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Dresdner Journal : 07.09.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188909075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890907
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-09
- Tag 1889-09-07
-
Monat
1889-09
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 07.09.1889
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^S209. Sonnabend, den 7. September, abends. 1889. rar vr«.L.» vi«»«IMMob , IS. »o n., d«l j-brliab » H., »o»»»rt»»Id U« äsot-ckso Loioü«, tritt ko-s- «»6 8t»»p«t»»»«b1»u di»«. KnstA»iUrn»U»U»d»Ki« r I^r u« L«w «i»«r »„p»It«»«» 2«il« dl»i»«r kvdritt LO kk. v»t«r „Lu»zxa«u»üt" äio 2«I» dv kt. 8« ^»d«U«»- o»ä Lul«r»«t» «ttpr. KuLvbl»,. IHGU«d mtt än»»»dm» ä« So»»- »»ä k«i«rt»L» »do»ä». >'«»»«pr*od ^»»odlo» > Nr. UV-. Dres-nerÄmmml. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. Ka»aKM» V«» ^LÜU»<1ix»»U»» «LNkrt»» L««^äUr F>. Oomioi»i0LLr äv» vroräoor ^oar»»1»; L»Md»rU-- Vi«» - I»» -»r»»d1«r1 ». ».: L L«rU» Vl» kr»^ L«ix»lx-kr»»dk»rt ». II. »So«»« / N»ri»-L<>»So»-U«rU»-rr»»tNn1 »- U -»lstt<»rt: D«»L« » vo., >«U»! oSriltt: S. WUÜ«-» L«»»r«r! 0. Lc^ii«i«r, N»U» ». »., F. L«r^b L Oo. Kor,»»»»vor: LÜRiUl. Lrpoäitio» <ta« UrosL»« ^mlnuL». Dr««äs», ÜMUiUSrrtr«« >0. r«r»»pr«<>d-^»»odli»»,: Nr. ISBL» — Amtlicher Teil. Dresden, 7. kep'ember. Ihre Majestät die Deutsche Kaiferin, Königin von Preußen, s»d heute Mittag von hier »ach Pot»da» zurückgereist. Bekanntmachung. Die öffentliche Versteigerung der in diesem Jahre auSzumusterndcn Dienstpferde der Kavallerie und Ar tillerie soll an den nachgenannten Tagen und Orten von Vormittags 10 Uhr ab statlfinden: Mittwoch den 11. September in Oschatz, Roß wein und Riesa; Donnerstag den 12. September in Großenhain, Rochlitz und Freiberg; Freitag den 13. September in Dresden, Grimma und Rochlitz; Sonnabend den 14. September in Dresden und Pegau; Montag den 16. September in Pirna und Pegau. Die Pferde der Garnison Lausigk werden in Grimma, diejenigen der Garnison Borna in Pegau und die der Garnison Geilhain in Rochlitz zur Ver steigerung gelangen. DaS Nähere wird durch die betreffenden Lokal blätter und an den Versteigerungsplätzen bekannt ge macht werden. Dresden, den 25. August 1889. Kriegsministerium. HI. Abtheilung. Schurig. PreuSker. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Nachrichten. Wien, 7. September. (Tel. d. TreLdn.Jovrrl.) Die amtliche „Wiener Zeitung" veröffentlicht die allerhöchste Genehmigung der erbetenen Entlassung deS böhmischen Statthalters Baron Krauö, so- wie dir Ernennung drö Grafen Thun zum Nach folger des Genannten. London 8. September. (W. T. B.) Die heute nachmittag im Manfionhouse abgehaltene Kon ferenz empfahl, daß den Arbeitern von Anfang Januar 1890 ab 8 Pence anstatt 5 Pence per Stunde bezahlt werde. Burns und andere Führer der Streikenden erklärten sich bereit, den Arbeitern zu raten, dieses Arrangement anzuuehmen. Die Direktoren der Dachgesellschaften versprachen auch, den Vorschlag in Erwägung zu ziehen. Dundee, 7.September. (Tel.d.DreSdn.Journ.) Der hier tagende Kongreß der englischen Gewerk- vereine lehnte einen Antrag auf allgemeine Ein- führung drö 8stüadigru NormalarbeitStage« ab, nahm aber einstimmig einen weiteren Antrag auf Einführung desselben in Bergwerken an. Dresden, 7. September. Zur Reise Schah Nassr-Eddin». Die russischen Blätter vertreiben sich gegenwärtig die Zeit damit, über den Schah von Persien und seine Ratgeber die abenteuerlichsten Gerüchte in Umlauf zu setzem So wurde dieser Tage von der „Moskauer Zeitung* die Nachricht verbreitet, daß Schah Nasir- Eddin während seines Aufenthalts in London sich Feuilleton. Zwei Brüder. 2S Erzählung von Sophie Junghan«. (Fortsetzung.) „Sie sprachen eben selber von einer „Grille", gnädige Frau. Es giebt größere psychologische Rätsel, als dieses. Wie häufig hat man nicht schon von — Sonderlingen gehört und gelesen, um diesen milden Ausdruck zu gebrauchen, die in schmutzigen Höhlen bei nahe verhungert sind, und aus deren Höhlen man nach ihrem Tode große Summen, die sie versteckt hatten, zu Tage förderte! Da wir übrigens die Ka pitalien des Fräulein v. Röntgen noch nicht gefunden haben, so können wir nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Zinsen nicht von chr verwandt worden find, vielleicht für Zwecke, die sie ebenso wie das Vorhan densein ihrer reichen Hilfsmittel vor Ihnen und der Welt geheim zu halten wünschte. Wäre es, Ihren damaligen häuslichen Einrichtungen nach, nicht denk bar, daß Humser hinter Ihrem Rücken so manche» be sorgt hätte?* Frau v. Löwenstern antwortete nur durch eine Bewegung der Hände, welche verschiedener Deutung fähig war. Alexander fuhr fort — und e» war, als ob die bloße Nähe Amandeu» v. Löwenstern, die Atmosphäre, in der man sich bei ihr befand, auf die Lebhaftigkeit der Einbildungskraft schon einen merklichen Einfluß übe, so schoflen mit einem Male die scharfsinnigen ganz in die Arme Englands geworfen habe uvd daß sein erster Minister und vertrautester Ratgeber, Emin Sultan, von den Engländern durch eine Unsumme von wertvollen Geschenken erkauft worden sei, um seinen Souverän zu jedem den englischen Interessen günstigen Zugeständnisse zu bewegen. Zum Beweise dieser Be hauptung führte das Moskauer Blatt an, der Schah habe nicht nur den Termin für die Verwaltung der persischen Finanzen durch Baron Reuter verlängert und eS demselben freigestellt, die ihm verliehenen Rechte an andere Personen zu verkaufen, er habe auch den Eng ländern gegen eine Geldentichädigung das Recht ringe- räumt, den in der Provinz Khorassan an der Grenze von Beludschistan gelegenen Flecken Chase zu besetzen, um daselbst eine militärisch« Station zu errichten. Dieser Gebietsverkauf gewinne noch dadurch an Bedeutung, daß mehreren englischen Kapitalisten Konzessionen zum Bau von strategisch wich tigen Chausseen in Persien erteilt worden seien. Weiter wußte die „Moskauer Ztg." zu berichten, Schah Nasr - Eddin habe ein ihm von den Engländern vor- gelegteL Fmanzprojekt genehmigt, welches die Einführ ung einer Lotterie in Persien bezwecke und ein anderes Projekt laufe darauf hinaus, ,Has Tabatwesen in Ordnung zu bringen", oder mit anderen Worten, den gesamten Handel mit Tabak englischen Kapitalisten in die Hände zu spielen. Cs ist selbstverständlich nicht möglich, alle diese Behauptungen aus ihre Wahrheit hin zu prüfen. Inter essant wäre es nur, zu erfahren, zu welchem Zweck ge rade jetzt in Rußland in solcher Weise gegen Persien gehetzt wird. Denn nicht allein die „Moskauer Ztg." rst es, welche diesen Federkrieg führt, beinahe alle panslawistischen Organe Rußlands schlagen die gleiche Tonart gegen den „König der Könige" an. Vielleicht, so äußert sich in einer längeren Betrachtung, deren wesentlichen Inhalt wir in nachstehendem wiedergeben, über diesen Gegenstand die,.National-Ztg.", wollen die russischen Blätter nur Gegenäußerungen von englischer Seite Hervorrufen, um durch diese auf die Fährte der in London wirklich getroffenen Abmachungen zu kommen. Aber wie dem auch sei, was bei den Auslassungen der russischen Presse am meisten ins Gewicht fällt, ist der herrische und drohende Ton, welchen sie gegen den Schah anschlägt, der, seine angeblichen Abmachungen mit England mögen nun den Russen angenehm sein oder nicht, doch jedenfalls völkerrechtlich ein souveräner Monarch ist. Wenn trotzdem die russische Presse ihn behandelt, al- ob er mit den Vasallen Rußland-, den Emiren von Buchara und Chiwa auf einer Stufe stände, so liegt die Erklärung in der Thatsache, daß man russischerfeitS Persien al» ganz ebenso in die russische Macht- und Interessensphäre fallend ausieht, wie die- bezüglich der erwähnten Emire der Fall ist, und da- Bewußtsein dieser Thatsache soll dem Schah bei seiner Rückreise au» England alsbald wieder voll ständig geweckt und geschärft werden. Sein Empfang und fein Aufenthalt in England waren allerdings so geartet, daß sie als der Zweck der ganzen Reise er schienen; dort wurde sein Besuch als politisch bedeut sames Ereignis behandelt, uud zwar öffentlich vom Publikum, wie, wenn auch in vorsichtiger Form, von anderer verantwortlicher Seite. Die Vorgänge während seines englischen Aufenthalts wurden aber von rulsi- scher Seite jedenfalls scharf beobachtet, und er ist nicht unwahrscheinlich, daß, wenn der Schah in Wirklichkeit Abmachungen mit der englischen Regierung getroffen hat, in Bälde auch wieder russische Forderungen ver nehmbar werden. Es ist letztere» um so wahrschein licher. als man in Rußland mit der Art unzufrieden ist, wie persischerseits die Abmachungen, die man mit Rußland zu dessen Beschwichtigung wegen des Karua- vertrageS getroffen hatte, ausg.führt werden. Der Schah Hot auf seiner jüngsten europäischen Kombinationen jetzt im Kopfe ihres juristifchen Freun de» zusammen: „Man kann, wenn man die Verhältnisse der be teiligten Personen in» Buge faßt, nicht umhin, für jene» sonderbare, tyrannische Übergewicht Humsrr» über seine Herrin, wie e» Ihre Aussagen, gnädige Frau, für un» außer Zweifel gestellt habe», irgend eine Erklärung finden zu wollen. Und da drängt sich eine hinzu, die man kaum abweisen kann: fast immer ist e» in einem solchen Falle die Mitwissenschaft von Dingen, die au» irgend einem Grunde nicht an» Licht kommen sollen, welche die Diener zu Herren ihrer Herren wacht. Mir scheint e» kaum uochzu bezwei feln: da» alte Fräulein hat irgend eine AbzugSquelle für gewisse Gelder gehabt, welche aller Wahrscheinlich keit nach außer diesem Humser niemand gekannt hat. Dadurch erklärt r» sich von selber, warum er von den Geldmitteln wußte, deren Vorhandensein Ihnen sogar unbekannt war." „Alexander, in Ihnen steckt eine juristische Größe,* sagte die Witwe begeistert. „Ich bewundere Sie.* Und in der That, niemand konnte so völlig, wie Amanda v. Löwenstern, beurteilen, bi» zu welchem Grade die Phantasirthätigkeit de» Assessor» diesen Tribut der Bewunderung, auch wohl Verwunderung, verdiente. Er kam übrigen» jetzt zum eigentlichen Zweck seine» Besuche», da er ihr versprochen hatte, sie über jeden Schritt in der Sache, welchen die Be hörden für angezeigt hielten, auf de« Laufenden zu erhalte», uvd teilte ihr mit, daß sie al» die Haupt zeugin figurieren werde, da die Aufklärung über die näheren Umstände, die dem Ableben de» alten Fräu lein» vorauSgegangea waren oder da»felbr begleitet Reise vielleicht wieder manche» kennen gelernt, das mit Vorteil zur Entwicklung Persien» im modernen Sinne verwendet werden könnte, aber es ist ja weniger der Mangel an Reformideen, der Persien auch heute noch zu völligem Stillstand verdammt, al» vielmehr da» Zuviel an Ratgebern nach dieser Richtung hin. DaS arme Persien hat deren weit mehr, al» nötig wären. Bietet sich dem Schah englische» Geld zu Straßenbauten, Hebung der Binnenschiffahrt u. dergl., so wird alsbald da» Mißtrauen und die Eifersucht Rußland» wach, welches sich neuerding» selbst vor einer drohenden Sprache nicht mehr scheut, und russische Anerbietungen erfüllen ihn von vornherein mit Grauen, da er von dieser Macht eine» Tage» seiner Herrscherrechte entkleidet zu werden fürchtet und jede» Vordringen russischen Einflusses al» Etappe dahin betrachtet. England ist ohne Zweifel die Macht, mit welcher er sich lieber vertragen möchte, da er von ihr weniger Gewaltthätigkeit erwartet, aber Rußland ist derjenige Nachbar, den er mehr fürchtet, und mit Grund. Man kann unmöglich annehmen, daß Rußland, nachdem es, mit den inuerasiatischen No madenvölkern und Naubstaaten in Berührung gekommen und von ihnen zu stet- neuen Kriegen und Erober ungen veranlaßt, sich in Jahrzehnte langen Kämpfen durch die innerasiatischen Steppen, Salz- und Sand wüsten durchgelämpft, nunmehr vor den letzten Schranken, welche es vom Meere trennen, Halt machen werde. Selbst die Unterwerfung Afghanistans würde es noch nicht zu diesem Ziele führen. Es würde schon in diesem Lande auf englischen Widerstand stoßen, dann aber an der Grenze von Beludschistan und In dien die ganze verfügbare Macht Englands sich gegev- übersehen. Der hier sich entspinnende riesige Ent- scheidungskampf würde aber zweifelsohne nicht lokali siert bleiben, sondern auch noch andere asiatische Staa ten in Mitleidenschaft ziehen und einen Umfang an nehmen, der sich zunächst gar nicht absehen ließe. Auf ein solches Unternehmen dürfte sich Rußland, daS ja gegenwärtig sein Hauptaugenmerk auf Europa richtet, noch lange nicht einlassen. Viel günstiger dagegen liegen die Verhältnisse für Rußland in Persien selbst. Persien hat zwar keine sehr günstigen Häfen, aber besser als gar keine sind mittelmäßige immer noch. Militärisch ist Persien vollständig hilflos, konnte eS doch nicht einmal gegen die Turkmenen feme Greozprovinzen verteidigen. In folge der letzten russischen Geblet-erwerbungen aber ist eS nicht wehr bloß im Norden, sondern auch im Nordostcu von Rußland umfaßt, und die tranrkaS- pische Bahn setzt das letztere in den Staub, bei Zeiten umfassende militärische Vorkehrungen zu treffen. Von den beiden anderen Nachbarn Persiens kommt die Türkei nicht in Betracht; sie ist im großen Stile nicht mehr aktionssähig und haßt in den Persern überdies noch ein ketzerisches Volk. Die Engländer aber in In dien und Beludschistan sind von Teheran, Jspahan rc. durch weite Entfernungen und ausgedehnte Wüsten ge trennt; eS dürfte ihnen schwer werden, ohne vorherige Occupatio» Afghanistan» den Russen in Persien recht zeitig militärisch entgegenzutreteu. Auf die Aktion gegen Persien dürfte man daher russischerfeitS in näch ster Zeit weit mehr Gewicht legen als auf die gegen Afghanistan. Ein kriegerisches Vorgehen braucht da bei noch garvicht in Betracht zu kommen, vielmehr dürfte eS sich zunächst mehr nur darum handeln, den Schah einzuschüchtern uud ihn an den Gedanken zu gewöhnen, daß er sich zunächst als den Verbündeten Rußlands zu betrachten habe, , neben dem er keine anderen Götter haben dürfe". Daß Rußland Persien schon jetzt al» ein ausschließlich zu seiner Macht- und Interessensphäre gehörig'» Land betrachtet, ist stet» im Auge zu behalten, wenn man die -entralasiatischrn Vorgänge in diesem Teile richtig beurteilen will. hatten, sowie die Information über da» Verhalten Humsers seit einer Reihe von Jahren, ja nur von der treuen Lebensgefährtin, der aufopfernden Pflegerin der unglücklichen alten Dame zu erwarten fei. „Sie werden wohl also — die Frage ist eigent lich überflüssig — nächstens bereit fei», der Ladung vor da» Geschworenengericht zu folgen, al» Zeugin, gnädige Frau? Da» heißt, Sie werden Ihren Haupt- aufrnthalt für die nächste Zeit noch hier in Helbingen behalten? Einen Wechsel de» Wohnorte» oder eine längere Reise haben Sie ja, so viel ich weiß, über haupt nicht in» Auge gefaßt?* „Rein*. Frau v. Löwenstern litt, wahrscheinlich in folge der jüngsten Aufregungen, an einer häufig trockenen Kehle und hatte jetzt Lippen und Hal» durch einige Schlucke Wasser au» dem vor ihr stehenden Glase zu befruchten, ehe sie fortfuhr: „Nein, wie sollte ich? Wenn ich aber", warf sie daun lächelnd hin, „für meine Gesundheit einen Keinen Erholung»au»- flug beabsichtigte, mühte ich Sie wohl gar um Er- laubui» fragen? Die Herren würden mich am Ende nicht einmal fortlasseu?" „Welche Idee", beeilte er sich darauf zu sagen. „Selbstverständlicher Weise sind Sie ganz frei. Wir würdeu eventuell Ihre Vernehmung bi» zu Ihrer Rückkehr verschieben." Er hatte sich nun verabschiedet und verfolgte seinen Wea, zerstreuter al» gewöhnlich, da» heißt nicht so au»schließlrch wie sonst von dem behaglichen Gesühl seiner vorzüglichen äußeren Persönlichkeit erfüllt. Auch Amanda v. Löwenstern schaute ihrem Besuche nach, zu welchem Behufe sie sich hinter der Gardine ihre» Fenster» ausstellte. Natürlich verbarg diese ihre Tagesgeschichte. * Berlin, 6. September. Die „Berl. Pol. Nachr.* schreiben. „Der Zeitgeist", Monatsheft für daS soziale Leben der Gegenwart, betitelt sich ein bei H Müllerstein in Hamburg er- icheivendes neues iozialdemokralischeS Organ, das sich nach dem Borwort ebensowohl an die in allen Klassen vertretenen Freunde einer auf gesetzmäßigem Pfade wandelnden Arbeiterbewegung al» an die Masse der vorwärtsstretrnden Elemente wendet, und denjenigen, welche noch unklar oder feindlich den vestrebungen der Arbeiter entgegrntrrten, in allen Fällen Klarheit über die Reinheit und den idealen Hintergrund, über die sittliche Be rechtigung und die tiefgehende Begeisterung, mit welcher die Schriftsteller des „Zeitgeistes" die Arbeitersache vertreten, ver spricht. Wir können eS uns nicht versagen, einige charakteristische Proben von dieser Reinheit, diesem idealen Hintergründe, dieser sittlichen Berechtigung zu geben. De: erste Artikel behandelt die Gleichberechtigung des Arbeiters; derselbe stellt in Abrede, daß für den Arbeiter thatsächlich die Gleichheit vor dem Gesetze bestehe. Beispielsweise sei die Existenz der Fabrikordnung eine Ironie, ein Hohn aus diese Gleichheit vor dem Gesetz. Die Arbeiter werden aufgesordert, sich zu organisieren uno immer wieder zu organisieren, um eine Machtstellung zu erringen, „die dazu dienen soll, da- Unternehmertum von seiner Borniertheit, eS sei zum Befehlen geboren, zu kurieren." DaS Wesen und den Wert der Streiks charakterisiert da» Blatt dahin, daß dieselben den Arbeiter seine wahre Lage er kennen lassen und auch dem Blödesten die wirtschaftlichen Un gleichheiten vor Augen führen und ikn zu der Einsicht zwingen, daß er zur Erringung einer menschenwürdigen Existenz sich der modernen Arbeiterbewegung auschließen muß. Eine Gesundung unserer sozialen Verhältnisse könne natürlich erst eintreten.wenn die beutige Produktionsweise leine privatkapitalistische mehr ist, wo die Arbeit von Millionen immer nur einer Handvoll von Unternehmern zu gute kommt. Die beste Form, die Lebens haltung des Arbeiter» zu heben, ist nach dem Blatte die Ver kürzung der Arbeitszeit, mit der die anderweitige Lohnregelung ganz von selbst vor sich «ehe. Die Kosten dieser Verkürzung würden in der Hauptsache von den Unternehmern getragen, und dies erkläre auch die Zähigkeit, womit sich die Unternehmer solcher Verkürzung entgegen stemmen. „Unheimlich wird eS den Herren bei dem Gedanken, daß, wenn sie in diesem Jahre die neunstündige Arbeitszeit zugcstehen würden, die Frage der acht stündigen alSbald austauchen würde." Die Richtigkeit dirse» AhnungSvrrmögenS erkennt das Blatt an. Al» Ziel der deutschen Arbeiterbewegung wird hiogestellt, der Arbeit den vollen Arbeitsertrag. ES ist unmöglich, auch nur die hauptsächlichsten Hetzereien schlimmster Art, welche in dem erste» Hefte der neuen Zeitung enthalten sind, an dieser Stelle wreberzugeben. Wir können e» un» aber nicht versagen, zur Charakteristik deS im Vorworte erwähnten idealen Hintergrundes rc hervorzuheben, was die Zeitschrift über die Frage vorbrlvgi: Dars oder soll der Arbeiter heiratenV ES heißt da: .ES ist da« natürliche, menschliche und sittliche Recht de» Arbeiters, sich zu verheiraten." Daran ist wohl nicht zu zweisel». Was soll man aber dazu sagen, wenn das Blatt aus purer Bosheit dem Arbeitesstaude röt, die Ehe so fruchtbar al« möglich zu gestalten, zu den« Ztverkr, die Ar- deitrrreserve zu vermehren, und in der durch die Arbeiterehen mit erzeugten BevülkerungSzunahme einen Hebel mehr zu schaffen, der die Lösung der sozialen Frage beschleunigt. In einem Falle wird die Frage: soll der Arbeiter heira te»- bedingungsweise mit nein beantwortet, in dem Falle nämlich, daß rin Arbeiter von Jugend aus in den Ideen und Lehren der Sozialdemokratie qroßgezogen ist und das Zeug in sich hat, durch Wort und Schrift für die Ausbreitung ferner Ucberzeugung thätig zu sein. LupieuU «ab. — Die durch den jüngsten englischen Vertrag mit dem Sultan von Sansibar geschaffene Lage im südlichen Somalilande dürfte für Deutschland nicht ganz so schlimm sein, als man hier und dort anmnehmen geneigt scheint. Die Entscheidung in dieser Angelegenheit liegt, wie die „Köln. Ztg.* schreibt, weniger in London oder in Ostafrika, al» vielmehr in Berlin. Der englische Vertrag über die Benadüküste kann höchsten» die Verwaltung der Häsen KiSmaju, Ba« rawa, Me-ka, Makdischu uud Warjcheich zum Gegenstände Haden; denn weiter erstrecken sich die Rechte de» Sultan» an der Benadirlüste nicht und „niemand kann Rechte übertragen, die er nicht har". Insbesondere konnte der Sultan über Lamu nicht verfügen, da der Streit um diese Insel bei dem Schiedsgerichte de» Minister» Baron Lambermout rechtshängig ist; über den Hafen Mruti und über die Benadirlüste überhaupt kann der Sultan nicht verfügen, da diese ihm gar nicht gehört. Gestalt keineswegs, und e» war auch rhre Absicht, daß Alexander, wenn er etwa noch einen Seitenblick hinauf- schweifen ließ, sie dort stehen sehen sollte. Ihre Züge konnte er ja von unten nicht genau erkennen. Wer die selben aber in diesem Augenblick ganz nahe zu beobachten Gelegenheit gehabt hätte, der würde in Zweifel da rüber geraten sein, ob Frau v. Löwenstern wirklich fo verliebt in den Assessor Leupoldt sei, wie sie diesen jungen Herrn zu seiner eigenen Verlegenheit an nehmen ließ. 10. Felix Leupoldt machte ungefähr um dieselbe Zeit wie sein Bruder Alexander ebenfalls einen Besuch in Helbingen. Da» Ziel seine» Gange» war da» Ge- sangenenhau», und zwar derjenige Teil desselben, welcher al» Untersuchungsgefängnis derselben diente. E» war dieser Besuch bei einem in strenger Unter- suchung-haft befindlichen, eine» mehrfachen Verbrechen- verdächtigen Gefangenen eine Art Vergünstigung, welche man aber dem Sohne de» Syvdiku» Leupoldt ohne Anstand gewährt hatte. Der Aufseher, der ihu höflich nach der Zelle Humfer» führte, deutete, da er dieselbe erschloß, mit dem Kopfe Hinei», sah dann seinen Begleiter an und zuckte die Achseln, al» wollte er sagen: Sie haben hierher gewollt. . . sehen Sie nun zu, wie Sie hier fertig werden.— „He, Humser —Besuch für Sie!* rief er darauf, und man merkte sogar im Tone der wenigen Worte da» äußerst geringe Maß von Sympathie, mit welcher er diesen betrachtete. Der Bewohner der Zelle richtete hierauf den Kopf, den er auf die Brust hatte hängen lassen, langsam iu die Höhe und wendete dem Ein-rtreteneu eia in der
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