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391 Tic Praxis ist hier die Richterin. Sind die Muster klein und rein gesäuert, so bedient man sich am besten nur des Natronchromats von circa 15^ im Liter und einer Alkalität von Normalnatron*) bei einer Temperatur von 75° k. 2U Minute lang. Sind dagegen die Muster kräftig und unrein gesäuert, so ge nügt eine Concentration von 5^ Natriumcacium- chromat und einer Alkalität von ^/<o-^/ro Normalkalk bei 70° II. 5 Minuten lang. Beide Flotten werden durch Zuspeise von kaustischer Lauge auf dem entsprechenden freien Alkali gehalt erhalten. So lange noch Kalkchromat vorhanden, macht die Laugenzuspeise eine acqui- valcnte Kalkmenge frei. Obgleich die Natron- flotte sicherer arbeitet, hat doch die leichtere Herstellung einer Kalkflotte und das röthere Orange in den meisten Fällen den Ausschlag ge geben. Selbst bei abnormen Kalkverhältnissen zum Chromkali kann doch bei klarer Orange flotte höchstens ein rasch veränderliches Maxi mum von 1'/^ Cas (Kalk) im Liter vorhanden fein, eine Alkalität, die allerdings nur ganz kräftige Muster ohne Angriff orangirt, die aber nach dem Passiven schwerer Streifen- oder Tupsenmuster bald aus die mitgetheilte mittlere Latitüde herabsinkt. Vom theoretischen Stand punkte sind als interessant noch die kälteren Orangirmethoden zu erwähnen, die aber keinem Bedürsnisse entsprechen. Dieselben basiren theils auf Löslichkeit des schwefelsauren Blei in Ammon chlorid, -tartrat, -sulsat, Natriumacetat und Nitrat, theils auf Intervention von alkalischem chromsaurem Ammon und chromsaurem Baryt. Nachrichten. Die Kaumwokkengarnfärberei geht wieder gut, ebenso die Baummollengarnbleicherei. Auch die Baumwollenstückfärberei ist befriedigend be schäftigt. Die Wollengarnfärberei geht gut. Die Wollenstückfärberei ist vollauf beschäftigt. Sehr gut geht die Seidenfärberei, besonders in Coulcuren. Die Lappenfärberei geht gut, Wäscherei dagegen schwach. Die Federsär- berei ist immer noch flott beschäftigt. Die Garndruckerei ist nur in Wolle befriedigend. *) Vcrgl. Lcichtfaßl. Chemie tt. Aufl. S. 42. Wrofeffor Gustav Wollert Kirchhoff, der Entdecker der Spektralanalyse, ist im 64. Lebensjahre gestorben. Er erzählte nach dem B.Tag. die Entstehungsgeschichte der Spektral-Analyse bei demAbschiedsesien,welches ihm gelegentlich seiner Uebersiedelung nach Berlin von der Heidelberger Universität gegeben wurde, folgendermaßen: Robert Bunsen war in Breslau mit Kirch hoff bekannt und bald vertraut geworden; Beide wußten, was sie an einander hatten und für einander sein konnten. Auf einem der täglichen gemeinsamen Spaziergänge nach dem Mittags essen blieb der berühmte Chemiker — in seiner bekannten Art — plötzlich stehen und sagte: „Kirchhoff, man müßte einmal eine Entdeckung machen, bei der man sich sagen müßte: nein, das ist doch zu dumm!" Beide lachten und setzten, diesen Gedanken heiter ausspinnend, ihren Weg fort. Jahre waren vergangen. Bunsen und Kirchhoff lehrten an der Ru- perto-Carola und arbeiteten zusammen über Spektral-Analyse in einem engen Stübchen der oberen Etage des sog. „Riesen" gegenüber dem heutigen physikalischen Institute. Eine Lampe wurde durch Zufall in den Bereich der ein sallenden Sonnenstrahlen gesetzt. Kirchhoff bemerkte, daß eine der Hellen Stellen sich ver dunkelte. Er glaubte an eine Sinnestäuschung, nahm die Lampe fort — der Streifen wurde wieder hell. Er wiederholte dasselbe Experiment mit gleicher Wirkung. Jetzt rief er Bunsen herzu, und Beide überzeugten sich von der Richtigkeit des Gesehenen. Aber wie ist das mög lich?! Beide sannen, sprachen, riethen lange hin und her. Endlich meinte Bunsen: „So kommen wir nicht weiter. Wir wollen in Ihre Wohnung hinübergehen, eine Cigarre rauchen und von ganz anderen Dingen sprechen, dann wird uns vielleicht nach einiger Zeit das Rich tige einfallen." Gesagt, gethan. Bunsen streckte sich in seiner ganzen Länge auf die ihm wohlbekannte Chaiselongue, Kirchhoff saß in einem Lehnstuhl und sie qualmten heftig, über alles Mögliche plaudernd und scherzend, schein bar gleichgiltig, aber in Wahrheit tief erregt und in Gedanken nur mit der merkwürdigen Thatsache beschäftigt. Eine Stunde etwa mochte