: Fr. Francistettev, LoinwiüionLr äs« l>re»än«r 7ourv»I«; S«wdur8 N«rNu -Vl«n - L.„I-Lr.,I»a-kr^Skitr« ». « : //aa«e»«tc»»» F ^vAier, L«rU2-Viei»-S»rlldur^. ?r»ss -- rrLnktart ». H. Skünoksn: FuF Lko««,- r«ri« I.ollävL-v«rUii -^r«L>r^rt « » StuN^Lrt: DauL« F t7o .,' L«rUll" Znra?l<tc»<ianF Lr«m«v^ F. Lc^tott«,' Lr««I«u: F ÄonAcn'« Lxreau sFmii ^adat?»k' VSrUt«: tr Fac/r/o/Aer, »«Lnovsr: <7. Hcküsst«',' n«u« ». s F LarcL F <7o. HUUvk mit F»»»»tuo« ä« San»- nnä »bsaä». Verantwortlicher Redakteur: In Stellvertretung Professor Otto Banck in Dresden. Nsr»n«x«dsr r Nöniel. klrpsäition äss Vrss6oor 7onrvLll, Drssäso, 2vin8erstrL»»v l^o SO. Machv-llessunqen auf da- „Dresdner Journal" für die Monate August und September werden zum Preise von 3 M. angenommen für Dresden bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), s»r an-mirtS bei den betreffenden Post anstalten. Anknndignngen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühre» im Ankündigungr- teile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. Lömgl. Expedition des Dresdner Journals. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Nachrichte». Kissivgev, Sonnabend, 31. Juli, nachmit tag». (Tet. d. DreSdn Journ.) Der Fürst undIdie Fürstin v. BiSmarck find heute mit Sonderzug nach München abgereist. Amsterdam, Sonnabend, 31. Juli, vormit- tagt. (Tel. d. DreSd,. Journ.) Der gestrige Tag und Abend find ruhig verlaufen. Die Stadt hat wieder ihr gewöhnliche» Aussehen. Nur iu dem Stadtviertel, wo die Ruhestörungen stattfaudev, gewahrte man einige Gruppen Neugieriger, die aber auf Aufforderung der Polizei fich zerstreuten. Bit auf die MilitLrposten vor dem Polizeibureau und der Kirche auf dem Noordermarkt find sämtliche Truppe« in ihre Kasernen zurückgekehrt. DaS für Sountag von der Amsterdamer Abteilung der Sozialistenliga angekündigte Meeting wurde uutersagt. Loudon, Freitag, 3«. Juli, abends. (W. T. B) Gladstone hat heute in OSborne iu einer ihm von der Königin erteilten Audienz sein AmtS- fiegel zurückgegebrn. Die Königin hat 4 neue PairS ernannt, unter ihnen befinden fich Sir Thomas Brassey und Sir Arthur Baß. Dresden, 31. Juli. Marquis Tseng. Wie au» der „Tagesgeschichte - ersichtlich, wird dem gegenwärtig in Berlin weilenden, behufs Überreichung feine- «bberufungsschreibeus nach St. Petersburg reisen den chinesischen Gesandten Marquis Tseng dort mit großer Auszeichnung begegnet. Marquis Tseng wird Europa nunmehr den Rücken kehren, um in seiner Heimat an die Spitze des Marineamts zu treten, wo seiner eine große reformatorische Thätigkeit wartet. Marquis Tseng hat sich während seines Aufenthalts als chine sischer Gesandter in Europa eine gewisse Volkstüm lichkeit errungen. Nicht nur sein geschickter Wider stand, den er der französischen StaatSkunst leistete, sondern auch namentlich sein Wirken auf volkswirt schaftlichem und industriellem Gebiete läßt ihn als einen der ersten Chinesen erscheinen, welche thatkräftig für Einführung der vervollkommneten europäischen Feuilleton. Redigiert von Ott» Baue». Der BerlobungSring. Novelle von E. Härtner. (Fortsetzung.) Aber Paula» sonst so durchsichtiger Charakter wurde der Mutier dadurch nicht weniger rätselhaft. Sie hatte an jenem ersten Ballabend eine allzu große und allzu plötzliche Intimität der Tochter mit Hrn. v. Mannhardt gefürchtet, ihre Bemerkung am nächsten Tage mußte die aufkeimende Freundschaft wohl gründ lich zerstört haben, wenigsten- zeigte Paula bei der nächsten Gelegenheit ein so kalte», stolz reservierte» Wesen, daß die Gräfin befürchtete, schon zu viel ge sagt zu haben. Eie wollte die Herren in bescheidener Entfernung gehalten, nicht verscheucht wissen, über haupt faud die Gräfin bald, und auch der Graf stimmte ihr bei, daß sie sich in Hrn. v. Mannhardt und seinem Freunde getäuscht hatte. Die beiden be eilten fich nicht, die Stellen al» Hau»freunde eiu- zunthmen, die man ihnen schon gewissermaßen zu- gedacht hatte. Daß sich der reichen und schönen Toch ter de» Grafen Erk die männliche Jugend huldigend näherte, daß der flinke, Nrine Grüttner, der flotte Lufarealieuteuaut, sie eifrig umfchwärmte, verstand sich von selbst; aber Viktor v. Mannhardt hielt sich m einer Entfernung, von der die Gräfin nicht genau wußte, ob fie dieselbe übergroßer Bescheidenheit oder vollkommener Gleichgiltigkeit zuschreiben sollte. Paula Technik in die Schranken traten. Dem Aufenthalt des Marquis Tseng in Berlin dankt Deutschland die Erweiterung seiner Handelsbeziehungen zu China und namentlich war er es gewesen, durch dessen Vermitte- tung die Werft des „Vulkan- in Stettin eine Reihe bedeutender Aufträge erhielt, welche wesentlich zum Aufschwung diese- Unternehmens beitrugen. Marquis Tseng kam vor 7 Jahren nicht als Reformchinese herüber nach Europa, aber er ist eS geworden durch den offenen Blick, welchen er allem in Europa Ge schaffenen entgegenbrachte. Man darf von China nicht den gleichen re formatorischen Eiser wie von Japan erwarten. Die Verhältnisse sind dort vielfach verschieden. Nur schwer trennt sich der Chinese von dem altererbten Bewußt sein der Überlegenheit seiner Bildung, aber anderer seits nötigen ihn die fortgesetzten Benachteiligungen, welche China durch Großbritannien, Frankreich und Rußland erfährt, die europäischen Mächte möglichst mit gleichen Waffen zu bekämpfen. In dieser Richtung hat Marquis Tseng hervorragendes geleistet. In St. Petersburg, wo er seine Wirksamkeit begann, gelang es ihm den Kuldschavertrag wesentlich abzuändern und zum erstenmal den russischen Staatsmännern verständ lich zu machen, daß China im diplomatischen Verkehr ebenbürtig den europäischen Mächten behandelt werden wolle. Die russische Kanzlei wollte seinen Kaiser in dem amtlichen Schriftstücke einfach als den „Bogdo- Khan- hinstellen. Es war dies stets geschehen; wes halb, wußte niemand; Tseng aber drang auf gleich mäßige Behandlung: entweder nimmt der russische Kaiser gleichfalls den Titel eines „Bogdo-Khan- an oder der chinesische nennt sich wie der russische: „Se. Majestät der Kaiser von — - Die Kanzlei gab nach und Tseng hatte einen Sach- und Formerfolg. In Paris, wohin er von St. Petersburg aus ging, er- lebte er in der Tonkinangelegenheit durch seine den französischen Minister des Auswärtigen Challemel- Lacour blosstellenden Veröffentlichungen über die Tonkinangelegenheit gleichfalls eine Genugthunng. Er sagte eS damals Frankreich voraus, daß China weder Land abtreten, noch Kriegsentschädigung zahlen werde. Die Ereignisse haben dem Marquis Recht gegeben und seine Wirksamkeit hat wesentlich dazu beigetragen, daß man in Frankreich erkannte, daß China nicht jede Willkür über sich ergehen lasse. Weit angenehmer war die Amtsthätigkeit des Marquis Tseng in London, über welche einer der dor tigen Mitarbeiter der „Kölnischen Zeitung- sich ausspricht. „In London, wo die Fäden des Ostens zusammenlaufen-, schreibt derselbe,„herrschte andererseits auch da- größte Entgegenkommen für den Vertreter eines Landes, welches der englischen Unternehmungs lust ein ungeheures Feld verspricht. Als er vor drei Jahren aus dem Lord Mayorsfeste im November er schien, ward er, der große Chinese, mit rauschenderm Beifall ausgezeichnet als Lessep», der große Franzose, und seitdem blieb er in seinem Mandarinengewande eine stehende malerische Figur in der Londoner Ge sellschaft. DaS Losungswort der Gleichberechtigung galt ihm ebenso sehr für die Salons, wie für die po litische Schaubühne. In Folkestone sowohl, wie in London hielt seine Gemahlin Empfänge ab, gleich irgend einer andern abendländischen Diplomatenfrau; seine Töchter, die dem chinesischen Brauche gemäß Blumennamen, wie Apfelblüte u. s. w. tragen, trippel ten munter einher und bereiteten sich vor auf dii Rolle, die sie demnächst in der Heimat als Trägerinnen europäischen Geschmacks zu spielen haben. - „Auf politischem Gebiete suchte Tseng in seinen Verhandlungen mit den Mächten stets die ihm zuge dachte Ausnahmestellung für China zurückzuweisen. Er bestand daher auf den Hoheitsrechten, die China in Birma besaß; weder Schmeicheleien noch Drohun- selber schien das nicht zu bemerken, wie sie überhaupt für Herrn v. Mannhardts Kommen oder Gehen, sein Tanzen oder Nichttanzen weder Augen noch Ohren zu haben schien. Auf den ersten Bällen halte er sie nicht einmal um einen Tanz gebeten, — eS hatte sie nicht verletzt, dann hatte er sich ihr wieder genähert, — e» hatte sie nicht erfreut. Den erbetenen Tanz gewährte sie ohne Zaudern, mit vollkommener Gleichgiltgkeit, die wenigen Worte, die sie wechselten, waren ernster Natur, und unter den Massen von BallboukettS, die der Kottllon über sie au»zuschütten pflegte, war stets eins von Herrn v. BohSdorf, während Mannhardt» Boukett einer andern Dame zu teil zu werden pflegte. „ES ist traurig aber wahr-, sagte Sophie v. Cra mer am Frühstückstisch, al» selbst der prunkvolle Ball, den der Graf nun endlich wirklich gegeben, keine An näherung gebracht hatte. „Iu diesem Herrn v. Mann hardt habe ich mich gründlich geirrtl Ich dachte, er sollte unser Hausfreund und Oavalior« »srvonts werden — statt dessen ist er unser steinerner Gast geworden I- „ Sophie, ich wollte, Du gewöhntest eS Dir ab, die Herren immer gleich mit Bezeichnungen zu be legen l- bemerkte die Gräfin ein wenig ärgerlich. „Sage getrost .Spitznamen', teuerste Taute-, ver setzte die junge Dame, sich gleichmütig eine zweite Taffe Kaffee eiagießend. „Ich liebe e», da» Kind immer gleich beim richtigen Namen zu nennen, e» ist so sehr viel einfacher l* „Liebe Richte" — begann die Gräfin strenger, allein der Graf fiel ihr iu» Wort, indem er begütigend sagte: „Laß gut sein, liebe Eugenie. Sophie ist nun einmal unser Wirbelwind und al» solcher berechtigt, gen brachten ihn davon ab, wenn auch schließlich vor seiner Abreise ein Ausgleich zu stände gekommen sein soll. Beim Opiumvertrag mit England sträubte er sich gegen die Hinzuziehung jeder andern Macht. China und England seien für sich allein vollberechtigte Bertragsparteien; China könne sich nicht zur Rolle einer ostasiatischen Türkei unter europäischer Bevor mundung herabwürdigen. Aus denselben Gründen war er gegen sofortige handelrpolitische Vergewaltigung Chinas im Interesse der ungeduldigen englischen Großhändler. Man hat ihm dabei die Anschauung untergeschoben, als halte er die Chinesen für befähigt, selbst ihre Dampfschiffe, Eisenbahnen und sonstige Handeltunternehmungen anzulegen. Dies ist nicht ganz richtig. Er selbst sprach zu Manchester in einer Ehrensitzung der Handelskammer die folgenden denk würdigen Worte aus, welche bis jetzt unveröffentlicht blieben: - „Sie haben, meinen Herren, auf die Einführung der Eisenbahnen und die daraus entspringende unbe grenzte Entwickelung des Handels in China angespielt. Jene Einführung wird unzweifelhaft eine ungeheure Handelsmehrung zur Folge haben. Aber obgleich die Kaiserl. Regierung von der Notwendigkeit dieser Ein führung vollkommen überzeugt ist, so wäre eS doch ein Irrtum, an die Wahrscheinlichkeit ausgedehnter Bahnstrecken in der nächsten Zukunft zu glauben. Die beste Art der Einführung erheischt sorgfältige Über legung. Um die der Übereilung entsprungenen Irr tümer anderer Länder zu vermeiden, ist eine plan mäßige Vorarbeit für eia Land wie China nötig. Wer mit dem Ton der Dampspfeife in seinen Ohren ge boren wird, wie die Engländer, vergißt nur zu leicht, daß selbst in England Eisenbahnen und Dampfschiffe mit vielem Widerstande zu kämpfen hatten. Tunnels mußten durch Berge von Vorurteilen und Unwissen heit getrieben werden. Auch vir in China haben solche Tunnels zu machen, aber wir werden damit zu stande kommen. Wir haben schon einzelne Fenster in unserer großen chinesischen Mauer eröffnet, durch welche wir die Thätigkeit des Westens beschauen. Außerdem strömen jetzt viele Chinesen, welche an dem Bau von Eisenbahnen im Westen mitwirkten, nach Hause zurück, um uns ihre wertvollen Erfahrungen zu Gebote zu stellen. Wir schauen auf Sie und die Vertreter Ihrer Kolonien in London mit der Zuversicht, daß diese rückkehrenden Chinesen nur da» Andenken an Frieden und Freundschaft zwischen den beiden Ländern zurück bringen, nicht des Leidens und der Mißhandlung, sondern des guten Einvernehmens, wie es mir und meiner Familie in den 7 Jahren meines hiesigen Auf enthalts zuteil geworden.* „Persönlich ist Marquis Tseng ein mittelgroßer Mann von feinen Gliedmaßen uno einem ausdrucks vollen Gesicht, auf welchem nichts von dem Bewußt sein der Demütigung, welches Bret Harte aus chi nesischen Antlitzen bemerkt haben will, zu entdecken ist. „Sie lachen selten-, so schrieb er, und ihr Lachen ist so eigentümlicher und sardonischer Natur, daß ich zweifle, ob ich jemals einen Chinesen wirklich lachen sah.- Hätte Bret Harte des Marquis Tseng herz liches Lachen gehört, so würde er seine Erzählung von „John Chinaman" umgeschrieben haben. ES steht wohl außer Zweisel, daß die vielen seit Jahren in Europa lebenden, den verschiedensten Stän den angehörigen Chinesen, eine gewisse Summe euro päischer Anschauungen allmählich nach ihrem Heimat lande übertragen. Die befruchtende Wirkung derselben kann namentlich, wenn Männer, wie Marquis Tseng ihre Vertreter sind, nicht ausbleiben. Die Folge wird sein, daß langsam aber sicher, und vielleicht m heil samerer Weise wie in Japan, sich die Europäisierung des alten ostasiatischen Kulturlandes vollzieht. Auch hier wird sich ein Ausspruch bewahrheiten, welchen unnütze Dinge zu sagen. Was aber diesen Herrn v. Mannhardt betrifft, so kann ich ihr nicht Unrecht geben. Er hat mir schon vor vier Jahren sehr ge fallen und ich dachte auch, wir würden uns hier näher kommen. Aber er vermeidet mich, als hätte ich die Diphtheritis und könnte ihn durch mein Wort an stecken !- „Daot pis pour luil" versetzte die Gräfin. „Wenn er unserer nicht bedarf — wir bedürfen seiner gewiß nichtl- „DaS will ich nicht so schroff hinstellen-, meinte der Graf, „er ist ein tüchtiger Mensch und hätte mir in manchen Dingen von Nutzen sein können. Was meinst Du von diesem Herrn, liebes Kind?* Paula, die ihr Frühstück längst beendigt hatte und nähend am Fenster saß, wendete den Kopf nur ein klein wenig um. „Er ist ohne Zweifel der gebildetste und bedeutendste von den hiesigen OffizierenI- sagte sie kurz und herb. Alle drei wendeten sich ihr verwundert zu. „Paula, da» sagst Du!- rief die Mutter. „Ich habe mir ein gebildet, Du könntest ihn nicht leiden I* „Jch kann ihn auch nicht leiden und habe wahr haftig wenig Ursache dazu, gut von ihm zu denken-, sagte Paula finster, „aber deshalb will ich doch nicht ungerecht gegen ihn sein.* „Nun, ich finde den kleinen Grüttner viel netter I- meinte Sophiechen, behaglich ihren Kaffee auSschlürfead. „Da» ist ein fixe», mnntere» Männ chen, immer lustig und von allem unterrichtet. Auch Boh»dorf mit dem runden Kiudergeficht und den starren Augen ist nicht übel, aber Mannhardt — «ein Geschmack für steinerne Gäste ist noch an der britische Kolonialminister Lord Derby einst einem deutschen wissenschaftlichen Reifenden gegenüber that: „Jedes Volk, das sich erhalten und in dem Wettkampf der Völker bestehen bleiben will, muß die europäische Kultur annehmen oder es muß zu Grunde gehen. * Lagesgeschichte. * Berlin» 30. Juli. Se. Kaiserl. und Königl. Hoheit der Kronvrinz bereitete heute der chirur gischen Klinik die Überraschung seines Besuchs. Der selbe hatte sich durch ein brennendes Streichholz eine Verletzung der Hand zugezogen, und weil er die Sache vielleicht nicht unbedenklich halten mochte, suchte er sofort die Königl. Klinik auf. Die Verletzung war glücklicherweise nur unbedeutend, und schon sünf Minuten nach Anlegung eines Verbandes konnte der Kronprinz die Klinik verlassen. Der chinesische Gesandte Marquis Tseng ist in Begleitung seines Sekretärs Tschingtschang und eines Attaches gestern abends gegen 7 Uhr mit Sonderzug aus Kissingen hier angelangt und, mit Hofwcgen ab geholt, im „Kaiserhof- abgestiegen, wo er in die schon vorher vom auswärtigen Amt bestellten Prachträum lichkeiten geleitet wurde. Zum Empfange waren am Bahnhof der chinesische Gesandte Hsü-Tsching-Tscheng mit dem gesamten Gesandtschaftspersonal und seiten des auswärtigen Amts geh. Legationsrat Lindau er schienen. Am heutigen Vormittag stattete Marquis Tseng bei dem Grafen Berchem einen Besuch ab und begab sich daraus nach der chinesischen Gesandtschaft, wo er längere Zeit verblieb. Während seines drei- bis viertägigen Aufenthaltes in Berlin ist der Mar quis Tseng, wie man erfährt, Gast Sr. Majestät de» Kaisers und ist demselben während dieser Zeit könig liche Hofequipage und Dienerschaft zur Verfügung ge stellt worden. — Dem Vernehmen nach wird Marquis Tseng sich morgen nach Potsdam begeben und dort einige Stunden verbleiben. Wie ferner gemeldet wird, beabsichtigt der chinesische Diplomat vor seiner Weiter reise nach St. Petersburg sich zum Besuche de» „ Vulkan * nach Stettin zu begeben und hieraus seine Reise direkt nach Rußland fortzusetzen. S. M. Panzerschiff „Friedrich Karl-, Komman dant Kapitän zur See Stempel, ist gestern in Gibral tar eingetroffen.— Der Dampfer „Salier-, mit dem Ablösungskommando für S. M. Kreuzer „ Albatroß *, ist heute in Port Said eingetroffen und beabsichtigt, am 1. August wieder in See zu gehen. Wie aus Posen gemeldet wird, war der Erz bischof Dinder in der Nacht vom Sonntag zum Montag plötzlich und inkognito nach Berlin gereist und erst am Mittwoch zurückgekehrt. Oberpräsident v. Gün ther, der ihm am Dienstag seinen Abschiedsbesuch machen wollte, traf ihn deshalb nicht zu Hause. ES war die Streitfrage entstanden, ob die Apo theken unbedingt als versicherungspflichtige Betriebe anzufehen sind. Nachdem nun ein Gut achten der technischen Kommission für pharmaceutische Angelegenheiten eingeholt ist, hat das Reichsversiche rungsamt, wie das hiesige Organ der Berufsgenossen schaften berichtet, entschieden, daß die Apotheken nicht generell versicherungSpflichiig sind, daß vielmehr im einzelnen Fall zu prüfen sei, ob und eventuell welche besonderen Gründe für die Unsallversicherungspflicht vorliegen. Der Neubau des ReichStagSgebäudes auf dem Königsplatze schreitet rüstig vorwärts, schreibt man der „Nordd. Allg. Ztg.- Während der Bau bisher sich von außen nur durch sein gewissermaßen als Ge- rivpe dienendes starkes aus Backsteinen ausgeführtes Mauerwerk auSzeichnete, ist er jetzt gewissermaßen in ein zweites Stadium eingetreten, indem man begon- entwickeltl- Damit schob sie die geleerte Tasse zurück und tänzelte singend zur Stube hinaus. „Nun-, sagte der Graf ihr nachsehend, „sie wenig stens genießt ihren Aufenthalt in der Stadt mit vollen Zügen!* „Ich denke, lieber Bernhard, das thun wir allel bemerkte die Gattin mit leisem Vorwurf. „Hml- machte der Graf und besah einige Briefe, die noch uneröffnet vor ihm lagen. „Ich finde, der Aufenthalt kommt etwas teuer!* Die Gräfin betrachtete den Gemahl nicht ohne leise Besorgnis, sie hörte eine dahin zielende Be merkung nicht zum erstenmal. Auch schien ihr der Gatte plötzlich älter, gebückter, sorgenvoller, als je zu vor. Sie nahm sich vor, einmal unter vier Augen ernstlich mit ihm zu reden. Allein schon im nächsten Augenblick glaubte sie sich geirrt zu haben. Der Graf sprang auf, warf Briefe und Zeitungen zusammen, befahl dem Diener, alles auf seinen Schreibtisch zu legen, zündete sich eine Zi garre an und rief in fröhlichem Ton: „Run KinderI WaS zaudert Ihr! Hinaus mit Euch auf die Eis bahn I Die Sonne scheint zum Entzücken.* Jetzt sah er nicht mehr gealtert und sorgenvoll aus. IV. „WaS Teufel, Viktor, ich glaube gar, Du suchst minnigliche Veilchen im Grase?* Herr v. Mannhardt bückte sich und zeigte dem Freunde ein Veilchen. „Wahrhaftig, e» ist aufge- blüht!* sagte er vergnüat. Wilhelm sah ihn kopfschüttelnd an. „Darf ich