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560 Schleswig-Holstein. Die „Schstswig-Holst. Blätter", welche man für das Organ des ' Augustenburgers hält, behandeln in zwei Artikeln die Frage: „Was gilt uns Preußen, was gelten wir ihm?" Die Schlußsätze lauten: Unsern Herzog müssen wir haben. Er behalte und regiere frei und «»beengt unsere Verfassung und Verwaltung und verwirkliche uns das Glück, ihm und uns selber anzugehören. Aber der Schutz des Landes nach Außen, die militärische Zucht, die Gründung unserer Flotte, der Ausbau und die Ausnutzung unserer Häfen, die Herstel lung und Erhaltung des Landeskanals, dies Alles sei uns gemeinsam mit Preußen. Die Weisheit unseres Herzogs, die Einsicht unserer Stände werden die geeigneten Formen ansfinden, um ein solches Verhältniß zu unserem Frommen und zn unserer Ehre herbciznfüh- ren, wenn nur im Lande selber sich der Wunsch darnach befestigt. Natur und Vorsehung weisen uns mit Fingern darauf hin; wohlan, wir wollen diesen Gedanke», der die Zukunft unseres Vaterlandes in sich birgt, beherzigen und mit Klugheit und Ernst in uns ausbilden, auf daß wir dann, wen» Preußen sein großes Tagewerk an uns ge- than hat, mit freiem Herzen und mit gutem Gewissen hintreten können, dankbar seine Hand erfassen und sprechen: „Zwischen uns sei Hinfort ein ewiger Bund aufgerichtct, eine Völkerehe, die Niemand scheiden kann, weil sic auf gegenseitigem Vertrauen und auf gegenseitigem Vortheil gegründet ist. Jeder von uns habe daheim seine Selbst ständigkeit, seinen eigenen Laudeshernr; aber mit brüderlich der- schlungenen Armen wollen wir gemeinsam gegen unsere Feinde stehen, und damit der Starke den Schwächeren schirmen könne, sollen ihn, seines Hauses Thüren offen stehen!" (Die Berliner „Nordd. Allg. Ztg." gibt den Artikel des holsteinischen Blattes mit augen scheinlicher Wohlgefälligkeit in seinen wesentlichsten Stellen wieder.) Dänemark. Kopenhagen, 20. Mai. Die „Berl. Tid." schreibt: Dem Vernehmen nach haben die deutschen Bevollmächtigten in der Diens tagssitzung der Londoner Conferenz sehr weitgehende Vorschläge for- mulirt. Die Bevollmächtigten Dänemarks sotten die Erklärung ab gegeben haben, diese Vorschläge nicht als annehmbare Verhandlnngs- baffs betrachten zu können. (Dies bestätigt, daß die dänischen Be vollmächtigten die österreichisch-preußische» Präpositionen nicht blos «<1 reierenäom genommen, sondern bereits ihre Erklärung über die selben abgegeben haben.) England. London, 20. Mai. In der heutigen Unterhaussttzung erwi derte Lord Palmerston aus eine weitere Interpellation Whitestde's: Die Waffenruhe verbiete neue Zwangserhebungen in Jütland. Be treffs der Erhebung früher ausgeschriebener Contributionen seien die Bedingungen des Waffenstillstandes zweideutig. Aus London geht uns soeben eine sehr ausführliche Erklä rung Sr. Hoheit des Herzogs Friedrich VIll. von Schleswig- Holstein „zu Wahrung seines und des Rechtes des Landes gegen einen möglichen Eingriff" zu, welche durch dessen Bevollmächtigten Fürsten Löwenstein-Wertheim an Lord Russell zur Uebermittelung an die Londoner Conferenz überreicht und von dieser in ihrer Si tzung vom 12. entgegengenommen worden ist. Frankreich. Algier, 17. Mai. Vorgestern brachte der Telegraph von Oran folgende wichtige Nachricht: „Die Empörung der Araber greift um sich. Am 12. d, hat der bedeutende Stamm der Flitta in der Sub- Diviston von Mostaganem das Banner der Jnsurrection aufgepflanzt. Fünfhundert Reiter und 2000 Mann zu Fuß aus diesem Stamme griffen den französischen Obersten Lapasset, welcher mit seinem Re giments von Tiaret znrückkehrte, in, Gebiete vou^ Sidi Mohamed ben Auda an. Das Gefecht dauerte von 5 Uhr Morgens bis 1 Uhr Nach mittags. Die Flitta verloren 36 Mann und eine große Anzahl Pferde, die Franzosen dagegen haben nach ihren eigenen Berichten nur einen Todten und fünf Verwundete zu beklagen. Der Sieg blieb, nach dem officiellen Moniteur de l'Algerie, den Franzosen, aber die Flitta find keineswegs überwunden. Sie haben nur die Flucht ergriffen, .wie dies die Taktik der Araber disciplinirten Truppen gegeüüber im mer mit sich bringt, um bei nächster Gelegenheit wieder aus einem Hinterhalt über die Franzosen herzufallen. Oberst Lapasset konnte trotz seines vermeintlichen Sieges das insurgirte Gebiet nicht behaup ten, sondern zog sich von Sidi Mohamed ben Auda nach Samora und den folgenden Tag nach Relisan, ganz in die Nähe der Küste, zurück. Diese neue Jnsurrection ist nicht mehr in der Sahara, son dern im Tell, den, Küstenlande, in dem die officielle Zeitung noch vor einigen Tagen jede Empörung für unmöglich erklärte. Mosta ganem liegt am Meere, Halbwegs zwischen Algier und Oran. Die Empörung der FMa scheint gar. nicht in directer Verbindung mit jener der Ulad Sidi Scheikh, der Harar und der Ulad Sidi Schaib, welche gleichfalls noch nicht überwunden ist, zu stehen. Die Gebiete dieser Stämme sind zu weit von einander entfernt, dazu jetzt noch durch militärisch occupirte Linien getrennt, als das ein Zusammen rücken der beiden Jnsurrectionen wahrscheinlich wäre. Ich glaube auch nicht, daß die Flitta Htrch Emissäre der Sahara-Stämme revoluti- onirt worden sind, ihre Empörung ist ganz spontaner Natur und nur ein abermaliger Beweis der großen Unzufriedenheit der Araber, welche durch das neue „arabische Kaiserthum" aus der Proclamation vom März 1863 keineswegs zum Franzosenthume .bekehrt worden sind. Man erwartet in jedem Augenblick hier die Nachricht von weiteren Empörungen. Ueberall unter den Eingeborenen herrscht die größte Aufregung und jede Nachricht vom Innern wird gierig aufgehascht. In der Provinz Constantine scheint die Regierung sich gleichfalls auf einen baldigen Ausbruch des Aufruhrs gefaßt zu hal ten, wie die zahlreicheu Truppensendunge» von Toulon dorthin an deuten. In Biskarah, im Süden von Constantine gelegen, sonst den, friedlichsten Orte von der Welt, hat eine Bande von Arabern den Telegraphen zerstört und die Thäter kounten nicht entdeckt wer den, da kein Muselmann gegen sie zeugen wollte. Die Regierung Hilst sich aber dadurch, daß sie den ganzen Stamm für das in sei nem Gebiete begangene Vergehen verantwortlich macht. So wur den auch den Otten Biskarah und Elkantara große Geldstrafen auf erlegt. Rußland und Polen. Aus Olkusz wird vom 13. d. M. berichtet: Bor wenigen Tagen erschienen aus dem Olkuszicr und Miechower Kreise je zwei Guts besitzer bei den: die hiesige Besatzung befehligenden kaiserlich russischen Obersten Ehrenroth, um denselben, nachdem sie ihm die von der Nationalregierung erhaltenen Todesurtheile vorwiesen, um Schutz für ihre Sicherheit und ihre Habe zu bitten. Tags da rauf, als sie nach Hause zurückgekehrt waren, erschien bei zweien der selben ein fremder, sehr anständig gekleideter Mann, welcher, nach dem ihm die Frage, ob er die Ehre habe, den Gutsbesitzer N. vor sich zn sehen, bejahend beantwortet ward, von einem verborgen ge haltenen Dolch einen fo unvermuthcten Gebrauch machte, daß er einen der Gutsbesitzer sogleich tödtete, den andern aber lebensgefähr lich verwundete, ohne daß man seiner habhaft geworden wäre. Es hat dieser Vorfall in den Kreisen der in unserer Gegend wohnenden Edelleute einen außerordentlichen Eindruck, gemacht und dürfte der selbe sehr leicht geeignet sein, in deren politischer Haltung einen Um schwung zum Durchbruch zu bringen, welcher der Sache des Ausstan des nichts weniger als förderlich sein dürfte. Nordamerika. New-Aork, 7. Mai. Der „Washinton Republican" versi chert: die Negierung habe keine authentische Nachricht darüber, daß der Bundesobcrfeldherr Grant den Conföderirtengeneral Lee 3 Mei len weit zurückgetrieben habe, man vermuthe aber, daß General Grant ihn verfolge. Die Gerüchte, daß General Lee auf dem Schlachtfelde sämmtliche Blessirte habe tödte» lassen und mit zwei Colonnen gegen Richmond marschiren werde, verursachten bei den: geringen Ansehen, in welchem Gerüchte vom Kriegsschauplätze über haupt stehen, allgemeine Heiterkeit. Feuilleton. Das Donanen-Kind. (Fortsetzung.) Der Müller hatte einen französischen Offizier im Quartiere ge habt, der deutsch sprach, einen ältlichen, braven Mann. Als er schied, drückte er des Müllers Hand, und sagte: „Gott schütze Euch! Wenn die Deutschen an Euch thun, wie leider unsere Soldaten drüben ge- than, so bleibt kein Stein auf den andern!" Das Wort lag auf des Müllers Herzen schwerer, als sein großer Mühlstein. Er thsilte es dem Fehringer mit und sagte dabei: „Ich meine, es wäre gut, wenn man in solchen Zeiten nahe bei einander wäre!" Auch will es mir scheinen, als ob die Last der kommenden Einquartierung von Einem von uns könne abgewendet werden." „Wie so?" fragte Fehringer. „Ei nun," entgegnete der Müller, „du ziehst morgen zu mir in die Mühle, da wird dich hier, in deinem Stübchen, kein Soldat be lästigen , und ich kriege dadurch keinen mehr und keinen weniger." Fehringer besann sich. „Und," fuhr der Müller fort, „da es kein Zweifel ist, daß, wenn heute die Deutschen da sind, morgen Martin kommt —"