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Dresdner Journal : 12.01.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188601127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18860112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18860112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-01
- Tag 1886-01-12
-
Monat
1886-01
-
Jahr
1886
- Titel
- Dresdner Journal : 12.01.1886
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8. Lora^oprolo« lw ss»»,»» ä,»t»ed,u «»toll«: läürlict»: . . . . l»i klarlt Mkrliod: 4 dä-rlc LV?s. Kumworu: 10 kk. La—rü»Idä»i äovtteden keicb»- tritt koit- m>ä 8t«tup«Iru»et»I»A kivru. ^okaockixunxaixedüdrea r für 6«o Raun» einer gespaltenen 2sile lrleinsr Lckrikt SV?s Unter „Ling«8an6t" äie 2eile KO kk. Lei 1'adeIIvn- unä 2itl«ro»»tr KO dH ^ukeciilag. Lrselielnenr ^kglick mit ^u-nndme üer 8ono- uoä feiertags Lv^n«!» lür äsn folgenden lag. Dienstag, den 12. Januar. DreMtrÄMMl. 1886 ävoatlm« ran LatzNnälxuox«» »llsrrärtsr I,»ipiig: Dr Dranltdtrtter, Oowwi-»ionür äse Ore-äner Journal»; Samdarg v-rlia-Viia - I.,ixr1g N,,»I->r»»I»a-kr»a>lkar< ». H : <t- t^0A/er, SerUn -Vteu-Hamburg- kr»<-l.«i ^r-uktart ». ». ltüvcL-a: Nu<1. LkEe,' kaii, I.oii<i,a-L«rUll -?r»a>lkllrr » II Stattgart: Daube »«rlia: Diral«^e«tia»i^, vremea: L. Leb/vtte, Sr,«I»a: D. LtanAen'e Durra« sDmil /^adatb), Sörllt,! (r ä/Utt«r', ^acb/o/Aer, N»aaovsr: D. ÄNü««1er,- L»U« a. S ! Darct Do. Verantwortlicher Redacteur: In Stellvertretung Professor Otto Banck in Dresden. Leransgvder: LSnigl. Lrpeäitioa Ors^üaer Journal», Oreeäen, 2vingeretraeev Xo 20. tllchilimtlichtr Lheil. Uebersicht. Tettgrapdische Nachrichten. Zeitung-schau. TagrSgrschichte. Dresdner Nachrichten. UnglücksfLlle in der Provinz. vermischtet. Statistik und VolkSwirtbschaft. Amtlicher Bericht der Commission für dat Le- terinärwesen über die im Monat Decembrr 1W5 im Königreiche Sachsen constatirten ansteckeu- den Thierkraukheitrn. Kruillrlvn. Telegraphische WitterungSberichtt. Zuserat«. Tageskalender. Erste Beilage. Lom Reichstage. (Sitzung vom 9. Januar.) Ernennungen, Lersetzungev rc. im öffeutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. Statistik und Lolkswirthschaft. Eivgrsaudtes. Zweite Beilage. Börseunachrichten. Telegraphische Nachrichten. Paris, Sonntag, 10. Januar, Abends. (W. T B.) DaS Journal ,,PayS" sagt: Prinz Victor Napoleon erklärte heute bei dem Em pfange bonapartistischer Eomitä», die Bonapartisten könnten ihren Sieg nur von einer Kundgebung de» directen, allgemeinen Stimmrechts erwarten Alle- Andere verspreche keinen dauernden Erfolg. Paris, Montag, 11. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wie die „Agenee Havas" meldet, haben die Vertreter der Mächte nunmehr Instructionen erhalten betrefft gemeinsamen LorgehrvS zur Her beiführung der Abrüstungen Serbiens, Bulgariens uud Griechenlands. Belgrad, Sonntag, 10. Januar. (W. T. B.) Die Nachricht, daß die serbische Regierung den Abschluß eines Handelsvertrages mit Bulgarien auzuregrn beabsichtige, ist völlig unbegründet. Ler König empfing heute Deputationen aus dem Schabahrr, dem Balievoer und dem Bran- jaer Kreise, welche der Treue und Ergebenheit brr Bewohner dieser Kreise Ausdruck gaben. Kairo, Montag, 11. Januar. (Tel. d.DreSdn. Journ.) Einem Telegramm von „Reutrr'S Bureau" zufolge fand gestern dir erstr Besprechung über die eiuzuführendeu Reformen zwischen dem Kdedive, Sir Drummond Wolff und Mukhtar Pascha Statt. Der Khedivr präfibirte. Zunächst wurde die englisch - türkische Convention verlesen, deren Hauptbestimmungen bitcutirt wurden. Der Khedive erklärte, bei der hohen Bedeutung der Krage werbe er selber die Berathungen leiten, an statt einen Delegirten damit zu beauftragen. Mukhtar Pascha meinte, die Herbeiführung fried licher Verhältnisse im Sudan sei nur möglich, in dem man in der einen Haud Krieg, in der an dern Frieben bringe. Laz« aber sei nur eine ägyptische, durchweg muselmanische Armee ver wendbar. Diese Bemerkungen veranlaßten eine allgemeine DiScusfion über dir Armeereform und die eventuell nothwendigen militärischen Ausgaben. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen. Dir nächste Brrathung fiudet am lS. Januar Statt. Dresden, l l. Januar. Für da- sittliche und geistige Wohl der deutschen Seeleute. ES ist eine historische Erscheinung in allen fort schreitenden Eullurstaaten — eine Erscheinung, di« z. B. schon im alten Griechenland in den letzten 60 Jahren seiner fast berauschend aussteigenden Blüthe bi» kurz nach der Verwaltungszeit des Perikle» Aus fallen erregte — daß nämlich die Summe der Staat»- pflichten eine alljährlich größere ja fast unübersehbare wird. So ist eS auch heute und zwar mehr denn jemals. Jedoch auch dabei hat das Maß der An forderungen eine Grenze, wohl aber ergiebt sich der gebildeten Bevölkerung und dem wahren Patriotismus gegenüber eine andere Obliegenheit von Pflichten, die mit den Pflichterfüllungen de» Staate» gleichen Schritt halten und diese ergänzen muß. Es ist die moralische Verpflichtung der Privatkreise für das öffentliche Wohl, die Bethätigung der Gesellschaft zum Besten ihrer eigenen Mitglieder. Wie im modernen Staate über haupt haben sich auch für die Gesellschaft die Pflichten gehäuft und die Gesellschaft der Gegenwart hat im Ehristenthum eine Triebfeder, welche, so liebevoll als mächtig, berufen ist, da helfend emzugreifen, wo es niemals möglich wäre, daß alles Nöthige, alles mensch lich WünfchenSwerthe von obenher geschieht. Die Lage der immer zunehmenden Seemannschaft Deutschlands — es handelt sich dabei nicht direct um die Kriegsmarine — hat ernsten Denkern schon oft Anlaß zur Betrachtung gegeben. Diese Betrachtung galt nicht den Gefahren zur See, sondern den Gefahren zu Land in der Zwischenzeit zwischen den Seefahrten —, sie galt der Verwilderung und Hilflosigkeit der jungen Matrosen. Dieser Lage gegenüber kann man denn auf dem deutschen Festlande nur zustimmend und freudig einen Aufruf begrüßen, den »das Generalcomits für deutsche Seemannsmission in England und Wales- erlassen hat, der jeden Deutschen von Herz und Gemüth berührt, und einen Wiederhall in taufen den deutschen Familien, in Familien auch unseres Landes, finden wird. Ihm se» hier ein Platz gegeben. Im Jahre 1883 fuhren im Ganzen 39 031 See leute auf der deutschen Handelsflotte, andere Tausende dienen in der ausländischen Handelsmarine. Nach geringer Schätzung hat Deutschland 45 000 seefahrende Söhne auf dem Weltmeere. Sie vermitteln dem Fürsten aus dem Throne und dem Tagelöhner in der Hütte mancherlei Bedürfnisse der Nahrung und Klei dung, aber wir Deutschen haben bisher kaum eine Hand zur freundlichen Fürsorge für sie am Lande gerührt. Wir haben eine durch unsere Unterlassung alte und hoch angelaufene Schuld theilnehmender Menschenliebe und barmherziger Ehristenliebe an unseren seefahrenden Volksgenossen abzutragen, die bisher von Vielen mit einer gewissen Scheu angesehen sind. Drum ist es kein Wunder, daß Viele, da sie in sich keinen festen Halt haben und solcher ihnen von außen gar nicht geboten wird, in Deutschland und erst recht in der Fremde fast regelmäßig den sehr schweren Ver suchungen der Hafenstädte erliegen und oft leiblich und geistig zu Grunde gehen. Sie sind eine will kommene Beute der „LogirhauSmeister", der Wirthe der Matrosenschenken, der Häuser der Unsittlichkeit mit ihren Insassen und der kleinen Leihbibliothekare in Hafenstädten mit ihren Büchern allergemelnsten Inhalts. Wie oft werden sie zum Trinken verführt und die Bewußtlofen des sauer erworbenen Geldes und der Werthsachen beraubt. Die Folge ist oft, daß die deutschen Armenverwaltungen für deren Angehörige neue Summen zu zahlen haben. Wohin sollen auch die deutschen Seeleute, zumal in der Fremde unter fremden Menschen mit fremder Zunge anders gehen, al- zu den gemeinen Schenken mit wüstem Trinken, Fluchen, Spielen und noch Aergerm, die häufig von Landsleuten für Matrosenfang ein gerichtet sind, wenn keine deutschen Lesezimmer oder Seemannshäuser sich ihnen öffnen, wenn keine deutschen Hafenmissionäre oder Pastoren sie besuchen, ihnen mit Nath und Tbat zur Seite stehen und sie kirchlich bedienen- Ist e» ein Wunder, daß Manche, innerlich haltlos, so- cialistische und anarchistische Schriften und Ideen an nehmen und verbreiten- Der materielle Schaden, den sie erleiden, der sittliche Sumpf, in den sie ge- rathen, die religiöse Gleichgiltigkeit, mit der sie sich brüsten: rühren sie nicht zum großen Theil her von unserer Vernachlässigung in christlicher Fürsorge für unserer deutschen Seeleute leibliche» und geistiges Wohl- Wir bezeugen gern, daß manche der srischen, wettergrbräunten deutschen Seeleute sich fern halten von dem wüsten Treiben um sie her, noch erfreulicher ist'», daß bei manchen Anderen ermunternde Er fahrungen uns zur Seite stehen und unsere feste Ueberzeugung bestätigen, daß eine treu und im selbst- verleugnenden Geiste bettiebene deutsche Seemann»- mission für Viele pecuniäre Ersparnisse, intellektuelle Weiterbildung, moralische Veredelung und Weckung christlichen Sinne» bedeutet. Drum auf, deutsches Volk, gründe neue Rettungrstationen für die in den Verführungen der großen Hafenstädte, besonder» derer im Auslande, dem leiblichen Verderb« n Preis Gegebenen I Drum auf, evangelifche Christenheit, nimm dich der Glieder deiner Kirche an, die ohne eine rettende Hand in den Wogen des Unglaubens und der Unsittlichkeit versinkenI E» ist eine nationale Sache; denn unsere Seeleute kommen aus allen Theilen des Vaterlandes, zumeist aber aus den Küstenstädten und Küstengegenden; e« ist insbesondere eine Sache der evangelischen Kirche; denn fast Alle sind Pro testanten. In den englischen Häsen ist das Werk am nöthigsten und ein praktischer Anfang am natür lichsten; denn nach England allein machen die deut schen Schiffe jährlich fast fo viel Reisen, als nach allen übrigen Häfen der Welt zusammen, z.B. i. 1.1882: 1893 Reisen, aus denen 56 000 deutsche Seeleute die englischen Hafenstädte passirt haben. Gott sei Dank, vereinzeltes Vorgehen in der Fürsorge für unsere Seeleute in einigen englischen Häfen dürfen wir verzeichnen, aber für jetzt noch nicht vom Vaterlande, der Heimath und der Kirche derselben aus, sondern von Engländern und Deutschen in England. Die Vereinzelung er laubte bisher nur ein geringes Maß von Thätigkeit. Hier hilft nur gemeinsames Handeln. Das hat früher an der Zerrissenheit des Vaterlandes scheitern müssen, aber, wills Gott, das geeinigte mächtige Deutschland bricht jetzt diesen Bann der JjoUrung mit Macht. Der Centralausjchuß für innere Mission in Berlin, aufmerksam gemacht auf den Nothstand unserer Seeleute, veranlaßte genauere Angaben und Bildung von Comites für deutsche Seemannsmission in schottischen und englischen Häfen. Am 25. Fe bruar v. I. versammelten sich in Liverpool Ver treter der einzelnen englischen Comit«», sowie Freunde der Sache: die kaiserlichen Consuln der betreffenden Hasenorte, die Pastoren der deut schen Gemeinden in Nordengland, Vertreter großer Handelshäuser, der Schifffahrt u. A. und bil deten ein Generalcomits für deutsche evangelische Seemannsmission in England und Wales. Dieser neue Verein will helfen und allen Deutschen im Vaterlande und un Auslande Ge legenheit geben, die alte Schuld vieler Unterlassungs sünden an den deutschen Seeleuten mitsammt den bösen Zinsen dieser Schuld abzutrogen, wie das tz 3 der angenommenen Statuten besagt: „Der Zweck des Gcneralcomite» ist, die deutschen Seeleute, welche die englischen und wälschen Häfen besuchen, möglichst vor den ihnen drohenden Gefahren zu schützen und sür ihr geistlicher und leibliche» Wohl in geeigneter Weise zu sorgen." Der durch die Lonferenz erwählte Geschäft»- auSjchuß der Unterzeichneten tritt nun mit der in ständigen Bitte vor Hoch und Niedrig im deutschen Vaterlande, besonder» aber in den Küstenstädten und Küstenprovinzen, vor die Landsleute in England und anderwärts und alle sonstigen Freunde des leiblichen und geistigen Wohl» der deutschen Seeleute, ihn durch menschenfreundliche und christliche Freigebigkeit in den Stand zu setzen, da» Werk der deutschen Seemanns mission in England und Wales da, wo e» schon be steht, nachhaltiger zu treiben, und da, wo e» noch fast fehlt, ins Leben zu rufen. Zu letzterm gehört die Bildung von Stationen am Bristolcanal und in Hull- Grimsby, welche dringend geboten sind; zu ersterm Unterstützungen der Arbeit m Sunderland, North- und South-Shields, MiddleSborough, Hartlepool und Liverpool Wir wollen wahrlich bescheiden be ginnen. Doch brauchen wir trotz möglichster Be schränkung für den Anfang bedeutender Zuschüsse. Wir leben der Zuversicht, daß uns die nationale Demüthi- gung erspart bleibt, bei anderen Volksgenossen für unsere deutschen Seeleute zu bitten, zumal m dieser Zeit, da die Erwerbung von Colonien es uns als Pflicht auferlegt, alle mögliche Fürsorge unseren Se - leuten zuzuwenden. Möchten alle Deutschen, Reich und Arm, in thatkräftiger Theilnahme das hohe Bei spiel edler Freigebigkeit Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm nachahmen! Sehr erwünscht wäre es, wenn Kaufleute der deutschen Hafenstädte zunächst auf fünf Jahre sich zu festen jährlichen Beitragen entschließen würden. Wer uns helfen will, daß wir unseren deutschen Seeleuten schützend und helfend nachgehen zum Heil ihres Leibes und ihrer Seele, zur Förderung von Schifffahrt und Handel, zum Wohle unfer» Volkes und seiner Sittlichkeit und Religiosität: dem sagen wir im Voraus wärmsten Dank Es ist zu hoffen, daß diese Hilfe bei der jetzigen Einheitlichkeit Deutschlands auch in den Städten des Binnenlandes geboten wird; denn e» wäre ein irrthümlicher Wahn, anzunehmen, daß aus dem Innern unjers Landes nur wenige Matrosen dem Seedienste zuströmen *) *) Da» Lomilä bittet die Gaben zum Besten deutscher Matrosen freundlichst an den Schatzmeister des Generalcomitös Hrn Bicecoujut L H W EraSdorss, Newport, Mon, England, zu senden, oder an eines der anderen Glieder des Ansjchusje« oder an den Schatzmeister des LentrüauSjchusjeS sür innere Mission in Perlin, der in gütigster Weise sich zur Annahme erboten hat, an Hrn. Buchhändler Wilhelm Hirtz, Behrenstr l7, Berlin VV. Unterschrieben haben den Ausruf: F. M HarmS, Präses, Pastor in Wunderland N. Eichholtz Liceprases, Eonsul in Newcastle o. Tyne. E. H. W EraSdorff, Schatzmeister, Biceconsul in Newport, Mon. G. KrüSmann, Schriftsuhrer, Pastor in Liverpool. MgesgejchichtL. Dresden, N. Januar. Im hiesigen königl. Resi denzschlosse findet heute eine größere Hof täfel Statt, zu welcher Einladungen ergangen sind an den kalferl und königl. österreichisch-ungarischen Gesandten Frhrn. v. Herbert - Rathkeal, an Se. Erlaucht den Grasen Clemens v. Schönburg Glauchau, sowie an Mitglieder der Sländeversammlung, an den Geh. Rath Petzoldt im Cultusministerium, an den Geh. Rath v. Watzdorf im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, an den Commandeur der 1. Jnfanteriebrigade Nr. 45, Generalmajor v. d. Decken, an den Senatspräsidenten des OberlandeSgerichts, Klemm, an den Polizeipräsidenten Schwauß rc. Den Kammcrherrendienst bei Sr. Majestät dem König hat aus die Zeit vom 10. bis 23. d. Mts der Kammerherr v. Schönberg-Nd»chritz übernommen. Dresden, 11. Januar. Beide^Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer beschloß Feuilleton. Rrdigirt von Otto Banck. In der Zwangslage. Erzählung von Karl Schram. (Fortsetzung.) „Diese offene Frage, meine gute Selma, verdient eine offene Antwort. Diese Annäherung war nicht nur mir und meinem Geschäftsfreunde erwünscht, son dern war geradezu beabsichtigt. E» ist mir schmerz lich, daß e» anders gekommen ist, denn Flunk ist ein wohlerzogener, charaktervoller, feingebildeter, junger Mann, dessen Herz und Verstand . . ." „Du hast e» gar nicht nöthig, mir seine Vorzüge zu schildern, weil ich sie zur Genüge kenne. Seine Bescheidenheit ist herzgewinnend, weil sie nicht aus Schüchternheit oder einer gewissen Zaghaftigkeit ent springt. Fluni weiß wohl, wa» er werth ist und besitzt auch einen gewissen Stolz, den ich schonen muß. Ich weiß e», daß er mich auch dann geliebt hätte, wenn ich arm uud verlassen wäre. Ich aber liebe ihn und bm glücklich, ihm durch meine Person nicht allein innere Befriedigung, sondern durch meinen Reichthum auch eine Stellung in der Gesellschaft ver schaffen zu können, zu welcher er durch seinen Kauf- mann-stand nie gelangt wäre.* „Glaubst Du-" fragte Eommerfrost nicht ohne Auflug von Ironie. „Ich weiß e», lieber Oheim, daß auch Du Deinen Kaufmännischen ^»lz besitzest, und gewiß mit vollem Rechte, aber nimm mir es nicht übel; ein kleiner Unterschied besteht doch immer zwischen Deinem Um gänge und dem unjrigen. In Deinem Hause findet man nur Kaufleute und wieder Kaufleute, höchstens hier und da einen bürgerlichen Beamten oder beschei- denen Gelehrten, dem sein zugemessenes Einkommen keinen Aufwand gestattet. Bec uns aber verkehren Männer und Frauen höherer Stände mit hoch klingenden Titeln und Namen, Generäle, Künstler, Würdenträger, sogar Künstler. Und wie muß e» einen jungen Mann stolz und glücklich machen, durch eine so viel um worbene Hand ausgezeichnet zu werden." Selma schien einigermaßen erstaunt darüber, daß diese ihre Worte den erwarteten Eindruck auf den Oheim mcht machten; denn er entgegnete kühl, fast abwehrend: „Ich finde es nur lobenSwerth von Dir, daß Tein Herz in diesem schwindelhaften Traume unverdorben genug geblieben ist, um sich einem wackern jungen Manne zuzuwenden. Allein Du scheinst mir durch diese sogenannte vornehme Gesellschaft ein Wenig stark verwöhnt und überschätzest Herrn Flunk gegenüber Deinem eigenen Werthe. Meinst Du nicht, daß die zahlreichen Bewerbungen, die Dir, wie Du sagtest, zu Theil wurden, nicht sowohl Dir, al- Deinem ver meintlichen Reichthume gegolten haben-" „Vermeintlich-" wiederholte Selma mit scharfer Betonung, „wa» willst Du damit sagen-* „ES könnte jedoch sein, daß dieser Reichthum nicht so groß ist, wie e» den äußern Anschein hat." „Ach geh, Oheim*, bemerkte sie scherzend, „Du bist eiu wemg eifersüchtig ans Deinen Bruder, ich meine auf die Stellung, die er sich in der Gesellschaft errungen hat, Du bist ja, wie man sagt, nicht minder reich als wir, nur wie jeder Kaufmann ein wenig engherzig, und da siehst Du die Dinge mit anderen Augen als unsereiner. Diese kaufmännische Untugend werde ich meinem lieben Flunk wohl abgewöhnen müssen, wenn ich ihn erst in meiner Gewalt habe." „Mein armes Kind, es wird mir recht schwer, Dir Deine Illusionen zu nehmen und doch wäre es sündhaft, wo nicht gar gewissenlos, Dich in Deinem Wahne zu belassen." „Du erschreckst mich, Oheim, was willst Du damit sagen-" „Du bist ein kluges Mädchen, hast das Herz auf dem rechten Flecke und wirst es zu beherzigen wissen, wenn ich Dir wohlwollend rathe, Dich bei Zeiten mit der Möglichkeit vertraut zu machen, daß Du Deinem künftigen Gatten keine andere Mitgift int Hau» bringst, al» Dein reine- Gemüth und Deine hin gebende Liebe." „Diese Worte klingen fast wie ein Räthsel." „O möge die Lösung desselben Dir nicht gar zu wehe thun", „Oheim Du weißt mehr, als Du mir sagen willst, foltere mich nicht. Ich kam zu Dir um Deine Hilfe und Deinen Rath und Deinen Beistand zu erbitten, weil mein Vater mir und auch meiner guten Mutter gegenüber mit eiserner Konsequenz dabei beharrt, daß er meine Hand schon vor geraumer Zeit versagt habt. Ich weiß es nur zu gut, wen er dabei im Auge hat. Sollte me»n Vater nur deshalb nach fremdem Vermögen greifen, weil sein eigene» brreft» im Verschwinden begriffen ist-" „Uud wenn dem so wäre-* „Dann wäre ich da» unglücklichste Geschöpf unter der Sonne; aber es ist nicht so und Du willst mich nur auf die Probe stellen." „Nicht doch mein Kind, da» wäre eine zu harte, eine zu grausame Probe. Früher oder später mußt Du eS ja doch erfahren. Mein Bruder hat sich durch seine Verschwendung ruinirt." „Ruinirtl" schrie Selma krampfhaft auf. Sommerfrost ergriff die Hand seiner Nichte, streichelte sie liebkosend und fügte milden Tones hinzu: „Ja ruinirt, zum Theil wohl auch aus über triebener Liebe für Dich. Dir ist eS nun anheim ge geben, den luxuriösen Neigungen zu entsagen; denn daß Deine brave Mutter mit dieser Lebensweise nie mals einverstanden war, hat sie mir nur zu oft unter Thränen gestanden." „Ruinirt durch mich", rief Selma verzweifelt. „Tröste Dich und miß Deiner Unerfahrenheit keine größere Schuld bei, als nöthig ist. Er hat sich zum Theil durch seine Lebensweise, zum größeren Theil aber durch das Börsenspiel zu Grunde ge richtet. " Selma erhob sich plötzlich, blieb hocherröthet und mit funkelnden Augen vor Sommerfrost stehen und fragte bitter, fast höhnisch: „Und Du Oheim, der Du noch im Vollbesitze Deiner Reichthümer bist, kennst den Stand meine» Vaters und bist nicht augenblicklich bereit, Deinem einzigen Bruder mit Ausopferung Deine» halben und wenn e» sein müßte, Deine» ganzen Vermögen» wie der aufzuhelfen-" (Fortsetzung folgt.)
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