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Dresdner Journal : 04.09.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188909042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890904
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890904
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-09
- Tag 1889-09-04
-
Monat
1889-09
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 04.09.1889
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1421 von den Parlamentariern der freisinnigen Partei ge- tritt, auch von den ehemaligen Sezessionisten, und zwar aus folgenden Gründen: »Die Wahl eine» Kartell- kandidaten verstärkt die Mehrheit, die von de« Frei» finnigen bekämpft wird, um eine Stimme. Sie neu» tralisirrt ein freisinniges Parlamentsmandat. Es ist naiv, von einer Partei zu verlangen, daß sie selbst diesen Schnitt rn ihr eigen s Fleisch führe. Anderer seits ist eS bei der geringen Stärke dec Sozialdemo kraten zur Zeit völlig ausgeschlossen, daß dieser Partei die Erreichung ihrer nicht zu billigenden Ziele ver mittelst des Parlaments irgend näher rücke ... In der parlamentarischen Fraktion ist man einig, er han dele sich bei der Bedeutung der Frage bei den nächsten Reichstagswahlen nur noch darum daß auch unter den Wählern jede Unklarheit und Dissensions- lust schwinde.- ES ist bemerkenswert, welch ge ringes Gewicht der parlamentarische Mitarbeiter der „Breslauer Zeitung" auf die Meinung der Wähler legt; eS handelt sich „nur noch" darum, schreibt er, daß jede „Dissensionslust" schwinde. Ein Teil der freisinnigen Wähler wird sich ja wohl allerdings widerstandslos zum Eintreten sür das neue oder viel- mchr alte, srüher verschämt verschwiegene, jetzt offen proklamierte Kartell kommandieren lassen; aber von denen, welche selber nachdenken und welchen es doch nicht ganz angenehm sein wird, auf einer Bank mit denen zu sitzen, die den Umsturz der Gesellschaftsord nung und den Zerfall des deutschen Reiches „aus ge setzlichem Wege" herbeisühren wollen, erwarten wir denn doch, daß sie es sich sehr überlegen werden, ehe sie der neuen freisinnigen Ordre folgen. In jedem Falle ist diese Parole eine erfreuliche Kundgebung, da in der That nun dadurch so manche „Unklarheit schwindet.^ Daß die Freisinnigen aber mehr notge drungen als aus eigenem Triebe zu dieser offenen Stellungnahme gezwungen sind, braucht nicht erst er örtert zu werden. Aus eigener Krajt vermögen sie eben n.chtS mehr im Lande, und die übrigen Oppo- siiionsparteieu würden ihnen bei den nächsten Reichs- togswahlen ohne diese Gegenleistung zweifelsohne jede Unterstützung versagt haben. — Zu der aus Chateau-SalinS datierten Meldung des „Wölfischen Telegraphenbureaus", daß der Statt halter in Elsaß-Lothnngen, Fürst Hohenlohe, bei einer Rundreise in dem Kreise, wegen Aufhebung des Paßzwanges interpelliert, erklärt habe, „er könne darüber nicht entscheiden; die auf diese Angelegen heiten bezüglichen Petit'vne.i lägen Sr. Majestät dem Kaiser vor und sei Allerhöchstdesseu Entscheidung ab- -uwarttu", bemerkt die „Nordd. Allg. Ztg.*: „Die Meldung scheint ungenau zu sein und wird auch von anderen Zeitungen in verschiedenem Sinne wieder- gegeben. Sie ist jedenfalls insoweit unrichtig, als die Aufhebung des Paßzwanges längst von Sr. Majestät abgelehnt worden und keine Aussicht vorhanden ist, daß eine Abänderung dieser allerhöchsten Entschließung eintreten werde. Die Aushebung des Paßzwanges würde nur im Interesse der reisenden Franzosen, nicht in dem der ruheliebenden Bevölkerung der Reichs lande sein.// "S*' Wien, 3. September. Se. Majestät der Kaiser hat sich gestern abend mit großem Gefolge zu den Manövern nach Galizien begeben. Der deutsche und der italienische Militärbevollmächtigte, Major v. Deines und Oberstlieutenant Brufatl, befinden sich als Gäste des Kaisers in Allerhöchstdeffen Umgebung. Die übrigen Militärattaches werden den Manövern in des Monarchen Suite beiwohnen. — Dar von der dalmatinischen Landtagsmehrheit ausgestellte groß- kroatische Programm erfährt überall starke Ab lehnung. Auch die maßgebendste Stelle, die kroatische Nationalpartei, spricht sich gegen dasselbe aus und erklärt, ganz auf dem Boden des ungarisch-kroatischen Ausgleiches zu stehen. Auch die Ungarn sträuben sich grgen die Einverleibung Talmatiens. Allerdings würde dieses Sronland von rechtswegen zu Ungarn gehören; anläßlich der Zweiteilung Österreichs haben aber die Ungarn in die Ausscheidung Dalmatiens unschwer eingewilligt, und heule tragen sie weniger als je Ver langen, sich diese unfruchtbare, dem Staatsschätze große Lasten aufbürdende Provinz beizulegen. Da also das dalmatinische Programm allseitig eine unverhüllte Ab lehnung erfährt, darf man wohl erwarten, daß es bis auf weiteres toter Buchstabe bleiben wird. — Der in Schluckenau abgehaltene nordböhmische Katholikentag verlies unter zahlreicher Beteiligung — es sollen 2000 Personen anwesend gewesen sein — vollkommen ord nungsmäßig. Irgendwelche Kundgebung gegen Italien oder rur Papstfrage kam nicht vor. Der Katholikcu- läßt. Es sind da drüben überhaupt sonderbare Dinge vorgegongeu. Du wirst Dich erinnern, daß Amanda über die Tyrannei des alten Manne», der nicht nur Lakai, der auch Kammerdiener, Koch, Hausverwalter war, stet» Klage geführt hat. Dieser Krankheitsverlauf des Fräulein-, wie ihn Frau v. Löwenstern beschreibt, ist recht eigentümlich gewesen. Einen Arzt hat sie durchaus nicht gewollt — vielleicht hat auch Hr. Humser, ohne den die Röntgen nichts zu thun gewagt hat, keinen zugelafien. Kurz und gut, ich bin der Meinung, daß wir sehr eigentümlichen, vielleicht sehr peinlichen Enthüllungen entgegengehen. Aber, wie gesagt, jetzt heißt e» Takt und Vorsicht, Charlotte." Nun, mir braucht der Batcr dergleichen nicht au- zuempfrhlen, das weißt Du. Ich habe ja nicht ein mal an Dich geschrieben, die ganze Zeit her, weil ich dann den Todesfall doch wenigstens hätte berühren müssen, und selbst da» mochte ich nicht unter diesen Umständen. Jetzt aber ist ja die Geschichte öffentlich genug. Da- Gewölbe der Röntgen» und der Sarg sind geöffnet worden; infolge der Trockenheit und Festig keit diese» Grabgewölbe» ist die Leiche noch iu ganz unverwestem Zustande gesunden worden und die Unter suchung hat — da» Vorhandensein von Arsenik im Magen und den Eingeweide« der Ärmsten unzweisel- Last ergeben. Füge ich noch hinzu, daß bei der Hau»- suchung drüben i« jenem schrecklichen Laboratorium, jener Giftküche de» alten Bösewicht», in der er fort während unglückselige Katze» und Kaninchen bloß au» Wordlust geopfert hat — eine» von Ottcheu» Lieb- kingtkavinchen ist ja auch dort verschwunden I — daß also dort große Mengen vou Arsenik gefunden wor den sind, über deren Gebrauch Humser sich nicht ge- tag e> klärte sich gegen den einseitigen Natiouali-muS und für die Wiederherstellung der christlichen Schule. — 3. September. Se. Majestät der Kaiser ist heute vormittag mit dem Statthalter von Galizien, Grasen Badeni, in Jaro»lau eingetroffen. Auf der Reise wurde derselbe in Krakqu, Bochnia, Tarnow, Rzessow überall feierlichst begrüßt. In Krakau wurde er durch den Statthalter, die Spitzen der Behörden und die Geistlichkeit empfangen. Pari», 2. September. Minister Ave» Guyvt wurde in Dünkirchen festlich empfangen. Eine vereinzelte boulangistische Kundgebung wurde schnell unterdrückt. Bei der Einweihung der veuen Schleuse setzte der Präsident der Handelskammer die Bedeutung der ueue« Hasenanlagen sür Dünkirchen auseinander. UveS Guyvt erwiderte, die gegen den Cäsarismus gerichtete Politik der Republik sei nur für die großen Interessen des Landes besorgt. Sie habe an den Hafen von Dünkirchen 57 Millionen in 10 Jahren gewendet, während alle vorhergehenden Regierungen seit Anfang dieses Jahrhunderts nur 50 Millionen sür denselben verausgabt hätten. — Herv«, der Redakteur des „Soleil", tritt im 8. Pariser Wahlbezirk (Champs ElyjeeS) als Kandidat auf und hat das Verbot, Kundgebungen dcr Thronbewerber öffentlich anschlagcn zu lassen, auf schlaue Art zu Gunsten des Manifestes des Grafen v. Paris um gangen. Er hat nämlich folgenden Wahlaufruf an die Mauern seines Bezirks kleben lassen: „Wähleri Ter Mann, den die Republikaner verbannt haben, um sich sür die Abstimmung zu rächen, durch die sich 8^ Millionen Wähler 1885 gegen sie ausgesprochen haben; der Mann, der gleichzeitig der Vertreter de« monarchischen Prinzips und des konservativen Gedankens ist, Philipp Gras v. Paris, hat eine« Ausrus an die Franzosen erlassen. (Hier folgt nun der ganze Aufruf) ... Ich füge diesen entschiedenen und edlen Worten nichts hinzu, jede Erklärung würde sie ab schwächen. Lest sie und urteilt l Ed. Hervs." — Noch dem „Gaulois* wird auch Priuz Vik tor Bouaparte baldigst einen Wahlaufruf er- lafscn. — Das »XIX. Sivcle* läßt sich aus Lou don telegraphieren: Boulanger hat beschlossen, sich dem Gericht zu stellen und auf die von Beaurepaire erhobenen Anklagen zu antworten. Er wird eine Woche vor den Wahlen zurückkehren, und alle Vor kehrungen sind getroffen worden, die Polizei irrezu führen, so daß die Verhaftung des Generals nur in Paris erfolgen wird. — Die mit so großer Re klame angekündigte Boulangistenversammlung in Marseille ist in größter Ruhe und Ord nung verlaufen, da die Parteiführer Laisaut, La- guerre und Dvroulode in Anbetracht der feindlichen Haltung der Antlboulangisten nicht erschienen waren. — Die gestern hier eingetroffeven Vertreter der fran zösischen Partei in Italien wurden auf dem Bahn- Hose mit großem Jubel begrüßt und nach der Arbeiter- börse geleitet, wo ihnen ein festlicher Empfang bereitet wurde. ES fanden ebenfalls Verbrüderungskundgeb- uvgen auf der Straße zwischen Franzosen und Italienern statt, besonders an der Julisäule auf dem Bastillep'atze und auf dem Platze der Republik. Die „Gazette de France* widmet dem Befuche der italienischen Arbeiterabordnung folgende Bemerkung: „Eine Gruppe Mazzinisten, Garibaldianer und andere Revolutionäre ist in Paris angekommen, nachdem sie in Marseille und Lyon mit roten Hemden und roten Fahnen Kund gebungen veranstaltet hat. Etwa 100 Personen er warteten sie unter Führung Anatole dr la Folge» und Camelinats an der Bahn. Auch Hr. Parmentier hatte sich als Vertreter der Freimaurer eingrfunden. Rian sang die „Marseillaise", beglückwünschte sich und feierte den Bund beider Völker. Die Freude der Ra dikalen schäumt bei dieser Gelegenheit über." — Heute wurde vor dem Handelsgerichte einer der gegen die Ver- waltungSräte des früheren Comptoir d'Escvmpte angestrengten Prozesse verhandelt. Die Kläger, welche Aktien dieser Bant zum Kurse von etwa 1100 FicS. kauften, verlang n 'hr Geld zurück, weil sie durch falsche Vorspiegelungen der Rechenschaftsberichte, welche der Verwaltungsrat den Aktionären erstattete und ver öffentlichen ließ, über den Stand de» Unternehmen» getäuscht worden seien. Die Verklagten boten vergleichsweise an, den Käufern innerhalb 75 Jahren im Wege der Losziehung für jede Aktie 675 Frcs. zurückzuerstatten. Die Kläger haben das Angebot zurückgewiesen, erblicken alur in demselben ein Ein geständnis der Verantwortlichkeit. Die Verklagten be antragten, die Entscheidung bis zum Austrage der gegen sie schw bendeu zuchtpolizeigerich'.lichen Ver handlung au-zusetzen. Das Urteil wird heute über 14 Tage verkündet werden. — Bezugnehmend auf den kürzlich erschienen « Siamartikel de» „Matiu*, erklärte der siamesische Generalkonsul in Pari», Hr. Grehan, einem Redakteur diese» Blatte», daß am Hofe von Bangkok durchaus keine Abneigung gegen Frank reich bestehe. Die Deutschen hätten in den letzten Jahren in Siam zahlreiche kaufmännische Nieder lassungen gegründet: um die beiderseitigen Handels beziehungen bester schützen zu können, sei daher eine siamesische Gesandtschast in Berlin gegründet worden. Das Vorwiegeu England- erkläre sich aus den viel jährigen Beziehungen diese» Staat» zu Siam und werde durch viele in Bangkok erscheinende englische Zeitungen gestützt. Frankreich sei durch kein einzige» Geschäftshaus in Bangkok vertreten. Die Gefühle der Freundschaft für Deutschland und Eugland hinderten keineswegs ein gutes Einvernehmen mit Frankreich. Die Handels- und diplomatischen Beziehungen zwischen Paris und Bangkok seien seit Jahren die günstigsten gewesen. Präsident Carnot Hobe erst vor wenigen Monaten den Orden des „Weißen Elephanten* er holten, Siam sei würdig auf der Ausstellung vertreten und viele junge Siamesen empfingen ihre Ausbildung in Frankreich. Nom, 1. September. (P. C.) Selbst die ent schiedensten Gegner der afrikanischen Politik der Regierung können nunmehr nicht leugnen, daß die Er folge, welche Italien in Afrika bisher erzielt hat, zu den schönsten Hoffnungen sür die Zukunst berechtigen. Man braucht sich bloß an die Anfänge der italieni schen Expedition in Nordafrika zu erinnern und die selben mit der gegenwärtigen Lage im afrikanischen Besitzstände des Königreichs zu vergleichen, um sich zu solchen Erwartungen ermutigt zu fühlen. Die ersten Schritte bei diesem Unternehmen vollzogen sich unter den ungünstigsten Bedingungen. Italien ver letzte , indem cS sich Mossauahs bemächtigte, die wenn auch schlecht gehüteten und mit Mühe aufrecht er haltenen Interessen und Rechte eines großen afrikani schen Staates: Ägyptens. In seiner Flanke von der sudaue- schen Revolution bedroht, welche in Kartum und Suakim siegreich sich bis zur Küste nach Embereni ausdehnte, sah sich Italien einem mächtigen militärijchen Staate Afrikas, Abessinien, gegenüber, welcher mit feindseligem Miß trauen die Stellungnahme Italiens an seinen Grenzen beobachtete. Die italienische Expedition fand im Hoch sommer statt; die sür das Unternehmen bestimmten Truppen wurden in aller Eile aus allen Waffen gattungen zusammengewürfelt, nicht für den beson deren Dienst in jenen Ländern vorbereitet, nicht ge hörig ausgerüstet und mitunter an dem Notwendigsten Mangel leidend, an den unwirtlichsten Punkt der afri kanischen Küste geworfen. Man kannte sie als ver lorene Posten betrachten, die mit den mannigfachsten Gefahren und Schwierigkeiieu zu kämpfen hatten. In Masiauah angrlongt, fanden diese Pioniere der ita lienischen Kolvnialpolitik nichts als einige ärmliche Hütten, ein versengtes, wüste» Terrain vor, über wel chem ein bleierner H mmel lagerte. In der Zwischen- zett von 5 Jahren, die seither verflossen, ist Massauah in eine bewohnte, mehr al» 400 gemauerte Häuser besitzende Stadt verwandelt worden, die alle jene An stalten und Einrichtungen besitzt, welche die europäischen LebenSgewohnheiten erfordern, wir: Spitäler, Apo theken, Kaufläden, Gasthäuser, ja selbst öffentliche Vergnügungsorte. Die italienischen Truppen sind in gesunden lustigen Quartieren untergebracht, mit allen Lebensbedürfnissen reichlich versehen. Monkullo uod Ltumlo, welche zur Zeit der Besetzung durch die Italiener zusammen kaum 7000 Einwohner zählten, haben deren heute über 40 000. Dre ehemals öde und unbewohnte Insel Taulud ist gegen wärtig mit Gärten und Häusern besät, Massauah selbst mit Gartenanlagen und einer vorzüglichen Wasserleitung versehen. Die Eingeborenen, welche sich anfangs mit offenbar feindseligen Gesinnungen scheu und miß trauisch vor den italienischen Eindringlingen zurück- zogen, nähern sich nun scharenweise, um sich dem Schutze der italienischen Fahnen zu unterstellen; daS der Schutzherrschast Italiens unterstehende afrikanische Gebiet, welche» sich früher kaum bis Monlullo ouS- dehnte, umfaßt heute ein Territorium, welches an Flächenraum dem Besitzstände Italiens in Europa gleichkommt. An der Küste auf allen westlichen In seln des Roten Meeres, in allen Sultanaten von Takley bi» Babel-Mandeb weht die italienische Fahne, Aussa und Schao stehen Italien offen. Die d'.e Küste bedrohenden Derwische sind durch die Engländer zcrstreut worden und meiden die dem italienischen Protektorate unterstehenden Gebiete, dcr unversöhnliche Widersacher Italiens, NeguS Johannes, ist tot und nügend ausweisen kann, so wirst Du Dich mit uns darüber freuen, daß das Ungeheuer — ich weiß mich wirklich keines anderen Ausdruckes zu bedienen — gestern nach Helbingen in das Untersuchungsgefängnis abgesührt, die Lust hier von seiner Gegenwart also ge reinigt ist* Dora war herumgerückt, und hielt zuletzt das Blatt so, daß Felix mit hineinsehen konnte. Er wußte also ungefähr, wo sie war, und nachdem beide bi» zu jener kräftigen Stelle gekommen waren, ließ sie den Brief sinken und sie sahen einander an. Er nahm da» Blatt und schlug jetzt mit dem Rücken der Hand auf eine Stelle. „Große Mengen Arsenik... ungeheuer gravierend, nicht wahr? Ein Mann wird sich da» Gft, von dem er einige Gramm mit größter Vorsicht gegen da» Leben eine» anderen zu brauchen gedenkt, gleich pfundweise in» Hau» schaffen!* „Man wird vielleicht übertrieben haben", meinte Dora. „Nein, glücklicherweise nicht. Er hat viel Arsenik zur Hand gehabt, wie er mir selber sagte. Er brauchte e» bei der Zubereitung der Tierbälge zur Konservierung." Dora» Äugcn leuchteten auf. „Ob überhaupt ein Mord vorliegt*, warf sie hin. „Durch jenen angeblichen Leichenbefund ist wenig stens die Sache für mich noch nicht erwiesen*, sagte Felix mit Nachdruck. „Aber daß die Staatsanwalt schaft die Exhumierung überhaupt verfügt hat — ich begreife die Geschichte nicht. Nun, man wird ja hören.* Er stand auf. „Haben Sie einen Auftrag für meine Mutter, Fräulein Berninger? Ich werde morgen früh schon aus der Commende sein." „Wie, Sie wollen Hinreisen!* rief Dora. „Da- ist gut!* Sie hatte daS Gefühl, daß, wo dieser Mann mit seiner Persönlichkeit eingriff — ein ganzer Mann trotz seiner Jugend — alles Unklare sich aushellen, olles Verkehrte sich zum Rechten wenden müsse. „Ihre Mutter — oh, Sie müssen sie herzlich von mir grüßen. Ich war eben daran, ihr zu schreiben, daß ich — * Fräulein Dora stockte, um in sich die Wahr nehmung zu machen, wie alle ihre bisherigen Motive, so weit sie die Ablehnung der Einladungen nach der Commende betrafen, in der letzten Viertelstunde eine sonderbare Verschiebung erlitten hatten, daher fuhr sie fort, etwas auszusprechen, wa» in diesem Augenblick erst die Wahrheit wurde — „daß ich ibrer freund lichen Aufforderung, sie zu besuchen, wohl nächsten» folgen werde." „Jetzt, in dieser voraussichtlich unbehaglichen Zeit?* fragte er. „DaS wäre am Ende ein Opfer, welches Sie bringen — aber freilich, der Mutter würden Sie gerade jetzt viel wert sein." „Glauben Sie wirklich? Dann will ich gleich reisen", sagte Dora hastig. „Wenn Sie wirklich meinen, daß ich keine Störung verursachen würde — etwa wie damals —" Er blickte rasch und fragend auf. Dora lächelte: „Nun, da war ich Ihnen, wenigsten» anfavg», ent schieden im Wege. Erinnern Sie sich nur." Felix erinnerte sich. „Ich kannte Sie noch nicht,* sagte er ausweichend, „und war damals in einer fatalen Lage. Jetzt nun, ganz aufrichtig gesvrochen, glaube ich, daß ich meiner Mutter einen wahrhaften Dienst erweisen würde, wenn ich Sie überredete, hin zugehen. Ob ober Ihnen, da» ist eine andere Frage. an seine Stelle tritt ein Monarch, König Menelik von Schoa, welcher sich stet» als wahrer Freund Italien» erwiesen hat. Da» abessinisch« Heer ist geschlagen und zersprengt, und zwar von denselben Derwischen, welche ihrerseits dort vernichtet wurden, wo sie Italien ge fährlich werden konnten. E» ist allerdings nicht zu leugnen, daß an diesen Erfolgen neben der Thatkrast der gegenwärtigen Regierung und der trefflichen Füh rung des OccupationScorpS auch das sprichwörtliche Glück, der Stern Italiens, einen großen Anteil hat. Die» vermag aber da» Verdienst der Regierung und besonders de» Manne», der gegenwärtig an deren Spitze steht, nicht zu schmälern. Crispi hat die Lage in Nordafrika mit richtigem Blick und Takt er faßt, zum Vorteile Italiens ausgebeutet und so zur Herbeiführung des geschilderten Umschwungs unendlich viel beigetragen. Die italienische Regierung hat alles gethan, was in ihrer Macht stand, um dem italienischen Namen auch in Afrika Ansehen und Sympathien zu verschaffen; nunmehr ist eS eine Aufgabe des italieni schen Volkes, der Industrie und des Kapitals Italien-, da- Weitere zu thun. Sobald die Überzeugung sich in Italien befestigt haben wird, daß Harrar, Schao, die Hochebene von Tigre, die Thäler von Mareb und An- feto sich als Niederlassungsgebiet für Auswanderer ebenso gut eignen, als welche amerikanische Gegenden iuimcr, wenn unter der Herrschaft Menelik» der Friede zwischen Italien und Abessinien geschloffen, neue und wichtige Handelsverbindungen mit Zentralafrika eröff net sein werden, dann wird die Gründung schöner und nutzbringender italienischer Kolonien in Nordafrika ge wiß nicht lange auf sich warten lassen. Es läßt sich heute noch gar nicht absehcn, in welchem Maße die vielgeschmähte Besetzung nordafrikanischen Gebietes durch italienische Truppen zur Quelle neuer Reichtümer für Italien werden und zum Ruhme de» Königreichs beitragen kann. — 2. September. (B. T) Da» unpatciotische Verhalten der italienischen Radikalen in Pari» giebt fast sämtlichen Blättern Stoff zu entrüsteten Leitartikeln. Die „Opinione" erblickt in der Auf- sührung der italienischen Republikaner eine Gefahr für den Frieden und glaubt, das durch die unsinnigen Phrasen dcr italienischen Radikalen ermutigte Frank reich werde künftig die radikale Partei in Italien im Kampfe gegen die Regierung Crispis noch wirksamer unterstützen als bisher, und die Folge davon werde eine abermalige Verschärfung des Verhältnisses Italiens zu Frankreich sein. Ähnlich schreibt die gewaltige Mehrheit der römischen Presse. London» 3. September. Die Londoner Reeder sind mit ihren Forderungen bei den Dcckgesell- schäften nicht durchgedrungen. Die Ablehnung war allerdings von dem Versprechen begleitet, „die Mög lichkeit einer Vereinbarung sofort in Erwägung ziehen" zu wollen; indessen ist die Hoffnung, die man daraus auf eine Beilegung des Ausstandes schöpfen könnte, gering. Die Gelder sür die Ausstandskosfe fließen reichlich; so sind neuerdings aus d>n Kolonien 30M Pfund eingegangen, aber die Zahl der Ausständigen ist auch groß, sie werden jetzt auf rund 180000 Mann geschätzt. Die AuSstandssührer befürchten, daß die Reeder, wenn sie eine Verständigung mit den Dock gesellschaften nicht erreichen können, ihre Schiffe nach Southampton senden werden, wie eS schon zu Anfang der Bewegung in vereinzelten Fällen geschehen ist. Sie suchen diese Maßregel, welche die Arbeitsniederlegung gegen standslos machen würde, mit alleu Mitteln zu hinter treiben: Burns erklärte, er würde in einem solchen Falle sofort nach Southampton gehen, um dort den Ausstand zu entfachen. In Liverpool ist inzwischen der gleichfalls von unserem Berichterstatter angekün- digte Ausstand bereit- ausgebrochen. Die Schiffe mit Getreide und Mehlladungen sind außer stände, die Ladungen zu löschen. Gestern vormittag verhinderte eine etwa 300 Mann zählend« Schar ausständiger Arbeiter gewaltsam die Löschung von 2 Schiffen. * St. Petersburg, 1. September. Die politi schen Folgen der Schahreise treten erkennbar her vor. Ein Moskauer Blatt bringt in Ersahrung, daß Nasr-Eddin den Eng'ändern wichtige Gebietsabtret ungen in Khorassau gemacht und überdies Haudels- vorteile vou großer Tragweite gewährt habe. Es be rührt einigermaßen ausfallend, eine solche Meldung gerade aus russischen Quellen fließen zu sehen, nach dem doch die Umstände e» mit sich bringen, daß Russen und Engländer einander i« Persien schärfsten- auf die Finger passen und keiner von büren Teilen Geuugthuuug empfinden kann, wenn er sich zum Ver kündigen von politischen Erfolgen seines Nebenbuhler- - In die Peripherie eines MordprozesseS sich ohne Not hinein zu begeben — meine Mutter hat gewöhnlich stark das Bedürfnis, sich auszusprechen, und Sie wer den schwerlich dort jetzt etwas anderes zu hören be« - kommen, al» alle die Details der widerlichen Geschichte — ich darf eS eigentlich nicht -ugrben." „ES bedarf keiner Überredung,* sagte hierauf Fräulein Berninger. „Ich reise morgen. Bitte, mel den Sie mich an. Morgen vormittag mit dem Schnell zug. Sie wollen noch heute den Nachtzug benutzen?* „Ja,* sagte er etwas zögernd, „ich hatte die Ab sicht.* „Nun also, aus Wiedersehen auf der Commende. Und glückliche Reise!* Er ging und Dora seufzte ein wenig. Daß man hätte zusawmenreisen können, der Gedanke war ihm offenbar gar nicht gekommen. (Sortsetzmig folgt.) Medizin. Die Behandlung von Brand wunden mit Jodoform, die von Prof. v. Mofetig in Wien iu die Heilkunde eingeführt ist, erwirbt sich , immer mehr die allgemeine Anerkennung. E» wird ihr nachaerühmt, daß sie die ost furchtbare» Schmer zen der Verbrannten lindert und die Wunden rasch zur Heilung bringt. Kunstgerecht soll da» Verfahren m folgender Wei e gemacht werden: Man entfernt die Brandblasen, wä cht die Wunde leicht mit einem in einhalbprozeatige Kochsalzlösung getränkten Watte bausch, legt auf die Wunde mehrere Schichten ge trocknete Jodoformgaze, darauf ein Stück Guttapercha entfettete Watte und befestigt da- Ganze durch eine
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