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nichts, wodlpcch er auf die deutschen Mächte «insch-chternd «inzuwir- ken meint. So soll er vor wenig Tagen den Conferenzgesandten der alliirten Mächte und Rutzlands in einer vertraulichen Sitzung, die in seiner Amtswohnung abgehalten wurde, geradezu erklärt ha ben, daß, wenn nicht der größte Theil von Schleswig bet Däne mark bleibe, der Wiederbeginn des Kriege« unvermeidlich sei und daß aber dann, wenn der Krieg wieder beginne, England sich bei vem Kriege betheiligen und für Dänemark thätlich eingreifen müsse. Nu» hat zwar England schon vor Monate» fortwährend ge droht, ohne daß es bis jetzt seine Drohungen wahr gemacht hat und es wäre also wohl möglich, daß es auch jetzt England mit fei nen Drohungen kein wahrer Ernst ist: allein einmal angenommen und zugegeben, England machte Ernst und griffe bei einem wieder ausbrechenden Kriege zwischen Deutschland und Dänemark wirklich zu Gunsten Dänemarks thätlich mit ein, wäre England und seine Flotte so sehr zu fürchten? Sobald sich Frankreich nicht mit England gegen Deutschland vereinigt und sobald England nur allein mit Dänemark gegen Deutschland activ vorgeht, hat wahrlich Deutschland nicht Ursache England und seine Flotte so sehr zu fürchten. Und das ist wohl fast mit der größten Gewißheit anzunehmen, daß Frankreich mit England nicht gemeinsame Sache gegen Deutschland macht; im Ge gentheil Frankreich scheint mit wahrer freudiger Spannung des Ta ges zu harren, an welchem England sich, Dänemark zu Liebe, in einen Krieg mit Deutschland eiuläßt. Daß aber Deutschland, wenn England in der That an einem Kriege gegen Deutschland sich bc- thciligte, ein englisches Landheer auch nicht einen Augenblick zu fürchten hätte, darüber ist die Welt längst einig. Ein englisches Landheer wird von den deutschen Armeen niemals gefürchtet wer den, im Gegentheile würde man deutscher Seits sehr bald urgründ- lich mit ihm fertig werden. Aber wir glauben nicht einmal, daß sich England zu dein großen Wagniß herbeilaffen würde, ein Land- becr in Dänemark landen zu lassen, indem England seine schwache Seite den deutschen Armeen gegenüber viel zu gut kennt. Es bleibt also noch die englische Flotte, die Deutschland zu fürchten hat, und das ist allerdings ein Factor der durchaus nicht gering aNzuschlagen, nicht zu unterschätzen ist. Die englische Flotte würde ohne Weiteres sämmtliche deutsche Häfen blokireu und wür de ans diese Weise dem deutschen Handel großen Schaden zufügen. Allein außer Acht darf hierbei nicht gelassen werden, daß auch der englische Handel dadurch sehr große Verluste erleiden würde, weil gleichfalls die starke Ausfuhr nach Deutschland gehemmt wäre. Und solch ein Hemmniß würde von der englischen Handelswekt sehr bald höchst schmerzlich empfunden werden, und dieselbe Waffe, die Deutsch land züchtigen soll, würde höchst empfindlich im englischen Fleisch nnd Blute wühlen Frankreich aber würde sich dieselbe Periode, in der England seine Flotte gegen Deutschland agiren ließe, treff lich zu Nutze machen, würde mit Riesenschritten auf der See vor wärts schreiten und dem englischen Handel gleichfalls sehr großen Abbruch thnn. Bei alledem würde aber England Dänemark sehr wenig Nutzen schaffen, ja Dänemark würde unterdessen gründlich ruinirt werden. Die Engländer find viel zu geschulte Handelsleute und Rechen meister, als daß sie sich dich alles nicht noch zu rechter Zeit überle gen sollten, und so meine» wir immer und immer noch: Es ist England wirklich nicht Ernst, Dänemark zu Liebe gegen Deutsch land activ vorzugehen. England hat seit einigen Jame» ohnehin viel und schwer durch die Baumwollenkrisis gelitten, sollte cs setzt seinem Handel wieder eine so tiefe und klaffende Wunde schlagen wollen, indem cS kriegerisch gegen Deutschland vorgeht? Wir sind fortwährend der Ansicht: Stehen die deutschen Mächte, steht der Vertreter des deutschen Bundes auf der Conferenz in London fest, England führt seine Drohungen nicht ans! Nu», die Sachen auf der Conferenz sind dahin gediehen, daß vielleicht schon die allernäch sten Tage eine Entscheidung bringen muffen, ob England feine Drohungen wirklich wahr macht. Deutschland. Oesterreich. Carlsbad, 22. Juni. Der Kaiser von Oesterreich ist über Eger hier eingetroffen. Der König von Preußen, in Begleitung des Ministerpräsidenten v. Bismarck und des militärischen Gefolges, uiachte sofort seinen Besuch, den der Kaiser erwicdcrte. Ilm 2 Uhr ist Tafel beim Köuig von Preuße». Preußen. Berlin, 20. Juni. Mag man auch das BiSmarck- sche Regiment t^rurtheUcn und der sichern Ueberzeuguug sein, daß es vpn langer Paper »richt sein kann, weil ein Staat nimnwrmchr wahrhaft lebensfähig nnd stark nach Außen sein kann, wem» innerhalb dessen ei» so schroffer Gegensatz zwischen der Mehrheit des Volker und der Negierung, besteht und lähmend wirken muß, so muß man seiner Politik doch lassen, daß sie kühne Anflüge nimmt, und vor drohenden Gefahren, nicht so leicht zurückschreckt, ja sich sogar über Rücksichten hinwegsetzt, denen nian sonst ängstlich Rechnung zu tra gen pflegt. So deutet jetzt Alle» darauf hin, daß unser Kabinet cs darauf ankommen lassen will, ob England mit seinen Drohungen Ernst macht, und nach Zurückweisung sciner parteiischen Vermttte- lungsvorschläge cine Flotte nach der Ostsee schickt, wiewohl man sich doch nicht verhehlen kann, daß eine ernste Thätigkeit -derselben un serer im Werden begriffenen Flotte den Garaus machen, und unsere blühenden Ostseehafenstädte zu Schutthaufen machen könnte. Allein das Spiel des Ministerpräsidenten ist insofern ein weniger gewag tes, als seine Energie in dieser Richtung im ganzen Volke Sym pathien hat, und man zu den schwersten Opfern bereit ist, wenn -es gilt, die Ehre Preußens nnd Deutschlands gegen fremden Uebermuth und ungerechte Forderungen und Einmischungsgelüste zu wahren. Der gewöhnliche Mann hat, weil damit allerdings trübe Erfahrun gen genug gemacht worden sind, eine starke Abneigung gegen eine Politik, die sich durch dynastische Rücksichten leiten und bestimmen läßt. Deshalb wird Herrn v. Bismarck vielfach Anerkennung gezollt, daß er gerade gegen England in so entschiedener Wesse vorgeht, während doch unsere Tbronerbin durch die nächsten Bande der Ver wandtschaft an dieses Land gefesselt ist. Doch auch hierin kommt ihm der Umstand zu Statten, daß wie man aus glaubwürdiger Onelle vernimmt, die Kronprinzessin kein Hehl daraus macht, daß- sie die Haltung Deutschlands als berechtigt anerkennt und ihr leb haftes Bedauern darüber auSfpricht, daß die englischen Staatsmän ner einen Weg betreten, der sie, sowie die ganze Nation, bier- verhaßt machen muß. In maßgebenden Kreisen wird übrigens kein Hehl daraus gemacht, daß mal» das Scheitern der Konferenz und die Fortsetzung des Krieges wünscht und damit im engsten Zusam menhänge steht, die neuerdings wieder beliebte Betonung der An sicht, daß in der Herzogthümerangelegenheit vor Allem erst die nati onale Seite zur Lösung gebracht und gesichert werde» müsse, wäh rend cs mit der dynastische» keine Eile habe. Mt Regelung der letzteren will man offenbar so lange warten, bis die Chancen so weit günstiger sind als jetzt, daß für Preußen schließlich doch noch etwas Reelles „für jene geleisteten Dienste" abfällt, (Adl.) Schleswig-Holstein. Aus Flensburg, 17. Juni, wird »über den voll den Dänen auf der Insel Sylt ausgcführten Menschenraub berichtet: Gestern Abend langte der Kapitänlicutenant Hammer mit vier Kanonenjollen hier an nnd begab sich mit mehreren Offizieren, 60 Mann Infan terie und einer ähnlichen Zahl Matrosen an's Land. Sein Erschei nen erweckte anfänglich keinen Argwohn, da wir schon seit einigen Tagen hierselbst Militär gehabt haben. Um vier Uhr heute Morgen wurde das ganze "Dorf abgcspcrrt und Doppelposten vor die Thürcn der angesehensten Leute gestellt. Dann wurden die Herren U. und E. Bleicken, Simonsen, Hindrichscn, Ur meck. Jenner und Küster Hansen aus Keitum, so wie Kapitän Prott aus Westerland unter militärischer Eskorte auf die Wachtstube geführt. Nach langem Verhör erfolgte die Mittheilung: sie würden auf höheren Befehl nach Kopenhagen transportirt werden. Als Grund dieser Maßregel wurde angegeben: „sie hätten eben eine Reise nach Berlin zu Herm v. Bismarck gemacht nnd nun müßten sie sich auch einmal Kopen hagen beschallen." — Die Erbitterung der Bevölkerung war groß. Aber was ließ sich gegen eine überlegene bewaffnete Macht ausrich- tcn? Heute Nachmittag fünf Uhr wurden die Herren abgeführt. E. Bleicken nnd 0r Jenner sind in Berlin gewesen, das Einzige, was gegen diese Herren vorliegt, ist eine Dankadresse an den König von Preußen, die sie — aber auch ganz Keitum — unterschrieben. Un ter'Androhung gewaltsamer Haussuchung mußteil die Einwohner ihre Waffen und schleswig-holsteinische» Fahnen abliefer». Darauf wurde eine Versammlung des Dorfes angesagt mrd fand statt; hier erklärte Kapitänlieuteuant Hammer: „Bedaneruswerthe Demonstra tionen hätten stattgcfunden wtd in Folge dessen habe man sich gcnö- thigt gesehen, das Dorf Keitum in strengen Belagerungszustand zu erklären." Die Autorität der Civilbeamteu wurde suspendirt nnd Kapitänlieutcnant Hammer erklärte sich selbst als Alleinherrscher von Keitum. — So stehen augenblicklich die Sache». Wie man auf dem Festlandc diesen Akt der Willkür mit dein bestehende» Waf fenstillstand vereinbaren will, ist allerdings schwer zu erklären. Frankreich Paris, 18. Juni. Di« officiöse» Blätter stell«, die Lage der Piuge als sehr ernst dar. Nach der France wolle» Dänemark nnd