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Dresdner Journal : 23.07.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188907233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890723
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890723
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-07
- Tag 1889-07-23
-
Monat
1889-07
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 23.07.1889
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Beilage zu 169 des Di tsÄNtl* MUMüls. Dienstag, den 2Z. Juli 1889. abends. ^>as Wogostcrnö. Das thatkräftige Vorgehen der italienischen Regierung, welche kur, entschboflen, die durch den unerwarteten Tod des Negus Theodor von Abessinien gebotenen günstigen Ver hältnisse ausnutzend, die Landschaft VogoS besetzte, ist wohl dazu geeignet, die Stellung Italiens am Roten Meere für die Dauer zu festigen. Durch die Besetzung von BogoS, dieser natürlichen großartigen Bergfeste, haben die Italiener für ihre Hafenstadt Piassauah ein Land gewonnen, welches ihnen in kurzem genügend Lebensmittel zur Ernährung ihrer afrikanischen Armee likfern wird. Gleichzeitig, und dies ist von besonderer Wichtigkeit, bildet das Bogosland für die unter den ungünstigen Einflüssen des dortigen Klimas leiden den italienischen Truppen em Sanatorium Endlich hat Italien durch die Besetzung jenes ausgedehnten Geländes sich in den Besitz zum mindesten des großen Teiles der ur alten Han elsstraße gesetzt, welche von Chartum nach dem Roten Meere führt. Diese Straße diente schon zur Zeit der Ptolemäer und später zu der der römischen Kaiser dazu, die Erzeugnisse Mitte lafnkaS nach dem Roten und Mittcl-Meer zu bringen Über die Landschaft Bogos und ihre Hauptstadt Keren ist bislang nur weniges dem größeren Publikum bekannt ge worden, und so dürfte die teilweise Mitteilung eines über jenes Gebiet unlängst erschienen»« Aufsatzes im gegenwärtigen Augenblicke gewiß unsern Lesern willkommen sein Die Ver fasserin dieses Aufsatzes ist die Gattin des Afrikaforschers vr. Reinisch, welche diesen auf seinen afrikanischen Fahrten zu begleiten pflegt. Zu allgemeiner Kennzeichnung deS Landes schicken wir voraus, daß sich zwischen dein Meere und dem nordwärts von Massauah gelegenen Teile des abessinischen Hochgebirges, eine „Sahel" genannt« Ebene hinzieht. Dringt man in die- selbe ein, so erreicht man nach zwei Tagemärschen etwa das „Lebkathal", von diesem führt westwärts ein thorartiger Ge birgspaß nach dem Hochgebirge Der im Thale f iepende Lebkafluß erreicht bei hohem Wasserstande das rote Meer, während der trockenen Jahres zeit verliert er sich im Lande „Sahel". In diesem „Lebkathale" nun, dem die Straße mit wenigen Abkürzungen in allen seinen Krümmungen folgt, trifft man in der Entfernung von etwa einem Breitengrade aus eine Wasserscheide, dem „Höhenpaß von Rießhalit". Diesen be schreibt Frau Reinisch als einen steilen Anstieg, Mit mildem Geröll bedeckt. Sein Sattel bildet zugleich eine Wasser-, Länder- und Völkerschelde und zwar zwischen der „Lebka" im Lande der Azte-Mariam und der „Ansaba" im Lande der Bedschuk. Je weiter man vom Sattel heruntersteigt, desto reicher und üppiger wird der PslanzenwuchS. Bald nähert man sich einem schönen Thalkessel, durch den sich der Ansaba windet, der, wenn er auch nur in der Regenzeit einem Strome gleicht, immer schöne und üppigbestandene Userwaldungen zeigt. „Bedschuk" ist das Vorland der Bogos und wird von dem ihnen freundlich gesinnten Stamme „Tigre" bewohnt. Diese sind Viehzüchter und Ackerbauer, wie die Bogos selbst. Man gelangt dann zu einer Stelle, wo die Berge das Thal so verengen, daß der schmale Fluß sich durch die zu beiden Seiten steil aufragenden Felsenwände nur mühsam hindurch zu zwängen scheint. „Tschavab" heißt dieses na türliche Thor. Mit zwei Kanonen und 10 Mann besetzt, kann der Paß einer ganzen Armee den Durchgang ver wehren Er bildet die Grenze des Bedschuk uno eigentlichen Boaosgebietes. Einige Meilen weiter in der Richtung des Ansaba tritt dieser Fluß durch ein ganz ähnliches Felsenthor, „Gundabertina" genannt, die Grenze gegen das südliche „Hamasen". Auf der ganzen Strecke, die er im Bogos zurücklegt, ist der „Ansaba" durch einen paßlosen Gebirgskamm gegen Osten vollkommen abgeschlossen. Bei der Mündung seines ebenso großen Nebenflusses, de» „Daari", westwärts einbiegend, trifft man auf ägyptisch angelegte Gemüsegärten, welche be reits auf eine höhere Bildungsstufe der Bewohner schließen .assen. Schöpflader (Sakizien), von Eingeborenen betrieben, liefern das nötige Wasser. Vom Felsenthore Tschabab weg, zieht sich ein wellen förmiger hoher Gebirgszug ohne Unterbrechung von Ost nach West. Bald sieht man in der Ferne, wie sich dieser Höhen zug einem viel gewaltigeren gezackten, lang gestreckten Berge anreiht, dem „Lalamba", der das ganze Hochplateau von Keren nach Norden abgrenzt. Der Weg führt nun durch reich bevölkerte Gegenden, steil bergwärts und beinahe steil ansteigend ganz plötzlich und unermittclt auf das Hochplateau. Das ganze Bogosland besteht aus diesem großen und dem kleinen Plateau ,Dschuffa", von denen Ausgänge in die dem Lande gehörenden Niederungen am Daari und Ansaba, sowie in eine Anzahl Längs- und Keffelthäler aus laufen. Alle diese Thäler und Ebenen sind mit einander durch Pässe oder Flußläufe verbunden, der Außenwelt gegen über aber völlig durch hohe Gebirgskämme abgeschlossen, durch die nur allein 3 Thore führen, von denen die zwei: „Tschabab" wie erwähnt ,m Nordosten und „Gundabertina" im Südosten liegen, das dritte „Alchera", befindet sich am Ausgang des wunderbaren, großartigen Tiefthales Boggu und führt in das „Barka", den Weg nach dem „Sudan". Rian zählt etwa 30 Ortschaften lm ganzen Lande, welche von ungefähr 20000 Menschen bewohnt sind. Wie eine Insel im Meere oder eine Ouse in der Wüste ist das glückliche Land von der Natur mit Wällen umgeben. Eine natürliche Festung, die sich selbst ernähren kann, der es nie an Wasser gebricht, denn der „Arasuch", der den Leu ten von Keren das Trinkwasser liefert, bietet, wie der „Daari" und der „Ansaba", eine nie versiegende Quelle. „Keren", die Hauptstadt, ein Ort mit Strohhütten, wie jeder andere »m Londe, gab dem Plateau den Namen, weil hier die erst« Niederlassung des Bogos war. Es liegt am Fuße des vielzackigen „Debban", der das Plateau im Süden begrenzt. Außerdem sind noch: „Tantaroa" im Osten, „Mogar- ceh" im Westen mit emer alten abessinischen Kirche und ziemlich in der Mitte das „Urdi" (Lager) und der „Suk" (Markt), wo Griechen, Araber und derartige Kaufleute sich ansiedeln Da» „Urdi" selbst ist ein Fels, der nach Süden weniger steil, nach Nord«n und den Seiten dagegen schroff absällt. Die Häuser stehen auf der Südseite über einander in Etagen. Der Berg war in früheren Zeiten BegräbniSort der Bogo». ES verstebt sich von selbst, daß die Italiener nicht dieses Fort allein besitzen, sondern das ganze Bogo«. Denn das Fort oder Lager ist bloß der Sammelplatz des Militär«. Hier wohnt da«selb« und bleibt dem Kommandierenden stet« zur Hand Auf dem „Urdi" könnten sich die italienischen Truppen auch nicht einen Tag halten, da da«lelde kein eignes Wasser hat Diese« wird vom „Arasuch" hergeholt. E« steht wohl eine Art Mauer unten um den Fel« herum mit eine» hölzernen Thor, doch kann da« Ganze bloß al« eine Kaserne angesehen werden; und ist kein eigentliches Fort nach unserer Auffassung. Im Ort« Keren ist eine französisch« Mission«!,rch«, Schule und Schwestern hau«. Hinter Keren kommt man zu einer hübschen Felsenpartie, die den Eingang zum „Dschuffa"- Plateau bildet, da« kleiner, aber reizender als Keren ist. E« hat ein großartiges Thor nach dem Tiefthal „Boggu", dem eigentlichen Kornland der BogoS Im Süden und Osten ist das Bogosthal durch eine jeder Vorstellung spot- rende hohe, wilde Bergkette abgeschlossen, im Norden und Westen durch das BogoSdochland selbst begrenzt. Nur gegen Westen ist eine kleine Öffnung, welche nach dem „Barka" führt Por ungefähr 400 Jahren zogen die Bogo« aus der abessinischen Provinz Lasta unter Gebre-Terke, vor den Kriegern Mohamed-Grains flüchtend, in dieses Land ein. Sie unterwarfen die da« Land bewohnenden Tigre, die ihnen heute noch tributpflichtig sind, dieses Volk lebt abgeschloffen für sich, die Bogos vermischen sich nie mit demselben Die eigentliche Staatsform des BogoslandeS ist die einer aristo kratischen Republik. Aus den Nachkommen der Familie de« Gebre-Terte selbst wird der jeweilige Sim (Fürst) gewählt. ES ist immer der älteste Mann der Familie und hat nur eine sehr beschränkte Herrschaft. In den immerwährenden Kriegen in Abessinien haben sich viele Leute aus Hamasen und Meusa nach Bogos ge flüchtet. Diese werden alle von selbst dem Landesherrn in einer milden Form leibeigen. Die Bogos, Aristokraten durch und durch, vermischen sich auch mit ihnen nie. Eine sehr streng gehandhabte, wenn auch bloß mündlich Über- lieferte Gesetzesform regelt alle ihre Handlungen. In dem Buche „Bilin Texte" von Leo Reinisch (Leipzig 1883) findet man Beweisstücke ihres Scharfsinns und ihrer ausgezeichneten Rechtspflege. Die Bogos sind ein schöner Menschenschlag, ebenmäßig, eher groß als klein. Ihr Benehmen ist taktvoll und fein, ihr Anstand tadellos. Ihre natürliche Gescheitheit stellt sie, dem Geiste nach, weit über unseren gewöhnlichen Menschen schlag. Eine große Rednergabe ist ihnen eigen, die sie Zeit und Muße haben, m ihren Zusammenkünften zu erproben, da sie mit wenig Arbeit das Jahr über beschäftigt sind. Ihr Sprache ist eine der reichsten der Welt und besitzt emen großen Wohlklang Tie BogoS nennen sich selbst „Bilin", das heißt Christen. „Bogos" werden sie von den Tigre genannt, was so viel wie Eroberer, Krieger heißt. Keren ist der Hauptort, wel cher dem größten Plateau den Namen gab. Von den Tigre wild es auch oft „Senh t" benannt, „das kahle Land", weil der letzte Anstieg von Daan zum Plateau dem Kommenden kahl entgegenleuchtet. Daraus haben die Engländer „Lsnait" gemacht. Es ist jedenfalls ein interessanter Boden, auf dem nun die Italiener festen Fuß gefaßt haben. Ernrnnnngen, Verschlingen re. im öffentlichen Dienste. Departement der F'nanzen Im GrickiäftSlkreich« des evangelisch - luth«risch«n LaudrSkonsistoriuins sind oder werden demnächst folgende Stelle» erledigt: Das Pfarramt zu Reichstädt (Ephorie Dippoldiswalde), Üollator: Hr Majoraisherr v. Schönberg aus Reichstädt; das Diakonat zu Meerane (Ephorie Glauchau), Kollator: Se. Erlaucht Gras Clemens v. Schönburg-Glauchau; das Pfarr- und Superintendenlcnaml zu Marienberg (Epho- ra>oM, Kollator: das evangelisch lutherische Landeskonsistorlum; daS Pfarramt zu Frauenstein zEphorie Dippoldiswalde), Kollator: das evangelisch-lutherische Landeskonsistorium; das Pfarramt zu Laas mit Filiale ffaußwitz (Ephorie Oschatz), Kollator: der Lberpsarrer in Strehla; das Psarramt zu Plansch witz (Ephorie ÖILnih), Kollator: der Sup rintcndent in Plauen i. V.; das Archidiakonat zu Frankcnbcra (Ephorie Chemnitz^, Kollator: das evangelisch lutherische Landcskonsistorium Dagegen wurden ang»stellt, beziehentlich befördert- Wilhelm Otto Mathe, Dmkonus in Schneeberg, als Archi- diakonus daselbst; Paul Gotthold Würkert, Psarrvikar in Mildenau, als Pfarrer in Ncnnersdorj (Oberlausitz); l>r. pkil. Moritz Max Ahner, Pfarrer,,tu Miltitz, als zweiter Diakonus zu St. Markus in Leipzig-Reudnitz (Ephvralort); Georg Viktor Weichelt, Hüssoeij licher zu St. Johannis in Lhcmnitz, als zweiter DiakonuS daselbst (Ephvralort); Karl Julius Schmink, Pfarrvikar in Rübenav, als Pfarrer daselbst (Ephorie Marien berg); Franz Richard Klcinpaul Predigtamtekandidat und Psarrvikar in Kohren als Pfarrer in Gesau (Ephorie Glauchau); August Eduard R chard Teichmann, PredigtamlSkandwat, als Psarrer zu Streumcn mit Lichtcnsce (Ephorie G oßrnhain); Max Johan es Kanad, Psarrvikar in Eutritzsch alsDiakonus in Evnncwiy (Ephorie Leipzig II.). promuMnachrichten. / Plauen i. V, 22 Juli Vom XII mitteldeut schen Bundesschießen ist weiter zu berichten: Heute früh 7 Uhr begann das Schießen nach allen Scheiden und währte mit Unterbrechung bis 7 Uhr abends. Becher mit Fest münzen erhielten Kämmer-Jena und L Blume jun-Erfurt, Festbecher: Clemens Rerßmann-Dresden, Emil-Richter-DreS- den, Paul Grimm Hall-, Gottschlich-Halle, Fr. Erler-Plauen, Lindner-Grüna, W Bauer-Halle und E Richter-Dresden; A. Degenhardt-Erfurt eine goldene Herrenuhr. — In der Generalversammlung des mitteldeutschen Schützenbun des, welche abends 9 Uhr im Schützen ause stattfand, ver los zunächst der Vorsitzende des Bundes, Hr. Trietzschler- Leipzig, ein Schreiben des Ministeriums des König! Hauses, enthaltend den Dank Sr Majestät des Königs für die Adresse, welche der Schützenbund Allerhöchstdemselben bei der Wettm- feier überreicht hatte Der erste Punkt der Tagesordnung betraf die Mchtigsprechung der Jahresrechnung für das Jahr 1888. Hierauf fand ein Antrag der Schützengesellschast Annahme, nach welchem die Schützen, welche in Streitfällen sich nicht bei der Entscheidung des Schiedsgerichts beruhigen, aus dem Bunde ausgeschlossen werden. Die Wahl der Vor standsmitglieder ergab folgendes Resultat: A. Trntzschler- Lcipzig, E. Schwerin-Berlin, F. Röttig-Dresden, C Länge- Magdeburg , E Schneider-BreSlau und Thömsgen-Leipzig. Als nächste Feststadt kam zunächst Zittau in Vorschlag, werter wurden genannt Breslau, Erfurt und Liegnitz. Der Bunde«- Vorstand wurde beauftragt, in erster Linie rn Erfurt wegen Übernahme des Feste« anzufragcn Mit einem Dank an die Plauensche Schützen esellschast für die gastliche Aufnahme schloß der Vorsitzende die Versammlung. Freiberg, 20 Juli. (L Tgbl.) Die Einführung des Schlachtzwangs in Freiberg ist nach langen Verhand lungen in der gestrigen Stadtverordnetensitzung endgiltig be schlossen worden. Diese Maßregel war auf Anregung de» Königl Bezirksarztes Vr. Reinhard von dem GesundheitS- auS'chuß unter eingehender Begründung beantragt worden Ter Rat zu Freiberg überzeugte sich von den nachgcwirsenen Mißständen und beschloß die Einführung deS Schlachtzwangs sowie die Errichtung eines Schlachthofes au« städtischen Mitteln Die hiesige Fleischrrinnung, welche für ihren Schlachthof ansehnliche Aufwendungen gemacht, konnte sich der Thatsache nicht verschließen, daß die Einrichtungen vieler im Hause schlachtender Fleischer den sanitären Anforderungen nicht entsprechen und daß auch ein« noch wirksamere Kontrolle in ihrem Schlachthofe wünschenswert sei. Sie hielt im Gegensatz zum Rate eine Abhilfe ohne Einführung de» ^äFachiznang.ü durch Verbesserungen der Pllvatschlacht- anlagcn für möglich, erklärte de»halb, gegen den Rat»b«schluß bei der Königl. Kreithauptmannschaft in Dresden Beschwerde führen, nach einem abschläglichen Bescheide aber selbst die zur Durchführung d«S Schlachtzwanges erforderlichen Ein richtung n treffen zu wollen Di« städtischen Behörden über- gaben die Vorberatung der schwierigen Angelegenheit einer gemischten Kommission, welche die Zahl der hier in Freiberg geschlachteten Tiere ermittelt«, vom Stadtrate zu Zittau zwar nicht die erbetenen Pläne des Schlachthauses, aber das dor tige Ortsstatut über Vie Einführung de» Cchlachtzwanaes, vom Stadtrate zu Osnabrück aber eine darauf bezügliche sehr lehr reiche Druckschrift nebst Zeichnungen erlangte Die von der städtischen Polizei auSgeübten Kontrollmaßregeln im hiesigen Schlachlhose gaben d«r Kommission die Überzeugung, daß ein besserer Schutz de» konsumierenden Publikums dringend geboten sei und nur durch die Einführung des Schlacht zwanges bewirkt werden könne Die einleitenden Schritte zu dieser Neuerung sollten jedoch der Innung überlassen bleiben, die davon nach den in Chemnitz gemachten Erfahr ungen ebenso großen Nutzen haben werde, wie die übrige Einwohnerschaft. Den Vergleich mit Chemnitz wollten die in der Stadtve-ordnetenschast sitzenden Fleischermeister frei lich nicht gelten lassen; vielmehr stellten sie von der Neuer ung eine Schädigung des Fleischergewerbes und bei voraus sichtlicher Erhöhung der Gebühren eine Verteuerung der Fleischpreise in Aussicht. Gegen die Einführung des Schlacht zwanges allein hatte die Innung um so weniger einzuwenden, als em peinlicher Zwischenfall im hiesigen Schlachthofe die Notwendigkeit klargelegt hatte. Es handelte sich dabei um ein VorkommmS, das in pflichttreuester Weise von dem stell vertretenden Obermeister der hiesigen Innung, Matthes, selbst zur Anzeige gebracht worden ist, wie denn in gestriger Sitzung der Innung von feiten des Hrn. Bürgermeister Beutler das Zeugnis erteilt wurde, das Publikum nach Kräften vor Nachteilen geschützt und in dem angedeuteten Fall ganz korrekt gehandelt zu haben. Der von der Aleischer- innung angestellte Tierarzt hatte eine perlkranke Kuh als bankwürdig erklärt und verpfunden lassen. Der stell vertretende Obermeister Matthes bezweifelte die Genießbar keit des Fleisches und zog den Bezirkstierarzt zu, der das Fleisch als widerlich und unter Umständen schädlich erklärte. Bei Ler Vernehmung gab der erstere Arzt an, daß er par- nicht alle Tiere zur Untersuchung bekommen habe und Ein zelnes ganz durchgelassen worden sei, was Obermeister Gold ammer in glaubwürdigster Weise mit der Versicherung in Abrede stellte, daß der Schlachthofverwalter kein einziges Stück Vieh aus dem Schlachthof ohne Zuziehung des Tier arztes herausließ. Unter solchen Umständen erschien immer hin eine schleunige Erledigung der Ratsvorlage wünscheis wert, und der Versuch der Fleischerinnung, dieselbe bis nach den Erörterungen über die Möglichkeit der Erweiterung der jetzigen Schlachthofanlagen zu vertagen, blieb ganz aussichts los Die Einführung des Schlachtzwanges wurde einstimmig beschlossen; die technischen Vorarbeiten für diese Neuerung bez. für Erwei'erung des Schlachthofs nach dem Vorgänge Zittaus hat nun die Fleischermnung zu bewirken. Vermischtes. * Über den mit Verlust von Menschenleben verknüpften Unglücksfall, der sich am letzten Sonntag auf der Oberspree bei Berlin zugetragen hat, entnehmen wir einem Bericht der „Post" folgendes: Der Dampfer Kaiserin Augusta", für 37ü Passagiere konzessioniert, fuhr um L10 Uhr mit 189 Passagieren (nach der Zählung des Steuermannes) vom Müggelschlößchen sprecabwärtS. Die Passagiere be standen aus dem Fabrikpersonal der Eisengießerei „Vulkan" von Wolff u. Comp., Chausseestraße 29. AIS der Dampfer gegen s^11 Uhr sich der langen Köpenicker Brücke näherte, rief der Kapitän den Passagieren zu, sie möchten sich setzen und die Schirme zumachen, damit er sehen könne. Dieser Aufforderung scheint man nicht allgemein nachgekommen zu sein. Wenigstens sagt der Klingeljunge des Dampfers aus, er habe noch unmittelbar vor der Brücke eine Frau mit Gewalt niederdrücken müssen. Der Dampfer rannte nun mit der Steuerbordseite an die vorspringenden Brücken balken, sodaß das Geländer der ersten Bank adbrach: Acht Elsenstäde, welche das Geländer trugen, sind vollständig verbogen Sogleich nach Passieren der Brücke erscholl der Ruf: ,Heute über Bord!" Der Kapitän, welcher das Schiff selbst durch die Brücke steuerte, ließ sofort stoppen und ein Boot anssetzen. Auch kamen andere Boote zur Rettung herbei. Bis jetzt sind, soweit wir erfahren konnten, zwei Frauen aufgesunden worden, von denen die eine tot war, die andere , bald verstarb Über die Zahl etwaiger Ver wundeter fehlen zur Zeit noch nähere Vorstellungen. Die erregten Passagiere zwangen den Kapitän, in Köpenick anzu legen, woselbst sie bis auf 30 den Dampfer verließen Mit d n letzteren fuhr das Schiff nach der Jannowitzbrücke. Der Kapitän scheint alle Vorsichtsmaßregeln getroffen zu haben. Der elbe steht bereits 20 Jahre lang im Dienste der Ge sellschaft, ohne sich bis jetzt von derselben einen Tadel zuge zogen zu haben. Der Kapitän ist infolge der Aufregung erkrankt Das Schiff ist, abgesehen von der Zertrümmer ung der Banklehne, die zugleich als Geländer dient, nicht beschädigt. * Der Bremer Ratskeller wird, so berichtet der „Pf. K", zum erstenmal in einer Urkunde vom Jahre 1342 erwähnt. Im genannten Jahr traf ein Bürger im Rats keller eine böse Schuldner»» und pfändete sie durch Weg nahme eines Mantels, wofür er mit zwei Mark gebüßt wurde. Errichtet wurde der städtische Keller in der löblichen Absicht, die Bürgerschaft gegen die Welnschmierer zu schützen. Dem Auslande mochten die Bremer gefälschten Wein ver kaufen, darein mischte sich der Rat nicht, nur zu HauS wurde aus reine Ware gehalten. Kurze Weine, d. h deutsche Land- weme, Frankenweine, französische und spanische Werne durften übrigens auch in der Stadt verzapft werden, doch wurde der Preis polizeilich festgestellt und in späterer Zeit verfügt, daß alle kurzen Weine im städtischen Keller unter Aussicht des Rats lagern würden. Gute Rheinweine zu bekomme,», ließ sich der Rat keine Mühe verdrießen. Hatte er im Frühling vernommen, „daß der Weinstock am Rhern wohl verblüht sei und bis dato nach Wunsch stehe", und war im Herbst die »veitere frohe Botschaft eingetroffen, „daß nun am Rh>m alles von schönen Weinen überfließe und man dort nicht Fässer genug habe, um den reichen Segen zu bergen", so wählte man einen Weinmann, kaufte »hm ein Reisekleid, versah »hn mit Pässen, GeleitSdriefen, Empfehlungen und Wechseln und schickte ,hn zum Einkauf nach Frankfurt und Mainz. Nicht zum Nutzen des Weins beanspruchte der Bremer Rat sür seine Weintransport« Zoüsrerheit. Infolgedessen ereignete e» sich öfter«, d ß die Weinfässer unterwegs an Zollstätten angehalten wurden und kaum, daß man sich losgelöst hatte, weiterhin in eine neue Falle gerieten, so daß dem Rate angst und bange wurde, di« schön«n Weine möchten im heißen Sommer aährig und stichig werden und zugleich verderben. Um den Weserzöllen zu entgehen, machte der Rat den Ver such, seine Weine über den Unterrhein und das Meer zu be ziehen, geriet aber au« dem Regen in die Traufe, da die CnMnder noch mehr Zölle erhoben, al« di« Userstaate« der Weser. Man ließ endlich die Weine ganz zu Land gehen, wobei die Transportkosten ungefähr auf die Hälfte de« am Rhen» gezahlten Einkaufspreise» der Ware zu stehen kam«». D»« Fahrt auf dieser große» Weinstraß« war so schwielig und gefährlich, daß, wie am Ende des 17. Jahr- kunderts ein darüber befragter Krllerbeamter guS- sagte, „den Predigern regelmäßig alljährlich drei Stübchen Wein im Namen des Weinkellers verehrt wurden, weil sie auf der Kanzel gebetet haben, daß die Reise möchte wohl succedieren und die Weine glücklich in salvo kommen Ist auch vor diesem Herkommen» gewesen." Auch den Ehrengeschenken, mit denen der Rat seine Geschäftsfreunde am Rhein „zur Anzeigung eines dankbaren Gemüts" be dachte, drohten unterwegs Gefahren. Anno 1597 wurden dem Bürger und Weinhändler Christoffer Hoherath zu Mentz drei Stück Marschvieh bestimmt, ein schönes Rind und zwei junge Kühe, alle schier rot und mit weißen Köpfen An der romantischsten Stelle des Weges, an der Porta Westphalica, wurde»» die Tiere angehalten uyd in die Ställe des Bischofs von Minden geführt Der Rat vermutete irgend ein Miß verständnis, aber e»n bischöfliches Schreiben belehrte ihn, daß das Rind und die Kühe arretiert und konfisziert seien und nicht restituiert werden könnten, „weil es nur zu offenbar sei, daß der Bremer Bürger Lüter Hoyer das Vieh allerdings äoloss und stuäioss beim Zoll habe vorbeitreiben wollen, da ja ein Zollbrett gerade am Wege inmitten de« Berg paffes und von jedermann zu sehen befestigt sei und die präten dierte ißnorantik mithin überall nur affektieret sein könne." Die Rheinweine kaufte der Rat ausschließlich im Rheingau. Zwischen den einzelnen Weinbergen begann man nicht früher als am Ende des 16 Jahrhunderts zu unterscheiden und zog nun allen anderen Orten den Rüdesheimer vor. Inder Güte und Menge wurde er so vorwiegend, daß man das ganze Bremer Lager in der Hauptsache als ein Lager von Rüdesheimer bezeichnen könnte. Der berühmte Rosewein ist fast immer aus Rüdesheim gewesen und ebendaher stammt der älteste Wein des Kellers und der Welt überhaupt, dessen Geburtsjahr 1624 »st. Dem Rüdesheimer zunächst steht der Hochheimer, zu dem die meisten Apostelweme gehören. Der älteste Hochheimer des Kellers ist um etwa 100 Jahre jünger, als der Rüdesheimer. Diesen ältesten Weinen ist die Bürgerschaft immer ungünstig gestimmt gewesen, weil sie dem Staat zur Last seien, und selbst die Weinherren (mit der Aufsicht über den Keller beauftragte Ratsmitglieder) haben vielfach aus Abschaffung derselben angetragen, da sie lediglich zum Splendeur daliegen. Dann hielt aber jedes mal der Rat seine schützende Hand über die alten Burschen und resolvierte, daß sie pro donoro civitatis konserviert werden sollen. Das vor allen anderen geschätzte Faß der heutigen Weine ist mit Johannisberger von 1763 gefüllt. * Ein großer Teil der Stadt Paks in Ungarn ist am Sonnabend, den 20. Juli, em Raub der Flammen ge worden. Man telegraphiert dem „P. Ll." hierüber aus der genannten Stadt folgendes: Ein Bild des Jammers und des Elends bietet der Stadtteil, wo im Laufe zweier Stun den 400 Familien — meistens Bauern — an den Bettel stab gebracht wurden und kaum das nackte Leden retten konnten. Um 2 Uhr nachmittags brach in der Ujutcza Feuer aus, welches so rasch um sich griff, daß in kurzer Zeit 100 Häuser in Flammen standen. Bei dem herrschenden Süd- ostivinde verbreitete sich das Feuer mit Blitzesschnelle. An R ttung war nicht zu denken. Um 5 Uhr tonnte »nan kon statieren, daß etwa 400 Häuser und Preßhäuser em Raub der Flammen wurden. Die Not ist unbeschreiblich. Auf den Friedhöfen, freien Plätzen und in den Straßen biwa kieren die armen, obdachlos gewordenen Leute. Menschen leben dürften mehrere zum Opfer gefallen sein. Viele Kin der fehlen Die jammernden Mütter suchen händeringend ihre Kinder, jedoch vergebens Die Haustiere gingen in den vom Feuer zerstörten Häusern sämtlich zu Grunde Von öffentlichen Gebäuden brannten die Kaserne und die evange lische Schule nieder. Die meisten eingeäscherten Häuser waren mit Rohr gedeckt. Die Feuerwehr war dem ver heerenden Elemente gegenüber ganz machtlos, trotzdem sie mit der größten Anstrengung arbeitete * Aus London wird geschrieben: In Bow-Street stand dieser Tage ein Mann, Namens Wi liam Shrimpton unter der Anklage vor Gericht, sich als beurlaubter und unter Polizeiaufsicht stehender Sträfling nicht pflichtgemäß bei der Polizei gemeldet zu haben. Die Thatsache wurde nicht be stritten; im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, daß Shrimpton eine zahme Maus in der Tasche habe, die er während seiner letzten Gefangenschaft in seiner Zelle gefan gen und nach längerer Mühe gezähmt hatte, zu welchem Zweck er dem Tierchen den Schwanz abgeschmtten hatte, da dies, wie er sagte, das beste Mittel sei, eme "Maus zu zäh men Das Tierchen war denn auch so zahm geworden, daß es ihm wie ein Hund folgte, auf seinen Rus zu ihm kam, aus seiner Hand fraß und allerhand Kunststücke machte. Wenn er morgens im Gefängnishof spazieren ging, halte er das Tierchen stets bei sich, das ihm und semen Leldens- gefährten oft die Zeit vertrieb, was der humane GefängniS- direktor auch gestattete, obschon es eigentlich gegen die Re geln war. Shrimpton sagte, er sei der einzige, dem es je gelungen sei, eme Hausmaus zu zähmen; Feldmäuse ließen sich vrel leichter zähmen und abrichten als Hausmäuse, und da er sich mit dem Tierchen so große Mühe gegeben, bitte er, es ihm nicht wegzunehmen, ivaS der Richter ihm auch versprach. * Doppelt betrogen. Aus New-Jork, 12. Juli, wird der„Magdeb. Ztg." geschrieben: Trübe Erfahrungen m seiner Ehe hat der Schneider Samuel Blumberg in Brooklyn ae- macht. Derselbe war vor 5 Monaten aus der Provinz Posen hier eingetroffen und hatte bald Arbeit gefunden. Der Mann lebte äußerst ökonomisch, uno seine Ersparnisse erreichten, mit Hinzurechnung des aus Europa mitgebrachten Geldes, die Summe von 200 Dollars, als da« Verhängnis in Gestalt eine« sogenannten guten Freundes an ihn herantrat. Dieser stellte nämlich dem Schneider eine ziemlich hübsche junge Dame vor und teilte ihm einige Tage später „im Vertrauen" mit, er, Blumberg, habe auf seine neue Bekannte einen guten Eindruck gemacht, und dieselbe sei in ihn verliebt bis über beide Ohren Der bei ferner Eitelkeit gepackte Schneider biß auch richtig auf den Köder an; er machte der Dame ein LiebeSgeständni», wurde in Gnaden als Bräutigam ausge nommen und schließlich mit seiner Dulcinea von dem „guten Freunde" nach einem Hause in Cherry Street, New-Jork, gebracht, wo ein ehrwürdig aussehcnder Mann die de»den traute. Blumberg und sein junges Werb kehrten hierauf nach Williamsdurg zurück und verlebten die Flitterwochen in stiller Zurückgezogenheit. Aber auch in diesem Falle war „der Wahn kurz, die Reue lang". Am Mittwoch ging der Schneider wieder an die Arbeit, sein Weibchen allein in der Wohnung zurücklassend. Als er abends nach Hause kam, fand er das Nest leer; nicht nur die junge Frau war ver schwunden; sondern auch die sauer ersparten 200 Dollars und, was das Schlimmste, Blumberg mußte erfahren, daß der „gute Freund" sich im Lause des Tage« eingeftmden und mit der jungen Frau die Wohnung verlassen hab« Statistik und Volkswirtschaft. — Dir »a verschitdrutn Blättern «nthaltrne Nachricht, d»e »isengt«ßer«i von Ernst Paul in Radebeul sei b-d»,« Um- Wandelung m eine Aktiengesellschaft von der hiesigen Bankfirma Gebrüder Arnhold aagelauft word«n und solle mit d«m Gebler- scheu Ema,llewerk in Pirna vereinigt werden, erweist sich in diestr Form al» völlig au» dir Last gegriffen.
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