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Dresdner Journal : 26.07.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188907260
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890726
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-07
- Tag 1889-07-26
-
Monat
1889-07
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 26.07.1889
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Zr irs Freilak. den 26. Ault, abends. 1888. va«QT»pr«i», kür vr«»ä«» viertsIMrllod > U S0 kl., dlt 6«» L»i»«rl. ckvot-oUea kvit»a»t»It«a vi«rt»I- jLLrlieü 8 il; »o«vrt»»IK ä«« äeutickvQ keivUei tritt kvit- u»ä Ltsinpslru-cUlLz l>Ä»,u. ^L^Ln6IxQl>^^bÜkrei>, kür äs» L»uw siner ^s»p»ItvLSo Teils ^leiocr kvüritt 80 kk. vstor „Lur^ssu^lät" äio 2oils SO ks. L«j D»l>«Usu- m»ck ^tü«rnL»t» outipr. LrseLeliivll, TSxUvl» nut XmiuUuus äor 80LL- uvä ksisrt»^« »dsoä». korviprood-^L-vtrla-ir Ur. 1285. Dres-nerIouriml. Lür die Gesamtleitunz verantwortlich: Hofrat Gtto ^anck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. /->. Lran<ittetter, OcwwüiivLÜr äs» Vrc»ckLor äoarv»1>i - Null» -Vt»ü - N-ipUg - L»»«l Lr»«I»« -^r»»^tart «. Aa«,mRe»n L N«rw» Vt»» N»md»r,- I>r»z-l.«lx»:8'^»^Xtllrt ». H-Aüllek»»: /tuci. 2>to«e k»r.,- Loräoi- N-rllo -^r»v^krl ». >k-Itllltz»rl: /-esui« L vo.,' L«rU»: /nvat»lien-ta»itVSrUt,: t). L/Mer» IlEorir! (,'. Lc/,ae«ter/ S-U, ». »., / LarcL L Ca. N » r » a, x »t-» r: LSoi^I. Lrpsältioo de» Ursrdavr loru»»!». UrsiaeL, LvlL^sritnc»,« »0. korL,p58ok-^L»oUIo»i: Ur. 1285. Amtlicher Teil. Dresden, 23. Juli. Se. Majestät der König haben dem in den Ruhestand getretenen Rendanten bei dem Amtsgericht Stolpen, Karl Ernst Sensen- schmidt, da» AlbrechtSkreuz zu verleihen Allergnädigst geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigstf ge ruht, dem praktischen Arzte I)r. wert. Ernst Beck m Neukirchen da» Ritterkreuz 1. Classe vom AlbrechtL- orden zu verleihen. Bekanntmachung. Der Postrath Graeper au» Hamburg ist vom 1. October dss. I». ab zum Postrathe bei der Kaiser lichen Ober-Post-Direction in Dresden ernannt worden. Nachdem Se. Majestät der Kön'g von Sachien auf Grund von Artikel 50 der Verfassung des Deutschen Reiche» zu dieser Ernennung die landesherrliche Be stätigung ertheilt haben, wird Solche» hierdurch zur öffentlichen Kmntniß gebracht. Dresden, den 18. Juli 1889. F i n a n z - M i n i st e r i u m. Frhr. von Könneritz. Kurze. Bekanntmachung. Dem Postinspector Schönfeld aus Stettin ist vom 1. October dj». Js. ab eine Postinspectvrstelle im Bezirke der Kaiserlichen Oberpostdirecrion in Leip zig übertragen worden. Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen auf Grund von Artikel 50 der Verfassung des Deut schen Reiches zu dieser Anstellung die landesherrliche Bestätigung euheilt haben, wird Solches hierdurch zur öffentlichen Lenntniß gebracht. Dresden, den 18. Juli 1889. F i n a u z - M i n i st e r i u m. Frhr. von Könneritz. Kunze. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichlen. Karltruhe, 26. Juli. (Tel. d.DreSdn.Journ.) Se. Königl. Hoheit ter Erbgroßherzog hatte gestern weniger Husten und in der ersten Hälfte der Nacht andauernden Schlaf. Das Fieber war gestern mäßig und heute früh noch etwas mehr -urückgegangev, auch die Krankheitserscheinungen der Lunge haben weiter abgenommen. St. Petersburg, 26. Juli. (Tel. d. DreSdn. Zourn.) In dem Zustand dkS Großfürsten Kon stantin Nikolajewitsch ist gestern abend eine er- hebliche Verschlimmerung eingetreten. New-York, 2s. Juli, ab.ndS. (W. T. B.) Die hiesige Handelskammer faßte heute einen Be schluß zu Gunsten der Abhaltung einer Weltaus stellung in New-York im Jahre 1892 und wühlte eine Kommission, welche mit anderen geeigneten Persönlichkeiten zur Förderung dieses Vorhabens in Verbindung treten soll. Dresden, 26. Juli. Aus den Bereinigten Staaten von Nord amerika. In der Polit k der Vereinigten Staaten ist seit dem AmrSantritte Harrisons eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Die demokratischen Beamten der Staatsverwaltung sind, wie dies in Amerika bei der artigen Anlässen üblich, durch republikanische ersetzt worden; weitere Schritte zur Verwirklichung ihres Programms hat die republikanische Partei bis jetzt noch nicht gethan. Dieses scheinbare Zaudern der Sieger, ihren Erfolg ganz und voll auszubeuten, ist indes wohl nur dem Umstande zuzuschreiben, daß der Kongreß, in welchem die Republikaner bei den letzten Neuwahlen gleichsall» die Mehrzahl der Sitze errungen haben, nach der Ver fassung erst zu Ansang Dezember zu einer ordentlichen Session zusammentritt und eine früher anzuberaumende außerordentl'che Session nicht in Aussicht genommen zu fein schemt. Sobald die Volksvertretung zufammen- getreten sein wird oder vielleicht auch schon früher, werden die Republikaner jedenfalls mit vollem Nach, druck darangehen, die in ihrem Programm gegebenen Versprechungen in Thaten umzusrtzen und die Er- Wartungen und Hoffnungen zu rechtiertigen, welche ihnen bei den Präsidentjchafts» und Kongreßwah'en die Mehrheit der Wähler zuführten. Welcher der ausgestellten Programmpunlte zuerst zur Durchführung gelangen soll, darüber verlautet, wie den „Hamburger Nachrichten" aus New-York ge schrieben wird, noch nichts. Die meisten Schwierig keiten wird wohl die Beantwortung der Frage ver ursachen, in welcher Weise der von Jahr zu Jahr größer werdende Uberschuß der Bunde-kasse am zweck- entprechendsten zu beseitigen ist. Daß hier etwa» ge- schehen muß, ist von den Republikanern selbst zu gegeben worden. Toch steht bekanrultch da» einfachste Mittel — eine Herabsetzung oder Aushebung der über mäßig hohen, zahlreichen Bundeszölle —, ganz abge sehen davon, daß die Demokraten diese Maßregel in Vorschlag gebracht haben, mit dcn stark ausgeprägten schutzzöllnerijchen Neigungen und Ansichten der repu blikanischen Politiker in schroffem Widerspruch. In dieser Beziehung ernstliche Zugeständnisse zu machen, so meint da» vorher genannte Blatt, könnte auch den Interessen der Partei umsoweniger entsprechen, als gerade die mächtige Unterstützung der Schutzzöllner lehr wesentlich zu ihren letzten Erfolgen beigetragen hat. Andererseits aber dürfte eL wohl nicht leicht sein, durch eine Ermäßigung oder Aushebung anderer Bundeseinnahmen dem eben hauptsächlich auf den großen Zollrinkünsten beruhenden Bundesüderichuß abzuhelsen. Auch eine Verwendung dieses Über schusses zu Bundetzwecken ist nicht so einfach ins Werk zu setzen, wie man dies in Europa vielleicht auf den ersten Blick meinen möchte. Allerdings ist eine er hebliche Vermehrung der bisher verhältnismäßig ziem- Uch unbedeutenden Flotte ins Auge gefaßt und be reits begonnen; indes, so große Summen die modernu Kriegsschiffe auch verschlingen mögen, die dauernden sehr beträchtlichen Überschüsse würden dadurch nur zum Teil aufgezehrt werden können. Für andece all gemein: Zwecke aber — wie z. B. den Bau von Eisenbahnen, Landstraßen und Kanälen — Bund.'s- gelder zu verausgaben, ist schon um deswegen ost bedenklich, weil mit solchen, in der Rcg l einzelnen Staaten in erster Linie zum Vorteil gereichenden Be willigungen leicht seitens der von Kirchturms- und Privatinlercssen beeinflußten Kongreßmitglieder großer Mißbrauch, ja geradezu ein schmählicher Schacher ge trieben weiden kann. Soll cS doch vor nicht langer Zeit sogar vorgekommen sen, daß vom Kongreß Gel der für die Korrektion eines Flusses bewilligt wur den, der in Wirklichkeit gar nicht existiert. Aus ähn lichen Gründen kann auch von einer etwaigen Ver teilung des BundeSüberschusjeS unter die einzelnen Staaten nicht wohl die Rede jein. Wer wüßte nämlich, wozu die Staaten resp. die dieselben b.herrjchendcu Politiker diese ihnen einfach in den Schoß fallenden Exirafun nun verwenden wür den, wer möchte dafür bürgen, daß sie nicht in sinn loser oder eigennütziger Weife von politischen Draht ziehern verschleudert würdenl Tie Übelschüsse im Bundesschotze machen demnach, so eigentümlich es uns auch klinge» mag, den Amerikanern kaum weniger Feuilleton. Verschlossene» Herz. 1S Novelle von Adolf Stern. (Fortsetzung.) „Wir nicht minder und dem Sepp dazu!" fügte Krau Elsbeth Harlacher bei und reichte beiden statt lichen Männern über ihre Stuhllehne hinweg die Hand, was Hermine, immer unter dem geheimen Druck, den sie fühlte, heute unterlassen hatte. „Der Herr hier ist unser Vetter, Herr Herbert Krüssow, der Euch noch nicht kennt wie wir, aber Euch morgen kennen lernen soll. Unser Vetter ist mit allen großen Schweizer führern gereist und Ihr müßt Euch morgen doppelte Mühe geben!" „Wird nit fehlen, gnäd'ge Frau!" versetzte Sepp Pichler mit so schlauem Zwinkern der Augen und so sprechendem Blick auf Herrn Herbert, daß der Berg herr auf der Stelle wußte, baß für die verheißene Doppelgüte der Leistung auch eine doppelte Beloh nung erwartet werde. Indes hatte Herbert Krüssow dem rotbärtigen, älteren Führer nur einen flüchtigen und dem schweigsamen Rainer Tiesenbrunner dafür einen um so längeren, schärfer und schärfer prüfenden Blick geschenkt. Rainer, der mit halbgeschlossenen Augen, mit einer befangenen Scheu, welche ihm fremd zu Gesicht stand, in» Zimmer getreten war, flüchtete vor dem eindringlichen und nicht eben wohlwollenden Blick zuerst zu Hermine — «r schien eia helfende» Wort von der jungen Dame zu erwarten. Da sie aber be harrlich stumm blieb, richtee er die großen dunklen Augen den grauen forschenden Herberts fest entgegen und äls er merkte, daß ein Wort von ihm erwartet werde, sagte er: »Schön Dank für die gute Meinung — aber, Herr, doppelte Mühe giebt sich ein guter Führer mcht heut und nicht morgen! Wir thun, mein' ich, allezeit was wir vermögen und können auch für den gnäd'gen Herrn nicht mehr thun, wie immer." Der Kratzfuß, mit dem er seine Worte schloß, war so ungeschickt und unterwürfig zugleich, daß Hermine viel darum gegeben hätte, ihn nicht zu sehen. Doch wie er sich im Hinuntergehen wieder hoch empor- richtete und ruhig noch einmal auf den sitzenden, ihm unverwandt nachschauenden Herrn zurückblickte, erschien er einfacher, schöner, kraftvoller als ihn Hermine je gesehen. Herbert Krüssow wartete kaum ab, daß Rainer und sein Gejährte die Thür hinter sich schlossen, um sich mit einem kalt gefälligen Lächeln zu Her mine zu wenden und laut zu sagen: „Ihren Blick und Ihren Geschmack in Ehren, liebste Hermine, aber Ihr Tiesenbrunner grjällt mir nicht. Da» ist ein hochmütiger, schlauversteckter Bursch, den man den Daumen aus» Auge halten muß und dem ich mich allein nie und nimmer anvertrauen würde. Er hat etwa» in seinem Auge, al» ob er durch Tuch und Leinwand bohrte, uw zu wissen, was man in den Taschen trägt. Nicht» sür ungut, schöne Freundin, sür das eine Mal morgen wird es schon noch gehen, ganz gut gehen, denk' ichl" * Beim eisten Frühlicht waren cm Morgen de» nächsten Tage» Herbert und Hermine Krüssow, Doktor Sorge, al» manchen europäi'chen Ländern die nuhr oder weniger regelmäßigen Defizits. Insbesondere aber muß es sür eine Partei, welche die Hauptbundes einnahmen nicht ermäßigen will, nahezu unmöglich sein, den Geldüberfluß in rationeller Weise zu beseitigen. Wir 'agen in rationeller Weise, denn in der oben an gedeuteten oder in ähnlicher Weise — wir erinnern nur an die berüchtigten PcnsionSbill» zu Gunsten aller, die während deL BundeSkrieges eine Muskete »'tragen — lassen sich schließlich auch die größten Summen verschleudern. Neben der Überschußsroge, die vielleicht durch den auf weitere Erhöhung der Bundeszölle gerichteten Wunsch mancher einflußreichen Schutzzöllner noch ver schärft werdcn mag, ist die ziemlich allgemein gewünschte Beschränkung der Einwanderung ein Punkt, der vor aussichtlich in der nächsten Kongreßsession mehr oder we niger rn den Vordergrund treten wird. Auch dieser Gegen stand bietet mancherlei Schwierigkeiten. Lie fragliche Be schränkung steht, wenn sie eine so weitgehende ist, wie in ter Antrittrbotschast des Präsidenten Harrison ror- geschlogen wurde, mit den stets jo stolz verkündeten freiheitlichen Grundsätzen der Union wenig in Ein klang. Ferner ober bilden die Irländer einen j-hr wichtigen Faktor der Einn anderung, und die Republi kaner sind wohl aus Parteirücksichten genötigt, diese ihre Freunde, die sie bei der letzten Präsidentenwahl sehr wesentlich unterstützt haben, möglichst schonend zu behandeln. Au ähnlichen Bedenken fehlt es auch gegenüber anderen, minder wichtigen Punkten des republikanischen Parteiprogramms nicht. Dennoch ist, wie auch das Hamburger Blatt meint, wohl zu erwarten, daß das- lelbe in seinen Houptzüg-n der Verwirklichung ent- gegengehen wird. Die Republikaner haben nicht nur jetzt in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit, auch der Präsident ist, so weit sich das bis jetzt be urteilen läßt, ein entschiedener Parteipräsideut, der den Wünschen der Parteileitung kein Hindernis in den Weg legen, sondern dies lben noch allen Rich tungen hin unterstützen dürfte. Wollte man den Versicherungen der demokratischen Part-ipresje ohne weiteres Glauben schenken, io müßte man an- nehmen, Harrison sei ein Mann, der in rück sichtsloser Weise nicht nur Parteiinteressen verfolgte, sondern auch feinen und der Seinigen persönlichen Vorteil erstrebte. Wir halten die letztere Be hauptung sür ungerecht oder mindesten» stark über trieben; über die Parteiinteressen aber hat sich Harri son bisher noch kaum erhoben. Bei den Beamten- ernennungen mag er wohl hie und da einen eigenen Willen gezeigt haben; im allgemeinen aber scheint er sich der Lcitung seines Staatssekretärs Blaine avzu- vertrauen, der ja thatsochlich seit Jahren das Haupt dec republikanischen Partei ist. Daß er diesem hervor ragenden Manne in wichtigen Fragen auf die Tauer Widerstand leisten sollte, muß bis auf weiteres als recht unwahrscheinlich bezeichnet werden. Tagesgeschichk. * Berlin, 25. Juli. Se. Majestät der Kaiser ist heute nachmittag wohlbehalten in Bergen cingc- trofsen. — Tcr V'zkpräsident des StaatSministeriums, Staatsminifter v. Bötticher, trifft dem Vernehmen nach in diesen Tagen wieder in Berlin ein und türsle bis um die Mitte August hier verbleiben. Um dieselbe Zeit wird vermutlich auch die Mehrzahl der Chefs der Ministerien und der Reichsämler in Berlin an wesend fein. Ta auch dcr HieiHerkunft des Reichs kanzlers gelegentlich der in diese Zeit fallenden Kaffer- Zusammenkunft enigcgengesehen wird, jo liegt die Annahme nahe, daß dann über verschiedene inner- Harlacher und seine Frau von ihren Führern Sepp und Rainer zum Ausflug nach der Geisterspitze ge weckt worden. Als sie aus dem Thor de» Gasthofs heraustraten und den Pfad zum Lbenferuer ein- fchlugen, durchwogte dcr Septembcrncbel alle Thäler und die nächsten Bergkessel wie ein Meer. Toch wie sie anstiegen, begann die graue Flut unter ihnen immer rascher, immer tiefer zu sinken und als sie den Rand de» Gletschers erreichten, war sie nirgend mehr sichtbar und tue bläulich weißen Eisfelder und Berghäupter lagen im Hellen Sonnenschein. Die Führer hatten zu früherem Aufbruch getrieben, aber während Hern,ine und das Ha:lachersche Paar binnen einer halben Stunde zur Bergfahrt völlig ge rüstet im Gastzimmer erschienen waren, hatte sich Herbert Krüssow eine Stunde länger erwarten lassen und war endlich zum Frühstück mit den Worten ge kommen, daß er, dcr sonst wenig Zeit für sich selbst bedürfe, doch am Morgen der Stunde für jein Bad und jeive Toilette nicht» abbrechen könne. Er würde auch jetzt noch nicht fertig sein, wenn ihm nicht Rainer Tiesenbrunner, den er habe rufen lassen,beimAnkleiden für die Gletscherpartie geholsen habe. Hermine, die sich während de» Warten» umsonst nach ihrem Führer um gesehen, hatte mit einem Male gewußt, warum Rainer mrgcnd zu erblicken gewesen war. Und bis zum Eben- ferner hinaus hatte e» sich gefügt, daß die Männer, beide Herren mit den Führern, voraufgivgen, die Damen ihnen allein nachsolgten. Hermine Krüssow erschien io ihrer stolzruhigen Haltung, mit ihrem leichten und sicheren Tritt neben der anmutig beweglichen, blonden Doktorin al» die kräftigere und gewandtere Berg steigerin. — Ihr Gesicht aber widersprach heute durch politische Angelegenheiten, soweit sie namentlich die Gesetzgebung und die" parlamentarische Campagne be treffen, Beschlüsse gefaßt werden. Zur Zeit sind, wie wir vernehmen, weder über die Berufung de» Reichs tags und Landtags, noch auch über die Reichstags- Wahlen irgend welche entscheidende Bestimmungen ge troffen. Möglich ist cS ja immerhin, daß der Reichs- tag etwa» früher als in den letzten Jahren zusammen tritt; der Hauptgegenstaud seiner Beratungen, der ReichshauShaltSetat, würde ihm dann sicherlich vor gelegt werden können; die Vorarbeiten zu dcm letz teren sind, wie alljährlich vm diese Zeit, im Gange. Für die Tagung 1888/89 ist der Reichstag bekannt lich zum 22. November 1888 Unberufen worden; der NeichshaaihaltLetat passierte nebst dem Anleihe- gesetz am 8. Februar die dritte Lesung. Es könnte somit ganz wohl der Reichstag auch für seine Tagung 1889/90 in der zweiten Hälfte des November zu- fammentreten und noch vor Ablauf feines Mandats — 21. Februar — die Beratungen über den Etat beenden. Es ist jedenfalls anzunehmen, daß die dies bezüglichen Entschließungen der verbündeten Regicrun- gen rechtzeitig genug bekannt gegeben werden, um den Abgeordneten Frist zu lassen, ihre Vorkehrungen sür die längere Abwesenheit vom Hause in Muße zu treffen. — Ter gestern hier cingctroffene Prinz Sai Sanitw ongse von Siam stattete heute nachmittag Sr. üxccllenz dem Staatssekretär des Auswärtigen, Staatsminifter Grafen Herbert v. Bi»marck, im Aus wärtigen Amte einen Besuch ab. — Tie Berichte über die Schlußsitzung des in ternationalen Arbeiterkougresses in Paris liegcn i un vor, denselben ist zu entnehmen, welche positiven Ergebnisse der Kongreß in feinen offenen Sitzungen gezeitigt hat. Es wurde zunächst eine Re soluten (von den Abgg. Bebel und GueSde (Paris) beantragt) einstimmig angenommen, welche eine Ar- beiterschutzgrs tzzebung sorcert, teren Grundlagen sein sollen: 8 stündiger Arbeitstag. Verbot dcr Kinderarbeit und Le» schränkung der Frauenarbeit aus solche Arbeiten, welche dem weiblichen Organismus nicht schädlich sind, Verbot der Nacht arbeit sür Frauen und Arbeiter unter 18 Jahren, eine min desten- W Stunden hinter einander umsassende Ruhezeit in dcr Woche, Verbot solcher Industrien und solcher Arbeits methoden, welche der Gesundheit der Arl eiter besonder- schäd lich sind, Aushebung de- Trucksystems, Anstellung von staatlich besoldeten Jabrikinspe'toren, welche von den Arbeitern min desten» zur Halste selbst zu wühlen sind. Diese Maßregeln seien durch internationale Verträge sicherzustellen und daher sei der von der Schweiz angeregte Kongreß nachdrücklich zu unter stützen. Es eiütr-gt sich, auf diese zum Teil diskutier baren, zum Teil aber durchaus undurchführbaren sozial- dcmckratischcn Forderungen einzugehen; alle diese Fragen sind ost genug schon erörtert worden und werden Zeitungen sowohl wie Parlamente noch reich lich beschäftigen. Wir möchten, schreibt die „Äons. Korr.", nur darauf Hinweisen, wie in diesem Anfang einer sozialdemokratischen Gesetzgebung mit dem Eigen tum geschaltet werden soll. So wird ein Verbot solcher Industrien und solcher Arbeitsmethoden gefor dert, welche der Gesundheit der Arbeiter des Inders schädlich sind. Unter diese Rubrik würde ein erheb licher Teil unserer Industrie überhaupt fallen, und es ist klar, dcß mit diesem Verlangen den Arbeitern am wenigsten gedient jein k-nn. Bezeichnend ist auch der sozialdemokratische Wunsch, daß die Fabrikmspektoren .mindestens zur Hälfte' von den Arbeitern zu wählen seien. Das wäre allerdings ein für die Sozialisten idealer Zustand; dann hätten sie ihre Agitatoren gleich fest und vermutlich recht hübsch besoldet, vom Staat augestellt! — Ferner wurde die Aufhebung der stehenden Here und au deren Stelle Bocksbewaff- nnng, so wie sie in der Schweiz besteht .beschlossen"; bei au» ihrer Haltung; Frau Elsbeth Harlacher hatte sich nicht entbrechen können, noch beim Frühstück und bald nach Antritt der Wanderung wiederholt zu fragen: „Bist Tu auch wohl, Hermine? Deine Augen glänzen ganz fieberisch aus einem müden Gesicht. Fühlst Du Dich der Anstrengung gewach'en?" Und beide Male hatte Hermine eine unmutige Falte über den Augen brauen gezeigt und ihr entgegnet: .Kümmere Dich nicht unr meine Blässe. Für das eine Mal wird es schon noch gehen, ganz gut gehen!" E» waren die Worte, die Vetter Herbert am Abend zuvor in jo tröstlichem Tone zu ihr gesprochen, sie hatte dieselben in verwichener Nacht, wachend und im Halbtraum, unzählige Mal nachklingen hören. Sie kamen ihr jetzt wider Willen auf die Lippen und drückten dennoch ihre Stimmung auS; sie wollte über den heutigen Tag nicht hinausdenken und in feine ersten Sonnenstrahlen, wie in ein Bad von lauter Licht und Lust, tauchen. Am Rande de» Ebenserner», dessen ElSzuuge sich weit zu den Rasenabhängrn der Signalkappe herüber erstreckt, erwarteten die voraufgrhenden Männer die beiden Damen. Rainer Tiesenbrunner übernahm die Führung, ordnete eine andere Verteilung de» mitge- führten Gepäck» an, von welchem Sepp zu viel auf gebürdet war, und traf die Vorbereitungen zur Siche rung der kleinen Gesellschaft durch da» Seil. Doch während er die Aufeinanderfolge der Personen be sprach, nahm Hermine wahr, daß ihr Vetter Herbert Krüssow verdrossen und ungeduldig dreinschaute. Und sobald der Führer da» Seil, da» er zusammengerollt über der Schulter getragen hatte, auSeinanderznlegr» begann, fuhr Herr Herbert heran»: .Haben wir do» Kinderspiel nit dem Anseile»
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